Herr Kosmehl, mir drängt sich das Gefühl auf, dass Sie die Redezeit schon erheblich überzogen haben.
Herr Präsident, ich komme dann sehr gern zum Ende. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist also festzustellen, dass es sich bei der Initiative Mitteldeutschland mitnichten um einen Flop oder um ein Begräbnis erster Klasse handelt. Es ist auch festzustellen, dass die Initiative Mitteldeutschland mitnichten ein Bluff ist; denn an den bereits zu verzeichnenden und den zu erwartenden Erfolgen ist zu erkennen, dass die Initiative
Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Kosmehl, ich war ja kurz davor, während Ihrer Rede eine La-Ola-Welle für die Landesregierung und ihre erfolgreiche Initiative Mitteldeutschland zu initiieren.
Ihre Rede hat sich ein wenig von der Bewertung des Ministerpräsidenten unterschieden. Das vermag bei der aktuellen Situation in der Koalition wahrscheinlich aber auch niemanden so richtig zu überraschen.
Wir haben heute Vormittag hier eine Regierungserklärung zu hören bekommen und debattiert, in der - ich glaube, dass das bezeichnend ist - bei der Frage, die wir jetzt hier diskutieren, der Begriff „Mitteldeutschland“ nicht einmal mehr erwähnt wurde. Das war für mich ein Zeichen dafür, wie weit die Ansprüche der Koalition hinsichtlich der Initiative Mitteldeutschland inzwischen eingedampft sind.
Das erklärt möglicherweise den ziemlich euphorischen Grundton des Herrn Kosmehl, der nur dann in irgendeiner Art und Weise eine Berechtigung haben kann, wenn die Herangehensweise an dieses Thema von vornherein nur sehr flach gewesen ist.
Ich komme nunmehr zu der Großen Anfrage bzw. zu der Antwort der Landesregierung darauf. Ich möchte vorneweg sagen: Sowohl die Fragesteller als auch die PDSFraktion gehen davon aus, dass es zwischen diesen drei Ländern einen besonderen Koordinierungsbedarf gibt, dass diese drei Länder eine Qualität der Zusammenarbeit entwickeln müssen, die sich deutlich von der normalen Zusammenarbeit von Nachbarländern unterscheidet.
Schauen wir uns unter diesem Aspekt einmal die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage an, dann sehen wir, dass - ich konzentriere mich an der Stelle auf den wirtschaftlichen Teil dieser Anfrage - die Standortkonkurrenz zwischen den drei Ländern nach wie vor akzeptiert wird. Ich kenne eine Aussage von Herrn Böhmer nicht, die lautet, es soll in Zukunft keine Standortkonkurrenz bei Ansiedlungen mehr geben. Ich habe dafür in Erinnerung, dass man sich nach wie vor mit der Tatsache abfinden muss, dass die drei Länder untereinander in Konkurrenz in diesen Punkten stehen.
Die logische Konsequenz ist, dass man versucht, sich gegenseitig mit Fördermitteln zu überbieten. Wir denken, dass das tatsächlich eines der Grundübel in unserer aktuellen Debatte ist. Dieses Grundübel wird besonders deswegen deutlich, weil wir es hier in dem Dreiländereck
Die Diskussion über die Klemme AG mag dafür charakteristisch sein. Ich sage hier ganz deutlich: Die PDSFraktion kritisiert nicht die Entscheidung der Landesregierung, die Klemme AG in ihrem nächsten Ausbaustadium nicht zu fördern. Ich kann zumindest für meine Person sagen, ich habe ausdrücklich Verständnis und Akzeptanz auch für die Position des Ministerpräsidenten, was Erweiterungsinvestitionen anbelangt.
Ziel dieser Initiative Mitteldeutschland muss aber sein, dass dann nicht Thüringen oder Sachsen „in die Bresche springen“ und 8 Millionen € hinblättern, um mit öffentlichen Mitteln, mit Steuergeldern, eine Ansiedlungsentscheidung zuungunsten von Sachsen-Anhalt zu beeinflussen. Das muss Ziel dieses Abstimmungsprozesses sein. Weniger darf es nicht sein.
Ich möchte an der Stelle noch auf die Position eingehen, die lautet: Sachsen und Thüringen hätten möglicherweise an einer solchen Abstimmung kein so großes Interesse, weil deren Haushaltssituation beispielsweise besser sei.
An der Stelle bitte ich darum, die Differenzen zwischen den ostdeutschen Bundesländern nicht so stark überzubewerten, dass wir dazu kommen, meinetwegen Sachsen eine hervorragende Haushaltssituation zu bescheinigen.
Wenn Sie, Herr Böhmer, für Sachsen-Anhalt konstatieren, dass sozusagen die eigenen Einnahmen in unserem Landeshaushalt nach wie vor weniger als 50 % der Ausgaben betragen, dann muss ich Sie fragen: Denken Sie denn, das ist für Sachsen so extrem anders? Denken Sie denn, die Bundesländer Sachsen und Thüringen haben in ihren Landeshaushalten Einnahmequoten von 100 %? - Nein. Die leben auch in etwa zur Hälfte von Fremdgeldern, die über den Bund und die EU umgeleitet werden. Auch dort ist es so, dass fremdes Geld für die Strukturpolitik ausgegeben wird.
Deswegen kann es kein akzeptables Argument sein: Wir akzeptieren diese Konkurrenz einfach, weil die das Geld nun einmal haben. Da müssen wir sehen, wie wir damit fertig werden. Nein, diese Bundesrepublik und diese Europäische Union bezahlen auch die Fördergelder in Sachsen und Thüringen. Deswegen gibt es keine Akzeptanz für ein so unterschiedliches Herangehen.
Ich möchte am Ende meiner Rede noch auf ein anderes Problemfeld eingehen. Da wird - es kam hier auch wieder vor - die These vertreten: Wir müssen aufpassen, dass wir vor lauter Pessimismus für die Entwicklung Sachsen-Anhalts nicht unter Verdacht geraten, Sachsen-Anhalt zugunsten eines mitteldeutschen Landes auflösen zu wollen, weil wir der Meinung sind, wir schaffen es nicht, die anderen Bundesländer hätten bessere Wachstumsimpulse und würden sozusagen mit unserer Schuldenlast fertig werden.
Ich sage hier ausdrücklich: Es gibt auch bei uns in der PDS kontroverse Diskussionen darüber. Ich kann für mich persönlich sagen: Einen wirklichen Föderalismus in dieser Bundesrepublik unter dem Aspekt der europäischen Integration wird es mit 16 Bundesländern nicht geben. Wir glauben - das trifft zumindest auf einen Teil der Mitglieder der PDS-Fraktion zu -, dass dieses Land Sachsen-Anhalt deswegen in der bisherigen Situation
nicht auf ewig Bestand haben wird. Darüber wird es auch bei uns kontroverse Diskussionen geben. Eine Länderfusion wird aber inzwischen von vielen nicht mehr rigoros ausgeschlossen.
Es wäre fatal, diese Position, die vielleicht in SachsenAnhalt hier und da schon eher artikuliert wird als in Sachsen und Thüringen, nun damit zu verknüpfen, dass Sachsen-Anhalt ganz besonders arm wäre. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Im bundesdeutschen Maßstab kommen in Mitteldeutschland immer noch drei Arme zusammen. Das ist nicht die Lösung dieses Problems.
Nein, die Idee, hier Länder übergreifend Strukturpolitik zu machen, eventuell auch Länder zu fusionieren, hat etwas mit den Wirtschaftsräumen, mit der europäischen Integration und den Anforderungen in dieser Situation zu tun und nichts mit der Haushaltssituation in den Bundesländern.
Weil das unsere Perspektive auf die Länderkooperation ist und weil das unser Maßstab bei der Beurteilung der jetzigen Situation ist, kommen wir zu dem Schluss, dass wir stehen geblieben sind, die Diskussion kleinkariert wird und die bisherige Initiative Mitteldeutschland die Anforderungen nicht erfüllt, die man an sie stellen muss. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Initiative Mitteldeutschland ist ein wichtiger Schritt, um unsere Region als Standort im zusammenwachsenden Europa zu positionieren. Ich möchte daran erinnern, dass am 1. Mai dieses Jahres unsere östlichen Nachbarn Polen und Tschechien Mitglieder der EU werden. Der Wettbewerbsdruck auf die Region Mitteldeutschland wird sich daher merklich erhöhen, denn die Waren- und Dienstleistungsfreiheit steht den neuen Mitgliedern von Anfang an voll umfänglich zur Verfügung.
Ferner ist wichtig, dass wir uns bemühen, allmählich das Etikett Ostdeutschland loszuwerden. Auch dabei kann die Initiative Mitteldeutschland gute Dienste leisten.
Wir gehen davon aus, dass sich die regionale Differenzierung in den neuen Ländern weiter verstärken wird.
Es geht aber auch um die grundlegende Frage: Wollen wir uns eher nach dem Beispiel des armen Saarlandes oder Schleswig-Holsteins ausrichten oder lieber nach der Rhein-Main-Region? Wenn wir uns nach dem erfolgreichen Beispiel der Rhein-Main-Region richten wollen und eines Tages mit der Region mithalten wollen, muss bereits heute an einer engen Zusammenarbeit der drei Länder gearbeitet werden. Dazu wurde der Grundstein gelegt, wie die Antwort der Landesregierung zeigt.
Lassen Sie mich nun den Standpunkt der CDU-Fraktion zur Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD zur konkreten Umsetzung der Initiative Mitteldeutschland darlegen. Die Fraktion der SPD
hat gegenüber der Landesregierung insgesamt 82 Fragen aufgelistet, die es zu beantworten galt. Es handelt sich um wortidentische Anfragen der drei mitteldeutschen SPD-Landtagsfraktionen an die jeweiligen Landesregierungen. Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass die Fragen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten von der Exekutive umfassend beantwortet wurden.
Ich möchte als letzte Sprecherin nicht mehr auf die Einzelheiten eingehen. Die Fraktionen von CDU und FDP verstehen die Debatte um die Initiative Mitteldeutschland aber auch als Ansporn für die Legislative, darüber nachzudenken, wo und wie die drei Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt durch Spezialisierung Spitzenleistungen erbringen können. Es ist und bleibt das Ziel dieser Koalition, nicht nur das Land aus der Schuldenfalle herauszuführen, sondern auch die Existenz dieses Landes zu sichern.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf das vielfach zitierte Papier - auch heute schon - von Herrn Kollegen Bullerjahn eingehen. Ich glaube nämlich, dass die Große Anfrage und das Thesenpapier „Sachsen-Anhalt 2020“ in einem Zusammenhang betrachtet werden müssen; denn in These 4 - genannt „Ein zusammenwachsendes Mitteldeutschland unterstützen“ - kommen Sie zu dem Schluss - ich zitiere -, dass „am Ende der Entwicklung die Bildung eines gemeinsamen Landes stehen muss. Ein starkes Land ist besser in der Lage, seine Interessen zur Geltung zu bringen.“
Der zweite Satz erfährt unsere volle Unterstützung. In der Tat ist ein starkes Land besser in der Lage, seine Interessen zur Geltung zu bringen. Der erste Satz hingegen offenbart einen grundlegenden Unterschied in der Beurteilung der Existenzberechtigung des Landes Sachsen-Anhalt und der Initiative Mitteldeutschland.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist aus der Sicht der CDU-Fraktion schon fast illusorisch zu glauben, dass durch die Fusion von drei Ländern, die alle mit Problemen unterschiedlichster Ausprägung zu kämpfen haben, die Zukunftsprobleme gelöst werden können. Auch hierbei zeigt sich, wie die Detailbetrachtung offenbart, dass die Probleme doch nicht so gleich sind, wie es in dem Papier von Herrn Bullerjahn für alle drei Länder festgestellt wird.
Beispielsweise - das muss man ganz einfach sagen - wird der Haushalt des Freistaates Sachsen als solide bezeichnet. Wir sind überschuldet. Der Freistaat Sachsen hat über Jahre hinaus kontinuierlich durch eine sinnvolle Politik auf allen staatlichen Ebenen kosteneffektive Strukturen geschaffen.
Daher darf die Initiative Mitteldeutschland nicht nur aus der Sicht Sachsen-Anhalts betrachtet werden, sondern es muss auch berücksichtigt werden, welchen Nutzen und Vorteil sich die beiden anderen Partner aus einer solchen Kooperation versprechen. Da ist - das muss man ganz klar sagen - Sachsen-Anhalt als Braut eben nicht attraktiv.
Aufgrund der von mir schon kurz dargelegten unterschiedlichsten Aufstellung der Partner im Rahmen der Initiative ist es verständlich, dass sich beispielsweise der Freistaat Sachsen Dinge leisten kann und auch leisten wird, die wir uns eben nicht mehr leisten können. Dies begründet unterschiedliche Verhandlungspositionen der jeweiligen Länder, die von der CDU der Landesregierung von Sachsen-Anhalt nicht angelastet werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Opposition! Lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen kommen. Die Antworten auf die Große Anfrage der SPD bezeugen sehr eindringlich den festen Willen der Landesregierung, den Weg einer Zusammenarbeit der drei Länder dort weiter fortzusetzen, wo es unseren Bürgern und Unternehmen nutzt, wo es sachlich geboten ist und wo es betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint. In der kurzen Zeit seit der Regierungsübernahme durch die CDU-FDP-Regierung ist einiges erreicht worden, einiges bleibt noch zu tun.
Die Landesregierung hatte den Mut, eine solche Initiative zu starten. Erfolgreiches Standortmarketing ist dabei ein Ziel; Verwaltungsvereinfachung und Bündelung von Ressourcen sind weitere Ziele.
Herr Gallert, Frau Budde, wer hatte uns eigentlich versprochen, dass das 100-prozentig sofort umgesetzt werden kann? Muss nicht, wer eine solche Initiative startet, auch aushalten, dass die darin freigesetzten Kräfte Eigendynamik entwickeln? Wichtig ist für mich, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, den Prozess zu begleiten und die Facetten der Initiative Mitteldeutschland im Endeffekt zu den genannten Zahlen wieder bündeln zu können. Da ist die Drs. 4/1296 selbst ein weiterer Baustein der Initiative Mitteldeutschland. Jede einzelne Antwort wird wortgleich in allen drei Landtagen eingebracht werden - ein überzeugender Beweis dafür, dass wir auf dem besten Wege sind.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich bin zwar der Meinung, dass Sie unserem Land wesentlich besser gedient hätten, wenn Sie diese 82 Fragen in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit an sich selbst gerichtet hätten und danach politisch aktiv geworden wären, statt nur einmal an einer Konferenz teilzunehmen. Aber immerhin haben Sie durch die wortidentischen Anfragen in allen drei Landtagen der Initiative Mitteldeutschland zu einer schönen Dokumentation des beginnenden Bewusstseins für eine engere Zusammenarbeit der drei Länder verholfen und uns allen heute zu einer Premiere; vielen Dank dafür. - Vielen Dank für Ihr zuhören.