Protokoll der Sitzung vom 17.09.2004

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die für unsere Fraktion zur Verfügung stehende Zeit in diesem Redezyklus erlaubt mir nur auf wenige Schwerpunkte einzugehen. Ich hatte ein bisschen vorweg die Hoffnung, Herr Bischoff würde mir vielleicht ein bis zwei Minuten abtreten. Aber das ist nun nicht mehr möglich.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zeigt, dass wir in Sachsen-Anhalt bei der Sportförderung auf gutem Wege sind. Die bisher vorgenommene Schwerpunktsetzung hat sich bewährt und bleibt auch zukünftig erhalten. Dazu gehören zum Beispiel die Förderung des Landessportbundes, die Sportstättenförderung und der Leistungssport.

Die im Jahr 1998 begonnene Budgetierung - Herr Bischoff wies darauf hin - der Förderung des Landessportbundes mit einem Zuwendungsvertrag zwischen dem LSB und dem Land gibt dem Verband Planungssicherheit. Gleichzeitig wird hier ein Stück Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung umgesetzt.

Gegenwärtig laufen die Verhandlungen für die neue Budgetierung. Dabei ist die Landesregierung aufgefordert, den Einsatz der Landesmittel innerhalb des Budgetrahmens mitzugestalten und die Umsetzung der im Landesinteresse liegenden Schwerpunkte sicherzustellen. Ich denke dabei insbesondere an die Übungsleiterbezuschussung, die Förderung der Sportvereine, der Landesfachverbände und der Kreis- und Stadtsportbünde sowie an die Mittel für den Vereinssportstättenbau und den Nachwuchsleistungssport.

Beim Sportstättenbau liegt der Schwerpunkt beim Bau und der Sanierung kommunaler Sportstätten. Die Grundlage hierfür bildet die Sportstättenleitplanung des Landes, die ergänzt wird durch die vom Minister schon umfangreich erwähnte Sonderförderung des „Goldenen Planes Ost“. Wir können ebenfalls nur eindringlich an die Bundesregierung appellieren, diese Mittel zumindest bis zum Jahr 2006 zur Verfügung zu stellen. Die bisherigen Anzeichen deuten darauf hin, dass der Bund anscheinend tatsächlich diese Absicht hat.

Auch in Zeiten knapper werdender Haushaltsmittel sollten wir auf die Sportförderung nicht verzichten. Allein die wertvolle Arbeit des Sports im Integrations- und Präventionsbereich wird uns diese Investitionen auf lange Sicht lohnen. Gleichwohl wird sich das Land zukünftig auf Maßnahmen mit besonderem Landesinteresse beschränken müssen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einmal etwas stärker auf ein Problem hinweisen, das Herr Bischoff schon angedeutet hat. Wir wissen, dass aus den bekannten demografischen Gründen in den vergangenen fünf Jahren 222 Schulen geschlossen werden mussten, davon 145 Sekundarschulen und 54 Grundschulen. Mit Sorge beobachte ich die zunehmenden Schwierigkeiten, die die Vereine und die Sportlerinnen und Sportler haben, die für die Ausübung ihrer Aktivitäten vorwiegend die Turnhallen und Sportstätten der Schulen in ihrem Territorium genutzt haben. Dabei habe ich weniger den städtischen Bereich im Auge,

(Zustimmung von Herrn Czeke, PDS)

sondern eher das flache Land, weil dort wesentlich weniger Alternativen vorhanden sind.

Herr Bischoff und auch der Minister wiesen auf die gerade zu Ende gegangenen Olympischen Spiele und die dabei errungenen Erfolge hin, sodass ich mir das an dieser Stelle sparen kann. Ich wollte nur sagen, dass ich tatsächlich im Manuskript stehen hatte, dass heute die Paralympics beginnen.

(Herr Bischoff, SPD, lacht)

Spricht man von diesen Leistungen - auch darauf ist schon hingewiesen worden -, so gebührt ein wesentlicher Teil des Erfolgs auch den Trainerinnen und Trainern. Die Finanzierung deren Arbeit im Leistungssport auf der Basis eines zwischen allen Verantwortlichen abgestimmten Personalkonzepts hat sich bewährt. Dabei ist die Landesförderung für den Trainerpool hervorzuheben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick etwas vorauswerfen. Worauf sollten wir unser Augenmerk richten, um die bisherigen Erfolge zu sichern und möglichst zu wiederholen? - Für mich steht neben der Förderung der Eliteschulen des Sports, den beiden Sportschulen in Magdeburg und Halle, als wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Sportentwicklung der Schulsport im Mittelpunkt. Nur eine breite Basis kann für eine hochklassige Spitze sorgen. Auch an dieser Stelle ist darauf hingewiesen worden: Das gemeinsame Projekt von LSB und Land „Sport in Schule und Verein“ bildet in dieser Hinsicht eine gute Basis.

Gleichzeitig müssen wir aber darauf drängen - auch das hat Herr Bischoff schon angemerkt -, dass die Sportlehrerinnen und Sportlehrer mehr Bereitschaft zeigen, in den Vereinen ehrenamtlich tätig zu werden, um das fortzusetzen. Einige Kollegen von Ihnen waren bei der Anhörung dabei. Dort habe ich den Sportlehrerverband danach gefragt, warum es so furchtbar schwer ist - das kann ich als Vereinsvorsitzender sagen -, Sportlehrerinnen und Sportlehrer für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Verein außerhalb der Schule zu gewinnen. Die Antwort war nicht so richtig befriedigend. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Rauls. - Nun bitte Herr Dr. Eckert für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt kann sich sehen lassen. - Richtig, Herr Bischoff. Bei den heute beginnenden Paralympischen Spielen sind Sachsen-Anhalter dabei. Ich gehe davon aus, dass wir ihnen sehr viel Erfolg wünschen. Weiterhin gehe ich davon aus, dass wir uns alle eine ordentliche und den Leistungen angemessene Berichterstattung in den öffentlichrechtlichen Medien wünschen.

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

Insofern kann ich das nur noch einmal unterstützen.

Herr Bischoff, Sie verwiesen auf die Erfolge der Sportlerinnen und Sportler aus Sachsen-Anhalt bei den Olympischen Spielen in Athen, der Minister ebenfalls. Diese sportlichen Erfolge - an dieser Stelle sind aber auch die Erfolge bei Weltmeisterschaften, bei Europameisterschaften und bei Deutschen Meisterschaften heranzuziehen - waren und sind nur möglich, weil sich viele sportbegeisterte Menschen ehrenamtlich Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat im Sport zuverlässig engagieren. Das Gerüst für die Ehrenamtlichkeit, für dieses Engagement, bildet die Hauptamtlichkeit. Ihnen, den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, das heißt den mehr als 60 000 Übungsleitern, Trainerinnen und Trainern, den Eltern, den Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen-Anhalt gebührt Dank und Anerkennung für diese Leistungen.

(Beifall bei der PDS)

Aus der Antwort der Landesregierung wird ersichtlich, dass der Organisationsgrad in Sachsen-Anhalt mit 14,5 % erheblich vom Bundesdurchschnitt abweicht und seit einigen Jahren stagniert. Wenn das so ist, so muss man fragen, woran es liegt, dass wir trotz vielfältiger Anstrengungen im Land nicht weiter vorwärts kommen. Scheinbar haben wir eine Grenze ereicht, die nur mit neuen Ideen und einem neuen Herangehen überwunden werden kann. Diese Grenzen, Probleme und neuen Aufgaben spiegeln sich in den Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage wider.

Was ist aus unserer Sicht zu tun? Als ein wesentliches Hemmnis erweist sich in vielen Fällen und für viele Fachverbände die Sportstättensituation. Die Landesregierung verweist auf die seit dem Jahr 1991 unternommenen erheblichen Anstrengungen, um diese Situation zu verbessern. So sind für die Kommunen und Vereine 1 038 Sportanlagen saniert bzw. neu gebaut worden. Im Vereinsstättenbau des Landessportbundes wurden 1 248 Sportanlagen saniert, um- oder neu gebaut. Das ist beeindruckend.

Dennoch, wenn im Ergebnis dieser erheblichen Anstrengungen nur ca. ein Drittel der Sportanlagen ohne die Großspielfelder als behindertengerecht bewertet werden, dann kann das nicht zufrieden stellen.

(Zustimmung bei der PDS)

Gerade auch im Hinblick auf die demografische Situation und mit Blick auf den Gesundheitssport erlauben Sie mir auch festzustellen: „Behindertengerecht“ ist nicht mehr

zeitgemäß. Wir sollen darum kämpfen, dass es barrierefreie Sportstätten gibt.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Hinzu kommen die mit der Schließung von Schulen verbundenen Probleme. Dort liegen aber nicht nur Probleme, sondern auch Chancen. Es sind neue Wege bei der Nutzung der bisherigen Schulsporthallen zu gehen. Diese sind seitens der Landesregierung anscheinend noch nicht richtig wahrgenommen worden, weder als ernsthaftes Problem noch auch als Chance für den Sport.

Sicher ist es richtig - wie in der Antwort auf die Anfrage ausgeführt -, dass sich viele Sportstätten in kommunalem Eigentum befinden und eine direkte Einflussnahme nicht möglich ist. Dennoch ist Hilfe und Unterstützung angesagt. Beispielsweise hat der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalts in seiner Präsentation am 7. September 2004 sein Interesse an der Übernahme der Trägerschaft für nicht mehr für den Schulsport zu nutzende kleine Sporthallen bekundet. Das bedeutet natürlich, da für den Sportverein Investitionen beispielsweise zur Barrierefreiheit nicht zu schultern sind, dass das Land gemeinsam mit den Kommunen und den Vereinen über Lösungen nachdenken sollte. Wir könnten uns vorstellen, beispielsweise im Rahmen der Auswertung der Anhörung zur Sportsituation im Land Sachsen-Anhalt über solche Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Arbeit der Sportorganisation selbst. Die Budgetierung in diesem Bereich seit dem Jahr 1998 erweist sich als richtiger Weg. Auch die in der Anfrage erwähnten Rahmenvereinbarungen zu verschiedenen Problemfeldern und Bereichen scheinen geeignet zu sein, bürgerschaftliches Engagement und neue Partner für die Entwicklung der Sports zu gewinnen und einzubeziehen. Zugleich ist es jedoch unumgänglich, dass die Landesregierung eindeutig erklärt, was im Jahr 2005 mit dem Feststellenprogramm oder einem Nachfolgeprogramm geschehen soll.

(Zustimmung bei der PDS und von Herrn Bi- schoff, SPD)

In der Anhörung im Gleichstellungsausschuss verwies die Sportjugend darauf, dass sie Träger von ca. 100 Stellen des Feststellenprogramms ist. Wir meinen, dass eine Entscheidung der Landesregierung zu diesen Fragen sowohl aus inhaltlich-sportlichen als auch aus arbeitsrechtlichen Gründen überfällig ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Die Landesregierung sollte sich auch mit der Weiterführung des Programms „Ü 55“ im Jahr 2006 beschäftigen. Entscheidungen im Sinne einer Neuauflage bzw. Weiterführung wären wesentliche Grundlagen, um wenigstens das gegebene Niveau im Sport zu halten.

(Zustimmung bei der PDS)

Ein dritter wichtiger Komplex ist der Schulsport. Immer mehr Kinder weisen Defizite im Bereich der Motorik und Haltungsschäden auf. Das ist Fakt und das hat auch mit neuen Lebensformen in der Gesellschaft, wie in der Antwort ausgeführt, zu tun.

Mit einem einfachen Ausbau des obligatorischen Schulsports ist diese Veränderung in der Lebensweise nicht zu kompensieren. Gefordert sind neue Überlegungen, neues Herangehen und neue Initiativen.

Eine Reaktion der Landesregierung auf die Situation sehen wir im Bildungsauftrag in Kindertagesstätten. Zugleich ist aber festzustellen, dass die Personalausstattung zur Umsetzung dieses Auftrages nicht ausreicht. Der Neuansatz in den Kitas findet zudem keine Fortsetzung in der Schule. Hier wurde seitens des Kultusministeriums die Stundentafel flexibilisiert. Die gesamte Schulzeit betrachtet, wird damit in Sachsen-Anhalt etwa ein Drittel weniger Sport unterrichtet als in Bremen oder in Hessen. Man muss es einfach feststellen: Wir stehen gegenwärtig an letzter Stelle im Bundesvergleich bei der Erteilung von Sportunterricht in Schulen.

Als weitere Probleme werden in der Antwort auf die Große Anfrage überalterte Sportlehrerstrukturen sowie fehlende sportspezifisch ausgebildete Lehrer in den Grundschulen genannt. Schaut man genauer hin, so wird deutlich: Obwohl ein erheblicher Anstieg bei den Schülerzahlen in den Grundschulen prognostiziert wird, sind etwa 50 % der Sportlehrer in diesem Bereich über 58 Jahre alt. Über alle Schulformen hinweg sind ca. zwei Drittel aller Sportlehrer über 58 Jahre alt. Der Ersatzbedarf ist immens. Die Maßnahmen der Landesregierung beschränken sich auf PR-Maßnahmen. Gegenwärtig erwirbt - Herr Bischoff führte das schon an - an den Hochschulen des Landes kein Student die Lehrbefähigung im Fach Sport.

Abschließen möchte ich diesen Komplex mit einer Aussage des Weltgipfels zur Bedeutung des Schulsports. Experten stellten fest, dass fehlender Sportunterricht mehr gesundheitsbedingte Kosten verursacht als die Investitionen, die für den Sportunterricht erforderlich sind.

(Zustimmung von Herrn Gallert, PDS, und von Frau Dr. Sitte, PDS)

Unbefriedigend sind die Antworten der Landesregierung zur Problematik Sonderschulen. Keine Ausführungen, keine Bewertung.

Überall wird sichtbar: Erhebliche Anstrengungen sind notwendig, um das gegebene Niveau in Sachsen-Anhalt zu halten. Manches ist angedacht, weniges auf den Weg gebracht. Was fehlt, ist ein abgestimmtes Konzept der Landesregierung, welches Maßnahmen zur Unterstützung der Sportorganisation, neue Wege zur Verbesserung der Sportstättensituation sowie den Sportunterricht umfasst. Erneut kritisieren wir, dass die Ressorts nicht übergreifend arbeiten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Nun erteile ich für die CDU-Fraktion Herrn Schwenke das Wort.

Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit dem Dank an die Landesregierung für die akribische Beantwortung der Fragen beginnen. Verbunden damit sind - das wurde schon gesagt - der Dank und die Glückwünsche an die erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler bei den Olympischen Spielen vor wenigen Wochen in Athen. In den Glückwunsch beziehe ich natürlich wie meine Vorredner Trainer, Übungsleiter und Betreuer ein. Ihr besonderer Erfolg zeigt für mich, dass das System der Sportförderung in Sachsen-Anhalt funktioniert.

Die besten Wünsche - auch das ist schon angerissen worden - gelten natürlich gerade heute auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den am Freitagabend beginnenden Paralympischen Spielen. Ich bin überzeugt, dass unsere Sportlerinnen und Sportler SachsenAnhalt und Deutschland mindestens genauso würdig und erfolgreich vertreten werden wie die Sportler bei den Olympischen Spielen vor wenigen Wochen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich trage natürlich auch die Kritik an der Ignoranz - so nenne ich das einmal - der Fernsehanstalten mit, was die Berichterstattung über die Paralympics betrifft. Ich denke, da muss zukünftig wesentlich mehr passieren; denn die Leistungen der Behindertensportler lassen eigentlich genauso viel Hochachtung erwarten wie die bei den „normalen“ Olympischen Spielen, sage ich jetzt einmal.

Ich habe meinen Beitrag mit dem Bereich Spitzensport angefangen, weil ich denke, dass Erfolge gerade in diesem Bereich ein wesentlicher Image- und Werbefaktor für das Sportland Sachsen-Anhalt sind. Ich bin davon überzeugt, dass die permanenten Erfolge auch im Nachwuchsbereich Beleg dafür sind und den Titel „Sportland Sachsen-Anhalt“ auch zukünftig rechtfertigen.