Ich gehöre der Fachbruderschaft an, die sich der kommunalen Familie besonders verpflichtet fühlt. Das ist richtig.
Meine Damen und Herren! Den Wert einer Kreisgebietsreform erkennt man an der damit einhergehenden Funktionalreform. In diesem Jahr ist das politische Momentum in Sachsen-Anhalt noch da, um etwas zu bewegen. Es müssen jetzt die Aufgaben definiert werden, die auf die Kreise übergehen.
Dabei sehe ich zuvörderst diejenigen in der Pflicht, die immer die Auffassung vertreten haben, dass eine Struktur mit 14 oder mehr Gebietskörperschaften der Kreisebene eine substanzielle Funktionalreform ermöglicht. Die CDU war ja früher sogar der Auffassung, dass die damaligen 21 plus 3 Körperschaften diese zusätzlichen Aufgaben übernehmen könnten.
Die SPD-Fraktion hat im Jahr 2005 ihre Ablehnung des Gesetzes zur Kreisgebietsreform mit der neu gewonnenen Einsicht begründet, dass für eine substanzielle Funktionalreform noch größere Landkreise erforderlich wären. Wenn es auf der Grundlage der jetzt entstehenden Landkreise nicht gelingt, eine solche Funktionalreform durchzuführen, dann wird diese Diskussion zwangsläufig wiederbelebt werden.
Der von der Fraktion der Linkspartei.PDS in Punkt 4 ihres Antrags vorgeschlagene Weg der Modellregion kann ein Weg sein, um die Blockade bei der Funktionalreform zu überwinden. Der künftige Harzkreis entspricht von der Einwohnerzahl her den geplanten sächsischen Landkreisen und kann entsprechende Aufgaben übernehmen. Das gilt übrigens auch bei der Anpassung der regionalen Planungsgemeinschaften an die neu entstehenden Landkreise.
Es ist keineswegs so, dass nur Zweckverbände die Aufgaben von Planungsregionen erfüllen können. Wir müssen das Landesplanungsgesetz ohnehin ändern. Es ist rechtlich unproblematisch, in einem Fall eine Ausnahme zu machen, also dem Harzkreis die Aufgabe der Regionalplanung zu übertragen.
- Nein, es ist auch die Auffassung der SPD-Fraktion, Herr Kollege Schröder. Wir haben das am Dienstag so beschlossen, vorbehaltlich einer anderen Positionierung des Kreistages Mansfeld-Südharz, die wir nach dem 1. Juli 2007 erwarten.
Ich rede damit nicht einer Aufgabenübertragung auf jeden einzelnen Landkreis das Wort. Es kann natürlich nicht sein, dass der Saalekreis oder der Bördekreis eine von dem angrenzenden Oberzentrum losgelöste Regionalplanung macht.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend zum Verfahren anmerken: Der PDS-Antrag enthält Punkte, die einer ausführlichen Beratung bedürfen. Deshalb war die SPD-Fraktion der Auffassung, dass eine Ausschussüberweisung angezeigt ist - wie übrigens
Die CDU-Fraktion bestand auf einer Ablehnung. Wir sind nach dem Koalitionsvertrag verpflichtet, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Ich mache deshalb auf die Möglichkeit aufmerksam, in den Ausschüssen Anträge auf Selbstbefassung zu stellen - auch dafür bedarf es natürlich einer Mehrheit -, und wenn das nicht hilft, dann können die Innenthemen, wenn Sie entsprechende Anträge stellen, im Plenum freitags ab 13 Uhr bis Mitternacht behandelt werden. - Vielen Dank.
- Entschuldigung. Herr Kley hat eine Frage an Herrn Rothe. - Herr Rothe, sind Sie bereit, diese zu beantworten?
Vielen Dank, Herr Kollege Rothe. Entschuldigung, dass ich Sie zurückrufen musste, aber wir werden manchmal ein wenig übersehen.
Meine Frage bezieht sich auf Ihr Bild von einer Kommune. Wenn man dem folgt, was Sie hier geäußert haben, müssten die Kommunen immer größer werden, bis sie in der Lage sind, Landesaufgaben wahrzunehmen, während Sie gleichzeitig an der Verankerung vor Ort, am Ehrenamt immer mehr abschneiden. Wie weit soll das führen? Werden Sie irgendwann neue Kleinstgemeinden gründen, um das System wieder von unten aufwachsen zu lassen?
Herr Kollege Kley, die eigentliche Selbstverwaltungsebene ist die gemeindliche Ebene; die der Kreise ist subsidiär. Das heißt, man kann Kreise so gestalten, dass sie im Wesentlichen auch staatliche Aufgaben wahrnehmen.
Sie selbst, Herr Kley, haben sich gestern für die Kommunalisierung des Schulwesens ausgesprochen. Bedenken Sie bitte die aufbauorganisatorischen Folgen dieser berechtigten Forderung. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank für die Beantwortung. - Auch der so wichtigen FDP-Fraktion gegenüber sind wir sehr aufmerksam. Anderes möchte ich mir nicht unterstellen lassen, meine Damen und Herren.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Bemerkungen eingehen; denn ich denke, dass bestimmte Aussagen hinterfragt bzw. relativiert werden müssen.
Wenn Herr Hövelmann sagt, es sei alles im Koalitionsvertrag geregelt, dann ist das schön. Allerdings ist das staatliche Handeln nicht an einen Koalitionsvertrag gebunden; er ist das Ergebnis der Verhandlung zwischen zwei Parteien, das letztlich keine gesetzliche Bindungswirkung für kommunale Gebietskörperschaften hat.
Wenn Sie es mit einer Gesetzesfolgeabschätzung wirklich so ernst meinen, dann ist es für mich schon erstaunlich, dass ein Jahr nach dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts noch nicht einmal für den derzeitigen Aufgabenbestand eine konkrete Finanzierungsbasis vorhanden ist. Das kann ich nicht nachvollziehen.
Es gibt ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang. Sie, auch Sie in der Regierung, haben das FAG nachhaltig verändert - minus 164 Millionen € für die Kommunen trotz erheblicher Mehreinnahmen in der Landeskasse - und begründen das damit, dass durch eine Kreisgebietsreform finanzielle Mittel gespart werden. Bitte schön, das muss doch irgendwo errechenbar sein. Dann sagen Sie es doch einmal; vielleicht können wir es dann nachvollziehen.
Das heißt, hierbei wird ein Stück weit der Bock zum Gärtner gemacht. Sie hätten die Chance und Sie haben die Chance. Wir sind auch gern bereit, mitzuhelfen, damit es tatsächlich zu einer auskömmlichen Finanzierung insbesondere der kommunalen Gebietskörperschaften kommt und damit einem nicht immer ein Popanz hingestellt wird: Denen geht es allen so gut und im Prinzip können wir ihnen auch Geld wegnehmen.
Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben derzeit die Situation im Land - das wissen Sie ganz genau -, dass die Kreise Verfassungsklage erheben bzw. Beschlüsse zur Erhebung einer Verfassungsklage fassen. Wie lange soll denn das gehen?
Ich denke schon: Wenn wir demnächst einen Doppelhaushalt aufstellen und verabschieden, ist zumindest der derzeitige Aufgabenbestand zu eruieren und sind die finanziellen Folgen darzustellen.
Ein nächstes Problem in diesem Zusammenhang betrifft die Funktionalreform, die Übertragung von Aufgaben vom Land auf die Kommunen. Es gibt natürlich - mein Kollege hat es angedeutet - in Sachsen eine hervorragende Situation. Bei uns sind bislang 4,3 Stellen vom Land auf die Kommunen übertragen worden. Toll! Das heißt, wir gehen noch meilenweit an der Zielstellung vorbei, die Bündelung von bürgerrelevanten Aufgaben im kommunalen Bereich tatsächlich sicherzustellen. Auch diesbezüglich, so meine ich, besteht Nachholbedarf und Diskussionsbedarf.
Ich sage auch: Natürlich kann man das unter dem Ehrenamt regeln. Aber - Herr Rothe hat es gerade ausgeführt - die eigentliche Identifikation der Bürgerschaft findet auch und vor allen Dingen in ihrer Kommune statt. Eine administrative Ebene zu schaffen, die die Möglichkeiten des Raumes unter der Maßgabe der Entwicklung
von annähernd gleichwertigen Lebensbedingungen beinhaltet und administrativ neu zuordnet, ist daher ein weiterer Schritt, den wir gehen müssen und ohne den wir aus der gegenwärtigen Finanzsituation nicht herauskommen.
Deswegen sollte - das hatte ich gestern auch gesagt - eine Neujustierung der Zuständigkeit im Bereich der Arbeit von kommunalen Mandatsträgern durchaus einmal hinterfragt werden.
Wir sind nicht im 19. oder im 20. Jahrhundert, wir sind im 21. Jahrhundert. Es ändern sich die Politikfelder und die Problemaufrisse, die kommunale Mandatsträger auf der Kreisebene von denen in einer Gemeinde oder in einer Stadt zu unterscheiden haben.
Ein anderes Problem ergibt sich in Bezug auf die Frage der Selbstbeschränkung des Parlaments. Wir alle bekommen jedes Mal zu Beginn einer Legislaturperiode die Denkschriften der kommunalen Spitzenverbände. Wir fordern nicht, dass der Landtag für ein Jahr nach Hause geht. Nein, wir sagen, dass im Hinblick auf den Bereich, in dem jetzt Regelungsbedarf besteht, die Äußerungen des Landkreistages sowie des Städte- und Gemeindebundes ernst genommen werden sollen.
(Herr Gürth, CDU: Dazu brauchen wir doch kei- nen PDS-Antrag! Das ist doch lächerlich, was Sie hier erzählen!)
Herr Rothe, wenn ich jetzt höre, dass wir zu den einzelnen Punkten Anträge auf Selbstbefassung stellen sollen, dann sage ich: Das würden wir gern machen und werden wir sicherlich auch tun. Aber dann dürfen Sie auch nur mit einer Stimme sprechen, und dass dann Anträge auf Selbstbefassung wieder abgebügelt werden, das kann es dann auch nicht sein.
Deswegen beantrage ich noch einmal - ich werbe um Ihre Zustimmung - die Überweisung in den Innenausschuss und bitte darum, diese vorhandenen Problemlagen, über die wir gestern und heute diskutiert haben, ernst zu nehmen.
Wir sollten uns gemeinsam aufmachen, einen Weg zu finden, wie wir der kommunalen Ebene Planungssicherheit, Finanzsicherheit und Zukunftssicherheit gewähren, und nicht uns permanent darum bemühen, die kommunale Ebene durcheinander zu würfeln. Letztlich ist der Bürger der Betroffene. Er soll die Leistungen vor Ort erhalten, er soll ein vernünftiges Lebensumfeld und auch eine entsprechende Infrastruktur haben. - Ich danke.
Herzlichen Dank, Herr Grünert, für Ihren Beitrag. - Weitere Redewünsche zur Debatte liegen mir nicht vor.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist mehrfach der Wunsch geäußert worden, den Antrag in der Drs. 5/586 in den Innenausschuss zu überweisen. Darüber lasse ich jetzt abstimmen.
Wer der Überweisung in den Innenausschuss zustimmt, den bitte um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP. Wer lehnt dies ab? - Ablehnung bei der Koalition. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.