Ich bitte Sie, wenn Sie Zeit haben, sich einmal durchzulesen, was andere Länder machen. Steuermehreinnahmen in unterschiedlicher Höhe hatten alle Länder in Deutschland. Wie sie darauf reagiert haben und wie sie damit umgehen, ist aber von Land zu Land sehr unterschiedlich. Der Landtag von Sachsen hat einen Doppelhaushalt für 2007 und 2008 beschlossen und hat zum ersten Mal keine Neuverschuldung vorgesehen. Ich bitte Sie, sich einmal das Interview im „Handelsblatt“ durchzulesen. Ich werde es nicht kommentieren, aber ich sage gern weiter, dass es schon zu vielen schwierigen Diskussionen geführt hat.
Das heißt aber, es wird sehr genau beobachtet werden, wie auch wir mit dem Geld umgehen und wie wir unsere künftige Haushaltspolitik gemeinsam gestalten.
Ich möchte Sie bitten, Verständnis dafür zu haben, dass wir uns auf zwei sehr grundsätzliche Ziele einigen möchten:
Erstens dass es unser gemeinsames Ziel sein sollte und müsste, den Landeshaushalt bis zum Jahr 2010 so auszugleichen, dass wir danach keine Neuverschuldung mehr nötig haben. Das haben wir uns in der Koalitionsvereinbarung vorgenommen. Ob uns dies schon im Jahr 2010 oder erst im Folgejahr gelingen wird, das lasse ich heute offen. Das wird auch von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Aber dieses grundsätzliche Ziel bitte ich bei allen finanzpolitischen Entscheidungen nicht aus den Augen zu verlieren.
Zweitens - was noch schwieriger ist - dass wir uns möglichst darauf verständigen, in dem Zeitraum nach dem Jahr 2010 die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes Sachsen-Anhalt trotz einer vorhersehbaren Bevölkerungsschrumpfung stabil auf dem Niveau des Jahres 2010 zu halten. Das ist eine zumindest ebenso schwierige Aufgabe. Aber nur wenn uns dies gelingt, gelingt uns auch die prinzipielle Konsolidierung des Haushalts des Landes Sachsen-Anhalt.
Die Konsequenz daraus ist, dass wir das Haushaltsvolumen bis zum Jahr 2010, gemessen am jetzigen Haushaltsvolumen, um etwa 10 % werden reduzieren müssen. Das ist eine Etwa-Zahl; sie muss nicht ganz korrekt sein. Der Umfang der Senkung wird natürlich auch von der Bevölkerungsentwicklung und von der Einnahmenentwicklung abhängen. Deshalb ist es wichtig, die Politik immer so zu gestalten, dass sie möglichst zu einer Belebung und Stärkung der Wirtschaftskraft des Landes und damit der eigenen Steuereinnahmen führt.
Der Finanzminister hat bereits darauf hingewiesen, dass er beim Institut für Wirtschaftsforschung in Halle ein Gutachten in Auftrag gegeben hat. Wenn dieses fertig gestellt und überarbeitet sein wird, werden Sie es mit Sicherheit zur Verfügung gestellt bekommen. Nach den ersten Daten, die noch unverbindlich sind, ergibt sich daraus, dass wir einen politisch gestalt- und steuerbaren Handlungsbereich von etwa 1,025 Milliarden € haben werden, in dem wir die Haushaltskonsolidierung werden gestalten können.
Aus den Vergleichszahlen ergibt sich - ich nenne nur einige Zahlen, damit Sie wissen, wo wir unsere Schwerpunkte setzen müssen -, dass wir im Bereich der Ministerialbürokratie - immer verglichen mit den finanzschwachen westdeutschen Flächenländern, aber auch mit den
ostdeutschen Nachbarländern, allerdings in unterschiedlicher Weise - noch einen Mehrausgabenbetrag von ungefähr 130 Millionen € haben, den wir abbauen müssen - das betrifft größtenteils die Hauptgruppe 4 -, dass wir im Bereich der Polizei im Vergleich zu anderen Ländern noch Mehrausgaben von etwa 100 Millionen € haben, im Bereich der Schulen 300 Millionen € usw.
Das alles sind Probleme, die wir mit Ihnen werden diskutieren müssen, weil wir nicht nur sanieren, sondern gleichzeitig gestalten, das heißt in vielen Bereichen auch umgestalten wollen. Ich bin davon überzeugt - ich habe das auch schon in anderem Zusammenhang gesagt -, dass wir diese Diskussion nicht allein - das ist jetzt nicht respektlos - im Finanzausschuss abladen können. Dazu brauchen wir die Mitarbeit aller Fachausschüsse.
Denn dazu müssen wir zunächst die Frage stellen, warum es anderen Ländern gelingt, mit weniger Geld gleich gute Leistungen zu erreichen. Das sind dann Organisations- und Strukturfragen, über die wir uns in den einzelnen Fachausschüssen werden Gedanken machen müssen. Zu dieser Diskussion möchte ich Sie einladen. Wir sind auch darauf angewiesen, diesen Weg gemeinsam zu gehen.
Ohne die Zeit jetzt überzustrapazieren, will ich auch dies noch sagen: Natürlich machen sich auch andere darüber Gedanken, die deswegen nicht unbedingt falsch sein müssen, weil sie nicht zum gleichen Ziel kommen. Die Vorwürfe beispielsweise der GEW, dass wir alles nur fiskalisch betrachten würden, dass wir die demografische Situation bei der großen Personalgruppe der Lehrer und die unterschiedliche Bedarfssituation in den einzelnen Schulstufen nicht berücksichtigen würden, sind ja nicht falsch. Deswegen müssen diese Diskussionen geführt werden, ehe wir die finanzpolitischen Konsequenzen ziehen.
Das gilt auch für den Beitrag der Gewerkschaft der Polizei, die gesagt hat: Ihr dürft es nicht immer nur auf die Bevölkerungszahl umrechnen, ihr müsst auch die Kriminalitätsstatistik einbeziehen und den Arbeitsanfall berücksichtigen. Ich behaupte nicht, dass das von vornherein falsch ist. Aber dies muss dann sachlich ausdiskutiert werden, bevor wir die weiteren Entscheidungen treffen.
Das bezieht sich auch auf die Gehaltsanpassungen. Das ist von Herrn Tullner schon gesagt worden; deswegen kann ich mich kurz fassen. Ich habe den Gewerkschaftsvertretern gesagt und ich gebe es gern zu Protokoll, dass wir für den Beamtenbereich des Landes Sachsen-Anhalt im Jahr 2007 einen Regelungsbedarf haben, zumal im Tarifbereich für die Angestellten schon Regelungen getroffen worden sind. Es war immer so, dass wir dies, wenn auch mit bestimmten Modifikationen, angepasst haben.
Wenn Sie jetzt eine solche populistische Entscheidung treffen sollten, das Geld für Einmalzahlungen auszugeben, ist die Beweglichkeit gleich null. Deswegen habe ich die herzliche Bitte, diesen Antrag, von dem Sie schon gesprochen haben, abzulehnen. Ich bin aber gern bereit, dies mit der Zusage zu verbinden, dass Sie als Gesetzgeber im Jahr 2007 in diesem Bereich einen Regelungsbedarf haben und wir eine solche Regelung auch treffen werden. Dafür ist das Geld vorgesehen.
Wir haben auch einen erheblichen Handlungsbedarf, was die Kommunen betrifft. Der Vorwurf, das Land saniere den eigenen Haushalt zulasten der Kommunen, ist
so nicht gerechtfertigt. Aber dass die Kommunen auch einen Sanierungsbedarf haben, wird doch niemand leugnen. Ich habe jedoch die herzliche Bitte, dabei den Gedanken mitzuverfolgen, dass wir dies nicht durch schlichte Entschuldung machen können. Diejenigen, die das mitgemacht haben, werden wissen, dass wir die Teilentschuldung der Abwasserzweckverbände - eine reine kommunale Zuständigkeit - begleitet haben, aber niemals so, dass wir nur das Geld zur Verfügung gestellt haben. Wir haben das immer mit Strukturmaßnahmen verbunden, damit zukünftig ein stabiles Wirtschaften möglich ist.
Auch eine notwendige Entlastung bei der Verschuldungssituation der Kommunen, zu der wir uns bekennen, muss mit Strukturveränderungen verbunden sein, damit in Zukunft die kommunale Finanzsituation leichter steuerbar ist als jetzt. Das wird keine ganz einfach Aufgabe sein. Aber es trifft nicht zu, dass wir sie nicht erkennen würden. Ich will ganz deutlich sagen, dass wir sie im Laufe des nächsten Jahres gemeinsam werden durchsprechen müssen.
Damit es etwas lockerer wird, will ich als Letztes ausdrücklich mein Verständnis für diejenigen in meiner eigenen Fraktion bezeugen, die mich kritisieren. Ich kann gelegentlich in der Zeitung lesen, dass ich nur noch die Haushaltskonsolidierung im Kopf hätte, dass ich es schon aufgegeben hätte, gestaltende Politik zu betreiben, und im Grunde genommen ein bisschen langweilig wäre.
Damit kann ich gut leben, seitdem ich am letzten Sonntag zum wiederholten Male die Ausstellung „Heiliges Römisches Reich“ in Magdeburg gesehen habe, wobei uns der Direktor des Museums, Herr Professor Puhle, durch die Ausstellung geführt hat. Er hat völlig unverfänglich erzählt, dass aus den vielen Jahrhunderten der Geschichte immer nur diejenigen bekannt seien, die das Land gestaltet und etwas verändert hätten, die Kriege geführt und dabei zum Teil ganze Landstriche ruiniert hätten, die große Dome oder Paläste gebaut hätten. Von denen würde man heute noch sprechen. Dazwischen kämen immer zwei, drei Generationen, die nur die Haushalte saniert und die Wirtschaft wieder stabilisiert hätten. Diese seien aus der Sicht der Historiker langweilig und wären kaum noch bekannt.
Wenn man es so interpretiert, bin ich sogar gern bereit, ein langweiliger Ministerpräsident zu sein.
Aber ich will wenigstens Folgendes sagen: Wir haben in den letzten 16 Jahren in diesem Land gemeinsam sehr viel gestaltet. Auch hinsichtlich der Neuverschuldung waren wir nicht zurückhaltend. Das wissen alle, die dabei waren. Das heißt, wir müssen uns jetzt eine Phase gönnen, in der wir konsolidieren, Haushalte sanieren und trotzdem weiter gestalten, und zwar umgestalten, was notwendig ist, damit die Zukunftsfähigkeit des Landes gewährleistet bleibt.
Dabei will ich ganz deutlich sagen, dass wir auch aufpassen müssen - darin hat Herr Gallert völlig Recht -, dass das Vertrauen in die Entscheidungsfähigkeit und in die Fähigkeit zur Lösung unserer Probleme durch die demokratischen Strukturen, die wir gewollt haben, nicht restlos verloren geht. Wir haben einiges zu tun, um die
Menschen dabei mitzunehmen. Allerdings glaube ich nicht, dass man einen Gesinnungswandel, den wir in manchen Bereichen brauchen, immer nur mit Geld organisieren kann. Dazu ist mehr notwendig als nur eine gewisse Finanzausstattung. Das müssen wir gemeinsam tun. Deshalb wollte ich Sie am Schluss dieser Debatte auffordern, diesen Weg auch zukünftig gemeinsam mit der Landesregierung zu gehen. - Vielen Dank.
Wir sind damit zumindest mit der Generaldebatte am Ende. Jetzt haben Sie das Wort. Mit liegt ein einziger Wunsch vor, zu den Einzelplänen zu sprechen. Herr Kollege Kosmehl möchte zum Einzelplan 03 sprechen. Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das der einzige Debattenredner.
Ich würde Ihnen vorschlagen, dass wir vor der Mittagspause noch die Abstimmung durchführen. So viel Kraft haben wir alle sicherlich noch. Einverstanden? - Alles nickt.
Herr Präsident! Meine sehr gehrten Damen und Herren! Natürlich fällt es schwer, noch einmal eine Einzeldebatte aufzumachen, nachdem der Herr Ministerpräsident so versöhnliche Worte gefunden hat, die man, so denke ich, was die Konsolidierung betrifft, vorbehaltlos unterstützen muss. Ich möchte an dieser Stelle zum Einzelplan 03 einige Bemerkungen machen, weil es auch etwas damit zu tun hat, wie diese Haushaltsberatungen abgelaufen sind.
Frau Kollegin Fischer, wenn Sie beispielsweise den Nachtragshaushalt angesprochen haben und gesagt haben, es war gut, dass der Finanzminister nicht aus der Hüfte geschossen, sondern den Nachtragshaushalt sehr genau vorbereitet hat, dann hätten Sie in den Beratungen doch feststellen müssen, dass der Nachtragshaushalt an vielen Stellen, insbesondere beim Einzelplan 03, Mehrausgaben vorgesehen hat, die realistischerweise überhaupt nicht mehr hätten abfließen können. Das haben wir von Anfang an kritisiert.
Wir als FDP sind nicht im Fachausschuss, aber Gott sei Dank im Ausschuss für Finanzen damit durchgedrungen, dass wir die Mittel, über die wir uns inhaltlich alle einig sind, mit denen wir nämlich die Verbesserung der persönlichen Ausstattung und der Ausstattung der Polizei überhaupt voranbringen, tatsächlich so einstellen, dass sie auch abfließen können, und zwar in den Haushaltsplan 2007. Anderenfalls wären sie einfach verpufft.
Es war ein schöner Betrag, den Sie, Herr Minister, in Ihrem ersten Jahr für die Polizei locker gemacht hätten. Aber er wäre nicht abgeflossen. Ich glaube, für die Polizei ist es besser, dass die Mittel realistisch eingestellt werden und auch abfließen können.
Herr Minister, ich bitte Sie in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass die Einstellung in den Titel „Ersatz der Dienst- und Schutzkleidung“ erfolgt, und darauf zu achten, dass der Intention, die einstimmig im Ausschuss verfolgt wurde, nämlich dass die zusätzlichen Mittel für die Beschaffung auch dem Einstieg in die Ver
besserung der persönlichen Schutzausstattung der Polizisten im Einsatzdienst dienen, gefolgt wird. Jedem seine Schutzweste - das soll in den nächsten Jahren das Gebot sein. Ich bitte Sie, darauf zu achten.
Ich möchte an dieser Stelle zwei weitere Punkte kurz ansprechen, die aus der Sicht der FDP sehr wichtig sind. Etwas, das uns im nächsten Jahr sicherlich intensiv beschäftigen wird, ist das Personalentwicklungskonzept des Finanzministers. Ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz deutlich: Wir wollen uns in die Diskussion über das Personalentwicklungskonzept einbringen. Ich bitte Sie, Herr Finanzminister, uns das auch zu ermöglichen. Ermöglichen Sie es uns, an der Diskussion teilzunehmen und unsere Vorschläge einzubringen.
Herr Kollege Rothe hat in vorauseilendem Gehorsam bereits im Ausschuss gesagt, dass die Regierungsfraktionen eine Entscheidung zum Personalentwicklungskonzept nicht im Landtag haben wollten, das solle vielmehr die Exekutive machen. Ich halte dies für falsch, Herr Kollege Rothe.
Wenn ich mich daran erinnere, wie Sie uns angegriffen haben, als wir von einer Polizeidichte von 1 : 365 gesprochen haben, dann finde ich es mehr als nur bemerkenswert, dass Sie bei einer Polizeidichte von 1 : 400 nur noch schweigend dasitzen und nicht mehr darüber reden wollen. Herr Kollege Rothe, ich hoffe für Sie persönlich, aber auch für die Innenpolitik in unserem Land, dass Sie alsbald aus der Lethargie der Regierungsverantwortung, in der Sie sich seit April/Mai 2006 befinden, erwachen und dass Sie sich endlich wieder zu Wort melden. Ich glaube, die Polizei, aber auch der Innenminister haben jede unterstützende Stimme im Kampf für eine starke Polizei, die personell und auch sächlich gut ausgestattet ist, nötig. Dies gilt es in die Diskussion einzubringen.
Eine letzte Bemerkung. Herr Kollege Bullerjahn, die Polizei und die Diskussion über die Personalstärke der Polizei kann sich nahtlos in den Dreiklang, den Sie hier vorgetragen haben, eingliedern: Konsolidieren - Investieren - Vorsorgen.
Konsolidieren heißt: Personalumbau und Personalabbau. Der ist auf dem Weg. Wir sollten abwarten, wie er weiter vonstatten geht. Investieren heißt die Besoldung und die Ausrüstungen weiter verbessern. Und Vorsorge, Herr Minister, brauchen wir für eine homogene Altersstruktur in der Polizei. Damit muss man jetzt anfangen; damit kann man nicht lange warten. Das heißt, auch wenn das Personalentwicklungskonzept erst im März 2007 vom Kabinett beschlossen werden soll, sollten Sie den Weg freimachen für Neueinstellungen in der Polizei, damit wir möglichst schnell beginnen können, die Polizei umzubauen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank für den Debattenbeitrag. - Es haben sich keine weiteren Debattenredner zu Wort gemeldet, sodass wir die Debatte abschließen können. - Bitte schön, Herr Gallert.
Keine Angst, ich widerstehe der Versuchung, noch einmal einen Debattenbeitrag vorzubringen. Ich möchte für die Abstimmung, in die wir jetzt eintreten, beantragen - ich hatte das vorhin vergessen -, dass über den Entschließungsantrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/434 namentlich abgestimmt wird.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2005/ 2006 unter dem Tagesordnungspunkt 1 a. Hierzu liegen die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen in der Drs. 5/385 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drs. 5/438 vor.