Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Es stellt sich hierbei immer wieder die Frage: Haben alle die Chance, ein Studium aufzunehmen? Dafür haben wir das Bundesausbildungsförderungsgesetz, welches, glaube ich, durchaus jedem die Möglichkeit eröffnet, an eine Hochschule zu gehen.

Die Erhöhung der Zahl der Studierenden, meine sehr geehrten Damen und Herren, hängt nicht davon ab, ob etwas kostenfrei ist oder ob ich den Zugang erleichtere. Wir hören in der Debatte immer wieder, vielleicht brauche man gar kein Abitur mehr und jeder könne studieren. Nein, es hängt davon ab, welche Möglichkeiten und Chancen den jungen Menschen geboten werden, welche Möglichkeiten sie haben, im Studium ihre Wünsche zu finden.

In diesem Zusammenhang müssen wir viel weiter zurückgehen, in die Schule, und bereits dort auf die Frage nach dem zukünftigen Berufswunsch einwirken, damit es keine Abbrecher und keine Frustration gibt. Dann brauchen wir vielleicht nicht mehr so viele Zweitstudien und diskutieren über Gebühren in diesem Bereich auch nicht mehr in der Art und Weise wie hier, sondern darüber, dass ein Zweitstudium vielfach berufsbegleitend und weiterqualifizierend ist sowie zu höheren Einkommen führt. Damit ist eine Studiengebühr aus unserer Sicht durchaus berechtigt. Sie sollte angesichts der guten Erfahrungen bei uns im Land nicht infrage gestellt werden.

(Beifall bei der FDP)

An dieser Stelle reiht sich auch die Frage nach den Studienverlängerern ein, die dann studiengebührenpflichtig sind. Auch hierzu hört man aus den Hochschulen allenthalben, dass sich dies positiv ausgewirkt hat, dass Kapazitäten für die Studierenden frei wurden, die in der Regelstudienzeit ihre Abschlüsse machen möchten, wobei allerdings im Rahmen der Einführung von Bachelor und Master der Studienprozess noch nicht vollständig so ist, dass - wie es leider gegenwärtig der Fall ist - eine einmal nicht bestandene Prüfung nicht dazu führt, dass vielfach ein ganzes Jahr ausfällt.

In diesem Zusammenhang sind auch die Hochschulen gefordert, die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass ein Studium in der Regelstudienzeit und dazu auch noch - darin stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Lange - ein Engagement im Bereich der Selbstverwaltung an den Hochschulen möglich ist; denn es ist wichtig, dass die jungen Menschen kennen lernen, dass nicht nur die Wissensaneignung, sondern auch der Dienst für die Gesellschaft etwas Wichtiges ist, was unseren zukünftigen Beruf prägen sollte.

In diesem Sinne ist das Thema für diesmal vom Tisch. Aber ich stimme allen Vorrednern zu: Es wird uns wei

terhin begleiten. Unsere Hochschulen sollten auch hierbei unserer Unterstützung sicher sein. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kley. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Tullner.

Frau Präsidentin, ich würde gern auf das Wasser warten. Es ist nämlich alle.

(Unruhe - Zuruf: Die Zeit läuft!)

- Ich bemühe mich, das einzuarbeiten.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den vielen klugen Worten, die eben hier gesprochen worden sind, will ich mich auf einige wenige Punkte konzentrieren, um die Position der CDU-Fraktion deutlich zu machen.

Herr Lange, ich glaube - ich fange gar nicht erst an, mich darüber aufzuregen -, dass wir wieder einmal konstatieren müssen: Uns trennen Welten. Meine These ist: In der Hochschulpolitik sind Sie an irgendeinem Punkt Anfang des 21. Jahrhunderts stehen geblieben; denn die Debatten, die Sie hier anführen, vermag ich draußen nicht zu erkennen. Mir unterstellt man gelegentlich auch die Wahrnehmung von Realitäten, wie sie sind.

Zu Ihren ständigen Wiederholungen, dass die Hochschulen aufgrund von Kürzungen tiefe Einschnitte erfahren habe, sage ich: Ja, sie haben Einschnitte erfahren; sie haben Einschnitte erfahren, weil wir eine Profilierung vorgenommen haben und diese mit dem Forschungs- und Exzellenzprogramm des Landes unterfüttert haben, das in die Diskussionen, die im Bund bei Frau Schavan geführt werden, eingebettet ist. Wir können immer über zu wenig Geld klagen. Das können wir gern machen. Aber ich denke, dass wir, wenn wir einmal den Hochschulbereich, den Schulbereich und auch den Kulturbereich betrachten, auf einem relativ hohen Niveau klagen können, Herr Lange. Das muss ich an dieser Stelle deutlich sagen.

Zu den Studiengebühren. Fangen wir einmal mit den Langzeitstudiengebühren und den Praktikagebühren an. Ja, ein Studium kostet Geld. Ja, wir können heute verlangen, dass sich auch Studierende an diesen Kosten beteiligen.

Wenn Sie die These aufstellen, dass diese Gebühren, die jetzt maßvoll erhoben werden, eine Abschreckung sind, dann frage ich mich, wieso wir hier übervolle Hochschulen haben, die Sie auf der anderen Seite auch wieder beklagen. Sie stellen sich hier hin und erklären, irgendwelche Bewerber würden abgeschreckt werden. Das passt vorn und hinten nicht zusammen und ist überhaupt nicht logisch.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein weiterer Punkt. Ich beneide all diejenigen, die ganz klare Positionen haben. Bei allem Charme und bei aller Verbundenheit mit Frau Mittendorf muss ich sagen: Die klaren Aussagen, die in Stein gemeißelt verkündet werden, müssen dann auch durchgehalten werden. Ich sage Ihnen eines: Die Welt hat sich weitergedreht. Wir haben

in der Mehrzahl der Bundesländer Studiengebühren, gerichtsfest, durchgeklagt. Das ist alles praktikabel.

Und was machen unsere Rektoren, wenn man mit ihnen redet? - Sie klagen doch jetzt schon und sagen: Die Lehrangebote im Westen sind besser; die Attraktivität der Studienplätze ist im Westen höher, weil sie dort Tutorien, bessere Studienbedingungen und bessere Bibliotheksausstattungen haben. Diesen Dingen können wir uns auf Dauer nicht mit der Monstranz unserer ideologischen Grundsätze verschließen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb sage ich: Wir wollen nie Vorreiter sein, aber wir werden uns im Kontext unserer Nachbarn irgendwann zu Entscheidungen durchringen müssen. Darin werden wir uns irgendwann sicherlich alle einig sein, ob wir das nun offen oder hinter vorgehaltener Hand sagen. Die Zeit wird kommen und deswegen sage ich: Maß halten beim Verkünden von ehernen Grundsätzen.

Ein Letztes: Langzeitstudiengebühren. Es ist schön und gut, dass man sagt, die armen Studierenden, die aufgrund verschiedener Bedingungen diese Gebühren nicht zahlen können.

Wir stellen fest, die Einnahmen aus diesen Gebühren haben eine Höhe erreicht, die beachtlich ist. Sie werden zur Verbesserung der Qualität der Lehre in den Hochschulen eingesetzt. Ich kann auch nicht erkennen, dass irgendwelche massiven Abbrecherzahlen dabei festzustellen sind.

An dieser Stelle muss ich eines sagen: Lieber Finanzminister, wir müssen ernsthaft über einen Punkt reden. Nachdem ich erfahren habe, dass man Langzeitstudiengebühren von der Steuer absetzen kann, sage ich: Das geht zu weit. Wir müssen im Steuerrecht, obwohl das kompliziert genug ist, dafür sorgen,

(Unruhe)

dass nicht die Allgemeinheit durch die Hintertür diese Geschichten wieder finanzieren muss. Ich denke, wer über die Regelstudienzeit hinaus studieren will, muss die Kosten dafür auch selbst tragen; sie dürfen nicht der Allgemeinheit auferlegt werden. An dieser Stelle habe ich die herzliche Bitte, dass wir uns darüber verständigen. - Jetzt mache ich Schluss und bitte um Nachfragen.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Nachfrage. Herr Tögel, bitte sehr.

Herr Tullner, Sie haben eben davon gesprochen, dass man die ehernen Grundsätze nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen soll und gegebenenfalls darüber nachdenken sollte, diese zu ändern.

Sehen Sie es auch in Bezug auf die Bildungsstrukturen so, dass man seine ehernen Grundsätze nicht so sehr vor sich hertragen sollte?

Jetzt wäre die Frage: Was meinen Sie mit Bildungsstrukturen?

(Frau Weiß, CDU: Was sollte denn diese doofe Frage?)

Wenn Sie auf den Schulbereich rekurrieren, was ich stark vermute, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass wir das schöne Gremium des Bildungskonvents haben, in dem all diese ideologischen Grundsatzfragen in Ruhe und Gelassenheit vor und zurück diskutiert werden. Ich vertraue auf die Weisheit dieses Gremiums, vernünftige Lösungen hinzubekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Herr Tö- gel, SPD: Das war nicht die Beantwortung meiner Frage! - Frau Weiß, CDU: Die muss man auch nicht beantworten! - Herr Bischoff, SPD: Warum nicht?)

Frau Mittendorf, bitte sehr.

(Unruhe)

Lieber Kollege Tullner, ich bin sicherlich die Letzte, die irgendwelche Monstranzen vor sich herträgt. Das passt zu mir nicht so sehr. Es ist schon richtig, dass es eine grundsätzliche Debatte ist. Aber wir haben einen Koalitionsvertrag geschlossen.

(Herr Stahlknecht, CDU: Den halten wir auch ein! - Unruhe)

Ich will Ihnen nicht unterstellen, dass Sie hier die Kündigung des Koalitionsvertrages langsam ankündigen.

(Zuruf von der CDU)

Ich denke, dass wir den Koalitionsvertrag erfüllen werden. Darin ist eindeutig festgelegt, dass wir bis zum Ende der jetzigen Wahlperiode keine Studiengebühren einführen. Diskutieren kann jeder viel, wenn der Tag lang ist. Es gibt sicherlich die Beobachtungen in anderen Ländern. Aber ich bitte Sie, Herr Tullner, das nicht damit zu vergleichen, dass man Monstranzen vor sich herträgt. Stimmen Sie mir darin zu, dass es, so wie ich es sehe, wohl richtig ist?

(Unruhe)

Liebe Kollegin Mittendorf, liebe Rita!

(Oh! bei der CDU - Herr Stahlknecht, CDU: Ma- deleine-Rita! Wenn schon, denn schon! - Weitere Zurufe von der CDU)

Selbstverständlich ist der Koalitionsvertrag an dieser Stelle für mich so etwas wie eine Monstranz, die ich gern von mir hertrage, zumindest bis 2011.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Aber an dieser Stelle muss ich doch darauf verweisen, dass Kollege Kley den Koalitionsvertrag richtig zitiert hat. Darin steht nämlich: Wir wollen keine Studiengebühren einführen, es sei denn, aus den Hochschulen, vonseiten der Rektoren gibt es andere Signale.