Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Es ging nur um das Ausreisezentrum. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter und sagen, wir wollen auch die Gemeinschaftsunterkunft dort integrieren. Als aber das Zweisäulenprogramm favorisiert wurde, am Entstehen war und es auch schon das Ausreisezentrum Halberstadt gab, hat dieses Blatt Folgendes formuliert - ich zitiere -:

„Die bisher bekannt gewordenen Planungen sehen ein kombiniertes Ein- und Ausreisezentrum vor, um Flüchtlinge erst gar nicht auf den Geschmack des Landes in Deutschland kommen zu lassen.“

Das ist ein Zitat, sehr geehrte Damen und Herren. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit ist die Debatte beendet. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zu den Anträgen in den Drs. 5/944 und 5/965.

Eine Überweisung der Anträge in den Ausschuss wurde nicht beantragt. Wir stimmen also direkt ab, zunächst über den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/944. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die anderen drei Fraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist der Innenminister a. D. Herr Püchel. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag in der Drs. 5/965 ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. - Und die FDP-Fraktion.

(Herr Tullner, CDU: Also!)

Entschuldigung. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Gleiches Abstimmungsverhalten wie zu dem anderen Antrag. - Damit ist der Alternativantrag angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 7.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung

Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements weiterführen

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/950

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/970

Es ist für jeden schon sichtbar, wer die Einbringerin des Antrages der Fraktion der FDP ist. Es ist die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Hintergrund unseres Antrages lässt sich sehr schnell erklären. Der Landtag von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode hat beschlossen, die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen in den verschiedenen Bereichen deutlich zu stärken und zu unterstützen. Es kam damals auf Antrag der Fraktion der PDS und auf Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU dazu, dass sich verschiedene Ausschüsse damit beschäftigt haben und uns dann einen gemeinsamen Antrag vorgetragen haben, mit dem wir ein ganzes Maßnahmenbündel einstimmig beschlossen und die Landesregierung beauftragt haben, auf diesem Gebiet tätig zu werden.

Wir sind uns damals, glaube ich, alle darüber im Klaren gewesen, dass viele von diesen Maßnahmen, die wir in Auftrag gegeben haben, nicht von einem auf den anderen Tag umzusetzen sein würden. Wir wussten alle, dass wir ein wenig Geduld haben müssen.

Deshalb hat es mich gefreut, dass wir Anfang des Jahres - ich glaube, es war am 12. Januar - einen sehr ausführlichen Bericht der Landesregierung zu den Maßnahmen, die bereits umgesetzt worden sind, bekommen haben. Darin ist auf viele Maßnahmen hingewiesen worden, die schon laufen, zum Beispiel Ehrungen von Ehrenamtlichen, aber - das ist mir persönlich besonders wichtig - auch einige Maßnahmen im fiskalischen Bereich.

Unter anderem, so der Bericht, ginge es jetzt auch, dass verstärkt unbare Leistungen für ehrenamtlich Tätige zur Kofinanzierung herangezogen werden. Als Beispiel wurde auf das Kultusministerium verwiesen.

Wir haben dann in den nächsten Monaten bei einer ganzen Reihe von Gesprächen, die wir mit verschiedenen Vereinen und Verbänden geführt hatten, Folgendes mit Erstaunen festgestellt: Im Kultusbereich ist es tatsächlich so, dass dort unbare Leistungen angerechnet werden. In vielen anderen Bereichen wie dem Umweltressort, aber auch im Bereich des Inneren scheint sich nach unserem Beschluss eine Art Wandel im Verwaltungshandeln abzuzeichnen. Man hört dort, dass es jetzt dort deutlich besser ginge.

Ausgerechnet im Bereich des Sozialministeriums hört man aber nicht, es sei gleich geblieben, sondern man hört, es sei schlimmer geworden. Immer wenn man mit Kolleginnen und Kollegen dort spricht, wird die Sorge vorgetragen, dass, wenn demnächst wieder neue Verträge anstünden, die unbaren Leistungen noch weniger angerechnet würden und man tatsächlich große Probleme bekommen würde, überhaupt noch eine Form der Kofinanzierung sicherzustellen. Diese Sorge treibt vor allen Dingen die vielen kleinen Vereine und Verbände um, die, denke ich, zumindest sehr stark auch zur Pluralität des Angebots im Sozialbereich beitragen.

Da wir nicht voreilig etwas Übles schlussfolgern wollten, haben wir eine Kleine Anfrage an das Ministerium für Gesundheit und Soziales geschickt. Darin haben wir ge

fragt, wie es zu diesem Sachverhalt komme. Ich war - ganz ehrlich - etwas erstaunt, dass es in der Antwort auf diese Kleine Anfrage recht lapidar hieß - ich zitiere -:

„Das Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt handelt nicht gegen den angesprochenen Beschluss des Landtages. Nach den zurzeit geltenden Vorschriften des § 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt und den entsprechenden Verwaltungsvorschriften sind Eigenleistungen grundsätzlich nicht als Eigenanteil anrechenbar.“

Ich weise Sie darauf hin, dass wir diesen Sachverhalt vor Augen hatten, als wir die Diskussion hier in der vierten Wahlperiode geführt haben. Wir haben damals schon darauf hingewiesen, dass das Wort „grundsätzlich“ nicht heißt, dass es nicht geht, sondern dass es üblich ist, dass man unbare Leistungen nicht anrechnet, dass man als Verwaltung aber durchaus Ausnahmen zulassen und entsprechend definieren kann - grundsätzlich. Deshalb hat mich diese Antwort sehr gewundert.

Es hätte dem Ministerium bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage eines Oppositionspolitikers durchaus gut zu Gesicht gestanden, sich ordentlich zu informieren und in die Tiefe zu gehen. Diese Mühe hätte man sich schon machen können. Dass das nicht geschehen ist, ärgert mich, aber das können wir in den Beratungen in den Ausschüssen nachholen.

Der andere Punkt, der mich ein bisschen gewundert hat, ist, dass man das offensichtlich gar nicht als Problem empfunden hat. Denn wenn man das im Ministerium als Problem empfunden hätte, hätte man sich bemüht, dieses Problem zu beheben. Nein, das Sozialministerium findet es ganz offensichtlich in Ordnung, dass auf diese Art und Weise einer ganzen Reihe von Vereinen und Verbänden die Luft abgedreht wird.

Ich will jetzt noch nicht den Stab darüber brechen. Deshalb haben wir zunächst diesen Antrag gestellt, dass die Landesregierung in den Ausschüssen über die Umsetzung berichten soll. Ich halte es für erforderlich, dass das die Ausschüsse sind, die sich in der letzten Legislaturperiode fachlich und politisch damit beschäftigt haben.

Deshalb abschließend zum Änderungsantrag der Regierungsfraktionen. Für mich persönlich ist es relativ egal, ob wir den Antrag im Sozialausschuss oder im Finanzausschuss behandeln. Wir können sicherlich auch gern im Finanzausschuss mit den Kollegen des Sozialministeriums darüber reden.

Ich möchte aber angesichts einiger negativer Hinweise von Fachpolitikern gerade bei den Haushaltsberatungen in den letzten Wochen eines sagen: Wenn sich die Fachpolitiker der Regierungsfraktionen immer aus der Verantwortung stehlen und das Ganze auf den Finanzausschuss abwälzen, dann dürfen sie sich anschließend nicht darüber beschweren, dass der Finanzausschuss Dinge beschließt, die eigentlich in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen. Das sollten sie dann auch nicht tun.

Mir ist es egal, ob wir heute den Änderungsantrag beschließen. Aber Sie sollten sich einmal überlegen, ob Sie diese Zuständigkeit so locker aus der Hand geben wollen oder ob wir das nicht doch lieber in den Fachausschüssen lassen, die wirklich auch betroffen sind. Der Finanzausschuss kann auch mit baren Leistungen leben, aber die Fachpolitiker müssen sehen, ob sie die Verbände und Vereine tatsächlich so zerschlagen sehen

wollen, wie sich das im Augenblick abzeichnet, oder ob sie sich doch überlegen sollten, dem Antrag so zuzustimmen, wie wir ihn vorgelegt haben, also zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung in die Fachausschüsse. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Frau Dr. Hüskens, für die Einbringung. - Für die Landesregierung wird Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sachverhalt ist, denke ich, ausreichend dargestellt worden. Das eigentliche Problem hat Frau Hüskens eben deutlich gemacht. Es geht darum, unbare Leistungen zu quantifizieren und dort, wo es um Entgelte, Fördermittel usw. geht, einen bestimmten Wert zu ermitteln, damit sie als bare Leistung gewertet werden. Das ist ein Thema, das insbesondere die Landeshaushaltsordnung berührt. Deshalb ist der Finanzausschuss originär zuständig.

Sehr verehrte Frau Hüskens, Sie hätten die ganze Eröffnungsrede auf einen einzigen Satz reduzieren können, wenn Sie gesagt hätten, die Landesregierung solle einmal darüber berichten, ob dem Finanzminister in der fünften Legislaturperiode das gelingt, was dem Finanzminister der vierte Legislaturperiode nicht gelungen ist.

(Beifall bei der SPD)

Wahrscheinlich ist es ihm auch durch Zeitablauf nicht gelungen. Auf die soeben erwähnte Frage hätte ich sagen können: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es klappen. Aber das ist ein ausgesprochen schwieriges Problem. Deshalb bin ich Ihnen auch dankbar dafür, dass Sie erklärt haben, dass Sie Geduld mit uns haben und dass Sie Verständnis dafür haben, dass nicht alles sofort erledigt werden kann.

Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass wir dem Landtag schon am 27. November 2006 einen immerhin neunseitigen Bericht über die Erfüllung dieser Aufträge zugeleitet haben, in dem genau dieses Problem offen geblieben ist, weil es bis dahin nicht umsetzbar war.

Ich könnte jetzt die Gelegenheit nutzen, Ihnen auch zu berichten, dass wir über das, was in diesem Bericht steht, hinaus auch noch eine ganze Menge Dinge gemacht haben, die nicht unmittelbar abgefordert waren. Sie wissen, dass wir auch in der Koalitionsvereinbarung für die fünfte Legislaturperiode den Ausbau einer Infrastruktur der Helfens im Lande beschlossen haben und dass wir in der Zwischenzeit Freiwilligenagenturen, Ehrenamtsbörsen, Selbsthilfekontaktstellen, eine nutzerfreundliche Bereitstellung von Informationen und eine ganze Menge darüber hinaus aufgebaut haben. Wir haben zusammen mit Ehrenamtlichen ein Engagementportal www.engagiert-in-sachsen-anhalt.de eingerichtet. Wir haben eine Fachtagung „Bürgerschaftliches Engagement in Sachsen-Anhalt“ organisiert und durchgeführt.

Wir sind sehr daran interessiert, auch die Probleme, die noch offen geblieben sind, zu lösen, und werden in diesem Zusammenhang noch eine ganze Menge veranlassen können und dies auch tun. Wir sind dabei, zusätzliche Plätze für die Jugendfreiwilligendienste bereitzu

stellen. Neben dem Freiwilligen Jahr in der Kultur wird es ab 1. Januar 2008 ein Freiwilliges soziales Jahr in der Politik in Sachsen-Anhalt geben. Ich bin selber nicht so genau informiert, was dort geschehen soll, aber ich weiß, dass es in anderen Ländern solche Dinge gibt. Dabei werden wir uns mit Sicherheit einschalten und auch für diese Problematik Angebote machen.

Wir haben den subsidiären Versicherungsschutz organisiert. Das ist ab 1. Januar 2008 möglich. Wir sind - das sage ich bewusst auch von dieser Stelle aus - dankbar für die Zusammenarbeit mit den vielen Ehrenamtlichen, die auch dabei geholfen haben.

Es gab aber einige Wünsche, die einer speziellen Behandlung und Abstimmung mit der Landeshaushaltsordnung und mit dem Zuwendungsrecht bedürfen. Der Wunsch nach einer Verlängerung der Zweimonatsfrist der Mittelverwendung ist etwas, was bereits erfüllt worden ist. Ich darf Sie an den Runderlass des Finanzministers vom 17. Mai 2005 erinnern, in dem ein großer Teil dieser Probleme einschließlich der erweiterten Möglichkeiten der Rücklagenbildung und der pauschalierten Festbetragsfinanzierung bereits geregelt worden ist. Auch die Zulassung eines vereinfachten Verwendungsnachweises ist verbessert worden. Die ursprüngliche Summe von 25 000 € ist auf 50 000 € angehoben worden, sodass mit dem gleichen Erlass wesentliche Erleichterungen eingetreten sind.

Nur das Problem der unbaren Eigenleistungen bleibt. Ich bitte Sie, sich vorzustellen, dass man an dieser Stelle auch Grenzen beachten muss. Es muss eine Quantifizierbarkeit möglich sein. Sie ist nicht in allen Ressortbereichen gleich. Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es in einigen Bereichen bereits in einem begrenzten Umfang möglich ist und akzeptiert und zugelassen wird. Wir sind dabei, erneut einen Runderlass vorzubereiten, der eine Ergänzung zu den Verwaltungsvorschriften des § 44 der Landeshaushaltsverordnung zum Ziel haben muss, damit wir diese Möglichkeiten für andere Ressortbereiche erweitern können.

Was den Sozialbereich angeht, wissen Sie doch genauso gut wie ich, dass wir verhindern müssen, dass ehrenamtliche Tätigkeit, indem wir sie in Bargeld umwerten und umwandeln, Schwarzarbeit wird. Das ist ein Problem, dessen Schwierigkeiten ich kenne und bei dem wir in Gesprächen mit dem Landesrechnungshof, der mitzeichnen muss, noch keine Lösung gefunden haben, die mitzutragen alle Seiten bereit sind.

Ich weiß und kann mit Sicherheit sagen, dass die Gespräche zwischen den Ressorts abgeschlossen sind und dass sich das Finanzministerium zurzeit in abschließenden Gesprächen mit dem Landesrechnungshof befindet, um genau dieses Problem zu lösen. Ich sage voraus, dass es spätestens am Ende des ersten Quartals 2008 einen zweiten Runderlass des Finanzministeriums geben wird, in dem das, was Konsens ist und mit dem Landesrechnungshof abgestimmt werden konnte, auch möglich gemacht werden wird. Das ist unser gemeinsames Ziel.

Nicht unmittelbar zu erfüllen sein wird die damals auch diskutierte Forderung, bereits vor Inkrafttreten des jeweiligen Haushaltsplanes eine Rechtssicherheit für die Fördermittelempfänger zu organisieren, und sei es im Rahmen einer vorläufigen Haushaltsführung. Sie wissen auch, dass das nur begrenzt möglich ist und dass dies gar nicht nötig sein wird, wenn es Ihnen und der Landesregierung gemeinsam gelingt, den Haushaltsplan jeweils

vor Beginn des Haushaltsjahres zu verabschieden. Das haben wir in den meisten Jahren geschafft. Wenn wir das auch weiterhin so durchhalten, brauchen wir keine allzu großen artistischen Verrenkungen zu machen, um mit der Strapazierung der vorläufigen Haushaltsführung diese Möglichkeiten zu organisieren.

Außerdem gibt es auf der Bundesebene ein Gesetz zur weiteren Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, dem der Bundesrat im September dieses Jahres zugestimmt hat und das am 1. Januar 2007 rückwirkend in Kraft gesetzt worden ist. Dies ermöglicht seinerseits eine Reihe von Verbesserungen.

Wenn Sie jetzt die Berichterstattung beschließen, was völlig legitim ist, was wir auch mit Sicherheit machen werden, weil ich weiß, dass die meisten Sachen vorher schon so weit abgestimmt sind, dass man jetzt ein Ergebnis zusagen kann, dann habe ich die herzliche Bitte, es an das Ende des ersten Quartals oder auf den Beginn des zweiten Quartals zu verschieben. Denn nach allem, was mir zugearbeitet worden ist, wird die Richtlinie bis dahin so weit fertig sein, dass sie dann tatsächlich auch erlassen werden kann. Dann sind wir bereit, in all den Ausschüssen zu berichten, die Sie heute beschließen werden.