Herr Paqué, Sie haben davon gesprochen, dass es eine Konstanz bei den Kommunalfinanzzuweisungen in den Jahren 2003 und 2004 zumindest im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes gibt. Ich frage Sie hinsichtlich dieser Aussage: Was ist Ihre Vergleichsgrundlage zwischen dem heute zu beschließenden Haushalt und den Zahlungen im Jahr 2003? Ist die Vergleichsbasis die, die die Zahlen für das Jahr 2003 gegenüber den Kommunen real ausgemacht haben, also die, die im Haushaltsplanentwurf standen, oder ist Ihre Vergleichsbasis der beschlossene Haushaltsplan 2003?
Haben Sie dabei berücksichtigt, dass im letzten Jahr während der Haushaltsberatungen, ich glaube, noch einmal 28 Millionen € zusätzlich für die Kommunen erwirtschaftet worden sind, die dann nach dem FAG-Berechnungsschlüssel auf die Kommunen aufgeteilt worden sind? Haben Sie berücksichtigt, dass es im Jahr 2003 auch im Rahmen des FAG eine Abwicklung von insgesamt 36 Millionen € an Restbeständen von IfG-Mitteln für die Kommunen gegeben hat?
Ich will jetzt nicht eine Diskussion über Details, weil wir einfach feststellen müssen: Wir haben mit dem Verfahren, das wir gewählt haben, maßgeblich zu einer Glättung beigetragen, indem wir die Rückerstattungsbeträge ein Stück nach hinten geschoben haben. Das ist das Ergebnis, und das ist das ökonomisch bedeutsame Ergebnis für die Kommunen.
Wir können sie natürlich nicht ewig nach hinten schieben, weil ansonsten eine Bugwelle entstünde, die irgendwann überhaupt nicht mehr zu bewältigen ist.
Aber wir hoffen einmal - nach allen Konjunkturindikatoren können wir möglicherweise auch davon ausgehen -, dass im nächsten und hoffentlich auch im übernächsten Jahr nicht wieder das Gleiche passiert, was wir in den letzten beiden Jahren erleben mussten. Dann haben wir eigentlich eine Situation, in der die Kommunen etwas mehr Ruhe bekommen, um dann die Rückerstattungen zu leisten. Wir haben durch das Verfahren, wie auch
immer die technischen Einzelheiten sind, dafür gesorgt, dass der Strom einigermaßen konstant geblieben ist. Ich finde, das ist aller Anerkennung Wert.
Herr Minister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie vorhin gesagt, dass Sie eine allgemeine Kritik am Vorgehen bei der Verwaltungsreform seitens der Oppositionsfraktionen nicht erkennen konnten. Ich frage Sie deswegen, ob Ihnen das allgemeine Klima des Unverständnisses, das sowohl in der am 17. Oktober 2003 durchgeführten Anhörung als auch in der vom Sozialausschuss durchgeführten Anhörung zum Ausdruck gekommen ist, von den Mitgliedern der Landesregierung bzw. von dem Staatssekretär und von einem Mitarbeiter des Sozialministeriums nicht übermittelt worden ist.
Des Weiteren frage ich Sie: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass wir alle während der letzten Landtagssitzung sehr kontrovers über zwei Anträge der PDS-Fraktion zu diesem Thema beraten haben?
Zum ersten Punkt: Ich war natürlich nicht im Sozialausschuss. Ich war nur bei der zentralen Sitzung am 17. November 2003 im Finanzausschuss zugegen. Seit der am 17. Oktober 2003 durchgeführten Anhörung war inzwischen ein ganzer Monat vergangen. In diesem Monat ist eine ganze Menge passiert. Alle diese Umsetzungsfragen waren inzwischen in den Häusern behandelt worden.
Während dieser gemeinsamen Sitzung mit dem Innenausschuss hatte ich nicht den Eindruck, dass ein heilloses Chaos herrscht, sondern ich hatte eigentlich den Eindruck,
dass bei aller Komplexität der Materie außerordentlich strukturiert diskutiert wurde und dass wir eigentlich auch zu vernünftigen Ergebnissen kamen, beginnend mit einer Übersicht, die ich selbst präsentiert habe. Dann sind wir auf die Einzelfragen eingegangen. Es war für mich immer noch das, was ich ein geordnetes Verfahren nenne. Ich kann nicht sehen, dass das Parlament in irgendeiner Weise nicht angemessen beteiligt wurde. Es war in der damaligen Sitzung auch nicht mein Eindruck, dass die Opposition das so empfand.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Aufklärung des Missverständnisses: Uns wurde im Ältestenrat bedeutet, dass der Ministerpräsident gegen 12 Uhr nach Berlin muss, dass er aber nach der Runde der Fraktionsvorsitzenden zu sprechen wünscht. Wir haben ihn auf die knappe Zeit hingewiesen. Vielleicht ist deshalb der Redebeitrag des Finanzministers nicht angemeldet worden, sodass wir ihn bei unserer Regie nicht berücksichtigen konnten.
Danke, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Es wird auch in diesem Jahr ein neues Unwort des Jahres gewählt. Ich kann dafür nur das Wort „Reform“ vorschlagen. Reform - das war ein Begriff, der für die Verbesserung eines Zustands stand, und zwar für die Verbesserung der Situation der meisten Menschen in diesem Land. Es war auch ein Begriff, der für mehr Demokratie und mehr Gerechtigkeit stand.
Gemacht wird das Gegenteil. Wenn heute von Reformen die Rede ist, dann darf die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger getrost davon ausgehen, dass der Gürtel einmal wieder enger zu schnallen ist. Leistungskürzung jagt Leistungskürzung. Ob die Vorschläge von der CDU/CSU, von der SPD, der FDP oder von den Bündnisgrünen kommen, ist eigentlich nicht mehr zu unterscheiden. Es läuft letztlich auf das Gleiche hinaus.
Dabei müsste es doch gerade wegen der zunehmend schwierigeren Bedingungen darum gehen, das Gemeinwesen so zu stärken, dass soziale Polarisationen nicht weitere Risse in der Gesellschaft produzieren. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und seine bisherige Lebenswelt war und bleibt gesellschaftlich. Das macht auch die Zivilisation aus.
Ich finde es ausgesprochen bemerkenswert, wenn in einer Situation allgemeiner Übereinstimmung zwischen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnisgrünen der Ministerpräsident dieses Landes auf eine ganz andere Weise, als mancher es erwartet haben mag, auf die Zukunftsdebatte zurückgekommen ist. Was macht die Gesellschaft entwicklungsfähig? - Das ist die zentrale Frage.
Indem er den Glauben, dass eine Steuersenkung der Wirtschaft gleich so starke Impulse gibt, dass der Staat hinterher sogar mehr Steuern einnimmt, als Irrtum bezeichnet, läuft er gegen den Mainstream der Politik, übrigens nicht nur seiner eigenen Partei. Damit Sie sich nicht irren: Ich habe es einfach zitiert.
Gleiches wird auch für seine Position hinsichtlich einer höheren Erbschaftsteuer für sehr gut Betuchte, zur differenzierten Auszahlung von Fördermitteln anstelle pauschaler Kürzungen, zum Zusammenhang von sinkender Kauf- und Steuerkraft, für seine Auffassung zum Solidarprinzip in den Sicherungssystemen, zum Finanzausgleich unter den Kommunen und eventuell auch in Bezug auf die Erhöhung der Nettokreditaufnahme gelten können.
Der Ministerpräsident kritisiert SPD und Grüne von links. Diese Verortung, hat er gesagt, ist ihm relativ gleich. Ich muss sagen: Ein bisschen hat uns dieser spannende Vorgang schon beschäftigt. Ist das jetzt die Stimme eines einzelnen und neben Norbert Blüm recht einsamen CDU-Politikers mit sozialkonservativen Werten? Ist das die Stimme der Vernunft aus tieferer Einsicht in gesellschaftliche Zusammenhänge? Ist das die Freiheit, die sich der Ministerpräsident in der Gelassenheit seiner Lebensjahre nicht nehmen lässt?
Oder ist es einfach eine Taktik aus dem Gefühl heraus, dass die gesellschaftliche Stimmung im nächsten Jahr kippen und es um das politische Überleben gehen könnte? Letzteres wollen wir natürlich nicht unterstellen. Da
her nehmen wir Sie, Herr Ministerpräsident, beim Wort. Wir haben mit dieser Auffassung nämlich weniger Probleme, als die Koalitionsfraktionen und die SPD-Fraktion in diesem Haus haben dürften.
Dennoch trennt uns die Praxis. Ihr Haushalt spricht eine andere Sprache. Dort finden sich diese Positionen nicht wieder. Die Gründe dafür liegen nicht nur in purem Pragmatismus und Sachzwängen. Die Verteidiger dieses Haushaltes setzen andere politische Grundsätze auf Landesebene um. Das bildet aus unserer Sicht durchaus einen Widerspruch zum politischen Ansatz des Ministerpräsidenten.
Die Bewertung dieses Haushaltes durch die PDS-Fraktion geschieht nicht vor dem Hintergrund, dass alte Sicherheiten einfach zu verteidigen sind. Der Sozialstaat muss neu begründet werden und sich den rasant wandelnden Bedingungen des 21. Jahrhundert anpassen.
Soziale Gerechtigkeit soll sich neu begründen, anders gesichert, aber eben nicht aufgegeben werden. Wir wenden uns daher entschieden gegen alle Versuche, die Umbrüche dieser Zeit als Vorwand zu missbrauchen, um soziale Sicherheiten abzubauen und allein Selbstverantwortung zu predigen.
Es geht letztlich doch um den Abbau und Rückzug des Staates aus der Verantwortung für die Gestaltung wichtiger gesellschaftlicher Grundlagen - Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Gesundheit, Bildung, Kunst, Kultur, Sport und vieles andere mehr. Wir behaupten dabei auch nicht, dass alles der Staat selbst leisten müsse. Als politisch Verantwortliche haben wir aber sehr wohl für Voraussetzungen zu sorgen, unter denen diese Gesellschaft lebensfähig und zukunftsfähig bleibt.
Im Kontext der von der Bundesregierung beschlossenen gesetzlichen Regelungen werden sich die Kürzungen im Einzelplan des Sozialministeriums noch schmerzlicher für die Betroffenen auswirken. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau und zu den Konditionen der Sozialhilfe, wachsende Belastungen der Versicherten aus der Gesundheitsreform, verschärfte Heranziehungsbedingungen für behinderte Menschen und deren Angehörige bei der Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen und Kürzung von Leistungen für behinderte Menschen werden für diese Betroffenen zu erheblichen Problemen bei der Bewältigung ihres Lebens führen.
Schon im Armutsberichts des Landes wird auf die Dramatik in den Folgen für die Überschuldung von Teilen der Bevölkerung hingewiesen. Unter diesen Bedingungen kürzt die Landesregierung die Zuschüsse für die Schuldner- und Insolvenzberatung von insgesamt 1,147 Millionen € auf rund 608 000 €, und diese sind immerhin für viele Betroffene der einzige Strohhalm, an dem sie sich aus ihrer Misere noch herausziehen können. Deshalb ist die Kürzung aus unserer Sicht nicht akzeptieren.
Dass Druck manchmal etwas nützt, zeigt sich hinsichtlich der Suchtberatungsstellen und der Aidshilfe in Sachsen-Anhalt. In diesem Bereich konnten die beabsichtigten Kürzungen in den Fachausschüssen abgewendet werden. Das geschah auch deshalb, weil die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen sich dem Druck der Betroffenen und der Einsicht, dass Prävention und Beratung gerade in diesen sensiblen Bereichen gefördert
Eine ähnliche Konsequenz hätten wir uns von der Koalitionsmehrheit auch bezüglich der Förderung der Frauenkommunikationszentren gewünscht. Deren niedrigschwellige Beratungsangebote für Frauen und Mädchen in Krisensituationen, auf den Arbeitsmarkt orientierte Kurve, Workshops sowie ihre Angebote als Zentren ihrer Begegnung und Kommunikation fördern Partizipation und Stärkung der Frauen. Gerade sie sind in Zeiten sozialen Kahlschlags für viele von existenzieller Bedeutung und eben nicht zu unterschätzen.
Der PDS-Antrag, die Mittel für die Jugendpauschale in Höhe von rund 6,4 Millionen € wieder in den Sozialhaushalt einzustellen, wurde abgelehnt. Nachdem die Jugendpauschale nun im Finanzausgleichsgesetz geblieben ist, bestand unsere Absicht darin, dort wenigstens die Konditionen der Zuweisung zu ändern: nach Bevölkerungsanteil der Kinder- und Jugendlichen im Alter von zehn bis 27 Jahren, nach Einwohnerdichte und mit der Festlegung einer Kofinanzierung seitens der Kommunen in Höhe von 30 %. Letztlich wurden diese Vorschläge abgelehnt; die Jugendpauschale bleibt, wenngleich zweckgebunden, unverändert im FAG.
Abgelehnt wurden auch Anträge zur Erhöhung der Zuschüsse an den Kinder- und Jugendring, auf Einstellung von 2 Millionen € für die Schulsozialarbeit, auf Steigerung der Zuweisungen an die Jugendverbände.
Etwas merkwürdig, also nicht ganz logisch, agieren die Koalitionsfraktionen schon bisweilen. So hatte die PDS im Gleichstellungsausschuss beantragt, die Mittel nach dem Kinderförderungsgesetz sachgerecht in den Sozialhaushalt einzustellen. Das wurde dort abgelehnt. Im Finanzausschuss wurde der Antrag bei der Behandlung des Sozialhaushalts von der PDS nochmals gestellt und erneut von CDU und FDP abgelehnt. Schließlich erfolgte die gleiche Antragstellung - dann letztmalig - bei der Behandlung des Einzelplans 13, diesmal allerdings nicht von der PDS, sondern von der CDU und der FDP. Der Argumentation des Präsidenten des Landesrechnungshofs hatte man sich offensichtlich dann doch nicht entziehen können. Manchmal ist das Leben wirklich schwer zu verstehen.
Aus dem Ansatz von 300 000 € wurden 150 000 € in den Einzelplan der Staatskanzlei umgesetzt. Diese Mittel wurden dort der Landeszentrale für politische Bildung als Zuschüsse zur Mitfinanzierung des Programms „Xenos“ und für weitere Projekte zur Stärkung der Demokratie an private Einrichtungen zugeordnet. Nachdem in den letzten Monaten ein halbwegs akzeptabler Kompromiss zur Sicherung der Arbeit des Vereins „Miteinander“ e. V. gefunden worden war, besteht jetzt unsererseits die Befürchtung, dass durch dieses Vorgehen dieser Konsens aufgelöst werden und der Verein erneut vor dem Aus stehen könnte.