Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Daran werden Sie sich gewöhnen müssen.

Nun zu dem Thema Ablösung. Wir waren uns im Finanzausschuss nach langen Diskussionen einig, dass in diesem Jahr abgelöst werden muss. Es würde mich sehr wundern, wenn der Rechnungshof jetzt diesbezüglich eine andere Auffassung vertreten würde. Aber das können wir - über die Effekten-Lombard-Vereinbarung diskutieren wir alle immer gern - noch einmal im Ausschuss durchsprechen.

Dass sich dabei das eine oder andere anders entwickelt hat, als sich sowohl die Landesregierung als auch der Rechnungshof damals vorgestellt haben, haben wir alle zur Kenntnis nehmen müssen. Wir haben hier tatsächlich ein Problem. Das sehe ich durchaus. Wir müssen es lösen. Ich denke, wir sollten in diesem Jahr die Chancen nutzen, es zu lösen, und nicht versuchen, es irgendwo hinzuschieben, gegebenenfalls mit dem Ergebnis, dass im Jahre 2007 die Steuereinnahmen doch nicht so hoch sein werden, wie der eine oder andere vielleicht hofft, sodass wir dann wieder das Problem der Neuverschuldung haben.

Also, in diesem Punkt sind wir durchaus bei Ihnen, wenn Sie sagen, wir sollten versuchen, in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt aufzustellen, mit dem dann auch dafür gesorgt wird, dass dieses Haushaltsrisiko ausgeschlossen wird.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Wünscht noch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir jetzt abstimmen.

Wir stimmen zunächst über den mündlich eingebrachten Änderungsantrag der FDP-Fraktion ab, nach dem die Worte „noch vor der Sommerpause“ durch die Worte „spätestens im September“ ersetzt werden sollen. Wer stimmt dem zu? - Das sind die beantragende Fraktion und die Linkspartei.PDS. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Offensichtlich ist das die Mehrheit. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den unverändert vorliegenden Antrag. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das sind die beantragende Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag

mehrheitlich abgelehnt und der Tagesordnungspunkt 13 ist beendet.

Nun habe ich die Freude, auf der Tribüne Damen und Herren der Europäischen Wirtschaftsschule Magdeburg begrüßen zu können. Herzlich Willkommen!

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung

Operationelle Programme zur Beratung vorlegen

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/15

Einbringer für die Linkspartei.PDS ist der Abgeordnete Herr Czeke. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bullerjahn, angesichts Ihrer letzten Ausführungen habe ich Glück, dass die Staatskanzlei weiterhin von Staatsminister Robra geleitet wird und somit zu meinem Thema kein Wechsel stattgefunden hat, sodass wir uns nicht gegenseitig etwas in die Schuhe schieben.

Es geht auch in diesem Antrag um das Geld, um das europäische Geld. Auf seiner letzten Sitzung vor der Landtagswahl hat der Europaausschuss angeregt, dass sich das Hohe Haus, die Abgeordneten der fünften Wahlperiode frühestmöglich mit der kommenden EU-Strukturfondsperiode befassen sollte.

Ab 1. Januar 2007 soll für Sachsen-Anhalt die dritte Förderperiode der EU-Regionalpolitik beginnen. Dann werden für sieben Jahre rund 2,7 Milliarden € für die Förderung aus EFRE, ESF und ELER zur Verfügung stehen. Auch wenn das wesentlich weniger Geld ist als in der ablaufenden Förderperiode - der Herr Ministerpräsident hat heute in seiner Erklärung schon davon gesprochen, dass es gut ein Fünftel weniger sein wird -, ist diese Förderung von enormer Bedeutung für die Ausrichtung der Landesentwicklung.

In der Förderperiode von 2007 bis 2013 gibt es einige Neuerungen. Beispielsweise spricht die EU-Kommission statt von „operationellen“ jetzt von „operativen“ Programmen. Ich muss sagen, das ist auch sprachlich sehr viel angenehmer. Außerdem ist der ELER kein Strukturfonds mehr. Aber wichtiger: der Einfluss der Regionen beim direkten Aushandeln der Fördermöglichkeiten mit Brüssel ist gestiegen. Der bundesseitige nationale strategische Rahmenplan lässt mehr Spielraum für die spezifische Regionalförderung zu als das bisher gültige gemeinschaftliche Förderkonzept.

Gleich geblieben ist dagegen das hausgemachte Problem der fehlenden frühzeitigen und umfassenden Information und Einbeziehung des Landtages in die Programmierung. Wenngleich vonseiten der EU eine wahrscheinliche Verzögerung des Programmanlaufs mit verschuldet ist aufgrund der späten Einigung auf den Finanzrahmen sowie der noch ausstehende Annahme der Verordnung zu den Strukturfonds - man geht immer noch von der Entwurfsvariante aus -, läuft die Erstellung der Programme in den Ressorts seit Monaten - und dies, gelinde gesagt, mit zurückhaltender Information seitens teilweise der alten und teilweise der jetzigen neuen Landesregierung.

Auf die EU lässt sich also nicht alles schieben, obwohl landläufig die Meinung geprägt ist: Brüssel ist an allem schuld.

Auch der Bund hat Probleme; denn bis jetzt liegt der vom Bundeswirtschaftsministerium erarbeitete nationale strategische Rahmenplan nur als Entwurf vor. Dass die Grobplanung sowie das Umsteuern in der bisherigen Förderpolitik jetzt schon möglich sind, zeigen die fortlaufende Halbzeitbewertung sowie der Beginn der Programmierung schon im Jahr 2005. Außerdem ist der Rahmen der Förderung durch die EU mit ihren Strategien längst vorgegeben. Die Lissabon-, die Göteborg- und die Beschäftigungsstrategie lassen viele Möglichkeiten zu, um in Sachsen-Anhalt den Bereichen Bildung, Umwelt, Soziales, Landwirtschaft und Wirtschaft Schwerpunkte zu setzen und Maßnahmen zu ergreifen.

Das operative Programm des Landes Sachsen-Anhalt für die Strukturfonds ist das Schlüsseldokument, welches aussagt, was in welcher Höhe gefördert werden soll, welche Schwerpunkte in EFRE, ESF und ELER gesetzt werden und welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden.

Über das Budgetrecht haben wir eben schon einige sehr informative Aussagen gehört. Nach bisherigen offiziellen Aussagen sollten bis zum Juni dieses Jahres die einzelnen OPs für EFRE und ESF fertig gestellt sein. Das operative Programm für ELER - so war die Aussage in der Vergangenheit - sollte schon im März dieses Jahres nach Brüssel geleitet werden, was wohl noch nicht erfolgt ist. Darüber wird vielleicht nachher Staatsminister Robra dem Hohen Haus einige Informationen geben, darin bin ich mir sicher.

Im September 2006 - so wurde in verschiedenen Sitzungen des Europa- und des Wirtschaftsausschusses verkündet - sollen die operativen Programme in Berlin und Brüssel vorgelegt werden. Damit das Parlament bei so weitreichenden Entscheidungen zur Landesentwicklung noch Zeit zur Einbeziehung bekommt, haben wir diesen Antrag gestellt. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag die programmatischen und finanziellen Entwürfe der operativen Programme für die kommende EU-Förderperiode bis zum 15. Juni 2006 zur Beratung vorzulegen.

Das Partnerschaftsprinzip bei der Planung für die EUFonds schreibt eine demokratische Einbeziehung der betroffenen Akteure vor. Zudem verbleiben selbst bei einer späteren Einreichung der fertigen Programme zum Ende dieses Jahres nur noch wenige Monate für eine Einbeziehung der Legislative.

Ich sage noch einmal: Budgetrecht; denn die Mittel aus Brüssel, also die der Europäischen Union, müssen auch kofinanziert werden und in die Haushaltspläne einfließen. Wir haben eben gehört, dass im September dieses Jahres der Entwurf des Haushaltsplanes 2007 vorgelegt werden soll. Es muss tatsächlich in sich stimmig sein.

Die Ressorts der Landesregierung haben die operationellen Programme für die EU-Förderperiode nach eigenen Angaben formuliert. Damit werden finanzrelevante Weichen für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der nächsten Legislaturperioden gestellt. Der förmliche Antrag sollte im Frühherbst in Brüssel eingereicht werden.

Gemäß § 1 Nrn. 2 und 7 des Landtagsinformationsgesetzes ist der Landtag über Grundsatzdokumente der Programmierung, insbesondere über die Entwürfe der operativen Programme, und den Landesbeitrag zum natio

nalen strategischen Rahmenplan rechtzeitig zu unterrichten. Dies wurde zugesagt. Da aber diesbezüglich bei den Fraktionen bisher nichts eingegangen ist - auch kein Hinweis auf eine eventuelle Verschiebung -, wollten wir dieser Zusage etwas auf die Sprünge helfen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Nach den Angaben in der Drs. 4/2143 war die Erarbeitung der operativen Programme bis März 2006 abgeschlossen. Die Verabschiedung und die Einreichung sollten im Juni 2006 erfolgen.

Wir möchten daher nun wissen, wie viel Geld zur Verfügung steht, wo es hinfließt, aus welchem Grund dies geschieht und ob an den im Oktober 2005 genannten Schwerpunkten nach dem Regierungswechsel festgehalten wird oder ob es diesbezüglich Veränderungen gibt. Wir möchten Antworten auf die Fragen, welche Strategie der Förderung zugrunde liegt, ob die Landesinitiativen eine Zukunft haben, in welchem Verhältnis die Ausgaben für EFRE und ESF stehen und vieles mehr.

Der Ministerpräsident deutete in seiner Regierungserklärung heute Vormittag vage an, dass derzeit Investitionen nach einem Grundmuster durch ein Raster laufen.

Der Landtag möchte seine Vorschläge und Ideen - darin bin ich mir ganz sicher - einbringen. Diese Fragen müssen daher jetzt gestellt und beantwortet werden. Antworten ergeben sich aus dem operativen Programm. Die Einbeziehung des Landtages muss erfolgen, und zwar nicht erst dann, wenn die Programme abgeschickt sind. Nur so kann die Landesregierung noch Hinweise und Stellungnahmen des Parlaments berücksichtigen, was wohl auch im Interesse der Landesregierung sein sollte. Die schnellstmögliche Behandlung dieses Themas in dieser Landtagssitzung ist deshalb zwingend erforderlich.

Eine Einbeziehung des Hohen Hauses entspricht nicht nur dem ausdrücklichen Wunsch der EU nach einer breiten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, die durchaus auch von gewählten Volksvertretern und Volksvertreterinnen demokratisch wahrgenommen werden kann, sondern sie ist auch eine zwingende Konsequenz der verfassungsmäßigen parlamentarischen Rechte, insbesondere - ich muss es noch einmal wiederholen - des Budgetrechtes des Parlaments.

Im übernächsten Tagesordnungspunkt geht es um die Föderalismusreform, die mehr Transparenz bringen und den Ländern Kompetenzzuwachs verschaffen sollte. Nutzen wir diese am Beispiel der Strukturfondsplanung im Landtag und in der Öffentlichkeit für eine Auseinandersetzung mit der EU im Allgemeinen und ihrer Regionalpolitik im Besonderen.

In der Föderalismusreform - das ist ein weiteres Problem - nützt es nichts, wenn wir in der Öffentlichkeit Krokodilstränen vergießen, dann aber die Länderparlamente ausklammern. Ein stärkere Beteiligung der Länderparlamente war immer eine Forderung unseres ausgeschiedenen Parlamentspräsidenten Professor Dr. Spotka. Auch dieses Thema liegt bei Staatsminister Herrn Robra auf dem Tisch.

Sophokles sagte einmal zu diesem Thema:

„Achtung verdient, wer vollbringt, was er vermag.“

Ich bin mir ganz sicher, Herr Staatsminister, es gibt noch mehr, als dass Sie eines Antrages der Opposition bedürfen, um pflichtgemäß die Vorlagen zu tätigen.

Wir beantragen die Direktabstimmung über unseren Antrag auf Vorlage der operativen Programme. Aufgrund der Betroffenheit fast aller Politikfelder - ich nehme einmal die Ausschüsse für Recht und Verfassung sowie für Petitionen aus - empfehlen wir allen Ausschüssen, dieses Thema im Rahmen der Selbstbefassung auf die Tagesordnung ihrer nächsten Sitzung zu setzen.

Der Finanzminister hat in einer Pressemitteilung am 6. Juni 2006 bezüglich der Tagung des regionalen Begleitausschusses darauf hingewiesen, dass die EU mittlerweile alle wichtigen Felder der Förderpolitik kofinanziert. Da das wirklich alle Politikfelder betrifft, bitten wir, von dem Recht Gebrauch zu machen, das in den Ausschüssen zu behandeln. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke für die Einbringung, Herr Czeke. - Für die Landesregierung spricht Staatsminister Herr Robra. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Czeke, der Antrag läuft im Wesentlichen offene Türen ein. Allenfalls über den Zeitpunkt, zu dem wir vorlegen, mögen wir uns noch verständigen müssen.

Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode schon umfassend über die Überlegungen der Landesregierung zu dem operationellen Programm und dem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum unterrichtet. Wir wollen dies selbstverständlich auch in dieser Legislaturperiode in zahlreichen Zwischenstandsberichten in den Ausschüssen des Landtages weiterhin so halten.

Ich will nur auf die Landtagsdrucksache 4/2143 mit dem Titel „Verfahrensschritte für die Programmierung der EUFonds“ vom April letzten Jahres, auf den Workshop am 7. September 2005 und auf die Landtagsdrucksache 4/2483 vom November 2005 zur sozioökonomischen Analyse und zu den Förderprioritäten aufmerksam machen, mit denen der Landtag über die konzeptionellen Überlegungen der Landesregierung und über die Weichenstellung für mehr Wachstum und Beschäftigung informiert worden ist. Die sozioökonomische Analyse und die Förderprioritäten sind zwei ganz wesentliche Grundbausteine der, wenn man so will, Langfassung des operationellen Programms, das dann im Laufe der Zeit entstehen wird.

Es ist richtig, nach der von der Antragstellerin zitierten Landtagsdrucksache 4/2143 hatte die Landesregierung, aber wohlgemerkt im April 2005, in ihrer Planung vorgesehen, die Erarbeitung der operationellen Programme und des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum bis Ende März 2006 abzuschließen.

Es gab aber Verzögerungen in der EU - Herr Czeke hat sie im Wesentlichen schon erwähnt - bei der Aufstellung der finanziellen Vorausschau und den Programmdokumenten, über die wir aber auch in den Ausschüssen bereits informiert haben. Es gibt auch noch Verzögerungen bei der Verständigung über die nationale Mittelverteilung unter den neuen Ländern, die Voraussetzung für die jeweiligen Länderprogramme ist, und natürlich auch beim nationalen strategischen Rahmenplan, der erst aus den einzelnen operationellen Programmen der Länder gebil

det wird. Wir sind aber der festen Überzeugung und zuversichtlich, dass wir uns insgesamt in der Schrittfolge, die letztlich auch durch die weitere Entwicklung bei der EU bestimmt wird, bewegen.