Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Möglich wurde diese Absenkung unter anderem durch die auch im kommenden Jahr günstig verlaufende Entwicklung der Steuereinnahmen. Diese entlastet nicht nur den Landeshaushalt. Sie führt auch zu einer Verbesserung der kommunalen Finanzlage, und zwar auf zweierlei Weise: sowohl durch höhere eigene Steuereinnahmen der Kommunen als auch über die Beteiligung der Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes. Auch dieser Aspekt sollte bei den öffentlichen Diskussionen über die Kommunalfinanzen Berücksichtigung finden.

Meine Damen und Herren! Ein Blick auf die Investitionsquote im Jahr 2007 zeigt, dass die Haushaltskonsolidierung, die Absenkung der Neuverschuldung wie die Reduzierung der Gesamtausgaben des Landes, nicht durch einen Verzicht auf Investitionsausgaben erkauft wurde. Im Haushaltsjahr 2007 werden sämtliche dem Land zur Verfügung stehenden Drittmittel gebunden. Vor allem haben wir die Voraussetzungen für die Umsetzung der neuen EU-Förderperiode geschaffen. Die Investitionsquote wird sich im Jahr 2007 auf 18,5 % belaufen, nachdem sie im Jahr 2006 17,3 % betrug.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

- Das war Herr Daehre. Um das zu erkennen, musste ich gar nicht hinsehen.

(Heiterkeit - Minister Herr Dr. Daehre: Das hört er schon am Klopfen!)

Das Gegenteil ist also der Fall: Der Investitionsanteil an den Landesausgaben steigt. Die Landesregierung konsolidiert, investiert und sorgt vor, wie der Pensionsfonds zeigt, der bereits am Anfang des kommenden Jahres über ein Kapital von knapp 50 Millionen € verfügen wird. Der Investitionsanteil wird also gestärkt, die - konsumtiven - Personalausgaben des Landes werden hingegen zurückgeführt. Die globale Minderausgabe von 28 Millionen €, die im Haushaltsvollzug mit konkreten Einsparungen zu unter

setzen ist, ist Ansporn und Verpflichtung für die Verwaltung, sparsam zu wirtschaften und sich ergebende Einsparpotenziale zugunsten des Landes zu nutzen.

Mir sei gestattet, Sie, Frau Dr. Klein, an dieser Stelle zu berichtigen. Diese Idee, dieser Vorschlag kam nicht von der Landesregierung. Das war ein Vorschlag der regierungstragenden Fraktionen. Wir haben uns dem Vorschlag vollkommen überzeugt angeschlossen und herausgekommen ist dann der Betrag in Höhe von 28 Millionen €. Ich halte diesen Betrag für realisierbar. Wir werden im Vollzug dazu entsprechende Vorschläge unterbreiten. Ich sage deutlich: Dies stellt aus unserer Sicht kein Haushaltsrisiko dar.

Insgesamt denke ich, dass der Haushaltsplan 2007 in seinen Einnahmenerwartungen und Ausgabenplanungen vernünftig und realistisch geplant wurde und die Bezeichnung als solider Haushalt verdient.

Meine Damen und Herren! Die finanzpolitischen Sprecher der regierungstragenden Fraktionen Frau Fischer und Herr Tullner haben nach dem erfolgreichen Abschluss der parlamentarischen Beratungen in der Öffentlichkeit folgende Bewertung zu den beiden Gesetzentwürfen abgegeben: Konsolidieren, investieren und vorsorgen - der Mix stimmt.

Wir sind - das will ich neben den hier dargestellten Fakten nicht unerwähnt lassen - allerdings bei Weitem noch nicht am Ziel. Gleich zu Beginn des kommenden Jahres liegt als wichtige Aufgabe die Gründung des Zukunftsfonds Sachsen-Anhalt ebenso vor uns wie eine Evaluierung aller Landesbetriebe, die Beschlussfassung über das Personalentwicklungskonzept sowie die Umstrukturierung und Weiterentwicklung des Immobilienmanagements.

Vor uns liegen vor allem noch weitere Schritte zur Absenkung des Ausgabenniveaus des Landes auf ein gemessen an der Einnahmenentwicklung dauerhaft tragbares Niveau. Hierbei wird das in einigen Tagen vorliegende Benchmarking-Gutachten wichtige Ansatzpunkte liefern. Ich denke, die Diskussion über dieses Gutachten wird uns helfen.

Zugleich kommt der Strategiediskussion innerhalb der Landesregierung in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu. Wir wollen die mittelfristige Finanzplanung des Landes aktualisieren und die vielfältigen Änderungen und neuen Erkenntnisse, die seit dem Entwurf der bisherigen Fassung der Ihnen vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung eingetreten sind, berücksichtigen. Sie wird eine Grundlage für die Diskussion im nächsten Jahr sein.

Trotz dieser vielen Aufgaben und Herausforderungen, die ich hier nur im Sinne einer Standortbestimmung skizzieren wollte, kann und will ich mich in Bezug auf die beiden heute abschließend zu beratenden Gesetzentwürfe, nämlich den Nachtragshaushalt 2006 und den Haushaltsplan für das Jahr 2007, dem Urteil der Fraktionen anschließen: Nach meiner Einschätzung sind beide Gesetzeswerke ein großer und richtiger Schritt auf unserem gemeinsamen Weg.

Ich denke, wir haben die zweifellos günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vollständig genutzt, um unsere drei Zielsetzungen ein ordentliches Stück voranzubringen. Die nun vorliegenden Gesetzeswerke sind gut für unser Land und vor allem vor dem Hinter

grund der von mir eben skizzierten Lagebeschreibung eine gute und solide Ausgangsbasis für alle weiteren Schritte, die vor uns liegen.

Ich möchte Sie daher nun um Ihre Zustimmung zu beiden Planentwürfen bitten und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Herr Minister, herzlichen Dank für die Rede. Sie haben uns auch ein Stückchen Zeit gespart. Das ist großartig. - Ich darf, bevor ich die Debatte eröffne, Gäste begrüßen, zum einen Gäste der Landezentrale für politische Bildung auf der Nordtribüne. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Zum anderen begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Grimm-Sekundarschule Calvörde. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Nunmehr eröffne ich die Debatte. Der erste Debattenredner ist der Vorsitzende der Fraktion der Linkspartei.PDS Herr Gallert. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Herr Tullner, CDU: Jetzt wird es laut!)

Herr Tullner, jeder so, wie er es verdient.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt zwei Reden von Dr. Angelika Klein und von Jens Bullerjahn gehört. Diese haben ein Quantum an Zahlen zum Ausdruck gebracht, bei denen ich garantieren kann, dass mindestens bei jeder dritten Zahl die Dezimalstelle völlig falsch hätte sein können und es hätte keiner gemerkt. Ich werde versuchen, es in meiner Rede - das verspreche ich Ihnen schon von vornherein - etwas anders zu machen,

(Herr Scharf, CDU: Beim Thema bleiben!)

nämlich relativ wenig über Zahlen und viel über Politik zu reden; denn - Herr Scharf, wir wissen noch, was ein Haushalt ist - ein Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Ein Haushalt ist in Zahlen gegossene Prioritätensetzung. Deswegen wird mein Thema sein, über diese politischen Prioritäten zu reden und weniger über das Ergebnis, welches uns allen vorliegt und welches jeder im Raum intensiv studiert haben wird.

(Herr Tullner, CDU: Aha!)

Die heute zur Beschlussfassung vorliegenden Haushalte für die Jahre 2005/2006 und 2007 unterscheiden sich maßgeblich von den entsprechenden Vorlagen in den letzten Jahren. Während die Haushaltspolitiker in den letzten Jahren immer genug damit zu tun hatten, die permanenten Hiobsbotschaften bis zum Abschluss der Beratung zu verkraften, und bei jeder Finanzausschusssitzung damit zu tun hatten, neue Kürzungsvorschläge einzubringen, von denen sie wussten, dass mindestens die Hälfte davon bar jeder Realität war, hatten wir diesmal eine völlig andere Situation.

Schon bei der Aufstellung des Nachtragshaushaltes 2005/2006 und des Haushaltsplans 2007 war die Einnahmensituation deutlich entspannter und damit die Auf

gabe deutlich leichter. Die entsprechenden Ergänzungsvorlagen nach der November-Steuerschätzung brachten die Haushälter dieses Landes in eine völlig ungewohnte Situation, nämlich zu überlegen, was sie mit dem neuen Geld zu machen haben.

Nun sage ich das durchaus mit einen gewissen Anteil an Wehmut; denn das ist das erste Jahr, in dem ich nicht mehr im Finanzausschuss gesessen habe.

(Herr Tullner, CDU: Sehen Sie!)

- Ich sage Ihnen aber gleich, Herr Tullner: Wehe, Sie stellen eine Kausalität zwischen beiden Dingen her.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das haben wir gerade gemacht!)

Schauen wir uns dieses Geschenk auf der Einnahmenseite an, dann muss deutlich herausgestellt werden: Die Belebung der Einnahmensituation ist Ergebnis einer bundesweiten Entwicklung. Sie hat relativ wenig mit den in einigen Bereichen durchaus positiven Entwicklungen in Sachsen-Anhalt zu tun. Das Land Sachsen-Anhalt ist in seiner Finanzausstattung - in seiner Einnahmensituation - Bestandteil der Bundesrepublik und wird ganz wesentlich von den gesamtnationalen Prozessen beeinflusst.

Es erscheint mir wichtig, das zu sagen, vor allen Dingen deswegen, weil ich durchaus die Gefahr sehe, dass die solidarische Finanzierung der Landeshaushalte spätestens seit dem Karlsruher Urteil zur Berliner Klage sehr wohl in Gefahr ist, auch wenn dies unsere Landsregierung möglicherweise anders sieht. Aber ich will darauf hinweisen, weil partielle Erfolge in Sachsen-Anhalt über eine Tatsache nicht hinwegtäuschen können, nämlich darüber, dass sich die Schere zwischen Ost und West und den reichen und armen Ländern auch im Jahr 2006 nicht geschlossen hat, sondern weiter auseinander klafft und dass sich die Entwicklung in dieser Bundesrepublik eher verschärfen wird, als dass die Dinge aufeinander zu laufen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Insofern will ich trotz dieser sehr positiven Einnahmensituation, über die wir heute reden können, auch einiges über Risiken sagen, die in den nächsten Jahren anstehen werden. Eines der Dinge ist vor Kurzem bei der so genannten Einigung in Merseburg zwischen den Ostministerpräsidenten und dem für den Aufbau Ost zuständigen Bundesminister Tiefensee klar geworden. Dabei sind die Dinge definiert worden, die man in den Korb 2 des Solidarpaktes bis zum Auslaufen des Solidarpaktes hineinrechnen soll.

An dieser Stelle sage ich, natürlich ist dazu eine ganze Reihe von Dingen kritisch zu bemerken. Der Kollege Milbradt aus Sachsen hat noch ein bisschen herumgemäkelt. Alle anderen haben die Dinge mehr oder weniger zur Kenntnis genommen. Das Bundeskabinett hat den Beschluss über die Einigung hinsichtlich der Verwendung der Mittel aus dem Korb 2 des Solidarpaktes II gefeiert, aber eine politische Debatte in diesem Land fand nicht statt.

Diese hätte es dazu geben müssen. Das sage ich auch ausdrücklich aus der Position eines Abgeordneten, der im Parlament sitzt, das Budgetrecht hat und sieht, wie die Ministerpräsidenten und ein Minister der Bundesregierung die strukturellen Rahmenbedingungen für die Haushalte der ostdeutschen Länder für die nächsten

Jahre festlegen, und wir nehmen das höchstens noch im Ergebnis interessiert zur Kenntnis.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist ein strukturelles Problem in diesem Land. Ich sage ausdrücklich, die Dinge, die dort entschieden worden sind, werden uns noch schwer im Magen liegen. Wir haben darüber diskutiert, ob wir versuchen, den Bund bei den Sonder- und Zusatzrentenbelastungen mit zwei Dritteln statt mit einem Drittel, welches derzeit die Situation ist, zu beteiligen. Jetzt landen wir bei einem Verhandlungsergebnis von 40 % Bundesbeteiligung. Das wird natürlich in den nächsten zehn Jahren gewaltige Auswirkungen auf alle ostdeutschen Länder haben und es wird uns natürlich stark belasten.

Dann feiert man bei dieser Einigung, dass ab dem Jahr 2014 die EU-Mittel, die in den Osten kommen, weil wir diesen Förderstatus haben, nicht mehr in den Korb 2 eingerechnet werden. Das ist ein toller Erfolg, aber Fakt ist, dass das bis 2013 passiert. Das bedeutet, diese 51 Milliarden €, um die es geht, werden faktisch bis 2013 zur Hälfte von der EU bezahlt. Das ist eine Situation, zu der ich ganz deutlich sagen muss, die war so nicht skizziert, als der Solidarpakt II aufgerufen worden ist und man ihn so beschlossen hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Trotzdem verdient die - wenn vielleicht auch nur kurzfristige - positive Einnahmenentwicklung eine nähere Betrachtung. Was sind die Ursachen dafür, dass es uns auf einmal gut geht? Auch das darf die Opposition fragen.

Wir haben zunächst eine Einnahmenentwicklung im Bereich der Körperschaftsteuer, die wirklich hochinteressant ist. Ich nenne nun doch drei Zahlen: Der Anteil des Landes an der Körperschaftsteuer betrug im Jahr 2005 minus 75 Millionen €. Das heißt, wir haben nichts eingenommen, sondern 75 Millionen € an Unternehmen gegeben. Nach der Novembersteuerschätzung sind es im Jahr 2006 156 Millionen € und für das Jahr 2007 178 Millionen €.

Nun könnte man die prozentuale Entwicklung von 2005 zu 2007 darstellen. Das ist ein bisschen schwierig; denn wie will ich die prozentuale Steigerung von einer zuerst negativen Zahl zu einer jetzt positiven berechnen? Ich habe das lieber gelassen. Aber schauen wir uns unter dem Strich an: Allein in diesem Bereich haben wir eine positive Einnahmenentwicklung in zwei Jahren in Höhe von 250 Millionen €.

Woran liegt denn das? - Das liegt im Wesentlichen daran, dass die Eichel’schen Reformgesetze für die Unternehmenssteuern, die 1999/2000 verabschiedet worden sind und die einen radikalen Einbruch in diesem Bereich nicht nur für Sachsen-Anhalt, sondern für die ganze Bundesrepublik zur Folge gehabt haben, in ihren Wirkungen jetzt langsam nachlassen.