Meine Damen und Herren! In einem solchen Ton und in einer solchen Form hat dieses Gutachten für uns jegliche Legitimität verloren, als Beratungsgrundlage zu dienen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. - Vielen Dank.
Danke, Herr Tullner. - Meine Damen und Herren! Für die PDS-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Gallert das Wort. Bitte sehr, Herr Gallert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich hatte von vornherein den Eindruck, dass die Diskussion zu diesem Thema nicht allzu fruchtbar sein wird. Herr Tullner, ich muss ganz ehrlich sagen: Mit Ihrem Redebeitrag haben Sie ziemlich ins Kontor gehauen. Das will ich auch begründen. Wissen Sie, Ihr
Kollege Finanzminister hat auf meine Bemerkung in einer Zeitung mit dem Begriff Gefälligkeitsgutachten von einer desolaten Beleidigung von Wissenschaftlern gesprochen,
dass man so etwas nicht machen könne und es dem Fass fast den Boden raushauen würde. Was Sie eben mit einem Verfasser vom GBD, einem der wichtigsten Instrumente, die in diesem Landtag existieren, um unabhängige Urteile abzugeben, gemacht haben, das spottet jeder Beschreibung.
Das stellt sich außerhalb des Gedankengutes von Parlamentarismus dar. Wie können wir mit solchen oberflächlichen Einschätzungen von diesen Gremien arbeiten und dann noch von gegenseitigem Vertrauen oder möglicherweise von Mitarbeit sprechen? Ich finde, das geht ausdrücklich zu weit. Herr Paqué, ich bin gespannt, ob Sie zu diesen Dingen nachher etwas sagen werden. Ich denke, es wäre nötig.
Zum Gutachten selbst. Es ist wichtig und auch richtig, dass wir mit dem GBD eine unabhängige Organisationseinheit in dieser Landtagsverwaltung haben, die in der Lage ist, möglicherweise auch gegen den Zeitgeist bestimmte Positionen einzunehmen. Für diejenigen, die in diesem Landtag neu sind, kann ich sagen: Der GBD und ganz besonders dieser Gutachter hat sehr häufig gegen den Zeitgeist geschrieben und sehr wohl versucht, alternative Positionen aufzuzeigen und zu begründen. Der Kollege Fraktionsvorsitzende der SPD hat das in den letzten vier Jahren ausdrücklich und häufig erfahren - und das meistens mit einem relativ hohen Blutdruck.
Der Autor hat ausdrücklich Zweifel an der Begründung zur Verfassungsgemäßheit der Überschreitung der Kreditobergrenze angemeldet. Ich muss sagen, dass man seine Argumentation an verschiedenen Stellen sehr gut nachvollziehen kann. Aber - das ist das große Problem dieser Argumentation - es macht auch deutlich: Genauso wie der Finanzminister seine Position de facto als Interpretation, die nicht juristisch einklagbar abgesichert ist, dargelegt hat, so hat auch dieser Verfasser Interpretationen dargelegt, die genauso wenig juristisch einklagbar sind.
Wir sehen diese Formulierung „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ als Kriterium für die Überschreitung der Kreditobergrenze. Die Frage, ob ich mit der Überschreitung der Kreditobergrenze in der Lage bin, diese Störung wieder zu beseitigen, ist eine so komplexe und so abstrakte Frage, dass sie wahrscheinlich - das bestätigt sich bei der Einschätzung der SPD - nicht vor einem Gericht geklärt werden kann. Aber sie ist tatsächlich eine interessante Frage für diejenigen, die Politik in diesem Land machen. Insofern unterstützt die PDS-Fraktion den Antrag der SPD-Fraktion, die dort ausführt, dass man sich über diese Argumente sehr wohl unterhalten müsse.
Herr Finanzminister, ich muss auch sagen: Es hat ein unabhängiges Gremium, eine unabhängige Institution erhebliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Verfahrensweise bzw. an der Aussage geäußert, dass diese Überschreitung der Kreditobergrenze verfassungsgerecht ist. Ein wenig mehr Ernsthaftigkeit, Herr Paqué, hätte ich vom Finanzminister schon erwartet, wenn er
sich mit diesen Dingen auseinander setzt. Ich glaube, es ist ein bisschen zu lässig, wie Sie mit diesen Dingen umgehen. Das ist eine Sache, die sich in Zukunft rächen kann.
Als PDS-Fraktion haben wir oft genug den Vorwurf gehört, wir hätten einige Dinge in der Verfassung - weil wir darüber damals nicht mit abgestimmt haben - nicht so realisiert bzw. wir würden die Sache nicht so ernst nehmen. Wie allerdings nun mit einer verfassungsrechtlichen Diskussion umgegangen wird, die sehr wohl Einfluss auf praktische politische Entscheidungen hat - sowohl von Ihnen als auch von Herrn Tullner -, das, muss ich sagen, hätte sich bei der PDS niemand getraut. Ich möchte gern, dass Sie in sich gehen und ein wenig mehr Ernsthaftigkeit in diese Diskussion legen. - Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Gallert. - Für die FDP-Fraktion ergreift nun die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens das Wort. Bitte, Frau Dr. Hüskens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Offensichtlich lässt es der SPD-Fraktion keine Ruhe festzustellen, ob die rechtlichen Bedenken, die die SPD-Fraktion gegen den Nachtragshaushalt hat, auch von anderen geteilt werden. Leider kann man eine solche Frage nicht juristisch lösen, es sei denn, man geht vor Gericht. Sie kennen alle den Spruch - Herr Tullner hat ihn vorhin schon genannt -: fünf Juristen, sechs Meinungen. Das ist halt so.
Juristerei ist keine Mathematik, in der ich etwas ausrechnen kann und am Ende kommt ein sauberes Ergebnis heraus, das für alle nachvollziehbar ist. Bei der Juristerei habe ich verschiedene Meinungen zu ein und demselben juristischen Tatbestand. Nicht umsonst haben wir selbst bei unseren obersten Gerichtshöfen in den Senaten bei vielen Entscheidungen Minderheitsmeinungen, die wunderschön abgedruckt werden und in dem Fall aber nicht zum Tragen kommen. Damit muss man sich einfach abfinden.
Wenn die SPD-Fraktion hierzu eine Entscheidung möchte, dann kann sie sie nur vor Gericht bekommen und an keiner anderen Stelle. Deshalb möchte ich mich überhaupt nicht mit den Details der Studie auseinander setzen. Es ist einfach die Auffassung eines Juristen, egal welches Gremiums. Es wundert mich auch nicht, dass es einen Juristen gibt, der eine andere Auffassung vertritt als der Landesrechnungshof oder die Juristen des Finanzministeriums.
Die Fraktion der FDP ist nach wie vor der Meinung, dass der Nachtragshaushalt rechtlich sowohl formal als auch materiell korrekt zustande gekommen ist. Die Wirtschaft Sachsen-Anhalts - das sei bemerkt - lässt sich wahrlich noch nicht als normal bezeichnen. Zu den einzelnen Teilen hat der Finanzminister Ausführungen gemacht.
Ich bin der Auffassung, dass wir, wenn wir dieses Thema im Finanzausschuss noch einmal aufgreifen, zu keinen anderen Ergebnissen kommen werden als zu denen, die in den seinerzeitigen Beratungen und auch heute vorgetragen worden sind. Die FDP-Fraktion wird den Antrag deshalb ablehnen.
Danke, Frau Dr. Hüskens. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Bullerjahn das Wort. Bitte sehr, Herr Bullerjahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich vor, mit der Sache sehr sachlich umzugehen, weil ich nach über zehn Jahren Parlamentsarbeit weiß, wie die Mehrheiten agieren. Was aber heute abgelaufen ist, das ist für mich schwer hinnehmbar. Diese Arroganz, Herr Tullner, obwohl Sie bisher nicht einmal den Nachweis erbracht haben, haushaltspolitisch etwas zu können,
geschweige denn etwas durchzubringen, ist schon bemerkenswert. Das hätte ich mir selbst nach sechs Jahren Parlamentsarbeit nicht erlaubt. Deswegen werden wir - das kann ich Ihnen verraten - in den Haushaltsberatungen Ihre Kompetenz noch einmal abklopfen. Darauf können Sie Gift nehmen.
Herr Professor Paqué, Sie sollten vielleicht einmal in die Annalen der letzten Jahre gehen. Herr Scharf wie auch Herr Böhmer, die nach der Wahl nicht mehr wussten, worüber vorher diskutiert wurde, haben uns bei der Haushaltseinbringung, bei der Haushaltsberatung, beim Haushaltsabschluss, beim Haushaltsvollzug jederzeit mit Anfragen, Diskussionen und Anträgen nachweisen wollen, dass das alles falsch sei, was wir machen. Wir haben das hinnehmen müssen, weil das ein legitimes Recht und auch die Pflicht der Opposition ist. Sie haben aber anscheinend schon nach drei Sitzungen die Nase voll davon.
Mir ist nicht so schnell eine Metapher auf Ihre drei oder fünf Akte eingefallen. Ich sage Ihnen nur eines: Jetzt könnte ich hier dem etwas entgegenstellen. Ich habe die CDU im Finanzausschuss erlebt. Vorsorglich sind Ihre beiden Matadore nicht hier, die immer wussten, wie es geht, die sich bei Entscheidungen aber verkrümelt haben und dann hier im Parlament, als die Frage gestellt wurde, wie sie es denn machen würden, äußerten - das betraf gerade Herrn Böhmer, der sich dabei locker zurückgelehnt hat -: Das ist doch nicht meine Aufgabe,
(Herr Gürth, CDU: Wir haben mehr als genug Vorschläge gemacht! Die haben Sie dann abge- kupfert! Wir haben als Opposition so viele alter- native Vorschläge gemacht!)
Das ist übrigens anscheinend ein generelles Problem - auch bei Ihnen, Herr Paqué. Ich glaube nicht, dass das Böswilligkeit ist. Es ist die zunehmende Unsicherheit, dass Ihnen das Problem über den Kopf wächst. Und Sie gehen damit so um, wie Sie es heute gemacht haben.
Sie haben in Kenntnis der Haushaltslage - jetzt komme ich zu Ihrer Verantwortung, Herr Paqué - einmal alles zusammengerechnet - ich habe das hier schon einmal erzählt - und haben auch die Gefahren und Probleme, die wir auch kannten, erkannt und dafür einen Betrag in der Größenordnung von etwa 300 bis 400 Millionen € festgestellt.
Sie haben dann eigene Überlegungen angestellt. Sie haben das Defizit - das hätten Sie nicht machen müssen - mit einbezogen, haben den Kreditrahmen für den nächsten Haushalt gleich noch ein wenig erweitert - das wissen die Eingeweihten doch - und sind auf einen utopischen Betrag gekommen. Sie haben gemerkt, das bekommen Sie nur hin, indem Sie feststellen, das wirtschaftliche Gleichgewicht ist gestört. Sie sind der Einzige in diesem Land, der innerhalb von zwei Tagen festgestellt hat, dass das so ist. Sie sind wahrscheinlich der Einzige, der das aufgeschrieben hat.
Sie sind in der gesamten Fachliteratur - das hat der GBD nachgewiesen - auch der Einzige, der in dieser Argumentation überhaupt etwas zu Sachsen-Anhalt sagt. Das fällt schon ein wenig auf, Herr Professor Paqué.
Ich komme zum GBD selbst. Ich habe auch schon Zeiten erlebt, in denen der GBD etwas geschrieben hat - damit muss man auch leben -, das einem nicht gepasst hat. Da weiß ich, dass die Argumentation der anderen Seite ganz anders war.
Ich habe auch gesehen, wie Sie frohlockt haben, als der Präsident des Rechnungshofes Herr Schröder ein Gutachten abgegeben hat, das genau in Ihre Argumentationslinie passte. Darüber waren Sie doch sehr froh und haben es herangezogen.