Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 25. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der fünften Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, die Abgeordneten, und unsere Gäste sehr herzlich begrüßen.
Meine Damen und Herren! Seit der letzten Sitzung des Landtages hat es eine Mandatsveränderung gegeben. Der Abgeordnete Herr Dirk Schatz von der CDU-Fraktion hat gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 des Wahlgesetzes wegen seiner Wahl zum Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz den Verzicht auf sein Abgeordnetenmandat erklärt. Der Landeswahlleiter hat mir mit Schreiben vom 27. Juli 2007 mitgeteilt, dass der Sitz auf Herrn Professor Dr. Wolfgang Böhmer von der CDU-Fraktion übergegangen ist. Herr Professor Dr. Böhmer hat die Wahl angenommen.
Herr Professor Dr. Böhmer, wir begrüßen Sie in diesem Hause ganz herzlich als Mitglied des Landtages.
Für die 14. Sitzungsperiode des Landtages liegen mir folgende Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung vor:
Ministerpräsident Herr Professor Dr. Böhmer entschuldigt sich wegen seiner Teilnahme an der Klausurtagung zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in Berlin für den heutigen Tag ab 12 Uhr und für den 14. September 2007 ganztägig.
Ministerin Frau Dr. Kuppe nimmt an der Verbraucherschutzministerkonferenz in Baden-Baden teil und lässt sich deshalb für den heutigen Sitzungstag ganztägig entschuldigen.
Minister Herr Professor Dr. Olbertz bittet seine Abwesenheit am heutigen Tag ab 17 Uhr zu entschuldigen. Er gibt zurzeit einen Empfang für die Teilnehmer der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft deutscher Schlösserverwaltungen im Gartenreich Dessau-Wörlitz.
Des Weiteren wird Minister Herr Dr. Daehre am 14. September 2007 an dem in Dessau stattfindenden internationalen Kongress der IBA „Stadtumbau 2010“ teilnehmen und aus diesem Grunde gegen 12 Uhr unser Haus verlassen.
Minister Herr Dr. Haseloff wird am morgigen Tag nicht an der Sitzung teilnehmen, da an diesem Tag die Hochzeit seines Sohnes stattfindet. Ich glaube, diesen Grund kann man akzeptieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nunmehr kommen wir zur Tagesordnung. Die Tagesordnung der 14. Sitzungsperiode liegt Ihnen allen vor.
In der Sitzung des Ältestenrates haben die Fraktionen bereits einen gemeinsamen Antrag zu dem Tagesordnungsordnungspunkt 1 b - Besetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses - angekündigt. Dieser liegt Ihnen nunmehr in der Drs. 5/875 vor.
Im Ältestenrat wurde des Weiteren vereinbart, den Tagesordnungspunkt 3 - Aktuelle Debatte - auf Freitag zu verlegen und am morgigen Tag als ersten Tagesordnungspunkt zu behandeln.
Die Fraktion der FDP hat fristgemäß einen weiteren Antrag zur Aktuellen Debatte eingereicht. Der Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Zukunft der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil“ - er liegt Ihnen in der Drs. 5/870 vor - wird am morgigen Tag als Tagesordnungspunkt 3 b behandelt.
Meine Damen und Herren! Mir ist ferner signalisiert worden, dass es zwischen den Fraktionen eine Absprache dahin gehend gibt, den von der Fraktion der FDP vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der Drs. 5/734 zusätzlich auf die Tagesordnung zu setzen.
Der Landtag hat diesen Gesetzentwurf in der 23. Sitzung am 12. Juni 2007 in der ersten Lesung behandelt. Eine Ausschussüberweisung kam - aus welchen Gründen auch immer - nicht zustande. Nunmehr ist die zweite Beratung des Gesetzentwurfs durchzuführen. Wenn Einverständnis darüber besteht, wird dieser Gesetzentwurf als Tagesordnungspunkt 21 eingeordnet und nach dem Tagesordnungspunkt 2 behandelt.
Des Weiteren wurde mir signalisiert, dass es eine Übereinkunft darüber gibt, die Tagesordnungspunkte 11 und 13 jeweils ohne Debatte zu behandeln sowie den Tagesordnungspunkt 5 zurückzustellen. Dazu wird es sicherlich eine Wortmeldung geben. - So viel zur Tagesordnung. - Herr Gürth, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, wir möchten den Tagesordnungspunkt 5 - Zukunftsstiftungsgesetz - von der Tagesordnung für diese Sitzungsperiode absetzen - dazu gibt es noch Beratungsbedarf - und ihn im Rahmen einer späteren Landtagssitzung beraten.
Ich lasse darüber abstimmen. Wer für die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe bei allen Fraktionen Zustimmung. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt worden.
Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Damit ist das die Geschäftsgrundlage für den heutigen und den morgigen Tag und wir können in die Tagesordnung einsteigen.
a) Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen (Minderheitsantrag)
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor wir in die Beratung einsteigen, noch einige Bemerkungen machen. Dem Hohen Haus liegt der Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor. Gemäß § 54 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt hat der Landtag das Recht und auf Antrag von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Landtages die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Diese Regelung entspricht auch der Bestimmung des § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen.
Meine Damen und Herren! Ein Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses muss von einem Viertel der Mitglieder des Landtages gestellt werden, um den Landtag zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu verpflichten.
Bei 97 Abgeordneten - so viele sind wir - sind das somit 25 Antragsteller. Den Antrag in der Drs. 5/849 haben 26 Mitglieder des Landtages unterzeichnet. Somit hat der Landtag die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Gemäß § 5 Abs. 1 des Untersuchungsausschussgesetzes bestätigt der Landtag zugleich mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Vorsitzenden und dessen Vertreter sowie die weiteren von den Fraktionen benannten Mitglieder und deren Stellvertreter. Die Besetzung liegt Ihnen in der Drs. 5/875 vor.
Im Ältestenrat wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart. Die Fraktionen werden in der Debatte in folgender Reihenfolge aufgerufen: CDU, FDP, SPD und DIE LINKE.
Nun erteile ich der Abgeordneten Frau Tiedge von der antragstellenden Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön, Frau Tiedge.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst Folgendes ausdrücklich voranstellen: Die Beantragung dieses parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der Vorgänge mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund im Verantwortungsbereich der Polizei untersuchen und Verantwortlichkeiten klären soll, bedeutet in keiner Weise eine Pauschalverurteilung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Sachsen-Anhalt.
Wir alle wissen um die schwierigen Aufgaben, welche die Polizei unseres Landes tagtäglich zu bewerkstelligen hat. Dies geschieht unter oftmals nicht einfachen Arbeitsbedingungen bei aus unserer Sicht nicht angemessener Bezahlung, bei einem Übermaß an zu erledigen
den Verwaltungsaufgaben und vor dem Hintergrund einer ungenügenden Beförderungsstruktur sowie - auch das darf nicht unerwähnt bleiben - unter ständigen strukturellen Veränderungen im Bereich der Polizei. Das sollte gerade an dieser Stelle so klar benannt und gewürdigt werden.
Trotzdem oder gerade deswegen ist dieser parlamentarische Untersuchungsausschuss notwendig. Polizeibeamte und -beamtinnen stehen wie kaum eine andere Berufsgruppe im öffentlichen Fokus. Jedem Anschein, jedem Verdacht oder jedem Hinweis darauf, dass es Verantwortliche oder Bedienstete im unmittelbaren Bereich der Polizei oder auch im Innenministerium selbst gibt, die - aus welchen Gründen auch immer - rechtsextremistischen, ausländerfeindlichen oder antisemitischen Tendenzen, Handlungen und Straftaten nicht mit aller Entschiedenheit begegnen und entgegentreten, muss nachgegangen werden. Diese Vorwürfe müssen ausgeräumt werden bzw. derartige Taten müssen geahndet werden.
Es darf auch nicht ansatzweise der Eindruck entstehen, dass es Polizeibeamtinnen und -beamte geben könnte, die auf dem rechten Auge blind sind. Das hätte unweigerlich zur Folge, dass der Rechtsextremismus und damit rechtsextremistisches Gedankengut auf diesem Wege gesellschaftsfähig gemacht würden.
Nun wurde meiner Fraktion im Vorfeld immer wieder entgegengehalten, die Vorfälle in den einzelnen Polizeidienststellen bzw. -direktionen seien im Innenausschuss umfassend und ausreichend erörtert und geklärt worden, sodass es keinen weiteren Untersuchungsbedarf gebe. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei somit überflüssig - eine kurze Bemerkung am Rande: zumindest der Kollege Stahlknecht hat das wohl einmal kurzzeitig anders gesehen -; aber gerade das ist eben nicht der Fall gewesen.
Über keinen der Fälle, die auf unseren Antrag hin im Rahmen der Selbstbefassung in den jeweiligen Sitzungen des Innenausschusses behandelt worden sind, wurden wir als Abgeordnete hinreichend informiert. Es blieben immer Defizite. Die uns vorgelegten Berichte und Untersuchungsergebnisse widersprachen zum Teil dem uns durch die Medien vermittelten Erkenntnisstand.
Ein weitaus größeres Problem stellte für die Mitglieder des Innenausschusses jedoch die Tatsache dar, dass sie mit den Betroffenen selbst nicht ins Gespräch kommen konnten. So wurde den drei Beamten aus dem Fachkommissariat 4 - Staatsschutz - der ehemaligen Polizeidirektion Dessau absolutes Redeverbot erteilt. Wir halten das für einen eklatanten Eingriff in unsere parlamentarischen Rechte.
Eine Landesregierung, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, im Kampf gegen den Rechtsextremismus eben nicht nur hinzugucken, sondern auch wirklich aktiv zu werden, muss doch selbst ein Interesse daran haben, die Vorfälle uneingeschränkt aufzuklären, und kann nicht daran interessiert sein, abzuwiegeln und zu verschleiern. Aber genau diesen Eindruck mussten wir aufgrund einer verkürzten Darstellung und einer nicht immer zufriedenstellenden Berichterstattung und Aufklärung in den Ausschusssitzungen gewinnen.
Nun bleibt uns nur die stärkste parlamentarische Waffe, das schärfste Schwert der Opposition: der parlamentarische Untersuchungsausschuss. Das sind wir den Opfern rechter Gewalt schuldig, aber auch den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in diesem Land.
Wir haben uns in dem Antrag insbesondere auf sechs Fälle bezogen, wohl wissend, dass es eine Reihe von weiteren Sachverhalten gibt, die es wert gewesen wären, untersucht zu werden. Aber eine weitere Ausdehnung hielten wir zunächst für nicht zielführend, da wir davon ausgehen, dass die dann vorliegenden Erkenntnisse und Ergebnisse des Untersuchungsausschusses auch für ähnlich gelagerte Vorfälle herangezogen werden können.
Unbenommen bleibt uns als Antragsteller aber die Möglichkeit, den Untersuchungsauftrag in einzelnen Sachverhalten zu erweitern, sollten es weitere Vorfälle, die einer Aufklärung bedürfen, erfordern. Ich erinnere hierbei an einen im „Tagesspiegel“ am gestrigen Tage veröffentlichten Artikel, in dem von Schießübungen Rechtsradikaler in einem Wittenberger Ortsteil im April 2007 berichtet wird. Doch dazu sage ich später noch etwas.