Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass die geforderte Verschiebung der Bemessungsgrundlage von 80 % auf 100 % in der Sache durchaus zu begrüßen ist, dass wir jedoch bisher kein rechtlich einwandfreies Instrumentarium gefunden haben, um die sich daraus ergebende Benachteiligung der Städte und Gemeinden - im kreis

angehörigen Raum geht dies immerhin mit einer Umverteilungsmasse im Umfang von rund 160 Millionen € einher - durch eine adäquate Absenkung der Kreisumlagehebesätze auszugleichen.

Sie wissen, die Kreisumlagehebesätze werden im Wege des kommunalen Selbstverwaltungsrechts von den Kreistagen selbst beschlossen und unterliegen der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht. Es ist uns bisher nicht gelungen, hierfür eine Regelung zu finden, mit der wir dieses ausgleichen können. Deshalb wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Umstellung von 80 % auf 100 % der Bemessungsgrundlage für die Kreisumlage nicht empfohlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrtes Hohes Haus! Gestatten Sie mir abschließend, eine Bitte an Sie zu richten. Ich bitte Sie, auch wenn das Wort heute bereits häufiger gefallen ist, eine zügige Beratung in den Ausschüssen vorzunehmen und eine Entscheidung im Landtag zeitnah herbeizuführen. Das Gesetz muss zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten sein, wenn es wirken soll. Die Änderung zu § 6 wäre anderenfalls als eine unzulässige Rückwirkung zu betrachten. - Vielen Dank

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. Sie haben sich mit Ihrer angeschlagenen Stimme wacker durchgekämpft. - Wir treten in die Debatte der Fraktionen ein. Als erster Debattenredner wird Herr Kosmehl von der FDP-Fraktion sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute liegt nun der erste Schritt zur Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes vor, den die Koalitionsfraktionen im Koalitionsvertrag aufgezeigt haben. Ich glaube, dieser Schritt ist rechtzeitig geschehen. Ich glaube, man wird die Gesamtnovellierung des Finanzausgleichsgesetzes erst abschließend beurteilen können, wenn auch der zweite Teil, also die aufgabenspezifische Finanzzuweisung, tatsächlich vorliegt.

Daran, dass das gelingen wird, habe ich meine Zweifel; denn das ist in der Tat eine schwierige Aufgabe, die das Innenministerium im Rahmen des Koalitionsvertrages aufgebürdet bekommen hat. Aber wir lassen uns gern überraschen.

Allerdings bietet dieser Entwurf auch Anlass dafür, die Gesamtsituation kritisch zu analysieren. Im Vordergrund steht zunächst - das will ich positiv herausheben - die Stärkung der zentralen Orte. Es ist richtig, dass wir auf die zentralen Orte mehr Gewicht legen sollten.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Ich denke, dies ist auch im Hinblick auf die Höhe mit Augenmaß gemacht worden. Allerdings vermisse ich - der für Landesentwicklung zuständige Minister ist gerade nicht im Raum - die Diskussion im Zusammenhang mit der zukünftigen Struktur in unserem Land. Wie viele Grundzentren und wie viele Mittelzentren haben wir denn zukünftig? Dies zu wissen ist wichtig, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele von der Stärkung dieser Funktion profitieren werden.

Ich weiß, dass man die Stärkung einer Funktion nicht nur an der Anzahl festmachen soll. Aber ich glaube, es

gehört auch in die Diskussion hinein, dass wir uns möglichst zeitnah auch mit der Weiterentwicklung des Landesentwicklungsplanes beschäftigen, damit dieser Punkt nicht aus dem Blick gerät.

Es stellt sich natürlich auch die Frage - das werden Sie jemandem, der nicht aus einem der drei Oberzentren kommt, nachsehen - nach der Binnenverteilung innerhalb der kommunalen Familie. Das ist eine ganz schwierige Aufgabe; denn die Decke ist zu klein. Egal an welcher Ecke man zieht, irgendjemand friert immer. In dieser Art wird auch die Diskussion geführt. Dabei stehen die kreisangehörigen Gemeinden den Landkreisen gegenüber. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode erlebt, als wir das in zwei Schritten abgesenkt haben.

Jetzt betrifft es die kreisfreien Städte, die beim letzten Mal etwas außen vor waren. Dann verbünden sich vielleicht Landkreise und kreisangehörige Gemeinden. Wir müssen mit Augenmaß handeln.

Herr Minister, der Versuch, mit den 14 000 Einwohnern, die aus der Fläche in ein Oberzentrum gehen, zu begründen, dass die Oberzentren jetzt 1 % mehr bekommen sollen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich glaube, da müssen Sie noch ein bisschen nacharbeiten.

(Zustimmung von Frau Rotzsch, CDU, und von der FDP)

Nichts anderes kann ich einer Presseveröffentlichung in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 1. Oktober 2007 entnehmen, in der es heißt:

„Streit ums Geld auf kleiner Flamme - Thomas Madl dämpft auf CDU-Parteitag hallesche Ziele.“

Es ist also noch gar nicht ausgestanden, ob die Oberzentren tatsächlich 1 % bekommen.

Meine Damen und Herren! Ich bin gespannt darauf, wie wir in dieser Diskussion weiter verfahren. Ich sage ausdrücklich: Die FDP will sich einbringen. Niemand soll versuchen, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Noch einmal: Die Verteilung innerhalb der kommunalen Familie einvernehmlich hinzubekommen ist schwierig. Wir wollen uns gern an dieser Diskussion beteiligen.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir, zusätzlich zu dem einen Prozent, das die Oberzentren dauerhaft mehr bekommen sollen, zur Kenntnis nehmen müssen - das ist positiv -, dass neben den Landkreisen auch die kreisfreien Städte in diesem Jahr Steuermehreinnahmen in Höhe von etwa 20 Millionen € zu verzeichnen haben.

Darüber hinaus hat die Landesregierung entschieden, den drei Oberzentren in diesem Jahr eine Sonderfinanzhilfe in Höhe von 20 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Wir werden im Zuge der Haushaltsberatungen sicherlich noch Gelegenheit haben nachzufragen, inwieweit diese Mittel abgeflossen sind und ob alle Auflagen erfüllt worden sind, an die die Mittel gebunden waren.

Ich meine, die kreisfreien Städte sind bisher ganz gut bedacht worden. Man muss sich das sehr genau ansehen; denn die kreisangehörigen Gemeinden und die Landkreise haben auch Aufgaben zu stemmen, deren Zahl und Umfang nicht geringer geworden ist. Deshalb müssen wir mit sehr viel Augenmaß vorgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde einen Aspekt äußerst bemerkenswert und sehr gut, nämlich die Befristung - so möchte ich das einmal nennen - von § 8. Das setzt Sie, Herr Minister - vorausgesetzt, der

Landtag stimmt der Regelung zu -, durchaus unter Druck, bis 2010 eine neue Regelung vorzulegen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Wir haben jetzt Ende 2007. Bis 2010 sind es zwei Jahre. Da ist noch einiges zu tun.

Ich meine, der Landtag sollte sich diesem Druck durchaus anschließen, damit wir am Ende - jetzt komme ich zum Anfang zurück - mit dem zweiten Teil der Reform, der irgendwann vorgelegt werden muss, ein Finanzausgleichsgesetz haben, das diesen Namen verdient und das einen angemessenen Ausgleich zwischen den Vertretern der kommunalen Familie, die wir alle drei finanziell gestärkt brauchen, ermöglicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kosmehl. - Bevor Herr Kolze für die CDU-Fraktion spricht, können wir Damen und Herren des Vereins der Thälmann-Werker Magdeburg begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Kolze, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kosmehl, wenn es darum geht, die knappen Mittel, die zur Verfügung stehen, zu verteilen, ist immer die Frage zu stellen, wie man das am gerechtesten tut. Man kann sich dabei fragen, ob eine Verteilung nach dem Einwohnerschlüssel in jedem Fall klug ist oder ob man das nicht eher aufgabenbezogen definieren müsste.

Als Dessauer muss ich ganz klar sagen: Wir bekommen pro Einwohner zwar genauso viel Geld wie die Oberzentren Magdeburg und Halle, aber bei adäquater Aufgabenerledigung doch deutlich weniger.

(Herr Tullner, CDU: Weil ihr kleiner seid!)

Daher werden wir im nächsten Jahr, wenn es um die große FAG-Novelle geht, sicherlich darüber zu reden haben.

Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze wollen wir - das ist schon vom Kollegen Kosmehl und vom Innenminister gesagt worden - die Stärkung der zentralen Orte im Land Sachsen-Anhalt erreichen. Dies erfolgt bekanntlich in Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD. Die weitere Novellierung des FAG wird vereinbarungsgemäß später erfolgen. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf soll vorrangig erreicht werden, dass die zentralen Orte im Land eine Stärkung erfahren.

Obwohl Herr Innenminister Hövelmann den Gesetzentwurf bereits ausführlich erläutert hat, möchte ich dennoch kurz auf einige Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes eingehen.

Die Anpassung der allgemeinen Zuweisung und die Erhöhung um einen Prozentpunkt ist unter anderem eine Folge des Zusammenschlusses der Städte Dessau und Roßlau, wodurch die Einwohnerzahl der Gruppe der kreisfreien Städte gestiegen ist und die der kreisangehörigen Gemeinden gesenkt wurde. Gemeinden, die zentralörtliche Funktionen ausüben, sowie Gemeinden, die die Funktion eines Grundzentrums innehaben, bekom

men einen erhöhten Zuschlag bei der Einwohnergewichtung und erfahren dadurch eine Stärkung.

Besonders wichtig erscheint mir die Regelung des § 14 des Gesetzentwurfs: Gemeinden, die sich bis zum 30. Juni 2009, also während der freiwilligen Phase zur Kommunalreform, zu Einheits- oder Verbandsgemeinden zusammenschließen, erhalten eine finanzielle Unterstützung. Einheitsgemeinden bekommen eine einmalige Zuweisung zur Stärkung ihrer Verwaltungs- und Leistungskraft. Jede Gemeinde, die sich neu gründen muss, erhält eine investive Zuweisung in Höhe von 100 000 €. Kreisangehörige Gemeinden, die an der Bildung einer Einheits- oder Verbandsgemeinde beteiligt sind, erhalten eine einmalige ergänzende investive Schlüsselzuweisung zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur, und zwar in Höhe von 20 € je Einwohner, unter Berücksichtigung von maximal 5 000 Einwohnern je Gemeinde.

Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass viele Gemeinden diese Regelung als Ansporn und die freiwillige Phase zum Anlass dafür nehmen werden, um leitbildgerechte Gemeindestrukturen herzustellen.

Der Gesetzentwurf sieht ferner eine Neuerung durch die Einführung des fast überall im Bund anzutreffenden Nettoprinzips bei der Gewerbesteuer vor. Die von den Gemeinden abzuführende Gewerbesteuerumlage wird bei der Berechnung der Steuerkraft berücksichtigt werden. Die Berechnung der Umlagekraft der Landkreise wird den gestiegenen Kreisumlagesätzen angepasst. Die Finanzausgleichsmasse als solche wird durch die Gesetzesänderung nicht verändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bitte von Herrn Hövelmann um eine zügige Behandlung dieses Gesetzentwurfes im Ausschuss kann ich mich nur anschließen. Ich bitte um ihre Zustimmung zur Überweisung dieses Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Kolze. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Grünert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kolze, eine zügige Beratung hätten wir schon haben können, wenn Sie diese Änderungen bereits mit dem Haushaltsbegleitgesetz eingebracht hätten.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP)

Dann wäre das schon vom Tisch gewesen; denn diese Änderungen haben ausdrücklich maßgeblichen Bezug auf den Haushaltsplanentwurf 2008/2009. Man hätte hier eine Änderung aus einem Guss machen können.

Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze erfüllt aus unserer Sicht die damit verbundenen Erwartungen, insbesondere die der kommunalen Familie, an eine grundlegende Strukturreform des kommunalen Finanzausgleichs nicht.

Dies ist umso bedauerlicher - darauf bin ich bereits eingegangen -, als mit dem Haushaltsplanentwurf 2008/2009 wichtige Weichenstellungen seitens der Landesregierung, bezogen auf Artikel 88 unserer Landesverfassung, und unter Beachtung des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichts eine Definition der verfassungsmäßigen Mindestfinanzausstattung der Kommunen hätten vorgenommen werden müssen.

Das ist nicht erfolgt. Das ist bedauerlich. Damit wird eine Chance zur Verbesserung der Aufgabenerfüllung und der Kontinuität der Haushaltsführung leichtfertig vertan und, zumindest aus unserer Sicht, nicht umfassend umgesetzt.