festhalten, dass sich die Frage, wann eine an sich freiberufliche Tätigkeit durch die Art ihrer konkreten Ausübung einen gewerblichen Charakter erhält, keineswegs schematisch beantworten lässt. Die Beurteilung kann nur anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse jedes einzelnen Falls erfolgen.
In Ihrer weiteren Frage, also Frage 2, erkundigen Sie sich danach, ob zu dieser Problematik eine abgestimmte Position zwischen den von Ihnen genannten Ressorts vorliege. Ich halte eine abgestimmte Position zu dieser Problematik nicht für erforderlich. Die Beantwortung der steuerrechtlichen Frage, ob eine an sich freiberufliche Tätigkeit durch die Art ihrer konkreten Ausübung einen gewerblichen Charakter erhalten kann und somit eine Gewerbesteuerpflicht begründet wird, liegt in dem alleinigen Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums. Es handelt sich insoweit um allgemeine Rechtsgrundsätze, die auf alle freiberuflichen Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind.
Fragen von allgemeiner Bedeutung zur Auslegung des Einkommensteuerrechts als Bundesrecht werden regelmäßig zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beraten, um so einen einheitlichen Gesetzesvollzug sicherzustellen. Hinsichtlich der von mir vorstehend aufgezeigten allgemeinen Rechtsgrundsätze besteht Übereinstimmung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, wie das Ergebnis einer erst kürzlich zu einer vergleichbaren Fallgestaltung erfolgten Abstimmung zeigt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen, und bin froh, dass ich mich in meiner täglichen Arbeit mehr mit dem Haushalt als mit dem Steuerrecht befassen muss.
Herr Minister, es gibt eine Nachfrage von Frau Dr. Hüskens. Die werden Sie sicherlich noch beantworten wollen.
Ich habe eine Frage zur Abstimmung innerhalb der Landesregierung, weil Sie sagten, das betreffe tatsächlich nur das Finanzressort. Dazu habe ich einfach die Frage, ob Sie diese Position so stehen lassen können, wenn man beispielsweise sieht, dass man im Gesundheitsres
sort versucht, um dem Problem der Ärzteversorgung im ländlichen Raum nachzukommen, den Ärzten die Möglichkeit zu geben, andere Ärzte anzustellen. Wenn diese damit sofort in der Gewerbesteuerpflicht liegen, ist das kontraproduktiv.
Das heißt, der eine Teil der Landesregierung versucht, die Ärzte in die eine Richtung zu schieben - etwas Ähnliches haben wir auch bei den Juristen -, dann kommt das Finanzamt und sagt: Es ist wundervoll, dass ihr das gemacht habt; jetzt besteuere ich euch höher. Dann würde das Steuerrecht der Politik, die dieses Land macht, zuwiderlaufen.
Ich weiß ja, wohin Sie wollen. Sie wissen aber auch, wie wir es meinen. Das Finanzministerium wird immer darauf bestehen, die letzte Entscheidung zu fällen. Wenn aber über das Steuerrecht geschaut wird, ob es Steuerungsmöglichkeiten gibt, kann dies nur so geschehen, dass es innerhalb der Landesregierung eine gemeinsame Position gibt.
Sie wissen aber auch, dass es nicht automatisch dazu kommt, dass ein Finanzamt das zu 100 % macht, was politisch entschieden wird. Auch darin unterliegen die Steuerverwaltungen nicht zu 100 % dem, was man politisch will. Dann würde manches anders laufen, das wissen Sie auch. Insofern gibt es dabei gewisse Unabhängigkeiten, die man beachten muss, wenn man das Steuerrecht auch zur Steuerung von bestimmten Berufsgruppen einsetzen will. Gerade regional muss man dabei gemeinsam abgestimmt vorgehen. Sonst macht es keinen Sinn. Damit haben Sie völlig Recht.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 4 aufrufe, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Pestalozzischule Naumburg. Herzlich willkommen auf der Südtribüne!
Die erste Beratung fand in der 22. Sitzung des Landtages am 14. Juni 2007 statt. Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau von Angern. Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. - Bitte schön, Frau von Angern, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 22. Sitzung des Landtags am 14. Juni 2007 an den Ausschuss für Recht und Verfassung überwiesen worden. Die Landesregierung begründete die Notwendigkeit der Neuordnung der Gerichtsstrukturen mit den sich wandelnden Bedürfnissen des Landes, der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden Rückgang der Zahl der gerichtlichen Verfahren sowie der immer komplexer werdenden Gesetzgebung, die es notwendig machten, ungenutzte Synergieeffekte im Interesse aller Rechtsuchenden zu erschließen.
Gerade aufgrund der immer komplexer werdenden Gesetzgebung sei es zudem notwendig, die Justizbehörden mit Sachmitteln und Personal ausreichend auszustatten, um eine schnelle, aber auch qualitativ hochwertige Rechtsfindung zu gewährleisten.
Die Leitlinien für die Neuordnung und die Gewichtung der einzelnen Kriterien wie Bürgernähe und Infrastruktur, bauliche Möglichkeiten und Standortverlagerungen, Personal und Personalausgaben, strukturpolitische Auswirkungen sowie sonstige Kosten der Justizverwaltung seien in der Begründung zum Gesetzentwurf dargestellt worden. Im Ergebnis sei festzuhalten gewesen, dass die künftige Gerichtsstruktur den neuen Landkreisen anzupassen und dabei dem Grundsatz der Einräumigkeit und der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen sei.
Der Ausschuss für Recht und Verfassung beschloss in der 15. Sitzung am 11. Juli 2007, am 10. Oktober 2007 eine Anhörung durchzuführen. Innerhalb dieser Anhörung kamen ca. 40 Anzuhörende wie die Vertreter der direkt betroffenen Gerichtsbarkeiten sowie diejenigen, die zu den übergreifenden Aspekten der Gerichtsreform Ausführungen machten, zu Wort.
Hervorgehoben wurde dabei, dass der Gesetzentwurf die Schaffung effektiver und effizient arbeitender Gerichtsstrukturen vor allem unter dem Aspekt der Kosteneinsparung in den Vordergrund stelle.
Kritisch bemerkt wurde unter anderem vom Deutschen Richterbund, Landesverband Sachsen-Anhalt, dass durch die Schließung des Amtsgerichts Osterburg, welches zu den leistungsfähigsten Amtsgerichten des Landes gehört, und des Amtsgerichtes Hettstedt die Rechtsuchenden in der Zukunft erheblich längere Wege zurücklegen müssten, was insbesondere für die Menschen problematisch sei, die nicht über ein Auto verfügten und somit auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen seien. Insbesondere dürfe der Kostengesichtspunkt kein alleiniger Grund für eine solche Reform sein.
Von einigen Anzuhörenden wurde die Intransparenz der mit der Strukturveränderung verfolgten Einsparung angezeigt.
Eine Aufnahme des Amtsgerichts Osterburg durch das Amtsgericht Stendal bei entsprechender personeller und sächlicher Ausstattung wurde als machbar eingeschätzt.
Das Amtsgericht Hettstedt wurde als gut funktionierendes, jedoch kleines Gericht mit nur 2,5 Richterstellen als zu unflexibel bei Ausfällen eingeschätzt.
In der Anhörung wurde zudem die Problematik der Gerichtstage und die damit neue Definition der Bürgernähe
durch mehrere Gäste kritisch und ablehnend thematisiert. So sei aus Erfahrungsberichten aus Niedersachsen bekannt, dass diese nicht kostengünstig, mit einem nicht unerheblichen organisatorischen Aufwand verbunden und damit nicht sehr funktionsfähig seien und nur selten in einem angemessenen Verhältnis zur Bürgernähe stünden.
Anstelle der Gerichtstage wurden hinsichtlich der beabsichtigten Schließung der Arbeitsgerichtsstandorte Halberstadt und Naumburg unter anderem vom Präsidenten des Landesarbeitsgerichts auswärtige Kammern vorgeschlagen, was den Vorteil haben würde, dass nicht das gesamte Personal umgesetzt werden müsste, zumal es sich beim Arbeitsgericht Naumburg um eines der am besten ausgelasteten Gerichte in Sachsen-Anhalt handele. Hinsichtlich der Tätigkeit der auswärtigen Kammern wurde eine Evaluation angeregt.
Hinsichtlich der Schließungsabsicht bezüglich des Sozialgerichts Stendal bemerkte unter anderem der Deutsche Richterbund, dass sich diese Entscheidung vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Fallzahlen, der Überwindung großer Entfernungen durch diejenigen, die sozial am schwächsten sind, und vor dem Hintergrund der rechtsuchenden Klientel überhaupt nicht erschließe.
In Auswertung der Anhörung sowie der vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen von verschiedenen Institutionen zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung veränderte der Ausschuss für Recht und Verfassung in der 22. Sitzung am 9. Januar 2008 den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Antrag der Koalitionsfraktionen mehrheitlich im Wesentlichen in folgenden Punkten:
In § 1 wurde von einer Zweigstellenregelung bei den Arbeitsgerichten Hettstedt und Stendal Abstand genommen.
In § 3 wurde von der ursprünglich im Gesetzentwurf enthaltenen Einrichtung von auswärtigen Kammern der Arbeitsgerichte Halle und Magdeburg ebenfalls Abstand genommen.
In § 4 wurde von einer Zweigstellenregelung des Sozialgerichtes Magdeburg in Stendal zugunsten der Abhaltung von Gerichtstagen Abstand genommen.
Die von der FDP eingebrachten Änderungsanträge, die Vorschläge aus der Anhörung aufzunehmen, wurden in Gänze abgelehnt.
Dem Vorschlag des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, von der Rechtssetzungsform des Mantelgesetzes Gebrauch zu machen, folgte der Ausschuss nicht und behielt die Form des durch den Gesetzentwurf der Landesregierung vorgelegten Stammgesetzes mit Folgeänderungen bei. Zur Begründung führten die Koalitionsfraktionen aus, dass wesentlicher Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs die erstmalige Regelung eines Sachverhaltes - hier der Gerichtsstruktur - sei und nicht die in einem Sachzusammenhang stehende Änderung verschiedener Stammgesetze.
Der Ausschuss beschloss mit 8 : 4 : 0 Stimmen die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung. Da ich heute für den Ausschuss für Recht und Verfassung spreche, bitte ich um Ihre Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank für die Berichterstattung, Frau von Angern. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt der Ministerin der Justiz Frau Professor Dr. Kolb das Wort. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sind wichtige Standortfaktoren im nationalen und internationalen Wettbewerb. Das zeigen Rankings wie das des Weltwirtschaftsforums, die die Industrienationen anhand verschiedener Standortfaktoren miteinander vergleichen. Das heißt, für die Wirtschaft und für die Bevölkerung ist es wichtig, schnell und unkompliziert Zugang zum Recht zu erhalten und zuverlässig vor strafbaren Handlungen geschützt zu werden. Dies ist auch und vor allem Aufgabe der Gerichte des Landes Sachsen-Anhalt.
Derzeit verfügen wir über vier Landgerichte, 27 Amtsgerichte, vier Staatsanwaltschaften mit zwei Zweigstellen, sechs Arbeitsgerichte, vier Sozialgerichte, drei Verwaltungsgerichte, ein Finanzgericht, ein Landesverfassungsgericht sowie verschiedene Obergerichte, die ich jetzt im Einzelnen nicht aufzählen möchte.