Ich meine, dass es notwendig ist, an dieser Stelle einmal Folgendes zu sagen: Wenn das so ist und andere Bundesländer auf diesem Gebiet hinterherhinken, dann kann man erwarten, dass bestimmte Kosten, die dabei entstehen, zum Beispiel Netzausbaukosten oder Kosten auf der Rechnung jedes Einzelnen, die momentan auf der politischen Landkarte als Kulisse umgelegt werden, bundesweit umgesetzt und bundesweit solidarisiert werden.
Das gilt auch schon für Offshore. Wir haben die Biokraftstoffe. Diesbezüglich muss man erwarten, dass die Bundespolitik verlässlich ist.
Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass die Landesregierung die Initiative zum Kraftstoffbesteuerungsgesetz in den Bundestag eingebracht hat. Ich hoffe, dass der Bundestag das so beschließt und sich der Sache annimmt. Ich weiß, dass viele Bundestagsabgeordnete das genauso sehen. Warten wir einmal ab, ob wir die zweite Stufe der Reform noch einmal zurückgestellt bekommen. Es wäre dringend notwendig.
Der Bund hat aber auch andere Aufgaben, bezüglich deren wir nicht sehr viel tun können. Das betrifft die sozialen Sicherungssysteme. Auch in diesem Fall ist die Landwirtschaft der neuen Bundesländer benachteiligt; denn die Strukturreform der Sozialträger führt dazu, dass wir einen Hauptteil der Einsparvolumina erbringen, weil wir unsere Aufgaben schon gemacht haben. Wir haben einen einheitlichen Träger; wir haben einen Bundesträger. Wir haben das schon getan. Die alten Bundesländer müssen auf diesem Gebiet nachsetzen.
Der Bund hat im Rahmen der Föderalismusreform verschiedene Punkte auf die Länder übertragen. Diesbezüglich sind insbesondere das Grundstückverkehrsgesetz und das Erbgesetz zu nennen. Das ist auch eine Chance für uns. Das sind die Handlungsansätze, die ich für die Zukunft sehe, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe zu erhalten.
Beim Grundstückverkehrsgesetz brauchen wir dringend die Einsetzung der Grundstückverkehrsausschüsse. Wir haben eine Kreisgebietsreform gemacht. Es wäre eine hervorragende Möglichkeit, sie an der Stelle einzusetzen. Das bringt Transparenz und am Ende eine deutlich verbesserte Vermögensverteilung im ländlichen Raum. Auf die Möglichkeiten, die es dort gibt, sollten wir nicht verzichten.
Siedlungsgesellschaften zunimmt. Das ist ein Zeichen dafür, dass mittlerweile mehr Nichtlandwirte in den Grundstücksmarkt einsteigen. Das kann man aber nur dann tun, wenn man über die Grundstückverkehrsausschüsse auch weiß, wo etwas passiert. Vorher ist das nicht möglich.
Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Fragen des Grundstückverkehrs jetzt verwaltungstechnisch überdenken und sie so gestalten, dass wir im Land damit einheitlich umgehen können und auf diesem Gebiet mehr Transparenz bekommen.
Es ist heute schon mehrmals gesagt worden, dass wir, was die Bundesebene angeht, auch über die Gentechnik nachdenken müssen. Ich denke, wir müssen an dieser Stelle umdenken, ohne zu vergessen, was „Bewahrung der Schöpfung“ heißt. Aber wenn es so ist, wie ich es am Anfang gesagt habe, dann können wir nicht so tun, als ob es die Welt um uns herum nicht gäbe oder wir in einem geschlossenen System säßen. Das können wir nicht tun.
Es macht auch keinen Sinn, dass wir darauf verzichten und es bei uns über Importe indirekt in den Nahrungsmittelkreislauf eingeschoben wird. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Potenziale in Sachsen-Anhalt nutzen können. Wir haben hervorragende Forschungseinrichtungen und den größten Teil der Saatgut- und Züchtungsindustrie in unserem Land. Ich denke, darauf können wir nicht verzichten.
„Züchtung und Saatgut“ ist ein gutes Stichwort. Wir haben große Probleme bei der Umsetzung der Nachbauregelung, bei Fragen des Saatgutes und der Züchtung, etwa wie Züchter bezahlt werden.
Züchter werden in Deutschland bezahlt, indem sie Lizenzgebühren bekommen, und zwar nach geltendem Recht auch darüber, dass die Landwirte, die eine bestimmte Sorte anbauen, eine Prämie, eine Nachbaugebühr bezahlen. Diese wird sehr unterschiedlich gehandhabt und unterschiedlich bezahlt. Das System hat sich nicht bewährt.
Wir müssen an diese Sache noch einmal herangehen. Wir müssen ein neues, unbürokratisches System finden, das den Landwirt nicht in seiner Datengrundlage gefährdet, bei dem der Datenschutz gesichert ist, das entbürokratisiert ist und sicherstellt, dass die Züchter einen berechtigten Anspruch auf Entlohnung ihrer Arbeit haben.
Meine Damen und Herren! Wir werden vom Bund noch etwas erwarten müssen, was uns beschäftigen wird. Das ist das Umweltgesetzbuch. Im Bund wird zurzeit ein Gesetzentwurf erstellt. Wir wissen noch nicht genau, was darin steht. Aber der Gesetzentwurf wird mit Sicherheit Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft haben. Ich bin darauf gespannt, wie die Diskussion dazu verläuft.
Meine Damen und Herren! Was können wir auf der Landesebene tun? Wenn wir wissen, dass die Leistung in Sachsen-Anhalt bei etwa 3 000 € pro Hektar und die Leistung in Niedersachsen bei etwa 6 000 € pro Hektar liegt, dann ist damit das Potenzial beschrieben, in dem wir im Bereich der Landwirtschaft noch mehr Wertschöpfung auf der Fläche generieren können. Dieses Potenzial gilt es zu heben. Es ist die Aufgabe der Zukunft, oh
ne dass wir viel Geld in die Hand nehmen müssen. Das ist aus meiner Sicht im Wesentlichen über die Rahmenbedingungen zu organisieren.
Wir können das tun; davon bin ich fest überzeugt. Wir werden nicht mehr Geld haben - das wissen wir alle -, aber wir können die Rahmenbedingungen so verändern, dass das geht.
Das heißt, wir müssen die Veredlung über Planungsmaßnahmen, über Genehmigungsverfahren und letztlich auch über eine Verwertung der Reststoffe stärken. Wir müssen aber auch sehen, ob wir nicht tatsächlich mehr Wertschöpfung über Spezialkulturen bekommen. Deshalb Vorfahrt für Betriebe mit Spezialkulturen, mit Gemüseanbau. Davon haben wir einige.
- Spargel haben wir vielleicht schon genug. Das weiß ich nicht genau. Das wissen die Altmärker besser als ich.
- Ja. Da fehlen dann die Erntehelfer. Das ist auch ein Punkt, der sicherlich dazu gehört, der so organisiert sein muss, dass die Wirtschaft im Land bleibt.
Wir haben in Sachsen-Anhalt die Landwirtschaft ohnehin schon als Cluster organisiert. Sie ist vielleicht das ältestete Cluster, das es gibt, in Sachsen-Anhalt bestimmt. Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt war immer Motor der Wirtschaft, sie war immer Motor der Innovation.
Sie war in diesem Land über viele Jahrhunderte hinweg durch Züchtung, durch Unternehmertum, durch Struktur-, durch Größenvorteile gekennzeichnet.
Jetzt müssen wir das nächste Cluster in die Hand nehmen, nämlich das Cluster der Hochtechnologie und das Cluster Landwirtschaft, Energie, Industrierohstoffe, Spezialprodukte.
Die Ministerin hat vor einigen Tagen zusammen mit dem Wirtschaftsminister einen Förderbescheid - wenn ich es richtig weiß - zur Clusterbildung Ernährungswirtschaft/ Landwirtschaft übergeben. Das genau ist der richtige Ansatz. Eine Vernetzung an dieser Stelle ist sinnvoll. Damit können wir im ländlichen Raum zusätzliches Geld generieren.
Aber auch die Biomasse ist ein Punkt, der hierbei wichtig ist. Ich glaube nicht, dass es einen wirklichen Widerspruch zwischen Bioenergie und landwirtschaftlicher Nahrungsmittelproduktion gibt. Obgleich wir in SachsenAnhalt auch viele Produktionsstätten für Bioenergie haben - ob es Ethanolanlagen, Ölanlagen oder Biogasanlagen sind, spielt jetzt keine Rolle -, so ist es doch so, dass viele dieser Anlagen nicht mit Rohstoffen aus Sachsen-Anhalt, sondern aus der weiteren Umgebung bestückt werden und hier bei uns im Land am Ende Arbeitsplätze und Wirtschaft generiert werden.
Deshalb habe ich kein großes Problem damit. Das ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Die Frage ist nur, ob wir Dinge unterstützen und gegebenenfalls auch fördern wollen, die mit Rohstoffen aus Osteuropa und aus Südamerika ihre Industrie bzw. ihr Werk füttern? Wie weit wollen wir dabei gehen? - Darüber müssen wir uns einmal unterhalten.
Meine Damen und Herren! Ich komme gleich zum Schluss. Ich will aber noch einige Sätze dazu sagen, was wir machen können.
Wir können etwas beim Flächenmanagement tun. Niemand hindert uns daran, die Ausgleichsregelung beim Straßenbau anders zu organisieren, als wir es bislang getan haben.
Ich fordere in diesem Zusammenhang auch die Straßenbauträger auf, insbesondere den Bundesträger, der nach wie vor dazu übergeht, die Ausgleichsmaßnahmen an die Baumaßnahmen zu binden, wovon häufig auch die Grundstandorte unseres Landes betroffen sind. Auf der anderen Seite müssen die Landkreise auch die Möglichkeiten der Ökokonten besser nutzen. Sie müssen das umsetzen, damit wir nicht zu dem Faktor 1 „Straßenfläche“ noch den Faktor 3 „gutes Ackerland“ verlieren. Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, so viel Fläche zu verlieren.
Die Landgesellschaft Hessen hat das untersucht und festgestellt, dass für das Land Hessen - das gilt für Sachsen-Anhalt nicht viel anders - in den nächsten 20 Jahren allein durch heute abgeschlossene Planungsfeststellungsverfahren bzw. Planungen und Pläne im Land etwa 8 % bis 10 % der Landesfläche mit Ausgleichsmaßnahmen versiegelt werden. Das können wir uns nicht leisten.
Für Sachsen-Anhalt wären das etwa 80 000 ha. Das wollen wir nicht. Über das Ökokonto können wir das besser organisieren. Wir müssen einfach weniger Fläche verbrauchen, und das auch unter dem Aspekt der Demografie. Es kann nicht sein, dass wir weniger Menschen werden und mehr Fläche verbrauchen. Das ist doch widersinnig.
Ich denke, an dieser Stelle müssen wir noch einmal darüber nachdenken. Das gilt auch für die Gewerbeflächen, soweit sie tatsächlich wieder auf ehemaligen Gewerbeflächen angesiedelt werden können.
Am Ende glaube ich, dass wir das Instrument der Flurbereinigung an dieser Stelle gut nutzen können. Wir tun das ja hervorragend. Man muss sich aber noch einmal überlegen, ob das Flurbereinigungsgesetz und die Dinge, die dort festgeschrieben sind, tatsächlich dem heutigen Standard - auch dem technischen Standard - angepasst und angemessen sind. Ich glaube, an dieser Stelle könnte man noch etwas tun.
Vor dem Hintergrund, dass wir „Global denken, lokal handeln“ zum Thema haben, kann das Land noch etwas tun. Wir können die Grundlasten für die Fläche verringern. Die Grundlasten sind Grundsteuern, Beiträge zu Unterhaltungsverbänden, Beiträge zur Sozialversicherung, also die Beiträge, die auf der Grundlage der Fläche berechnet werden. Wir könnten sie verringern, indem wir erst einmal die heute bestehenden Grundlasten wieder dort hinbringen, wo sie hingehören. Zum Beispiel heißt die Grundsteuer Grundsteuer und nicht Bewirtschaftungssteuer. Das heißt, auch die Grundsteuer gehört normalerweise direkt zum Eigentümer. Deswegen wäre es wichtig, dass wir die Grundsteuer wieder bei dem Eigentümer erheben, so wie wir das bei der Grundsteuer B auch tun.
Meine Meinung dazu ist, wir können das tun. Wir könnten sie verringern. Schon allein dadurch, dass diejeni
gen, die sie zahlen müssen, und diejenigen, denen das Land gehört, am Ende auch wissen, was auf dem Land geschieht.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich glaube, Sachsen-Anhalt ist gut aufgestellt und fit für die Globalisierung. Wir haben alle Chancen. In einer globalisierten Welt fressen nicht unbedingt die Großen die Kleinen, aber ganz sicher die Schnellen die Langsamen. Wir sind auf dem Weg, schnell zu werden. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam schneller werden und früher aufstehen. - Schönen Dank.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Herr Daldrup. Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Krause. Wollen Sie sie beantworten?
Herr Daldrup, Sie haben eingangs festgestellt, dass Ihnen, als Sie vor 30 Jahren das Feld der Landwirtschaft betraten, auf den Weg gegeben worden ist, dass die Landwirtschaft nicht in der Lage ist, weltweit die Menschheit zu ernähren. Das wurde 30 Jahre vorweggeschoben, aber es trat nicht ein. Würden Sie diese Aussage auch unter dem Anspruch der heutigen Debatte „global denken“ in dem Wissen aufrechterhalten, dass in dieser von Ihnen benannten Zeit Hungersnot und weltweit Hungertod millionenfach gewachsen ist? Wäre es vielleicht nicht angebracht festzustellen, dass mit der heutigen EU-Agrarpolitik, mit der gemeinsamen Agrarpolitik, der internationalen Agrarpolitik und dem Welthandel dieses Problem nicht zu lösen ist?