Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

(Unruhe)

Das Zweite, das man dabei auch sehen muss: Im Fall von Hausgeflügel gilt das wiederum nicht. Wenn die Weihnachtsgans Auguste gestorben ist, dürfen sie die im eigenen Garten verbuddeln. Diese Logik im europäischen Recht ist mir nicht klar.

Wir haben natürlich keine Möglichkeit, dieses europäische Recht zu ändern. Ich bitte jeden Einzelnen von den Kolleginnen und Kollegen jedoch, nehmen Sie bitte ein wenig Einfluss auf Ihre Bundestags- und Europaabgeordneten, damit diese Dinge, die dort beschlossen werden, nicht nur formal handhabbar sind, sondern damit sie auch einem gewissen Mindestmaß an Ethik entsprechen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Geisthardt. - Die Landesregierung bittet nicht noch einmal um das Wort. Damit treten wir in das Abstimmungsverfahren ein.

Meine Damen und Herren! Es wurde die Überweisung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als federführenden Ausschuss und an den Innenausschuss als mitberatenden Ausschuss beantragt. Gibt es dagegen Widerspruch? - Einen Antrag auf Überweisung an den Umweltausschuss habe ich nicht gehört. Damit können wir über die Überweisung insgesamt abstimmen.

Wer einer Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Landwirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist diese Überweisung einstimmig beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 11 ist damit abgeschlossen.

Wir treten in den Tagesordnungspunkt 12 ein:

Erste Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes über Eingemeindungen in die kreisfreie Stadt Dessau

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1870

b) Aussetzung beabsichtigter Eingemeindungen bis zur Vorlage und Beschlussfassung des Leitbildes der Landesregierung zur Kreisgebietsreform

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1877

Wir werden eine verbundene Debatte zu diesen beiden Beratungsgegenständen führen. Einbringer des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP ist der Abgeordnete Herr Kolze. Bitte sehr, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Freiheit ist das Recht, alles zu tun, was die Gesetze gestatten“ - so lautet ein Ausspruch von Charles de Secondat, einem französischen Staatstheoretiker und Schriftsteller. Dieser Aphorismus beschreibt in kurzen Worten den Inhalt und den Anlass für das Gesetz zur Eingemeindung in die kreisfreie Stadt Dessau. Einige Gemeinden tun etwas, was ihnen die Gesetze gestatten, und machen damit von ihrer Freiheit Gebrauch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es bei diesem Gesetz nicht mit einer Besonderheit, sondern eigentlich mit einer Selbstverständlichkeit zu tun. Hier

über dürfte es eigentlich unter uns Parlamentariern, und zwar aller Fraktionen, keinen Zweifel geben.

Lassen Sie mich aber zunächst zurückgehen und Ihnen die Entwicklung in dieser Region darstellen. Sowohl in der Gemeinde Brambach als auch in der Gemeinde Rodleben wurden die Bürger zu der beabsichtigten Eingemeindung in die kreisfreie Stadt Dessau angehört.

Die Anhörung der Bürger Brambachs ergab eine Zustimmung von mehr als 63 % der Bürger. In Rodleben sprachen sich knapp 85 % der Bürger für die in Rede stehende Eingemeindung aus. Daneben beschlossen auch die Gemeinderäte der Gemeinden Brambach und Rodleben sowie der Stadtrat der Stadt Dessau, eine solche Eingemeindung vorzunehmen. Deshalb kann kein Zweifel daran bestehen, dass bei den Protagonisten vor Ort ein Höchstmaß an Übereinstimmung erzielt werden konnte. Soll dies kein Handlungsauftrag an die Politik sein?

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen sind der Auffassung, dass wir uns diesem eindeutig geäußerten Willen der Bürger und der kommunalen Vertretungen nicht verschließen dürfen. Als Resultat des an uns Politiker gerichteten Handlungsauftrages legen wir einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Beratung vor. Er beinhaltet die Eingemeindungen der Gemeinden Brambach und Rodleben in die kreisfreie Stadt Dessau. Hieraus ergibt sich als Konsequenz ihr Ausscheiden aus ihrem bisherigen Landkreis und ihrer bisherigen Verwaltungsgemeinschaft. Dies hat notwendigerweise eine Änderung der Landkreisgrenze zur Folge.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht in mehrfacher Hinsicht den von der CDU und der FDP geäußerten Grundsätzen und Überzeugungen. Dies gilt insbesondere für das im Zusammenhang mit der Kommunalreform stets an prominenter Stelle genannte Freiwilligkeitsprinzip.

Wir haben uns von Anfang an vorgenommen, dem Primat der Freiwilligkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Dies deshalb, weil wir der Überzeugung sind, dass sich die schwierigen Aufgaben auf diesem Politikfeld nur dann lösen lassen, wenn wir die Menschen auf diesen Weg mitnehmen. Dieses Ziel lässt sich nach unserer Überzeugung nur erreichen, indem man den vor Ort durchaus vorhandenen Gestaltungswillen nutzt und es den dortigen Akteuren überlässt, ihr eigenes Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Nur so lässt sich das erforderliche Maß an Akzeptanz erreichen.

Wohin es führen kann, wenn man sich von diesem Prinzip löst - jetzt komme ich zu dem PDS-Antrag -, kann man an den Reaktionen der örtlichen Vertreter der PDS erkennen. Während die PDS-Fraktion im Landtag die in Rede stehenden Eingemeindungen zu verhindern sucht, haben die örtlichen Vertreter der PDS zu einer Unterschriftenaktion aufgerufen, mit der sie um Zustimmung für eine solche Eingemeindung bitten.

(Herr Gürth, CDU: Was? Das ist ja ein Ding!)

Hier zeigt sich mit aller Deutlichkeit, welchen Weg sich der Wille zu einer eigenverantwortlichen Gestaltung der eigenen Verhältnisse bahnt, wenn manche Parteien mit ihrer Politik die Bedürfnisse der Bevölkerung aus den Augen verlieren.

(Herr Grünert, PDS: Ach du großer Gott!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darüber hinaus widerspricht die durch den vorliegenden Gesetzent

wurf vorzunehmende Eingemeindung nicht den von der Landesregierung festgelegten Grundsätzen der Raumentwicklung und den im Rahmen der gebotenen Anpassung kommunaler Strukturen entworfenen Leitvorstellungen, wonach freiwilligen Zusammenschlüssen in Form von Einheitsgemeinden der Vorrang vor der Anpassung von Verwaltungsgemeinschaften einzuräumen ist.

Schließlich erweist sich die Eingemeindung der beiden Gemeinden in die kreisfreie Stadt auch als zweckmäßig; denn anderenfalls würde es mit dem 1. Januar 2005 erforderlich werden, beide Gemeinden für einige Monate einer neuen Verwaltungsgemeinschaft zuzuordnen, aus der sie sodann wieder austreten müssten, weil deren Zuordnung zu Dessau früher oder später ohnehin vorgesehen ist. - Dies alles macht aus der Sicht der Koalitionsfraktionen keinen Sinn.

Nicht zuletzt deshalb erscheint eine zügige Verabschiedung dieses Gesetzes erforderlich. Ich bitte Sie daher um Ihre Unterstützung und bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Abgeordneter Kolze, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Doege zu beantworten?

Bitte sehr, Herr Doege.

Herr Kollege Kolze, ich hätte drei Fragen an Sie. Erste Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Gemeinden Brambach und Rodleben mit der Stadt Dessau, wenn die Fusion zum 1. Januar 2005 vollzogen wird, nur eine gemeinsame Grenze in Form der Elbe haben?

Zweite Frage: Halten Sie es für sinnvoll, dass die Fusion von Brambach und Rodleben mit der Stadt Dessau nur für den Fall realisiert wird, dass letztlich auch die Fusion zwischen Dessau und Roßlau zustande kommt?

Dritte Frage: Stimmen Sie mir darin zu, dass in dem Fall, dass die Fusion zwischen Dessau und Roßlau nicht zustande kommt, die Gemeinden Brambach und Rodleben aus raumordnerischer Sicht eigentlich den Weg nach Roßlau finden müssten? Denn Roßlau liegt zwischen diesen Gemeinden und Dessau.

Zur ersten Frage: Ja. Zur dritten Frage: Nein. Zur zweiten Frage. - Darf ich noch einmal ganz kurz sprechen?

(Heiterkeit - Zuruf: Jein!)

Auch für den Fall, dass es nicht zu einem Zusammengehen von Dessau und Roßlau kommen wird - ich glaube nicht, dass es nicht erfolgen wird -, halte ich das Zusammengehen von Brambach, Rodleben und Dessau für richtig, weil es dem Bürgerwillen vor Ort entspricht. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Der Antrag der Fraktion der PDS in der Drs. 4/1877 wird von dem Abgeordneten Herrn Gallert eingebracht. Bitte sehr, Herr Gallert.

Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete und Gäste! Das Problem, das eben von Herrn Kolze erläutert worden ist, besteht doch offensichtlich nicht darin, dass die Bürger der Gemeinden Brambach und Rodleben und offensichtlich auch die Vertreter des Stadtrates Dessau eine Eingemeindung bzw. eine Zusammenführung dieser drei Gemeinden befürworten. Das ist ausdrücklich nicht unser Problem, Herr Kolze. Das will ich voranstellen.

Unser Problem ist, dass die großen Herausforderungen in diesem Land unter dem Thema Verwaltungsreform, unter dem Thema Gebietsreform eben nicht nur von der Ebene der Gemeindevertreter und der Bürger aus gelöst werden müssen, sondern dass es dazu eines Gesamtkonzeptes bedarf,

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

das nicht nur die Motivlagen der Bürger der Gemeinden Brambach und Rodleben und der Stadt Dessau berücksichtigt, sondern eines Gesamtkonzeptes, das die Interessen der Bürger im Landkreis Anhalt-Zerbst berücksichtigt, das die Interessen der Bürger der Stadt Roßlau berücksichtigt

(Zustimmung bei der SPD)

und das die Interessen der Bürger des Landes SachsenAnhalt berücksichtigt, die nämlich davon betroffen sind, wenn wir Verwaltungsstrukturen in diesem Land aufbauen, die überteuert und ineffizient sind. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag anlässlich der Einbringung des Gesetzentwurfes stellen.

Das eigentliche Problem, das wir haben, ist die konkrete Auswirkung des grundsätzlichen Konstruktionsfehlers der Verwaltungsreform, wie sie von der Landesregierung und der Koalition angegangen wird, nämlich des Auseinanderfallens der Gemeindereform auf der einen Seite und der Kreisreform auf der anderen Seite.

Es war auch von vornherein abzusehen, dass es bei der Neustrukturierung der Gemeindeverwaltungen - dabei meine ich sowohl die Einheitsgemeinden als auch die Verwaltungsgemeinschaften - Kollisionen mit den Kreisgrenzen geben wird. Für diese Gemeindegebietsreform waren und sind unsere Landkreise in der aktuellen Fassung einfach zu klein. Daher war von vornherein klar, dass diese Grenzen durch die Gemeindegebietsreform infrage gestellt werden.

Das ist kein Problem, wenn man wenigstens weiß, wohin man mit einer solchen Kreisgebietsreform eigentlich möchte. Das wäre auch im Fall der Stadt Dessau als Oberzentrum kein Problem, wenn man in diesem Land wüsste, wohin man mit den Oberzentren und dem Interessenausgleich zwischen Oberzentrum und Umland will. Aber das, liebe Kollegen aus der Koalition, wissen wir nicht. Wir wissen nicht, welchen Gesetzentwurf uns Herr Daehre im Dezember, im Januar oder im Februar zuleiten wird.