Meine Damen und Herren! Damit ist die Fragestunde abgeschlossen und wir können in die Behandlung des Tagesordnungspunktes 4 eintreten:
Die erste Beratung fand in der 67. Sitzung des Landtages am 10. November 2005 statt. Berichterstatter des Ausschusses ist der Ausschussvorsitzende, der Abgeordnete Herr Hacke. Bitte sehr, Herr Hacke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Entwurf des Umweltinformationsgesetzes in seiner 67. Sitzung am 10. November 2005 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Umwelt und zur Mitberatung in den Innenausschuss überwiesen.
In der 50. Sitzung des Umweltausschusses am 23. November 2005 fand gemeinsam mit dem Innenausschuss eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf statt.
In der 51. Sitzung, die im Anschluss an die Anhörung stattfand, beriet der Ausschuss erstmals über den Gesetzentwurf. Im Ergebnis der Beratung wurde die vorläufige Beschlussempfehlung erarbeitet und an den Innenausschuss weitergeleitet. Der Ausschuss empfahl darin, den Entwurf des Umweltinformationsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in unveränderter Fassung zu beschließen. Der Ausschuss stimmte der vorläufigen Beschlussempfehlung mit 7 : 4 : 0 Stimmen zu.
Der von der PDS-Fraktion eingebrachte Antrag, die informationspflichtigen Stellen im Landesgesetz genauer zu definieren, fand im Ausschuss keine Mehrheit und wurde bei 4 : 6 : 1 Stimmen abgelehnt.
Mit Datum vom 23. November 2005 ist den beteiligten Ausschüssen eine Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zugegangen.
Die zweite Beratung im Umweltausschuss fand am 14. Dezember 2005 statt. Dazu lag neben der Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes die Beschlussempfehlung des Innenausschusses vor. Der Innenausschuss votierte darin für eine Änderung des § 3 Abs. 3. Diese Änderung wurde vom Umweltausschuss mehrheitlich übernommen. Die vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes fanden hingegen keine Mehrheit.
Der Ausschuss für Umwelt stimmte dem Entwurf des Umweltinformationsgesetzes in der Ihnen vorliegenden Fassung mit 6 : 4 : 0 Stimmen zu. Ich bitte das Hohe Haus, sich dieser Beschlussempfehlung anzuschließen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Hacke, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Wir treten damit in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Zunächst hat für die Landesregierung Frau Ministerin Wernicke um das Wort gebeten. Bitte sehr, Frau Ministerin.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der heute zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf beinhaltet das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen. Die Landesregierung bekennt sich damit zu einer offenen Informationspolitik im Bereich Umwelt.
Der Gesetzentwurf gewährt so weit und so unproblematisch wie möglich den Zugang zu Umweltinformationen. Der Gesetzentwurf ist aber auch Ausdruck des Bemühens der Landesregierung, möglichst wenige zusätzliche gesetzliche Regelungen zu schaffen.
Die bundesrechtliche Regelung, die erst gegen Ende des Jahres 2004 erlassen wurde, bezog sich letztlich nur noch auf die Umweltinformationspflichten der Bundesbehörden, sodass auch in Sachsen-Anhalt zwingend ein Umweltinformationsgesetz, welches den Anforderungen der Umweltinformationsrichtlinie genügt, zu erlassen war.
Da sich bereits das Bundesgesetz an den Wortlaut der Richtlinie hält, wurde für das Landesgesetz eine Verweislösung vorgesehen. Das heißt, für die informationspflichtigen Stellen des Landes finden in weiten Teilen die Vorschriften des Bundes entsprechend Anwendung. Die
Entscheidung für eine Verweislösung ist von grundsätzlicher Natur; sie wurde strikt beachtet, da gegebenenfalls eine auch nur teilweise oder in bestimmten Ausdrücken erfolgende Wiederholung des Wortlauts der Bundesregelung zu Rechtsunsicherheit und -unklarheit führen würde.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass dieser Gesetzentwurf eine Umsetzung der Richtlinie im Verhältnis 1 : 1 darstellt. Die geringen Spielräume für die nationale Umsetzung wurden in dem Bestreben, nur die unumgänglich notwendigen Regelungen zu treffen, genutzt. So wurde in Abweichung von der Bundesregelung auf die Erstellung eines Umweltberichts verzichtet, da die Richtlinie nicht zwingend einen Umweltbericht auf Landesebene fordert.
Insbesondere im Umwelt- und im Landwirtschaftsbereich besteht eine Vielzahl europarechtlich vorgegebener Berichtspflichten, sodass, wenn einmal die Möglichkeit besteht, schon allein aufgrund des Interesses, keinen weiteren Verwaltungsaufwand zu verursachen, auf weitere Berichte verzichtet werden sollte. Dies gilt umso mehr, als ein dadurch verursachtes Informationsdefizit der Bürger nicht ersichtlich ist.
Auf die einzelnen von den informationspflichtigen Stellen des Landes entsprechend anzuwendenden Regelungen möchte ich hier nicht im Detail eingehen, da das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen nicht von Grund auf neu ist. Eigene Vollregelungen enthält das Landesgesetz notwendigerweise nur zum Rechtsschutz und zu den Kosten.
Es wurde einheitlich der Verwaltungsrechtsweg vorgesehen, unabhängig davon, ob es sich um die Entscheidung einer Behörde oder einer privaten informationspflichtigen Stelle handelt.
Die Übermittlung von Umweltinformationen ist grundsätzlich kostenpflichtig. Der Gesetzentwurf enthält hinsichtlich der Höhe der Gebühren sehr maßvolle Regelungen, die zugleich den Vorgaben des EU-Rechts bzw. der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes genügen. Danach darf die Gebührenhöhe den Zugang zu Umweltinformationen nicht behindern; für bestimmte Auskünfte dürfen überhaupt keine Gebühren erhoben werden.
Wie gesagt, ich halte die Gebührenregelung in diesem Gesetz für angemessen, zumal die bisherige Gebührenregelung, auch hinsichtlich der Höhe der Gebühren, im Wesentlichen beibehalten wurde. Die redaktionellen Änderungen bei den Gebührentatbeständen dienen der eindeutigeren und damit vollzugsfreundlicheren Formulierung. Hinsichtlich der Auslagen gelten die allgemeinen Auslagensätze der Gebührenordnung des Landes, die ich ebenfalls für angemessen halte.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz bitte, möchte ich mich bei Ihnen für die zügige Beratung über den Gesetzentwurf bedanken; denn mit Mahnschreiben vom Dezember 2005 hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der Umweltinformationsrichtlinie auf Landesebene eingeleitet. Angesichts des aktuellen Standes des Gesetzgebungsverfahrens werden Vorwürfe gegen Sachsen-Anhalt wohl nicht erhoben werden können. Also ein herzliches Dankeschön für die zügige Beratung.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte eintreten, einige Bemerkungen zum weiteren Ablauf der Plenarsitzung: Da wir zeitlich in Verzug sind und ich erfahren habe, dass entgegen dem ursprünglichen Beschluss des Ältestenrates zu Tagesordnungspunkt 5, bei dem es um den Entwurf eines Musikschulgesetzes geht, voraussichtlich doch eine Debatte stattfinden wird, schlage ich Ihnen im Interesse der Einhaltung der Mittagspause vor, jetzt das Umweltinformationsgesetz weiter zu behandeln, im Anschluss daran über den Entwurf eines Ingenieurgesetzes des Landes zu beraten - dazu ist keine Debatte vorgesehen -, dann in die Mittagspause einzutreten und danach über den Entwurf eines Musikschulgesetzes zu diskutieren, weil hierzu, wie gesagt, eine Debatte gewünscht wird; anderenfalls können wir die Mittagspause nicht mehr gewährleisten.
Wenn Sie damit einverstanden sind, dann setzen wir die Sitzung so fort. Ich habe die Berichterstatterin Frau Fischer bereits darüber informieren lassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine ausführliche Würdigung des Anliegens des Umweltinformationsgesetzes ist bereits bei dessen erster Beratung im November 2005 erfolgt. Ich halte die Möglichkeit für die Bürger, breitere Informationen über die Daten und Zusammenhänge, die in den Behörden ermittelt werden, bekommen zu können, für ein unverzichtbares Recht in einer demokratischen Gesellschaft. Deshalb ist es nur zu begrüßen, wenn diese Möglichkeiten durch entsprechend ausgestaltete Gesetze weiter ausgebaut werden. Ich denke hier auch an das Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz und das Umweltrechtsbehelfsgesetz, die, wenn auch schon wieder verspätet, im Bund auf dem Weg sind.
Das Umweltinformationsgesetz sollte diesen Anspruch, die Informationsmöglichkeiten der Bürger maximal zu fördern, auch erfüllen. Leider liegt uns aber nach den Beratungen in den Ausschüssen nur der gleiche Entwurf wie zur ersten Beratung vor, wenn ich einmal von einer stilistischen Korrektur im Gesetzestext absehe.
Dieser bürgerunfreundlich formulierte Entwurf fordert den Bürger nicht auf, seine Rechte in Anspruch zu nehmen, er schreckt ihn eher ab. Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen sind ihrer Intention, einen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von EU-Richtlinien oder Bundesgesetzen nicht auszunutzen, voll gefolgt. Es bleibt also bei den Kritikpunkten, die wir bereits geäußert haben und von denen ich zwei noch einmal nennen möchte.
Erstens. Es fehlt eine klare und unmissverständliche Begriffsbestimmung, wer informationspflichtig ist. Hier muss erst das Bundesgesetz zu Rate gezogen werden; dass es anders geht, hat zum Beispiel der Stadtstaat Bremen bewiesen.
Zweitens. Der in der EU-Richtlinie angeregte regionale Umweltzustandsbericht ist für die Landesregierung kein Thema. Diesen Umsetzungsspielraum will sie nicht nutzen.
Ich möchte noch einen dritten Punkt der Kritik hinzufügen. Eine Sozialklausel bei den Gebühren, so wie sie das seit Anfang dieses Jahres gültige Informationsfreiheitsgesetz des Bundes enthält, hätte die Bürgerfreundlichkeit dieses Gesetzes deutlich verbessert.
Noch einmal knapp zusammengefasst: Wir begrüßen jedes Gesetz, das den Einzelnen durch Informationsmöglichkeiten zum mündigen Bürger macht. Diesen bürgerunfreundlichen Entwurf lehnen wir aber ab. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Hunger. - Für die FDP-Fraktion setzt nun die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens die Debatte fort. Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich sollte heute der Abgeordnete Kehl hier stehen, um uns zu vertreten, aber der junge Mann ist heute Nacht Vater geworden. Da ein solches Ereignis von Männern zumeist ein wenig länger zu verarbeiten ist, werde ich ihn hier vertreten.
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt außerordentlich, dass sich die Landesregierung nicht hat verführen lassen, das Umweltinformationsgesetz mit weiteren Regelungen anzureichern. Wir halten eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie und auch eine möglichst passgenaue Umsetzung des Bundesrechtes hier für geboten.
Die Umsetzung des Umweltinformationsgesetzes ist in unserem Land ja nichts Neues. Die Regelungen gibt es de facto über das Bundesrecht schon seit geraumer Zeit.
Frau Hunger, ich möchte aus meiner persönlichen Erfahrung von damals sagen: Die Bürger hier im Land haben ein großes Interesse an Umweltdaten und sie fordern sie auch ab. Sie haben sie damals immer mit einem formlosen Schreiben persönlich abgefordert. Ich glaube, das werden sie auch zukünftig tun. Ich hoffe, dass ihnen das Umweltministerium, die Umweltbehörden und alle anderen Behörden des Landes, die Umweltdaten speichern, auch zukünftig möglichst kostengünstig und informell helfen können.
Damals ist aber eines passiert: Viele Bürger haben damals gelesen, es gibt ein Umweltinformationsgesetz, und meinten deshalb, sie wollten jetzt ihre Bürgerrechte einfordern. Das bedeutet aber, dass sie dann nicht Informationen bekommen, sondern einen Bescheid auf der Grundlage eines Gesetzes. Die meisten dieser Bürger waren sehr erschrocken darüber, dass wir gesagt haben: Wenn wir das jetzt so machen, wie Sie es wollen, dann kostet das die Summe X. - Die Bürger haben dann gesagt: Mein Gott, bisher habe ich die Informationen doch weitgehend kostenlos erhalten. - In solchen Fällen habe ich festgestellt, dass die Begeisterung dafür,
Umweltdaten unter Bezug auf das Umweltinformationsgesetz abzufordern, sehr schnell nachgelassen hat.
Aus dieser Erfahrung heraus halte ich es nicht für richtig, immer zu glauben, dass man alles in ein Gesetz gießen muss. Selbst Behörden sind in der Lage, viele Dinge für den Bürger zu regeln, ohne dass sie gesetzlich dazu aufgefordert sind. Das haben sie in diesen Bereichen auch gemacht.
Gefreut hat mich auch, dass das Umweltressort der Versuchung nicht erlegen ist, noch einen Umweltbericht im Gesetz vorzusehen. Auch dazu kann ich nur sagen: Die Umweltberichte in der ersten Legislaturperiode dieses Landes sind sicherlich wichtig gewesen, aber das Ministerium musste sehr bald feststellen, dass die Veränderungen in der Umwelt, nachdem vieles dann doch in Ordnung gebracht worden ist, nicht mehr so gravierend waren, dass es den Aufwand rechtfertigen würde, nun jedes Jahr oder alle zwei Jahre einen entsprechenden Bericht zu verfassen. Die Daten sind natürlich vorhanden. Frau Wernicke hat hier ausführlich dazu Stellung genommen.