Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Zu dem baulichen Zustand. Auch hierauf wurde schon in allen vorangegangenen Redebeiträgen eingegangen.

Die Raumkapazitäten werden sich durch den Neubau in Burg-Madel, wo im Rahmen eines PPP-Modells 650 Haftplätze entstehen werden, entschieden verbessern. Die Fertigstellung dieses Bauvorhabens stellt aus meiner Sicht einen Schlüssel zur Problemlösung dar, wenngleich sicherlich nicht abschließend.

Nach jahrelangen berechtigten Forderungen nach einer Verbesserung der baulichen Situation werden wir ab dem Jahr 2009 einen Meilenstein bewältigt haben. Die 650 Plätze sind jedoch nicht als zusätzliche Kapazitäten zu sehen. Vielmehr sollen in der Folge die Altbauten reduziert werden. Das heißt, es stehen Teilschließungen von Standorten zur Diskussion. Diesen Fakt muss man einfach realistisch sehen; denn die enormen Investitionsstaus, die erhebliche Beträge verschlingen würden, können nicht abgebaut werden. Das, meine Damen und Herren, nenne ich politisch verantwortliches Handeln.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Gleichzeitig plädiere ich dafür, diesen Prozess transparent zu gestalten und Entscheidungen auf den Weg zu bringen; denn die Sorge der Beschäftigten bezüglich der Diskussion über die Standortfragen und auch über die persönliche Arbeitsplatzsituation kann ich gut nachvollziehen. Die Forderung nach Klarheit ist durchaus berechtigt.

Mit diesem Neubau kann man auch den Grundsatz der Einzelunterbringung für möglichst viele Inhaftierte realisieren. Die Menschenwürde erfordert die Einzelunterbringung, aber - darauf wurde schon mehrfach hingewiesen - nur dort, wo sie gewünscht ist. Einerseits gibt es einen rechtlichen Anspruch, andererseits gibt es auch einzelne Gefangene, die nach einer Mehrfachunterbringung fragen. Dies ist aus persönlichen Gesprächen bekannt, die ich während meiner vorherigen Tätigkeit geführt habe. Soweit die Geeignetheit gegeben ist, sollte man diesem Wunsch entsprechen. Man kann diese Situation auch sehr gut vertreten.

Zum Thema der Personalangelegenheiten möchte ich Folgendes ausführen. Die Vollzugs- und Fachdienste sind das Rückgrat einer jeden JVA. Die uniformierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht nur in Ordnungs- und Sicherheitsbereichen tätig, sondern sie sind auch in die Behandlungsaufgaben der Anstalten involviert. Für eine Intensivierung des Behandlungsvollzugs muss ausreichendes Fach- und Betreuungspersonal vorhanden sein.

Die Justizvollzugslandschaft wird Veränderungen ausgesetzt sein. Beamtenbeförderung, Einstellungskorridor und Personalentwicklungskonzept sind allgegenwärtige Begriffe, über die fachlich diskutiert wird. Die Problemlagen liegen auf der Hand. Es wurde bereits darauf verwiesen, dass vor allem im Bereich des mittleren Dienstes eine Förderung benötigt wird. Ich möchte dennoch sagen, dass das Personalentwicklungskonzept nicht das Allheilmittel sein wird. Aber es gibt eine gewisse Planungssicherheit.

Es muss allen klar sein, dass diese personalpolitischen Entscheidungen im Kontext der Mindeststandards im Haftbereich zu sehen sind; denn die Sicherheitsbelange können nicht losgelöst vom gesetzlichen Auftrag eines Behandlungsvollzugs betrachtet werden. Es zeigt sich erst in der täglichen Arbeit, im Schichtdienst mit den Strafgefangenen auf den einzelnen Stationen, ob dem Anspruch eines Behandlungsvollzugs entsprochen wird; denn oftmals agieren diese Mitarbeiter vorbereitend und

flankierend zu den Fachdiensten. Es geht also nicht nur um das Verwahren. Deshalb sage ich noch einmal, dass vor allem der mittlere Dienst der Förderung bedarf.

Erwähnt sei an dieser Stelle, dass sich der Ausschuss für Recht und Verfassung demnächst ausführlich mit dem Untersuchungsbericht des Europarates in Straßburg sowie mit dem Abschlussbericht der SchlüterKommission zur Überprüfung der Sicherheits- und Kommunikationsstrukturen in den JVA beschäftigen wird.

Zum Part der Resozialisierung. Dabei geht es um die soziale Eingliederung des Täters. Zur Verhinderung von Rückfällen muss ein durchgängiges Leitmotiv des Strafvollzugs angesagt sein. Die Idee einer humanitären Kriminalpolitik gründet bekanntlich darauf, dass den bekannten Mängeln im Vollzugssystem eine Perspektive sozialer Integration entgegengehalten wird. Das heißt, vom ersten Tag der Inhaftierung an muss durch eine individuelle Vollzugsplanung unter Berücksichtigung der vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen darauf hingewirkt werden, dass mit dem Tag der Haftentlassung kein Abbruch der Resozialisierungsarbeit entsteht. Die Nachsorge ist in diesem Bereich ebenfalls sehr wichtig. Die Schnittstellen müssen gut vernetzt werden, um ein Leben ohne weitere Straftaten führen zu können. Dies ist der beste Schutz der Bevölkerung.

Die durchgängige Betreuung und die über das bisherige Maß hinausgehende Arbeit der freien Träger ist nicht zum Nulltarif zu haben. Ich verweise an dieser Stelle noch einmal auf die Koalitionsaussage, nach der das Netz von Beratungsstellen der Gefangenen- und Haftentlassenenfürsorge stabilisiert und ausgebaut werden soll. Es ist also wichtig, auch im Nahraum der Haftentlassenen ein bestimmtes Netz vorzuhalten; denn das Risiko für Rückfälle ist zu minimieren. Deshalb müssen also gute Angebote vorhanden sein.

Eine große Reserve sehe ich im Bereich des offenen Vollzugs. Hier wurden schon viele Sachen angesprochen. Vollzugslockerungen sind auch längerfristige Behandlungsmaßnahmen zur Resozialisierung, die nicht nur auf die letzten Monate der Haftzeit zu beschränken sind. Es kommt also auch darauf an, wie man diesen Prozess inhaltlich umsetzt. Es ist festzustellen, dass wir es mit multiplen Problemlagen bei den Probanden zu tun haben und deshalb gut vernetzte Wiedereingliederungshilfen anbieten müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, justizpolitisch müssen wir den Auftrag so für uns annehmen, dass die Strafe neben der angemessenen Reaktion auf Normverletzungen als eine Chance zur Behandlung verstanden wird. Dies ist auch im Sinne der Opfer, die in Bezug auf den Strafvollzug eine berechtigte Forderung aufmachen. Es ist unser gesellschaftlicher Auftrag, diese beiden Aspekte zu koppeln.

Ich finde es, wie gesagt, auch sehr gut, dass wir diese Sachen in diesem Rahmen ausdiskutieren und die Aufträge dann auch in den entsprechenden Ausschuss mitnehmen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Reinecke. - Für das Schlusswort erteile ich noch einmal der Abgeordneten Frau Knöfler für die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion ganz herzlich für die inhaltsreiche Debatte bedanken. Wir haben deutlich sehen können, welches Paket an Arbeit geschnürt wurde.

Herr Wolpert, Sie haben hier etwas liegen lassen. Das ist Ihr Parteiabzeichen. Ich brauche das nicht.

(Heiterkeit bei der FDP - Zuruf von Herrn Franke, FDP)

Herr Sturm, Sie brachten zwei Justizvollzugsanstalten in die Debatte ein. Sie sprachen von den Anstalten in Magdeburg und in Volkstedt. Ich sage: Naumburg. Wir sollten mit dem Thema der Schließung von JVA zurzeit sehr sensibel umgehen, weil wir wissen, wie sehr unsere Justizvollzugsanstalten bezüglich der Haftplatzkapazität überlastet sind. Wenn wir von Schließungen sprechen, reden wir nicht nur über die Schließung einer JVA; denn in dieser Einrichtung ist auch Personal tätig. Möglicherweise sollte das ein Thema im Ausschuss für Recht und Verfassung sein. Ich würde mit dem Thema der Schließung von JVA, wie gesagt, sehr sorgsam umgehen.

Vielen Dank auch an die Frau Ministerin für ihre präzisen Ausführungen und Ergänzungen. Dies hat deutlich gemacht, welcher Komplex an Aufgaben eigentlich hinter dem Justizvollzug steckt.

Gleichwohl bitte ich darum, noch einen Aspekt zu berücksichtigen. Wir stellen immer fest und sagen, die demografische Entwicklung lässt darauf schließen, dass wir möglicherweise in absehbarer Zeit weniger Straftäter haben werden. Ich gehe davon aus, dass sich die Täterstruktur hin zu Langzeitinhaftierten verändert hat. Die JVA in Burg trägt dem mit der Einrichtung von 30 Haftplätzen für die Sicherungsverwahrung schon Rechnung.

Ein bisschen Sorge treibt mich um, wenn ich daran denke, dass die im Frauenvollzug einsitzenden 90 Frauen im Rahmen eines mitteldeutschen Projektes in Chemnitz untergebracht werden sollen, weil Wohnortnähe auch eine Rolle spielt. Die eine oder andere im Justizvollzug einsitzende Frau hat nach wie vor Kontakt zu ihrer Familie. Deshalb könnte es zu Problemen kommen. Man muss darüber aber noch einmal diskutieren und diesen Aspekt unbedingt berücksichtigen.

(Herr Tullner, CDU: Das machen die großen Flä- chenländer im Westen genauso!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch jemanden zitieren, an den wir uns alle noch erinnern. Es handelt sich um Herrn Remmers, einen Ihrer Amtsvorgänger. Er sagte, gerade im Justizvollzug solle man eines nicht tun: Man solle sich nicht um den Erfolg sparen.

Justizvollzug kostet Geld. Aber, sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen auch eines berücksichtigen, was in Sachsen-Anhalt in der letzten Zeit sehr deutlich geworden ist: In der JVA sitzen rechtskräftig verurteilte Gefangene. Sie sitzen hinter Gittern. Eines Tages, sehr geehrte Damen und Herren, haben sie ihre Strafe abgesessen. Je nachdem, wie intensiv mit ihnen im Strafvollzug gearbeitet wurde, werden sie wieder als freie Menschen aus der jeweiligen JVA entlassen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Knöfler. - Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Großen Anfrage. Der Tagesordnungspunkt 1 ist damit abgeschlossen.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, darf ich wiederum Gäste begrüßen. Es handelt sich um Gäste der Landeszentrale für politische Bildung sowie um Teilnehmerinnen am Girls-Day vom Bildungszentrum für Beruf und Wirtschaft Wittenberg. Herzlich willkommen auf der Südtribüne!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde - Drs. 5/648

Entsprechend unserer Geschäftsordnung findet monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen sechs Fragen vor.

Ich rufe Frage 1 auf. Die Fragestellerin ist die Abgeordnete Frau Nadine Hampel. Es geht um Aus- und Weiterbildung im Bereich Waldpädagogik. Die Antwort wird für die Landesregierung Frau Ministerin Petra Wernicke geben. Bitte schön, Frau Hampel.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung im Bereich Waldpädagogik bzw. der waldbezogenen Umweltbildung stehen den Mitarbeitern im Forstbereich, in Großschutzgebieten und in Kindertagesstätten in Sachsen-Anhalt zur Verfügung?

2. Plant die Landesregierung die Einführung eines landesweiten Waldpädagogikzertifikates zur Förderung der waldbezogenen Umweltbildung in Sachsen-Anhalt?

Herzlichen Dank. - Nun erteile ich der Frau Ministerin das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Abgeordneten Nadine Hampel beantworte ich wie folgt.

Zu 1: Im Zuge der Forststrukturreform wurde die Aufgabe der Waldpädagogik dem Landesbetrieb für Privatwaldbetreuung und Forstservice übertragen. Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe, die im Waldgesetz für das Land Sachsen-Anhalt dem Grunde, aber nicht dem Umfang nach gesetzlich geregelt ist.

Die Stellenausstattung für diese Aufgabe entspricht in Anzahl und Wertigkeit den Leistungsangeboten der Forstverwaltung im Bereich Waldpädagogik, die vor dem In-Kraft-Treten der Forststrukturreform am 1. Januar 2006 bestanden.

Das Angebot von Zertifizierungslehrgängen ausschließlich an das eigene mit Waldpädagogik näher befasste Personal des LPF dient allein der Qualitätssicherung

dieses Aufgabenfeldes innerhalb der Forstverwaltung. Vor diesem Hintergrund führt der LPF derzeit als interne Maßnahme eine Ausbildung zum zertifizierten Waldpädagogen durch, an der 68 Mitarbeiter des LPF teilnehmen.

Zu 2: Eine Öffnung der Zertifizierungslehrgänge zum Waldpädagogen des LPF für Dritte ist nicht vorgesehen. Das würde Verpflichtungen nach sich ziehen und ein neues Aufgabenfeld entstehen lassen. Dem steht der Ausschluss jeglichen Aufgabenzuwachses und zusätzlichen Personalbedarfs im LPF entgegen.

Außerhalb der Forstverwaltung sind Zertifizierungslehrgänge vom Land Sachsen-Anhalt nicht geplant. Damit erübrigt sich auch die Einführung eines landesweiten Zertifikats für Waldpädagogen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank für die Beantwortung.

Ich rufe Frage 2 auf. Fragestellerin ist die Abgeordnete Frau Rita Mittendorf, SPD. Es geht um das Raumordnungsverfahren für den Gesteinsabbau Schackensleben. Die Antwort wird Minister Herr Daehre geben. Bitte schön, Frau Mittendorf.

In einem Zwischenbescheid des Petitionsausschusses zur Petition Nr. 5-W/039 - Raumordnungsverfahren Hartgesteintagebau Schackensleben/Rottmersleben - informiert die Landesregierung über die Rechts- und Sachproblematik.