Wir haben uns inhaltlich eingebracht, Herr Gürth. Wir haben uns inhaltlich eingebracht bei der Entstehung der Arbeitsgemeinschaften und der kommunalen Beschäftigungsagenturen. Wir haben unsere Kommunalpolitikerinnen bei dem Thema Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungsprogramme unterstützt. Wir haben uns inhaltlich mit den sozialen Auswirkungen des Gesetzes beschäftigt und wir waren aktiv bei der Beratung von Betroffenen.
Wir haben uns praktisch eingemischt. Wir haben bei mehreren so genannten Hartz-Touren, bei Kommunaltouren zum Thema Hartz-Arbeitsgemeinschaften, kommunale Beschäftigungsagenturen, Beschäftigungsgesellschaften und einzelne Projekte besucht und haben uns die konkreten Auswirkungen vor Ort angeschaut.
Wir haben bei mehreren Anhörungen unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände, der Wohnungswirtschaft, Vertretern und Vertreterinnen der Wirtschaft, der Arbeitsgemeinschaften, der kommunalen Beschäftigungsagenturen, von Beschäftigungsgesellschaften, von Arbeitsagenturen, von Betroffeneninitiativen deutlich gemacht, dass die Linkspartei.PDS Angebote machen kann. Es ist bei diesen Anhörungen deutlich geworden, dass die Linkspartei.PDS sehr wohl im Land als Ansprechpartnerin anerkannt wird.
Sie glauben doch nicht im Ernst, dass all diese Menschen zu unseren Anhörungen kommen würden, wenn sie befürchten müssten, für glatten Populismus oder gar für eine unsachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema missbraucht zu werden.
Es bleiben nach wie vor Fragen offen und Probleme sind nicht geklärt. Die Linkspartei.PDS hat sich in jeder Phase der Reform mit Vorschlägen eingebracht und tut das auch jetzt, beispielsweise wenn es um die Entlastung der Kommunen geht, wenn es um die Nichtleistungsempfänger und -empfängerinnen geht oder wenn die Beschäftigungsgesellschaften Planungssicherheit anmahnen.
Ja, der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Ja, die Landesregierung - namentlich Herr Haseloff - hat sich durchaus mit Erfolg sowohl in der Entstehungsphase als auch bei der Umsetzung des Gesetzes intensiv und aktiv eingesetzt. Dennoch halten wir den demonstrativen Optimismus nicht für wirklich angebracht.
Die Zahl der Arbeitslosen ist in Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34 000 auf 231 800 zurückgegangen. Allerdings ist auch die Erwerbstätigkeit rückläufig. 20 700 Personen weniger - 2,1 % der Erwerbstätigen - sind im Jahr 2005 beschäftigt gewesen als im Jahr 2004. Auch die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an AB- und Strukturanpassungsmaßnahmen ist um 32 % zurückgegangen, fast 4 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen ist um 26 % - 1 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer - zurückgegangen. Ich frage Sie, Herr Gürth: Wo sind diese Menschen um Gottes willen alle abgeblieben? - In Arbeit wahrscheinlich nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verabschiede mich heute - nicht. Seien Sie versichert, dass uns dieses Thema auch in den nächsten Wochen und Monaten, dass es uns auch in der nächsten Legislaturperiode nicht loslassen wird. Seien Sie versichert, dass dieses Thema bei uns auch dann in guten Händen sein wird. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass in diesem Haus Übereinstimmung darin besteht, dass es nach nunmehr fast 50 Jahren für die Bundesrepublik Deutschland überfällig war, ein einheitliches Leistungssystem für alle erwerbsfähigen hilfebedürftigen Leistungsempfänger und Leistungsempfängerinnen zu schaffen, ein Gebot der Vernunft - wenn ich Sie, Herr Minister, zitieren darf; das haben Sie nämlich gesagt -, um die großen Gerechtigkeitsprobleme der nebeneinander liegenden Systeme auszugleichen. Die Frage des Ob war damit beantwortet.
Wir hatten uns in unserer Ausschussarbeit mit dem Wie bzw. mit den während des Vollzugs der Hartz-IV-Gesetze und den bei der Begleitung durch die Landesregierung in ihrer problembehafteten Gesamtheit auftretenden Themen zu beschäftigen. Wir haben das Thema für diese Legislaturperiode abgeschlossen, nicht ohne zu wissen, dass es weiterhin unsere Arbeit wesentlich bestimmen wird. Lassen Sie mich das durch einige Ausführungen belegen.
Die Arbeitslosenzahlen sind auch in Sachsen-Anhalt in Bewegung geraten, aber sie liegen bundesweit immer noch bei rund 4,5 Millionen. Die Reformen haben zu einer Zeit begonnen, in der wir nicht in der Lage waren, sie mit genügend Arbeitsplätzen zu unterlegen. Ein Großteil der Reformvorschläge verpuffte oder steht infrage. Ich will nur die PSA, sicherlich auch die Ein-EuroJobs, in einigen Bereichen die Minijobs usw. nennen.
Die größte Herausforderung besteht nach wie vor in der Betreuung der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen und der Langzeitarbeitslosen. Ich meine, dass ein normales Arbeiten in den Agenturen erst jetzt, ab 2006, richtig möglich sein wird, nachdem etliche handwerkliche Fehler korrigiert worden sind, nachdem belastbare Zahlen vorliegen und nachdem nicht funktionierende Instrumente erkannt worden sind.
Wir haben im Moment eine große Diskussion über Kombilöhne. Diese Diskussion spaltet zum Beispiel schon wieder die große Koalition in Berlin in diejenigen, die Ländermodelle favorisieren, diejenigen, die eine einheitliche Bundeslösung wollen, und diejenigen, die strikt dagegen sind.
Einigkeit besteht letztlich aber darin, dass bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV Nachbesserungsbedarf besteht. Nachbesserungsbedarf besteht zum Beispiel bei
den Problemen, die bei der Unterstützung junger Menschen bis zum Alter von 25 Jahren aufgetreten sind und die wir in irgendeiner Weise in den Griff bekommen müssen. Darüber wird im Moment diskutiert.
Wir haben auch Probleme damit, - diese Probleme spricht man nicht so gern an, aber ich tue es trotzdem -, die Bezieher staatlicher Unterstützung dafür zu motivieren, auch einmal eine niedrig bezahlte Arbeit anzunehmen. Auch bei den Ein-Euro-Jobs gab es harte Diskussionen, aber wir gehen jetzt davon aus, dass sie doch ein recht vernünftiges Instrument sind, aber sicherlich auch weiterentwickelt werden können.
Das sind nur ein paar Themen, die für die künftige Ausschussarbeit sehr wichtig sind. Angesichts der großen Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben wir als Ausschussmitglieder, denke ich, die richtige Entscheidung getroffen, den Vollzug der Hartz-IV-Gesetze über einen so langen Zeitraum aktiv und intensiv zu begleiten. Diese Begleitung wünsche ich auch dem künftigen Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Fischer. - Die Debatte ist damit abgeschlossen. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab, die Ihnen in der Drs. 4/2556 vorliegt. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Oppositionsfraktionen. Somit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen und damit der Ursprungsantrag für erledigt erklärt worden. Der Tagesordnungspunkt 13 ist beendet.
Die erste Beratung fand in der 55. Sitzung des Landtages am 3. März 2005 statt. Ich bitte Herrn Dr. Thiel, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der PDS in Drs. 4/2030 wurde in der 55. Sitzung des Landtages am 3. März 2005 in den Landtag eingebracht und zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit sowie zur Mitberatung in die Ausschüsse für Gesundheit und Soziales sowie für Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.
Mit dem Antrag wurde die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt zurückgezogen bzw. grundlegend überarbeitet wird. Die Landesregie
rung wurde weiterhin aufgefordert, den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und die mitberatenden Ausschüsse in regelmäßigen Abständen über den Stand der Arbeit an der Richtlinie und ihre diesbezüglichen Aktivitäten zu informieren.
Erstmals hat sich der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit in seiner 36. Sitzung am 27. April 2005 mit diesem Antrag befasst. In der ersten Aussprache wurde von der Landesregierung die kritische Sicht des Landtages in wichtigen Punkten unterstützt und darauf hingewiesen, dass die Dienstleistungsrichtlinie in der damals vorliegenden Fassung nicht akzeptabel gewesen sei, weil insbesondere das Herkunftslandprinzip relativiert werden müsse. Die Landesregierung verwies darauf, dass sie die Debatte und die Beschlussfindung im Bundesrat maßgeblich beeinflusst habe und den Beschluss dem Ausschuss zur Verfügung stellen wolle.
Der Ausschuss kam überein, nach Kenntnisnahme des Bundesratsbeschlusses, der bis dahin nicht vorlag, darüber zu beschließen, wann diese Thematik erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden soll.
In der 42. Sitzung am 16. November 2005 wurde mit 10 : 2 : 0 Stimmen eine vorläufige Beschlussempfehlung verabschiedet, den Antrag für erledigt zu erklären, nachdem mehrheitlich festgestellt worden war, dass keine wesentlichen neuen Entwicklungen und Erkenntnisse zu verzeichnen waren. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich gegen diese Vorgehensweise ausgesprochen.
Während sich der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten dieser Empfehlung anschloss, gab der Ausschuss für Gesundheit und Soziales eine inhaltliche Beschlussempfehlung ab, die dem Wortlaut des Antrages mit Anpassung der Einleitung entsprach.
In der 44. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit am 14. Dezember 2005 wurde bei 0 : 9 : 2 Stimmen die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales, die der Fassung des Antrages entsprach, abgelehnt.
In der vorliegenden Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses wurde der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS mit 9 : 0 : 2 Stimmen für erledigt erklärt, da es auf europäischer Ebene noch keine neuen Entwicklungen in diesem Zusammenhang gebe und noch kein neuer Richtlinienentwurf vorliege.
Abschließend möchte ich feststellen, dass sich alle Fraktionen dahin gehend einig waren, dass die Dienstleistungsrichtlinie wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen in der vorgelegten Fassung nicht in Kraft gesetzt werden dürfe. Weiterhin bestand Konsens darüber, dass das Herkunftslandprinzip abzulehnen sei und dass man bei künftigen Richtlinien rechtzeitig in die Erarbeitung einbezogen werden sollte.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit bittet mehrheitlich darum, der vorliegenden Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Die Debatte wird durch den Beitrag der CDU-Fraktion eröffnet. Es spricht Herr Gürth. Bitte, Herr Gürth.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zeitplan der Landtagsverwaltung weist darauf hin, dass dieses Thema um 16.55 Uhr dran ist. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das noch heute ist. Das heißt, wir sind im Verzug. Gemerkt haben das die meisten Abgeordneten wahrscheinlich erst nach der Mittagspause.
Die Dienstleistungsrichtlinie, über die wir heute sprechen, hat eine merkwürdige Entwicklung genommen. Zunächst wurde das Projekt über längere Zeit überhaupt nicht wahrgenommen. Als die Richtlinie dann ins öffentliche Bewusstsein gerückt war, hat sie zu kontroversen Meinungsäußerungen querbeet durch die Parteien und Verbände in ganz Europa geführt.
Aus dem Europäischen Parlament kamen verschiedene Gegenvorschläge. Die EU-Regierungschefs haben, als der Druck durch die Öffentlichkeit wuchs, sogar die Tauglichkeit des Entwurfes der Kommission angezweifelt.
Die Gründe für die Emotionalisierung sind vielfältig. Was die EU-Kommission zunächst weiterhin ausgebrütet hat, geriet jedoch ausgerechnet in einer Zeit in die öffentliche Diskussion, in der den Menschen auch die negativen Folgen der Globalisierung und der EU-Ost-Erweiterung immer schmerzlicher bewusst wurden.
So konnte man feststellen, dass zum Beispiel osteuropäische Subunternehmer in der deutschen Fleischwirtschaft verstärkt tätig wurden und deutsche Arbeitsplätze durch Lohndumping verdrängten. Es gab eine wundersame Vermehrung der Fliesenlegerbetriebe im deutschen Handwerk durch polnische Existenzgründer, was im deutschen Handwerk nicht zu Unrecht zu Unmut führte. Herr Müntefering regte mit seiner Kapitalismus- und Heuschreckendebatte die Bürger auch noch auf und machte ihnen die entsprechenden Probleme bewusst.
Wir haben im Dienstleistungsbereich ein enormes Exportpotenzial. Das darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden. Weil wir jährlich ausländische Dienstleistungen im Wert von 47,78 Milliarden € mehr einkaufen, als deutsche Dienstleister im europäischen Ausland auf dem Markt anbieten können, brauchen wir eine Regelung, die den deutschen Unternehmen, den deutschen Dienstleistern einen fairen Wettbewerb ermöglicht.
Derzeit haben wir in Deutschland ein sehr liberales Gewerbe- und Wettbewerbsrecht. Dies ermöglicht es ausländischen Dienstleistern, mit einer Vielzahl von Dienstleistungen auf dem deutschen Markt tätig zu werden und in einen Wettbewerb zu deutschen Unternehmen und Freiberuflern zu treten. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass sich deutsche Dienstleister trotz des Binnenmarktes auch innerhalb der Europäischen Union zahlreichen bürokratischen und anderen nationalen Hemmnissen gegenübersehen, die sie daran hindern, auf anderen Märken tätig zu werden und somit entsprechend Arbeitplätze in Deutschland zu sichern.