Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

(Herr Dr. Thiel, Linkspartei.PDS: Doch, die ist not- wendig!)

Meine Damen und Herren! Letzte Bemerkung zu dem Antrag der PDS-Fraktion zu den Gleichstellungsbeauftragten: Wenn man die Gesamtdiskussion über Vorschläge zur Änderung der Regelungen zu hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten betrachtet, dann haben wir mit der Regelung in dem Regierungsentwurf, die Ihnen heute zur Abstimmung vorliegt, eine ausgewogene Regelung gefunden. Diese Regelung werden wir weiterhin unterstützen und Ihren Antrag ablehnen - nicht weil wir die Arbeit der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in irgendeiner Weise gering schätzten, sondern weil wir der Auffassung sind, dass es neben den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten auch ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte gibt und diese - das Gegenteil haben Sie uns leider in den Ausschusssitzungen nicht klar machen können; darum hatte ich gebeten - die Aufgabe genauso gut wie eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte lösen können. Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss kann die Mehrheit sicherlich gut umgehen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Abgeordneter Kosmehl, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Grünert zu beantworten?

Sehr gern.

Bitte sehr, Herr Grünert.

Herr Kosmehl, ich habe eingangs gesagt, dass es mittlerweile die 29. Änderung ist. Der Minister ist in seinen Ausführungen davon ausgegangen, dass es heute der Abschluss der Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts ist - was übrigens nicht ganz stimmt, weil die Einführung der Doppik auch noch kommt. In den Beratungsarien über diese 29 Änderungen habe ich die Änderungen, die ich hier angemahnt habe, bereits eingebracht bzw. angeregt, aber der Innenausschuss ist in keiner Weise auf die inhaltlichen Anregungen eingegangen. Das möchte ich klarstellen.

Aber noch eine Nachfrage in diesem Zusammenhang: Ist Ihnen bekannt, dass sich der Sozialausschuss namens des Vorsitzenden Herrn Wigbert Schwenke an den Innenausschuss gewandt hat mit der Maßgabe, doch bitte schön die Regelung, ab 20 000 Einwohnern einen hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zu bestellen, nicht zu verändern? Ist Ihnen das bekannt?

Herr Kollege Grünert, zwei Bemerkungen: Erstens. Es ist mir bekannt, dass sich der Gleichstellungsausschuss damit befasst hat und zu welchem Ergebnis er gekommen ist. Wir haben es versäumt, den Gleichstellungsausschuss zur Mitberatung mit anzumelden. Das möchte ich an dieser Stelle auch einmal klarstellend sagen, weil in dem Brief ein bisschen der Eindruck erweckt wird, dass der Innenausschuss den Gleichstellungsausschuss außen vor gelassen hätte.

(Herr Dr. Eckert, Linkspartei.PDS: Haben Sie doch!)

Jeder hätte doch die Mitberatung beantragen können. Machen wir uns doch gegenseitig keinen Vorwurf. Uns ist es doch allen durchgerutscht, dass der Gleichstellungsausschuss mitberatend sein sollte. Insofern mussten wir das zur Kenntnis nehmen. Ich glaube aber, dass wir auch im Innenausschuss versucht haben, dieses Thema so kompetent wie möglich zu diskutieren.

Die zweite Bemerkung. Ich möchte einen Satz voranstellen. Ich hielte es als Jurist für besser, wenn wir den Rechtsanwendern mehr Zeit gäben, sich auf Änderungen einzustellen und mit Änderungen zu leben, anstatt das Recht stetig fortzuentwickeln und zu ändern. Insofern sind die vielen Änderungen in der Gemeindeordnung in dieser Legislaturperiode, die, jede für sich betrachtet, notwendig waren, sicherlich nicht günstig für den Rechtsanwender, weil fast niemand mehr eine lesbare Fassung der Gemeindeordnung hat. Ich denke aber, mit dem jetzt Abgeschlossenen, auch mit der Doppik, können wir dann wieder einen einheitlichen Text veröffentlichen. Dann ist das wieder lesbar.

Allerdings muss ich Ihnen sagen: Soweit ich mich erinnern kann, haben Sie auch in den vorangegangenen Beratungen zum Beispiel zu dem Stadtteilbeirat keinen Antrag gestellt. Ob Sie das in den Diskussionsbeiträgen einmal angeregt haben, weiß ich nicht. Das möchte ich Ihnen nicht absprechen. Anträge dazu haben Sie aber nicht gestellt. Manchmal helfen aber Anträge, weil man es dann schriftlich hat. - Vielen Dank.

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, noch zu bleiben. Sind Sie bereit, eine weitere Frage der Abgeordneten Frau Wybrands zu beantworten? - Herr Schwenke, der hier zitiert worden ist, möchte eine Kurzintervention machen. - Frau Wybrands, sind Sie bereit, Herrn Schwenke den Vortritt zu lassen? - Bitte sehr, Herr Schwenke.

Da man glücklicherweise auch von seinem Zimmer im Landtag aus die Beratungen im Plenum mithören kann, wenn man gelegentlich etwas Dringendes zu erledigen hat, konnte ich es also mithören.

Ich möchte bei dem, was die Aussagen von Herrn Grünert anbelangt, wie folgt intervenieren: Erstens. Es ist nicht der Sozialausschuss, sondern der Ausschuss für Gleichstellung, Kinder, Familie, Jugend und Sport gewesen.

Zweitens haben wir in der Diskussion festgestellt, dass wir gern beteiligt worden wären. Aufgrund der Tatsache, dass im Gesetzentwurf das Thema Gleichstellungsbeauftragte angesprochen worden ist, hätten wir uns eine Fachdiskussion gewünscht und hätten in diesem Zusammenhang aufgrund der uns vorliegenden Informationen schon empfohlen, die Grenze bei 20 000 Einwohnern zu belassen. Es sollte zur Beratung in den Innenausschuss eingebracht werden. Das war der Wunsch bzw. der Hintergrund. Ich habe diesbezüglich im Namen des Ausschusses gesprochen und nicht im eigenen Namen.

Vielen Dank, Herr Schwenke. - Frau Wybrands, Sie haben nun die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Kosmehl, ist Ihnen bekannt, dass der Landesfrauenrat dem Vorhaben zugestimmt hat, die Gleichstellungsbeauftragten ab 25 000 Einwohnern hauptamtlich einzusetzen? Ist Ihnen bekannt, dass der Landesfrauenrat dem Gesetzentwurf zugestimmt und seinen Mitgliedern bzw. Verbänden empfohlen hat, entsprechend zu agieren?

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Das hat doch Frau Fischer vorhin dargelegt!)

Frau Kollegin Wybrands, das ist mir sehr wohl bekannt. Ich habe den Landesfrauenrat in der Anhörung ebenfalls erlebt. Auch dort wurde die Regelung immer mit dem Hinweis versehen: Das war ein Kompromiss, diese Regelung ist noch vertretbar, sie sollte deshalb beibehalten werden. Deshalb hat sich auch die Koalition dazu entschlossen, die Regelung beizubehalten. - Vielen Dank.

(Unruhe bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Frau Fischer hat vorhin versucht, es zu erklären. Frau Fischer, Sie erhalten die Möglichkeit zu einer Kurzintervention.

Frau Wybrands, ich hatte vorhin erklärt, zu welchem Zeitpunkt der Landesfrauenrat den Brief an die Abgeordneten geschickt hat. Vielleicht waren Sie da nicht im Plenum. Ich gebe es Ihnen irgendwann gegebenenfalls noch einmal schriftlich.

(Frau Wybrands, CDU: Da war ich schon hier!)

Sie selbst haben in dem Gespräch mit den frauenpolitischen Sprecherinnen gesagt: Machen wir das doch noch einmal auf. - Damals haben Sie eine ganz andere Einstellung zu dem Thema gehabt. Aus diesem Grund haben wir es im Gleichstellungsausschuss noch einmal diskutiert. Sie haben dann dafür gestimmt, die Vorgabe von 20 000 Einwohnern beizubehalten. Ich verstehe Ihre Intervention jetzt gar nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Meine Damen und Herren! Jetzt erhält Herr Dr. Polte für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Polte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Einbringungsrede zu dem Gesetzentwurf hat in Vertretung des Herrn Innenministers der Herr Finanzminister als Zielsetzung dieser Gesetzesnovellierung die Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und zur Aufrechterhaltung der kommunalen Handlungsfähigkeit genannt. Aus diesem Grund soll es die Gesetzesnovellierung geben.

Ich denke, dagegen hat niemand etwas, vor allen Dingen nicht derjenige, dem die kommunale Selbstverwaltung ans Herz gewachsen ist. Das ist dann aber auch die Messlatte, die man vorgegeben hat. Die muss man nun anlegen und das, was hier an Gesetzesänderungen vorgesehen ist, daran messen.

Das ist die erste Frage, weil ja die echte kommunale Selbstverwaltung an zwei Aspekten festzumachen ist: Wie sieht es eigentlich mit der Finanzhoheit aus und welche finanziellen Spielräume hat eine Kommune? - Dazu stelle ich fest: Durch dieses Gesetz kommt nicht eine müde Mark mehr in die Kassen. Darin sind wir uns wohl einig.

Die zweite Frage ist die Frage nach den Aufgaben, die man der kommunalen Ebene zur Wahrnehmung überträgt bzw. überlässt. Hierbei sehe ich ein gewisses Problem - ich sagte es schon -: die Finanzen. Ich verweise nur auf den Städte- und Gemeindebund bzw. auf dessen Hilfeschrei, weil es um unser Land geht. Damit werden wir uns vielleicht - das hoffe ich - noch in dieser Legislaturperiode befassen. Es geht um den Zustand der Finanzen.

Das Gesetz wird - so sehe ich das jetzt - aber in einer Reihe von Punkten nicht dazu führen, dass die kommunale Selbstverwaltung gestärkt wird, sondern sie wird sogar weiter eingeschränkt. Ich meine jetzt nicht die rechtlichen Präzisierungen, Herr Innenminister, oder die Anpassung an die Bedürfnisse der Praxis. Hierbei zeigt sich vielmehr, wie schmerzlich sich das Fehlen einer

Funktionalreform als Maßstab bzw. als Orientierungspunkt auswirkt;

(Zustimmung von Frau Fischer, Leuna, SPD)

denn statt Schritte gemäß dem Subsidiaritätsprinzip zu gehen und den Kommunen mehr Entscheidungsrechte zukommen zu lassen, wird im Kernbereich in das Selbstverwaltungsrecht eingegriffen.

Wir haben heute Morgen den Entwurf eines Dritten Investitionserleichterungsgesetzes behandelt. Dabei geht es darum, den Spielraum für die Wirtschaft oder für die Bürger zu erweitern - mit welchem Effekt sei dahingestellt. Aber bei den Kommunen stelle ich immer wieder fest: Es geht eher in die andere Richtung. Es wird immer wieder versucht, mehr zu regulieren, weil man der unteren Ebene nicht allzu viel Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit einräumen möchte.

Ich möchte dazu ein paar Beispiele anführen. Zum Beispiel fällt das Beauftragtenwesen in die Organisationshoheit und in die Personalhoheit, es ist Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts.

Natürlich kann der Gesetzgeber den Kommunen die Pflicht zur Bestellung besonderer Beauftragter auferlegen - das ist keine Frage -, aber wenn es um die konkrete Gestaltungsfreiheit bei der Bestellung geht, dann sollte man das den Kommunen weitgehend überlassen.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

- Nicht wahr, Herr Schomburg? Seien Sie ruhig ein wenig lauter.

Zweites Beispiel. Es betrifft die Bildung von Beiräten. Auch diese Frage ist überreguliert; denn all diese Punkte sind in der Hauptsatzung der Kommunen gut zu lösen. Warum muss es hier gelöst werden?

Ein drittes Beispiel: die Ausweitung der überörtlichen Prüfung durch den Landesrechnungshof auf die Zweckverbände. Der Vorteil der kommunalen Rechnungsprüfungsämter, die Ortsnähe und Ortskenntnis, geht verloren. Wenn ich außerdem daran denke, dass wir heute schon 130 Zweckverbände haben - mit dem Kommunalneugliederungsgesetz kommen mit Sicherheit weitere dazu -, dann sehe ich sogar die Gefahr, dass der Landesrechnungshof aufgestockt werden muss, weil er es mit dem vorhandenen Personal sonst gar nicht schafft.

Meine Damen und Herren! Ich sehe, hier blinkt etwas. Ich möchte aber noch ein Wort zu dem Antrag sagen, den wir eingebracht haben.

Erstens geht es uns darum, dass wir für eine flexible Regelung bezüglich des Renteneintrittsalters bei Hauptverwaltungsbeamten, sprich: für Bürgermeister und Landräte, plädieren. Es gibt gute Gründe dafür, nicht zuletzt auch den, dass ich sage: Es gibt keinerlei Altersbegrenzung oder Altersschutz für jemanden, der im öffentlichen Bereich tätig ist, außer für die kommunalen Hauptverwaltungsbeamten. Wie gesagt, der Adenauer war 76 Jahre alt, als er Bundeskanzler wurde. Damals gab es eben keine solchen Grenzen. Hierin sehe ich ein Stück weit eine unfaire Behandlung. Die Zeit lässt es nicht zu, dass ich weiter auf diese Punkte eingehen kann.

Ich will zu unserem Antrag nur noch Folgendes sagen: Bezüglich des Artikels 1 bitte ich darum, Herr Präsident, dass über die Nrn. 1, 2 und 3 zusammen und über die Nr. 4 einzeln abgestimmt wird. Bei Nr. 4 geht es ja um

die Aufnahme der Intention, die der Gleichstellungsausschuss in Bezug auf die Festlegung der Einwohnerzahl für die Gleichstellungsbeauftragten hatte.

Zweitens haben wir in dem Antrag noch aufgegriffen, dass eine Neubekanntmachung der Gemeindeordnung dringend notwendig ist. Die hatte der Herr Innenminister schon im Jahr 2003 zugesagt.

Ich glaube, das waren die Dinge, die den Inhalt unseres Antrags ausmachen. Ansonsten gehe ich davon aus, dass die SPD-Fraktion sich insgesamt bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten wird.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Polte. - Nun erhält für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Schulz das Wort. - Herr Schomburg hat eine Frage. Bitte sehr, stellen Sie Ihre Frage.