Protokoll der Sitzung vom 15.12.2006

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Madl. - Für die Fraktion der Linkspartei.PDS spricht der Abgeordnete Herr Dr. Köck. Bitte sehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir drei kurze Vorbemerkungen.

Erstens. Ich hätte mir eine Zehnminutendebatte zu diesem Thema gewünscht.

Zweitens. Wir setzen damit die Diskussion von gestern Abend fort; das hat Herr Madl schon betont.

Drittens. Ich sage vor allem in Richtung der CDU: Wenn Sie sich der Mühe unterziehen würden, die konzeptionellen Aussagen der PDS der letzten Jahre durchzuschauen, dann würden Sie sehen, dass wir die Zwangseingemeindung ablehnen, dafür aber ein anderes ordentliches Konzept haben, nämlich den Regionalkreis. Wenn Sie sich das anschauen würden, würden Sie sehen, dass das Zweckverbandsmodell dialektisch im Regionalkreis aufgehoben ist.

Jetzt zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Ich habe gestern bereits ausgeführt, dass sich das Zweckverbandsmodell grundsätzlich in die richtige Richtung bewegt, dass aber viel zu kurz gesprungen wird, noch dazu in Zeitlupe. Obwohl die Sprunghöhe nicht gewaltig ist, haben sie eine gehörige Portion Höhenangst im Bauch.

Sie wollen eigentlich einen Mehrzweck-Stadt-UmlandVerband, allerdings durch die Hintertür. Dem dient die Aufforderung, weitere Aufgaben an den Zweckverband zu übertragen. Im Gegensatz zu Herrn Wolpert vermute ich, dass das - um mit Goethes Worten zu sprechen - des Pudels Kern ist. Es geht darum, einen MehrzweckStadt-Umland-Verband zu gründen.

Aber, Herr Minister Daehre oder Herr Innenminister, welche Aufgaben des eigenen - ich betone: des eigenen - Wirkungskreises mit regionaler Relevanz können denn sinnvoll auf die Verbandsebene übertragen werden? Welche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises sind denn bei allen Gemeinden - von der 100-Seelen-Gemeinde bis zur 230 000-Einwohner-Stadt - angesiedelt? - Die Trinkwasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Gewässerunterhaltung. Dafür gibt es überall gesonderte Zweckverbände.

Einschränkungen ergeben sich schon bei der Flächennutzungsplanung; denn sie ist für kleine Gemeinden, die nicht die Absicht einer Außenentwicklung verfolgen, fakultativ.

Oder sind beispielsweise die kleinen Harzgemeinden Mitglied im Theaterzweckverband Nordharz?

Die eigentlichen Aufgaben mit übergreifendem regionalen Bezug, sei es ÖPNV, Schulnetzplanung, Regionalplanung, Abfallentsorgung, Wirtschaftsförderung oder Landschaftsrahmenplanung, obliegen doch den Landkreisen. Die Landkreise müssen in die Zweckverbände hinein, sonst ist das Ganze eine Totgeburt. Bleiben die Landkreise außen vor, startet der neue Zweckverband als unabhängige zweite kommunale Planungsebene neben den regionalen Planungsgemeinschaften.

Warum greifen wir denn nicht auf unser Landesplanungsgesetz zurück? Dort sind die rechtlichen Möglichkeiten bereits gegeben. In § 8 - Regionale Teilgebietsentwicklungspläne - Abs. 2 heißt es:

„In verdichteten Räumen kann durch den Träger der Regionalplanung ein regionaler Teilgebietsentwicklungsplan aufgestellt werden.“

In Absatz 3 heißt es, dieser kann zugleich die Funktion eines gemeinsamen Flächennutzungsplanes nach § 204 des Baugesetzbuches übernehmen.

Wir haben die rechtliche Möglichkeit und schaffen jetzt doppeltes Recht für ein und dieselbe Sache. Worin liegt da der Sinn?

Schauen wir jetzt in den Gesetzentwurf selbst hinein. Wir kennen die Probleme der Gründung der Abwasserzweckverbände mit der Vielzahl der Rechtsverstöße bei den Satzungen. In § 1 Abs. 3 ist die Rede davon, dass sich der Zweckverband weder nach kommunalem GKG noch nach Planungsrecht noch nach höherem kommunalem Recht richtet.

Es geht also um eine Singularität. Das, was Sie dem Regionalkreis vorwerfen, wird hier auch nur geschaffen. Wir machen eine deutschlandweit singuläre Veranstaltung. Die Rechtsverhältnisse regeln die Partner untereinander durch Satzung. Wie das aussieht, kann man sich vorstellen.

In § 3 - Aufgaben - Abs. 2 heißt es:

„Alle oder mehrere Verbandsmitglieder können einzelne... Aufgaben... übertragen.“

Wenn es sich jeweils nur um wenige Zweckverbandsmitglieder handelt, kommen wir zu Schachtelverbänden. Wir haben also Zweckverbände innerhalb des Zweckverbandes.

Noch gar nicht tangiert wurde die Frage, wer nachher die Arbeit macht. Wer stellt den eigentlichen Flächennutzungsplan auf?

Vielleicht darf ich eine Assistentin bitten, den Flächennutzungsplan der Stadt Halle aufzufalten, damit Sie eine Vorstellung bekommen.

(Neben dem Rednerpult wird eine Karte gezeigt)

Das ist nur der Flächenutzungsplan der Stadt Halle. Das sind 150 km².

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Es ist egal, wie herum!)

Das ganze Gebiet umfasst 2 000 km². - Leider muss ich jetzt Schluss machen. Ich möchte nur noch Folgendes sagen:

Wenn man sich § 7 - Deckung des Finanzbedarfs - anschaut, dann ahnt man, dass Sie spätestens hierbei die Stadt Halle am Hals haben werden. Ein Anteil von 50 % der Stimmen und ein Anteil von 62 % der Kosten liegen bei der Stadt Halle. Im Raum Magdeburg ist das Verhältnis ausgeglichen, es liegt etwa bei 50 : 50.

Meine Damen und Herren! Es gibt Fragen über Fragen. Zusammenfassend möchte ich sagen: Das, was uns hiermit angeboten wird, ist nicht mehr als ein bunter Cocktail, zusammengemixt aus GKG und Landesplanungsgesetz mit einem Schuss Gemeindeordnung. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Dr. Köck. - Für die SPD-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Schindler sprechen. Doch zuvor haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen in Quedlinburg bei uns begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Schindler, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit wir dem Zeitplan wieder gerecht werden können und da ich ohnehin die Worte des Herrn Ministers und die von Herrn Madl wiederholen würde, gebe ich meine Rede zu Protokoll.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich gestatte Ihnen, dies zu tun.

(Zu Protokoll:)

Wie meine Vorredner bereits dargestellt haben, ist der vorliegende Gesetzentwurf Ergebnis des § 2 des Kom

munalneugliederungs-Grundsätzegesetzes vom 11. Mai 2005. Schon bei der Beratung zu diesem Gesetz sind die Argumente für und wider die Bildung von Zweckverbänden im Umland der Oberzentren Halle und Magdeburg ausgetauscht worden.

Allen ist bekannt und von niemandem wird bestritten, dass die Stadt-Umland-Beziehungen in der heutigen Form nicht den Erfordernissen der Zeit entsprechen. Die Oberzentren sollen in Zusammenarbeit mit ihrem Umland in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben gemäß dem Landesentwicklungsplan wirklich wahrnehmen zu können. Sie sollen die Funktion als dynamische Wachstumszentren der Regionen mit bundesweiter Ausstrahlung übernehmen können.

Die bisherigen Formen der Zusammenarbeit haben sich hierfür als nicht ausreichend erwiesen. Daher beinhaltete das Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz ein schrittweises Vorgehen zur Stärkung der Oberzentren Halle und Magdeburg. Für eine begrenzte Zeit, bis zum 30. Juni 2006, waren die Kommunen aufgefordert, selbst die Strukturen der Zusammenarbeit in einem Zweckverband zu gestalten.

Leider muss festgestellt werden, dass die Bemühungen vieler wegen einzelnen Kirchturmdenkens nicht von Erfolg gekrönt waren. Daher ist der Gesetzgeber in der Pflicht, nun durch Gesetz die Bildung der Zweckverbände vorzunehmen.

Die Ausgestaltung der Zweckverbände entspricht den bestehenden rechtlichen Vorgaben kommunaler Zusammenarbeit. Mit der Übertragung der Flächennutzungsplanung wird nicht in den geschützten Wesensgehalt der Selbstverwaltung eingegriffen.

Die kommunale Planungshoheit gibt den Gemeinden keine unbegrenzte planerische Gestaltungsfreiheit. Die Flächennutzungsplanung ist eingebunden in ein dichtes Gesetzesgeflecht von Landesentwicklungsplanung, Regionalplanung und Spezialgesetzen.

Diese Flächennutzungsplanung ist auch mit den Nachbarn abzustimmen und abzuwägen. Auch heute sind Abstimmungen zwischen den Oberzentren und dem Umland notwendig. Dieses erfolgt zukünftig im Zweckverband. Hier muss ein Ausgleich der verschiedenen Planungsinteressen angestrebt werden.

Die Ausgestaltung des Gesetzes können wir in den Ausschüssen beraten. Ich bitte um die Überweisung in die Ausschüsse Inneres sowie für Landesentwicklung und Verkehr.

Damit ist die Debatte beendet und wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/395 ein.

Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr zu überweisen. Gibt es dagegen Einwände? Gibt es Zusätze? - Das ist nicht der Fall.

Wer mit der Überweisung an die genannten Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Gibt es nicht. Damit ist der Gesetzentwurf an die Ausschüsse überwiesen worden.

Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 8 und treten nun in eine Mittagspause ein. Würden Sie meinem Vor

schlag zustimmen, die Beratung um 13 Uhr fortzusetzen? - Ja. Ich bitte Sie aber darum, nicht erst um 13.30 Uhr zu erscheinen.