Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

Ich lasse nun über die Gesetzesüberschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit - ich fasse das zusammen - abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Damit ist das Gesetz beschlossen worden.

Wir stimmen nun über den Entschließungsantrag ab, der Ihnen in der Drs. 5/336 vorliegt. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Die FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Damit ist der Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 5 ist abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung und des Anhalt-Jerichow-Kreissitz-Gesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/232

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/332

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/364

Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/366

Ich bitte nun Herrn Madl, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf in seiner 6. Sitzung am 14. September 2006 zur Beratung in den Innenausschuss überwiesen. Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es, Korrekturen an der nach dem Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung vom 11. November 2005 vorgesehenen Neustrukturierung der Landkreise vorzu

nehmen, soweit sie die kreisliche Zuordnung der Stadt Zerbst-Anhalt und der überwiegenden Anzahl der sie umgebenden Kommunen betrifft.

Mit diesem Gesetzentwurf soll das Votum der durchgeführten Bürgerentscheide in der Stadt Zerbst-Anhalt und den sie umgebenden Gemeinden, das von der bisherigen gesetzlichen Kreisgebietsneuregelung für diesen Bereich abweicht, gesetzgeberisch umgesetzt werden.

Der Innenausschuss hat sich erstmals in seiner 4. Sitzung am 28. September 2006 mit dem Gesetzentwurf befasst und sich über das Verfahren verständigt. Im Ergebnis dieser Beratung wurde beschlossen, eine Anhörung der betreffenden Gemeinden durchzuführen.

Diese Anhörung fand in der 6. Sitzung am 2. November 2006 statt. Zu der Anhörung wurden die Landräte der Landkreise Anhalt-Zerbst, Bitterfeld, Jerichower Land, Köthen und Wittenberg eingeladen. Neben den kommunalen Spitzenverbänden und den Oberbürgermeistern der Städte Burg und Dessau wurden auch die Vertreter der Gemeinden der Landkreise Anhalt-Zerbst, Bitterfeld und Köthen eingeladen.

Dank des Stenografischen Dienstes unseres Hauses lag die Niederschrift bereits einen Tag später, und zwar am 3. November 2006, vor. An dieser Stelle möchte ich mich dafür beim Stenografischen Dienst recht herzlich bedanken.

In Vorbereitung der Beratung am 8. November 2006 legte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dem Ausschuss mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 seine Stellungnahme vor, die Hinweise redaktioneller Art enthielt.

Während der Beratung am 8. November 2006 kündigten die regierungstragenden Fraktionen an, rechtzeitig vor der Landtagssitzung am 16. November 2006 einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die am 12. November 2006 in einigen Gemeinden durchgeführten Bürgerentscheide Berücksichtigung finden sollten. Der Änderungsantrag liegt Ihnen heute in der Drs. 5/364 vor.

Der Bürgerentscheid der Gemeinde Moritz, der am 26. November 2006 stattfindet, konnte leider nicht berücksichtigt werden. Die Zuordnung dieser Gemeinde soll aus der Sicht des Ausschusses unter raumordnerischer Gesichtspunkten erfolgen.

Seitens der Oppositionsfraktionen wurde die unterschiedliche Beurteilung der Bürgerentscheide kritisiert, wie beispielsweise die Absicht, die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Moritz nicht in das Gesetzgebungsverfahren einzubeziehen.

Es kam die Frage auf, den Gesetzentwurf nicht in der November-Sitzung des Plenums zu verabschieden, sondern erst in der Sitzung im Dezember 2006. Hierbei war zu prüfen, ob dann das vorliegende Gesetz so zeitgerecht verabschiedet werden kann, dass bei den Kommunalwahlen im April 2007 in der neuen Struktur gewählt werden kann.

Im Ergebnis der Prüfung dieses Sachverhaltes wurde festgestellt, dass bei einer Beschlussfassung im Dezember 2006 die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen für die Kommunalwahl im April 2007 zwar eingehalten werden, dies organisatorisch aber nicht denkbar sei, weil sich sowohl die Kommunen als auch die Parteien auf die anstehenden Wahlen vorbereiten und die Wahlkommissionen der neuen Landkreise rechtzeitig zusammentreten müs

sen, um Wahlbereiche zu bilden. Unter Beachtung dieser Aspekte kam der Innenausschuss überein, das Gesetz im November-Plenum zu verabschieden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss verabschiedete im Ergebnis der Beratung in seiner 7. Sitzung am 8. November 2006 mit 7 : 4 : 0 Stimmen den Gesetzentwurf in der Drs. 5/232 in der Fassung der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung. Die Hinweise des GBD fanden bei der Erarbeitung der Beschlussempfehlung an den Landtag Berücksichtigung.

Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung in der Drs. 5/332. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Madl. - Wir beginnen gleich mit den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Zunächst spricht für die Linkspartei.PDS Herr Grünert. Bitte, Herr Grünert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bürgerentscheide der Stadt Zerbst und der sie umgebenden Gemeinden sind noch nicht abgeschlossen. Herr Madl ging bereits darauf ein. Es fehlt die Gemeinde Moritz, die am 26. November 2006 über einen Bürgerentscheid abstimmt. Dennoch sollen nunmehr das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Kreisneugliederung und das Anhalt-Jerichow-Kreissitz-Gesetz abschließend behandelt werden.

Wie Sie wissen, hat sich die Fraktion der Linkspartei.PDS für die große Kreislösung in der Planungsregion Anhalt ausgesprochen, wobei die Stadt Dessau der Kreissitz werden sollte. Diese Forderung wurde sowohl von allen Kreistagen und Landräten als auch von den Unternehmensverbänden der Region getragen.

Aufgrund des nicht zu rechtfertigenden Festhaltens an der Kreisfreiheit Dessaus ist es nicht zu dieser Lösung gekommen. Auch der Vorschlag der Landräte, wonach die Landkreise Anhalt-Zerbst und Köthen sowie Wittenberg und Bitterfeld fusionieren sollten, wurde abgelehnt.

Was übrig blieb, sind eine Aussage im Koalitionsvertrag und die nunmehr vorliegende Entscheidungsgrundlage, die verfassungsrechtlich aus unserer Sicht mehr Fragen aufwirft, als sie löst.

Um eine weitere Zersplitterung der Planungsregion Anhalt zu verhindern und trotzdem die zukünftige Bildung eines Landkreises Anhalt mit Kreissitz Dessau nicht auszuschließen, hat sich die Linkspartei.PDS aktiv an der Vorbereitung und Durchführung der Bürgerentscheide in Zerbst und Umgebung beteiligt und steht dazu.

Der vorliegende Gesetzentwurf wurde am 8. November 2006 im Innenausschuss behandelt. Vorschläge zur Änderung des Gesetzes seitens der Regierungsfraktionen lagen zu der Sitzung des Ausschusses nicht vor. Von den Regierungsfraktionen wurde ein Änderungsantrag angekündigt, der die Regelung der wesentlichen Fragen aus der Anhörung am 2. November berücksichtigen sollte.

Werte Damen und Herren! Nunmehr liegt seit 13.30 Uhr der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Gesetzentwurf als Tischvorlage vor. Dieser regelt nur die

kreisliche Neuzuordnung der einzelnen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Ehle-Nuthe, die bis einschließlich 12. November 2006 einen Bürgerentscheid durchgeführt haben.

Die in der Anhörung dargestellten Probleme, insbesondere die terminliche Vereinheitlichung der Auseinandersetzungsvereinbarungen bis zum 30. April 2007, die Regelung für die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Ehle-Nuthe, die mit der Stadt Gommern eine Verwaltungsgemeinschaft bilden wollen, und die Bestimmung der Gesamtrechtsnachfolge für den aufzulösenden Landkreis Anhalt-Zerbst, werden entgegen Ihrer Zusicherung, werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, nicht geregelt. Damit vierteilen Sie nicht nur den Landkreis Anhalt-Zerbst, nein, in diesen entscheidenden Fragen wird er schlichtweg im Regen stehen gelassen.

Unser Änderungsantrag bezieht sich nunmehr darauf, dass zumindest die terminliche Vereinheitlichung der Auseinandersetzungsvereinbarung auf den Zeitpunkt 30. April 2007 auch für den neuen Landkreis Wittenberg und die Doppelstadt Dessau-Roßlau gewährleistet wird. Sonst hätten wir nämlich die Situation, dass für Wittenberg bzw. Dessau-Roßlau zum 31. Dezember 2006 entschieden werden müsste und für die anderen beiden Landkreise erst zum 30. April 2007.

Meine Damen und Herren! In der Erörterung im Innenausschuss wurden auch grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Diese betrafen unter anderem die Nichtgleichbehandlung der Bürgerentscheide der Region Zerbst und des Wörlitzer Winkels, hier die rechtlich vakante Gleichsetzung von Bürgeranhörungen und Bürgerentscheiden, die Wiederaufnahme des Anhalt-Bitterfeld-Kreissitz-Gesetzes durch ein erneutes Anhörungsverfahren sowie die Abkehr vom Kreisgebietsneuregelungs-Grundsätzegesetz.

Aus diesen Gründen konnte die Fraktion der Linkspartei.PDS den Gesetzentwurf in der Fassung vom 8. November 2006 nur ablehnen. Die dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken werden jedoch auch in Ihrem Änderungsantrag in keiner Weise ausgeräumt. Damit wird dem Gesamtprozess der Kreisneugliederung in der aus unserer Sicht misslungenen Form geschadet und weiterer Raum für Verfassungsklagen eröffnet.

Meine Damen und Herren! Mit der nunmehr durch die Landesregierung in der Pressemitteilung vom 13. November 2006 vorgeschlagenen Regelung zur Zuordnung des Wörlitzer Winkels nach Dessau wird aus unserer Sicht dem Fass der Boden ausgeschlagen. Es ist ein Husarenstück an Intoleranz und bewusster Fehlinterpretation - aus unserer Sicht, wie gesagt -; denn es spricht für eine rechtliche Unbedarftheit der Landesregierung, dass sie Bürgeranhörungen in Wörlitz und Vockerode rechtlich einem Bürgerentscheid gleichstellt.

Auch die Tatsache, dass sich die Mehrheit der Mitgliedsgemeinden gegen eine Eingemeindung nach Dessau ausgesprochen hat, scheint durch diese Gleichbehandlung im Wollen der Landesregierung keinerlei rechtliches Gehör zu finden. Hiermit, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, verlassen Sie Ihre eigenen Grundsätze der demokratischen Meinungsbildung und befördern Politik- und Demokratieverdrossenheit.

Aufgrund der uns nunmehr vorliegenden Änderung zum Gesetzentwurf und unter Berücksichtigung der von mir zu den beiden Änderungsanträgen vorgetragenen Inhal

te sowie der noch bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken wird sich die Fraktion der Linkspartei.PDS der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Herr Grünert, möchten Sie eine Frage beantworten? Herr Kolze hat eine Frage an Sie. - Bitte, Herr Kolze.

Kollege Grünert, könnten Sie mir einmal die Kausalität erklären, die zwischen dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung und des Anhalt-Jerichow-Kreissitz-Gesetzes und einer bloßen Diskussion über die etwaige Zuordnung von Gemeinden im Wörlitzer Winkel besteht?

Herr Kolze, das kann ich gern tun. Sie haben im Prinzip mit dem Kreisneugliederungs-Grundsätzegesetz die Prämissen festgezurrt, nach welchen Kriterien Kreisneugliederungen zu erfolgen haben. Mit dem Koalitionsvertrag wurde insofern dieses Kreisneugliederungs-Grundsätzegesetz um die Möglichkeit der Bürgerentscheide erweitert.

In diesem Zusammenhang spielt schon die unterschiedliche politische und fachliche Wertung der Bürgerentscheide im Wörlitzer Winkel und im Raum Anhalt-Zerbst eine Rolle, weil nach dem Grundsätzegesetz eigentlich der Landkreis Anhalt-Zerbst nicht gevierteilt worden wäre, sondern es möglicherweise zur Vollfusion mit einem anderen Kreis gekommen wäre.

(Herr Kolze, CDU: Aber wir befinden uns doch gar nicht im parlamentarischen Verfahren, son- dern Sie beziehen sich auf eine Äußerung, die wohl aus dem Innenministerium gekommen ist!)

- Sie kam nicht „wohl aus dem Innenministerium“, Herr Kolze, sondern sie kam zumindest vom Staatssekretär. Das ist nicht der Pressesprecher oder sonst jemand, sondern es ist der erste Stellvertreter des Ministers im Amt. Und, entschuldigen Sie bitte, das nehme ich ein Stück weit ernst.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der Linkspar- tei.PDS)