Die erste Beratung fand in der 14. Sitzung des Landtages am 25. Januar 2007 statt. Der Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 14. Sitzung am 25. Januar 2007 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden. Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat sich in seiner Sitzung am 21. Februar 2007 mit dem Gesetzentwurf befasst.
Die Landesregierung machte deutlich, dass das in der Zivilprozessordnung geregelte Mahnverfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit das Ziel verfolge, Gläubigern unbestrittener Geldforderungen schnell und kostengünstig zu einem Vollstreckungstitel zu verhelfen. Durch die geänderten Möglichkeiten des Bearbeitungsablaufes erlaube es nun die elektronische Datenverarbeitung, Mahnanträge auf Datenträgern oder online vom Computer aus einzureichen und im Weiteren von der Justiz automatisiert zu bearbeiten. So könnten Mahnanträge einen Arbeitstag nach ihrem Eingang erledigt sein. Damit werde das elektronische Mahnverfahren für den Rechtsverkehr und insbesondere für die Unternehmen attraktiv.
Sachsen-Anhalt habe ein solches automatisiertes Mahnverfahren eingerichtet und betreibe dieses seit 2002 zentral beim Amtsgericht Aschersleben. Hingegen verfügen die Freistaaten Sachsen und Thüringen gegenwärtig nicht über ein zentrales Mahngericht und erledigten die Mahnverfahren noch manuell. Beide Länder hätten aber die Vorteile des automatisierten Mahnverfahrens erkannt. Dazu komme, dass die Mahnbescheidsanträge von Rechtsanwälten ab dem 1. Dezember 2008 nur noch in maschinell lesbarer Form übermittelt werden dürften. Dies setze eine entsprechende Technik bei den Mahngerichten voraus.
Das ist der Hintergrund dafür, weshalb die Freistaaten Sachsen und Thüringen ihr Interesse erklärt haben, dem automatisierten Verfahren in Sachsen-Anhalt beizutreten. Damit könnten aus der Sicht von Thüringen und Sachsen die ansonsten dort erforderlichen Investitionen gespart werden.
Sachsen-Anhalt werde nunmehr sein zentrales Mahngericht auch für diese beiden Länder vorhalten und die Mahnanträge für alle drei Bundesländer vom Amtsgericht Aschersleben bearbeiten lassen. Die Kosten des gemeinsamen Mahngerichts würden nach dem Staatsvertrag und einer ergänzenden Verwaltungsvereinbarung, die im Übrigen im Ausschuss vorgelegt worden ist, von den beteiligten Ländern gemeinsam getragen. Im Ergebnis stelle sich das Vorhaben für das Land Sachsen-Anhalt kostenneutral dar.
Der Start des zentralen Mahngerichts wird zum 1. Mai 2007 angestrebt. Für die Errichtung dieses zentralen
Mahngerichts bedarf es des Abschlusses des Staatsvertrages und dessen Ratifizierung in diesem Hohen Hause.
Die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgeschlagenen redaktionellen Änderungen des Gesetzentwurfes hat der Ausschuss für Recht und Verfassung in seiner Sitzung am 21. Februar 2007 in die vorläufige Beschlussempfehlung aufgenommen. Der mitberatende Ausschuss für Finanzen schloss sich dieser Empfehlung an.
Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat gestern einstimmig beschlossen, dem Plenum die Beschlussempfehlung zur Annahme zu empfehlen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. - Da im Ausschuss Einstimmigkeit bestand, verzichten wir auf eine Debatte. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/599 ein. Ich möchte, dass wir in einem Schritt über das Gesetz in seiner Gesamtheit abstimmen.
Wer dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist das Gesetz einstimmig angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 20 ist hiermit erledigt.
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Vertretungsrechten der Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS legt Ihnen heute ein Gesetz zur Regelung von Vertretungsrechten der Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt vor.
Wir denken, das Gesetz ist überfällig. Wir sehen dafür verschiedene Gründe. Alle Akteure sind sich in einem Punkt einig, nämlich darin, dass sich das Bild vom Alter geändert hat, und zwar wesentlich. Die Menschen werden heute älter - das ist unstrittig. Der Anteil Älterer an der Bevölkerung wächst - das ist noch unstrittiger. Menschen bleiben länger aktiv. Sie bleiben länger gesund.
Das Alter wird zunehmend zu einem eigenständigen Lebensabschnitt mit ganz eigenständigen Ansprüchen und ganz eigenen Bedürfnissen, ganz anders als früher, als man allenfalls auf das „Altenteil“ ging. Das Alter kann schon längst nicht mehr auf Fragen wie Rente, Pflege oder gar Kosten reduziert werden. - Das alles sind Aussagen, die im Grunde genommen niemand mehr infrage stellt.
Bei dem 5. Seniorenforum des Landes Sachsen-Anhalt, das am 2. März 2007 im Plenarsaal stattfand, hat Minis
Daraus ergeben sich Anforderungen und Ansprüche, die Seniorinnen und Senioren für sich selbst entwickeln, aber auch Ansprüche und Anforderungen, die sie an die Gesellschaft richten. Sie haben nicht nur vielfältige Erfahrungen und ein umfangreiches Wissen, sondern sie haben auch länger die Kraft, diese Erfahrungen und dieses Wissen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, und sie wollen dies auch tun. Sie wollen diese unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten.
Dazu haben die Seniorinnen und Senioren schon vor vielen Jahren in allen Kreisen, in den kreisfreien Städten und auch in den meisten größeren Städten des Landes Sachsen-Anhalt Seniorenvertretungen gebildet. Diese Seniorinnenvertretungen agieren in sehr unterschiedlichen Formen und unter höchst unterschiedlichen äußeren Bedingungen.
Damit sind wir beim Problem und auch beim Anliegen des Gesetzes. Es ist einfach unbefriedigend, wenn die Seniorinnenvertretungen das Gefühl haben müssen, dass ihre Mitwirkung vom Wohlwollen von Bürgermeisterinnen oder Landräten abhängig ist. Das ist im Übrigen für sie auch dann unbefriedigend, wenn das Wohlwollen des Bürgermeisters oder Landrats ganz offensichtlich vorhanden ist und wenn man sich gegenseitig prima versteht. Man ist trotzdem von dem Wohlwollen abhängig, und das ist kein gutes Gefühl.
Deshalb diskutieren die Seniorenvertreterinnen schon sehr lange über die Frage, wie es gelingen kann, ihre Tätigkeit auf eine verlässlichere Grundlage zu stellen und die Mitwirkungsmöglichkeiten überall in SachsenAnhalt annähernd gleich zu gestalten. Wie wichtig ihnen dieses Thema ist, kann man schon daran erkennen, dass in den fünf Landesseniorinnenforen, die bisher stattgefunden haben, diese Frage jedes Mal auf der Tagesordnung stand.
Unter verschiedenen Themenstellungen ging es am Ende immer um die gleiche Frage, nämlich: Wie schaffen wir es, dass unsere Arbeit auf eine verlässliche gesetzliche oder wie auch immer gestaltete Grundlage gestellt wird, sodass wir auch Ansprüche an die Bürgermeisterinnen und an die Landräte formulieren können und nicht nur als Bittstellerinnen und Bittsteller kommen?
Das Ziel des Gesetzes ist es, die Vertretungsrechte der Seniorinnen in Sachsen-Anhalt zu stärken und ihre aktive Beteiligung zu fördern. Dieses Gesetz kann den Seniorinnen und Senioren eine gesetzliche Legitimation für ihre Tätigkeit geben.
Dabei übersehen wir keineswegs rechtliche und demokratietheoretische Probleme. Da ist zum einen die Frage der Legitimation, die wir ansonsten am ehesten in einer demokratischen Wahl erleben. Das ist völlig logisch. Allerdings gibt es an keiner Stelle die reine Lehre. Auch an dieser Stelle gibt es die reine Lehre nicht. Das Prinzip der Legitimation durch Wahlen ist an vielen Stellen durchbrochen, beispielsweise durch das „Beauftragtenwesen“ - ich sage das in Anführungsstrichen -, durch berufene Bürgerinnen oder durch verschiedene berufene Gremien.
Ich denke beispielsweise, auch wenn es nicht ganz vergleichbar ist, an den Psychiatrieausschuss, also an den Ausschuss für die Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung. Es gibt eine Verordnung, die regelt,
dass dieses Gremium, dass dieser Ausschuss und seine Besuchskommissionen relativ weitgehende Rechte haben, beispielsweise erstens auch in die Angelegenheiten der Kommunen kontrollierend einzugreifen, die Einrichtungen zu kontrollieren und zweitens Hinweise zu geben, Kritik zu üben und richtig Einfluss zu nehmen. Dazu bedarf es nicht einmal eines Gesetzes. Es ist ein von der Ministerin oder dem Minister berufenes Gremium, das dieses Recht hat. Dieses Gremium ist von niemandem gewählt worden.
Man kann das nicht ganz vergleichen, aber es ist durchaus ein Beispiel, das zeigt, dass es die reine Lehre nicht gibt.
Da ist zum anderen das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Aber abgesehen davon, dass auch dieses Prinzip nicht in reiner Form existiert - ich verweise wiederum auf die Beauftragten, beispielsweise auf die Gleichstellungsbeauftragte -, haben wir sehr wohl der Versuchung widerstanden, durch die detaillierte Ausgestaltung des Gesetzes in die kommunale Selbstverwaltung tief einzugreifen. Die konkrete Ausgestaltung der Mitwirkungsmöglichkeiten soll den kommunalen Abgeordneten der jeweiligen Ebene in ihren Hauptsatzungen vorbehalten bleiben. Das Gesetz erlegt den Abgeordneten aber die Pflicht zur Ausgestaltung auf, wenn in ihrem Verantwortungsbereich eine Seniorinnenvertretung gebildet worden ist.
Wir denken, dass dieser Einfluss auf die Entscheidungsfindung der kommunalen Ebene im Sinne der Seniorinnen durchaus gerechtfertigt ist. Das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung wird dadurch aus meiner Sicht nicht ausgehöhlt, da die Abgeordneten sowohl entscheiden als auch das Umfeld der Entscheidung selbst gestalten. Dass ist das, was von Minister Hövelmann auf dem 5. Landesseniorinnenforum unter dem Thema „Brauchen wir eine gesetzliche Regelung?“ eingefordert wurde. Genau das hat er in diesem Forum eingefordert.
Das Gesetz nimmt den kommunalen Abgeordneten lediglich eine Option. Sie nimmt ihnen nämlich die Möglichkeit, die Seniorinnenvertretung zu ignorieren. Das geht dann allerdings nicht mehr und das ist im Grunde genommen das, was die Beteiligten einfordern. Sie fordern die Aufmerksamkeit ein, die ihnen nach übereinstimmender Meinung aller Beteiligten zusteht. Der Innenminister sagt dazu - ich zitiere -:
„Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Interessen von Seniorinnen und Senioren wird mit Sicherheit von niemandem von uns infrage gestellt. Die Frage ist nicht ob, die Frage ist: Wie organisieren wir das Miteinander? Wie können Sie sich in einer Art und Weise einbringen, dass es auch zu Ergebnissen führt und dass Sie nicht nur das Gefühl bekommen, sondern auch die reale Erfahrung machen können, auch Sie können etwas beeinflussen?“
Dies sagte er in Richtung auf die Seniorinnen und Senioren, die auf dem Forum hier auf diesen Plätzen im Plenarsaal gesessen haben. Der Minister sagt weiter:
„Es besteht ja nicht nur der Wunsch zu sagen, was man denkt und welche Forderungen und Wünsche man hat. Vielmehr soll dabei, sprichwörtlich gesagt, am Ende auch etwas herauskommen.“
Ganz genau darum geht es. Das, denke ich, hat der Minister den Seniorinnen und Senioren an dieser Stelle zugesagt, und wir sollten es ihnen nicht verweigern.
Es geht also um die Frage des Wie. Die Seniorinnen und Senioren selbst sind nach langer Diskussion - wie gesagt, nach ungefähr zehn Jahren Diskussion - und vor allem nach mehreren Versuchen, eine Lösung auf anderen Wegen zu finden, beispielsweise einfach durch die Änderung der Gemeindeordnung oder auch auf den verschiedenen anderen Wegen, die ich jetzt nicht beschreiben möchte, einstimmig zu der Auffassung gekommen, dass eine gesetzliche Regelung notwendig ist.
„Vom Landtag und von der Landesregierung wird erwartet, die Potenziale und die Bereitschaft der Seniorinnen und Senioren des Landes SachsenAnhalt in der aktiven ehrenamtlichen Mitwirkung am sozialen, kulturellen und politischen Leben durch Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zu vertiefen.“
Das ist der Beschluss. Im Protokoll ist nachzulesen, dass noch einmal betont worden ist, dass dieser Beschluss in der Arbeitsgruppe einstimmig gefasst worden ist. So wie ich die bisherigen Landesseniorinnenforen kennen gelernt habe, werden die Beschlüsse auch im Plenum in der Regel einstimmig gefasst.
Wir sind gefragt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Wir haben mit diesem Gesetzentwurf die Möglichkeit, dem Anliegen von Seniorinnen und von Senioren gerecht zu werden. Ich bitte Sie deshalb um eine faire, sachliche und intensive Diskussion in dem dafür zuständigen Fachausschuss. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit bei diesem Thema. - Herzlichen Dank.