Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Wir haben am Ende der Legislaturperiode einen Einstellungskorridor von 150 Lehrern und eben nicht von 80 Lehrern. Das reicht trotzdem hinten und vorne nicht aus. Aber ich sage ausdrücklich: Damit haben wir wirklich einen Vertrag, der sich um die Zukunft dieses Landes kümmert. Ich kann nur denjenigen meinen Dank aussprechen, die gegen erheblichen Widerstand - das haben wir gemerkt - auch des Ministerpräsidenten diesen Vertrag realisiert haben.

Wenn Sie, Herr Böhmer, sagen, Sie fühlten sich erpresst, dann sagen wir: Gut, unser Mitleid hält sich in engen Grenzen. Das werden Sie wahrscheinlich nicht anders erwartet haben. Wenn die Landesregierung die Zeichen der Zeit nicht versteht, dann ist es gut, wenn es Ihnen eine Gewerkschaft erklärt. An dieser Stelle hat sie es gut gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben ein anderes Problem. Der Finanzminister hat dazu kurz etwas gesagt. Das ist die Frage der Arbeitsmarktförderung. Hier haben wir ein Problem.

Wir hatten ein großes Imageprojekt dieser Landesregierung, vor allen Dingen dieses Wirtschaftsministers. Das hieß einmal „Bürgerarbeit“; man darf ja noch einmal daran erinnern.

(Minister Herr Dr. Haseloff: Das gibt es immer noch!)

Dafür haben wir in diesem Haushalt ein paar Posten. Das sind Abwicklungsposten. Die Dinge laufen aus.

Dann haben wir auf der Bundesebene das Projekt Kommunal-Kombi. Auch wir sagen ausdrücklich: Jawohl, diese Umbrüche auf der Bundesebene haben für erhebliche Probleme in Sachsen-Anhalt gesorgt. Dass wir heute im Grunde genommen erst einmal vor einem Nichts stehen, liegt auch ein Stück weit an diesen bundespolitischen Rahmenbedingungen.

Ich sage aber ganz deutlich: Andere Länder sind auf diesem Gebiet weiter. Brandenburg hat ein eindeutiges und klares Konzept vorgelegt, wie es mit dieser Situation jetzt umgehen will. Berlin überlegt, ob die vorgesehene Stellenzahl von 10 000 auf 20 000 - unter diesen neuen Bedingungen - aufgestockt werden soll. In SachsenAnhalt stehen wir vor einem großen Rätsel und vor einem großen Nichts.

Wir sagen ausdrücklich: Hier ist ein Imageprojekt in der Versenkung verschwunden und ist durch nichts Neues ersetzt worden. Andere Länder im Osten sind weiter.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Tullner, CDU: Das wollen wir erst einmal sehen!)

Deshalb, so sagen wir ausdrücklich, ist das kritikwürdig.

Man kann auch nicht sagen: Ihr hättet einmal einen Antrag stellen müssen. Gerade in diesem Bereich ist es eben nicht so, dass man das per Gesetz regeln kann. Man müsste schon einmal ein Konzept der Landesregierung haben. Dann kann man einen Antrag stellen und mehr Geld einstellen. Aber wenn die Landesregierung nicht weiß, wie sie es ausgeben soll, nützt das auch nichts.

Wir hoffen sehr, dass die ESF-Mittel, die im Haushaltsplan veranschlagt worden sind, durchaus dazu in der Lage sind, vielleicht noch etwas zu machen. Wenn das nicht geht, dann brauchen wir einen Nachtragshaushalt. Dann muss hier etwas passieren. Ich sage auch noch einmal ganz deutlich, wieso.

Manchmal entsteht in diesem Haus der Eindruck: Wir brauchen das nicht mehr. Wir sind ja alle so Klasse bei der Arbeitsmarktentwicklung. Aber ich sage ausdrücklich: Das sind wir eben nicht. In den letzten zwölf Monaten hat Sachsen-Anhalt einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 1,7 % zu verzeichnen gehabt.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Damit sind wir Schlusslicht im Osten. Alle anderen Bundesländer haben in den letzten zwölf Monaten einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zwischen 2,0 und 2,7 % realisiert. Nur Sachsen-Anhalt bricht hierbei klar ab.

Wir können angesichts solcher Rahmenbedingungen nicht auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik verzichten. Da müssen wir doch weiter vorangehen. Dann müssen wir doch diejenigen sein, die die Initiativen auslösen.

Haben Sie die Statistik nicht gelesen, Herr Tullner? - Das haben Sie nicht.

(Herr Tullner, CDU: Doch!)

- Dann seien Sie doch einmal ehrlich und geben Sie zu, dass ich Recht habe.

(Beifall bei der LINKEN)

Der vorgelegte Haushaltsplan für die Jahre 2008 und 2009 bietet wenig Spektakuläres, nicht einmal etwas tatsächlich Neues, das in diesem Land als Aufbruchsignal verstanden werden kann. Er nimmt die positiven externen Entwicklungsfaktoren bei Wirtschaft und Steuern dankend auf, ohne eigene zu initiieren.

Es ist deshalb ein Haushalt der Stagnation und der verpassten Chancen. Es ist ein Haushalt einer inhaltlich nicht konsistenten und deshalb zerstrittenen Koalition. Das ist der Grund, warum wir ihn ablehnen. - Danke.

(Starker Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Gallert, für Ihren Redebeitrag. - Ich erteile nunmehr für die CDU-Fraktion Herrn Tullner das Wort. Herr Tullner, Sie haben 37 Minuten Redezeit.

Ich gebe mir Mühe, das nicht auszufüllen, Herr Präsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Gallert, ich habe schon geahnt, dass Sie sich Mühe geben werden, hier schwarze Szenarien, Horrorszenarien aufzubauen. Das mag in den eigenen Reihen wohlfeil klingen und auch gelegentlich für Beifall sorgen, aber uns und, wie ich denke, auch die Menschen in diesem Land haben Sie damit nicht überzeugt.

(Beifall bei der CDU)

Zu den einzelnen Punkten komme ich später im Verlauf meiner Rede.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Tag stehen wir finanzpolitisch an einem Wendepunkt, der landespolitisch gesehen durchaus historisch genannt werden darf.

(Oh! bei der FDP)

Der erste Haushaltsplan ohne neue Schulden bietet Anlass, all denen Dank zu sagen, die daran mitgewirkt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich danke der Ausschussvorsitzenden, auch für ihre ambitionierte Rede,

(Oh! bei der LINKEN)

den Kollegen in den Regierungsfraktionen, an der Spitze den Finanzpolitikern, der Landtagsverwaltung, Frau Kahl, der Opposition, den Kollegen aus der Exekutive und nicht zuletzt dem Landesrechnungshof.

Bei Letzterem wird man im Ausschuss gelegentlich mit dem Vorwurf konfrontiert, man würde vom Rechnungshof beatmet werden oder gar zum Sprecher des Rechnungshofes ernannt werden, wie einige Kollegen das manchmal erfahren haben. Ich sage nur eines: Wenn die Kollegen der Exekutive das Parlament weniger als Gegner, sondern als Partner sehen würden, wären solche Freund-Feind-Betrachtungen längst in der Mottenkiste verschwunden.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei der FDP)

Moderne Regierungspolitik folgt kooperativen Ansätzen, die strukturiert und zielorientiert organisiert werden. Diesbezüglich herrscht in den Tiefen der Landesverwaltung durchaus gelegentlich noch Optimierungspotenzial.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Jahr 1990 haben wir unser Land aufgebaut, auch mit Schulden. Das war notwendig und richtig. Der Schuldenberg des Landes hat aber mittlerweile die 20-Milliarden-EuroGrenze überschritten.

Nun kann man getrost über Motivlagen, politische Schwerpunktsetzungen oder auch Verantwortlichkeiten debattieren, am Fakt ändert es nichts. Ebenso wissen wir hinlänglich um unsere demografischen Probleme - Herr Gallert ist darauf schon eingegangen - und auch um die Erwartungshaltungen unserer Bürgerinnen und Bürger an die Problemlösungskompetenz in unserer Verantwortung.

Seit dem Jahr 2002 hat die CDU versucht, die Finanzpolitik neu auszurichten. Wenn auch bis zum Jahr 2006 das Ziel, keine neuen Schulden aufzunehmen, nicht erreicht wurde, mangelnden Sparwillen hat uns niemand unterstellt. Blindengeld, Beamtenbesoldung oder Kinderbetreuung - all diese schmerzlichen Einschnitte haben dazu beigetragen, dass wir heute an dieser Wegmarke stehen können. Ich möchte unserem damaligen Koalitionspartner für diese Arbeit ausdrücklich noch einmal Dank zollen.

Nunmehr gilt es, den Kurs auf neue Ziele auszurichten, Schulden abzubauen und neue Handlungsspielräume zu erschließen - alles vor dem bekannten Hintergrund zurückgehender Einnahmen von der Europäischen Union und vom Bund.

Wir bekennen uns freimütig dazu, dass wir diese Abhängigkeiten überwinden wollen. Wir wollen mehr Eigenverantwortung. Wir wollen auch mehr Kompetenzen. Aber die Startchancen für diese Konstellation sind völlig unklar.

Deshalb gilt es, in die bundespolitischen Debatten mit Augenmaß und Verantwortung auf die Dinge hinzusteuern, die wir erreichen wollen, um zu Ergebnissen zu kommen. Wir hoffen hierbei auf die Föderalismusreform II, wobei das kommende Jahr bekanntlich Klarheit über Schuldenbremsen, Schärfung des Investitionsbegriffes oder auch Entschuldungsszenarien bringen soll.

Doch zurück zum Haushalt. In den Verlautbarungen der Opposition - auch bei Ihnen, Herr Gallert, klang es deutlich an - war in diesen Tagen von „mangelndem Gestaltungswillen“ und „Konzeptlosigkeit“, vielleicht auch von „Langeweile“ zu hören und zu lesen. Dazu kann man nur sagen: Wer geglaubt hat, wir würden angesichts der Steuermehreinnahmen hier einen Budenzauber an Ausgabenprogrammen entfachen, der muss enttäuscht sein. Das mag langweilig aussehen. Wer Koalitionszwist und emotionale Wallungen erleben möchte, der muss in andere Ausschüsse gehen.

Wir werden den Kurs, den wir seit dem Jahr 2002 fahren, stringent fortsetzen. Es ist keine Politik der eingeschlafenen Hand, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber auch keine Politik, die hektische Wellen produziert. Und: Der rote Faden der Regierungspolitik ist haushälterisch deutlich erkennbar, generationengerecht und die Probleme der Zukunft in den Blick nehmend. Generationengerecht, weil er Schluss macht mit der Aufnahme neuer Schulden, zukunftsorientiert, weil er Etatschwerpunkte setzt, indem er Vorfahrt für Bildung und Arbeit ermöglicht.

Meine Damen und Herren! Die Koalition hat in den letzten Wochen in einem guten Klima über diesen Haushalt ziel- und erfolgsorientiert beraten. Das ist, denke ich, der Beleg dafür, dass die Koalition entschlossen und tatkräftig in diesem zentralen Politikfeld agiert. Tote Käfer mögen anderswo betrachtet werden.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Kontext der Entwicklung der neuen Länder stellen wir fest, dass mittlerweile auch die Letzten erkannt haben, dass die Zeit des Schuldenmachens zu Ende geht. Ich denke dabei vor allen Dingen an Berlin.