Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

Landtag zum einen bei der Vorbeugung vor kriminellen Machenschaften und zum anderen bei der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit für die im Land angesiedelten Unternehmen unterstützt werden. Das betrifft natürlich auch die Sicherheit, dass die neue Abfallwirtschaft, die auch ein Cluster bilden möchte im Bereich Halle, die notwendige Unterstützung erhält, um Sachsen-Anhalt national und international zu einem hervorragenden Standort der Umwelttechnologie zu machen, damit positiv zu werben und somit die Negativschlagzeilen, die angesprochen wurden, vergessen zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Kley. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Stadelmann. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Immer wenn ich seitens der PDS Anträge auf Berichterstattung oder Informationen über Umweltdaten auf den Tisch bekomme, fällt mir der schöne Spruch ein: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Mein Fraktionsvorsitzender hat heute Morgen in seinem Redebeitrag angemahnt, dass wir unsere DDR-Geschichte nicht ganz vergessen sollen. Unsere Bundeskanzlerin rät uns ebenfalls, sich mit unserer Geschichte zu befassen, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft gestalten zu können.

Als ich den Antrag der PDS zum ersten Mal auf den Tisch bekam, fiel mir spontan das Wort ein: Schönberg. Diese inzwischen allseits bekannte Deponie in der Nähe von Lübeck, zu DDR-Zeiten auf dem diesseitigen Teil vor dem Eisernen Vorhang, wurde nach einem Beschluss des SED-Politbüros vom 30. Januar 1979 auf einer Fläche von 165 ha mit insgesamt 15 Millionen t „Westmüll“ gefüllt. Ich betone: 15 Millionen t - gegen harte Devisen, versteht sich. Heute ist sie eine Umweltzeitbombe größten Ausmaßes.

Es kommt noch schlimmer: Es handelt sich keinesfalls nur um relativ harmlosen Hausmüll, es ist eine toxischer Cocktail. Zwei Drittel der angelieferten „Ware“ bestanden aus genehmigungspflichtigen Industrieabfällen, nur dass niemand aufseiten der DDR genau wusste oder, besser gesagt, wissen durfte, was meist nachts von den Lastern gekippt wurde. Es waren Klärschlacken, kontaminierte Böden, arsenhaltige Schlämme und ein schwelender Verdacht dazu: 41 Dioxin-Fässer aus Seveso.

Meine Damen und Herren! Diese Machenschaften waren auch zu DDR-Zeiten und nach DDR-Recht strafbar. Es handelt sich um vom DDR-Staat, also dem SEDPolitbüro, geduldete bzw. im Grunde sogar angestiftete und aktiv begangene Umweltstraftaten. - So viel einmal mehr zur Glaubwürdigkeit der PDS-Politiker als selbst ernannte Erben der SED.

(Zuruf von Frau Rogée, Linkspartei.PDS)

Vom Schaden für den Ruf der DDR will ich gar nicht sprechen. Der war sowieso in vielfacher Weise ruiniert, wenn man zusätzlich noch das Bild der bewaffneten

Grenzsoldaten vor Augen hat, die diese Umweltkatastrophe vor dem Klassenfeind schützten. Zum Glück für uns alle sind diese Zustände ein für alle Mal vorbei.

In dem Land, in dem wir jetzt leben, gibt es natürlich auch noch Umweltstraftaten - ohne Zweifel -, jedoch nicht staatlich sanktioniert und schon gar nicht vom Staat selbst ausgeführt. In Deutschland sind die Verhältnisse, was die Abfallentsorgung und -verwertung betrifft, weltweit vorbildlich.

Gerade in der letzten Woche habe ich in Strasbourg die Diskussion im Kongress der Gemeinden und Regionen beim Europarat zum Thema „Abfallentsorgung und Wahl von Deponiestandorten“ verfolgt. Was dort Umweltschützer aus vielen Ländern Europas fordern, ist bei uns bereits seit einigen Jahren Gesetz und seit der Umsetzung der TASi ab Mitte 2005 sogar beispielhaft. Dabei beziehe ich natürlich Sachsen-Anhalt ein und denke, dass das auch im Bericht des Ministeriums im Umweltausschuss überaus deutlich werden wird.

Wir wollen mit unserem Alternativantrag die Gesamtsituation zum Thema Abfall beleuchten und haben deshalb nur als einen Schwerpunkt die Berichterstattung zu Umweltstraftaten aufgenommen. Dies ist zweifellos wichtig und richtig, setzt aber, wie der Antrag der Linkspartei.PDS lautet, die Schwerpunkte tendenziös falsch. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Auch der nachgeschobene Änderungsantrag trifft nicht ins Schwarze.

Ich bitte somit um Zustimmung zu unserem Alternativantrag und bin gespannt auf den Bericht im Ausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Stadelmann. - Für die Linkspartei.PDS besteht die Möglichkeit zu erwidern. Bitte sehr, Herr Dr. Köck.

Herr Stadelmann, Sie haben auch immer wieder nur die eine Seite der Medaille genannt. Die 41 Fässer aus Seveso müssen ja irgendwie bis nach Schönberg gekommen sein. Da wird jemand sicherlich auf der Profitseite einen großen Schnitt gemacht haben. Damit sind wir wieder in der Wirklichkeit angekommen. Auch das ist die treibende Kraft, aus Notsituationen oder eben wegen eines Extraprofits den Müll illegal auf der billigsten Schiene zu entsorgen.

(Zuruf von der CDU)

Das war unser Einstieg.

Wir sind für den Alternativantrag sehr dankbar. Wir haben ihn deswegen aufgegriffen, weil wir das eigentlich genauso sehen und auch so diskutieren wollen. Aber - ich habe es schon gesagt - ich hatte nicht gedacht, dass Sie in Ihrem Denken so weit sind, dass man diesen komplexen Antrag so hätte stellen können. Ich nehme das zurück und sage - jetzt ist der Herr Landtagspräsident leider aus dem Saal gegangen -, dass das eigentlich ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie parlamentarische Arbeit sein soll, dass man also Ideen, Gedanken, die sich ergänzen, aufnehmen soll und nicht aufgrund irgendwelcher Parteifronten einen Vorschlag, der gut ist, nur deswegen fallen lässt, weil er von der falschen Partei kommt. Da habe ich bei den Bildungspolitikern bisher

eigentlich einen anderen Eindruck gewonnen. Nun bin ich nicht in den Ausschussberatungen zugegen und weiß nicht, ob es dort genauso freundschaftlich zugeht.

Es geht also auch darum, vonseiten der Politik mitzuhelfen, letztendlich gerade die schwarzen Schafe in der Branche an den Pranger zu stellen, damit die Entsorgungswirtschaft, die Vorbildliches leistet, vor diesen geschützt wird. Aber die Entsorgungswirtschaft muss auch praktisch gegen die schwarzen Schafe in ihren eigenen Reihen vorgehen. So ist das Mitteldeutsche Entsorgungsforum Mitglied der Umweltallianz, aber die Firma Dux ist Mitglied des Mitteldeutschen Entsorgungsforums - da haben wir jetzt natürlich ein Problem - und die Satzung des Mitteldeutschen Entsorgungsforums sieht nur vor, dass man ihm beitreten kann, sieht aber keinen Ausschluss vor.

Sie sehen, es ist noch eine ganze Menge Pulver enthalten, und ich denke, dass wir noch interessante Dinge im Ausschuss zu diskutieren haben. Wir sollten versuchen, das vorurteilsfrei zu tun, sollten aber wirklich alle Probleme auf den Tisch legen. Das sind auch noch andere Dinge auf der Umweltseite, die man durchaus einmal diskutieren muss.

(Zuruf von Ministerin Frau Wernicke)

Deswegen werbe ich dafür, dass wir den weitergehenden Antrag, also den geänderten Antrag, übernehmen. Wir übernehmen Ihren Alternativantrag wörtlich und ergänzen ihn noch um diese zwei Aspekte. Ich denke, das wäre ein fairer Kompromiss. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Dr. Köck, Sie möchten jetzt aber auch eine Direktabstimmung?

(Herr Dr. Köck, Linkspartei.PDS: Wir wollen das ebenfalls!)

- Ja. - Es beantragt niemand eine Überweisung. Überweisung würde heißen: im Paket, also alle Anträge, die vorliegen. Vom Wesen her ist der Antrag ohnehin eher für eine Direktabstimmung geeignet.

Wir treten dann in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 5/33, 5/53 und 5/59 ein. Zuerst stimmen wir über den Ursprungsantrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/33 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? - Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zum Alternativantrag ab. Wer diesem Änderungsantrag in der Drs. 5/59 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Stimmenthaltungen? - Gleiches Stimmverhaltung der FDP, Enthaltung.

Dann stimmen wir jetzt über den Alternativantrag in der Drs. 5/53 in unveränderter Fassung ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist einstimmig. Damit ist der Antrag so angenommen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 8 verlassen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Übertragung von BVVG-Flächen

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/26 neu

Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/50

Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/54

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Krause für die Fraktion der Linkspartei.PDS. Bitte sehr, Herr Krause, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag haben wir eine Problematik aufgegriffen, die sicherlich für die meisten Abgeordneten, auch wenn sie nicht im Bereich der Landwirtschaft tätig sind, nicht neu ist. In jeder Legislaturperiode hat sich der Landtag mit Anträgen oder aufgrund von Anträgen aller Fraktionen im Landtag mit dieser Problematik beschäftigt, weil wir uns immer wieder aufs Neue dieser Frage stellen mussten, weil wiederkehrend Landwirte wie auch Interessenvertretungen festgestellt haben, dass die BVVG bei der Verwertung der Flächen die wirtschaftliche Situation der Betriebe im Land Sachsen-Anhalt einfach zu wenig beachtete.

Ja, Frau Ministerin Wernicke, Sie haben - ich möchte das betonen, auch wenn Sie gerade mit Ihrem Staatssekretär in ein Gespräch vertieft sind - mit den Aussagen in Ihrem Interview am 27. Mai eigentlich die Problematik auf den Punkt gebracht: Die BVVG will zu schnell und zu viele Flächen unnötigerweise auf dem Markt veräußern und berücksichtigt nicht, dass die Betriebe im Land finanziell nicht so ausgestattet sind, dass sie ihre Pachtflächen ohne weiteres kaufen können.

Als Konsequenz müssen wir immer häufiger erleben, dass Kapitalanleger zum Zuge kommen und dass strukturpolitische Erwägungen bei der Verwertung der Flächen keine oder immer weniger eine Rolle spielen.

Vor diesem Hintergrund auch eine Bemerkung zum Änderungsantrag der FDP-Fraktion. Mit diesem Änderungsantrag - Herr Hauser, er ist sicherlich auch ein Stück Ihr Werk - wird zwar unsere Vorstellung von einer Übergabe der BVVG-Flächen an das Land, speziell auch an die Landgesellschaft, unterstützt, aber er orientiert von vornherein als Grundlage zielstrebig auf die weitere Privatisierung der Flächen. Wir meinen aber, dass es auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist, die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die noch von der BVVG verwaltet werden, vorrangig und schnellstens zu veräußern.

Wir sagen, auch die Verpachtung ist eine Form der Vermarktung. Schließlich gibt es ja selbst von der BVVG in den zurückliegenden Wochen Signale - das war nicht bloß in der „Altmark-Zeitung“ in Salzwedel zu lesen, als Herr von Arnim sich dort positionierte -, dass sie sich künftig stärker auch in diese Richtung bewegen will. Das wollen wir unbedingt unterstützen. Ich denke, ein klein wenig konterkariert die Forderung der FDP selbst die Haltung der BVVG.

Es ist eine Tatsache, dass die Betriebe, die zu 80 oder zu 90 % auf gepachteten Flächen bei uns im Land wirtschaften, nicht schlechter dastehen als Betriebe mit einem sehr hohen Anteil an Eigentumsflächen. Das Problem ist aber: Sie brauchen Sicherheiten, und zwar lang

fristig. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie die Flächen, die Bestandteil ihrer langfristigen Betriebskonzeptionen sind und auf deren Grundlage in der Vergangenheit Förderkonzepte erarbeitet und bestätigt wurden, nicht verlieren.

Gerade die ortsansässigen Unternehmen sitzen doch in der Zwickmühle. Entweder sie geben ihr Geld auf dem Bodenmarkt aus oder sie investieren in moderne Technologien bzw. in alternative Einkommensquellen. Dann kann es passieren, dass ihnen der Boden praktisch unter dem Pflug wegprivatisiert wird. - So viel zu der Grundintention des FDP-Änderungsantrages. Ich meine auch, er zeigt in dieser Hinsicht wenig Kompromissbereitschaft, und es wird auch wenig Kompromissbereitschaft signalisiert.

Dabei schreit die Situation geradezu danach, dass dem Pachtmodell hier im Osten Deutschlands stärker Rechnung zu tragen ist, um die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Lande zu sichern und zu befördern, um - wie von SPD und CDU richtig erkannt und auch in ihrer Koalitionsvereinbarung zum Ausdruck gebracht wurde - die Entwicklung der ländlichen Räume im Sinne einer zukunftsorientierten Agrarstrukturpolitik zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Mit der Übertragung der BVVG-Flächen auf das Land würden wir es besser in der Hand haben, gerade für die ortsansässigen Landwirte die Grundlagen für ein langfristiges Wirtschaften zu schaffen und Investitionssicherheiten zu geben, so wie Sie es auch in Ihrer Koalitionsvereinbarung letztlich zum Ausdruck gebracht haben.