Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

Gleich. - Also, wir werden berichten. Das ist auch richtig. Wir sollten in der Enquetekommission über die zukünftige Begleitung des Prozesses reden. Wir müssen diese Dienstrechtsreform angehen. In diesem Zusammenhang gibt es ganz andere Fragen, zum Beispiel: Wie ist das eigentlich mit der Lebensarbeitszeit in diesem Bereich? Wie ist das mit dem Leistungsanteil? Alle reden darüber, aber sagen Sie mir bitte einmal, wer objektiv Kriterien festlegen will, ob ein Beamter fleißig ist oder nicht.

Ich rede jetzt nicht über die beiden anderen Statusgruppen, und wir gucken uns jetzt gegenseitig an. Aber ich komme sofort in ganz schweres Fahrwasser, wenn wir auf einmal Einschätzungsrunden in den Ministerien einführen. Dann haben wir nämlich sofort eine Klagewelle

am Hals, weil sich die Leute ungerecht behandelt fühlen. Das wird genauso eine Debatte wie um die Frage geben, ob die Stellenpläne vernünftig strukturiert sind.

Ich sage also zu, dem Ausschuss Bericht zu erstatten und zu erzählen, wie der aktuelle Stand ist. Sie können sich vorstellen, dass wir in den letzten Tagen, in den letzten Wochen sehr stark rechnen und dass wir vor allen Dingen auch für die Ressorts rechnen, die einen großen Personalkörper im Beamtenbereich haben. Wir sind dort noch bei der Sache.

Ich hoffe, das war für den ersten Bereich erst einmal ausreichend.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Nun bitte Ihre Frage, Frau Dr. Paschke.

Herr Minister, Sie haben eben wieder erwähnt: Wir sind vorsichtig und wir warten erst einmal die nächste Ebene ab. In der Presse hat der Anwalt - so glaube ich mich zu erinnern - das als Witz bezeichnet und hat gesagt: Das Urteil ist rechtskräftig, weil wir die Frist haben verstreichen lassen, auf höherer Ebene das Urteil anzufechten.

Könnten Sie mir bitte Ihre Darstellung außerhalb der Presse sagen: Haben wir jetzt noch eine Chance oder hat der Anwalt Recht?

Die zweite Frage. Angesichts dieses konkreten Falls haben wir also auch in keinem Einzelfall bisher nach dem Urteil Geld gezahlt? Das wäre meine Frage, ob wir generell die Angelegenheit einfrieren, für keinen bezahlen und hoffen, auf der Bundesebene noch irgendwie eine Chance zu haben.

Wir haben die Verwendungszulage erst verändert. Sie haben das vorhin als Transrapid-Verfahren bezeichnet. Wir haben im Vorgriff dort Zulagenstrukturen verändert. Auch bewusst. Es gibt auch bei uns eine Auffassung, die das für richtig hält, wie das gemacht wird. Die Unterscheidung, dass man es eine bestimmt Zeit lang - dieser Zeitbegriff ist im Moment hinterfragt - praktisch machen kann, den Unterschied zwischen dem, wie man eingruppiert, besoldet wird, und dem, was man als Aufgabe hat, hinzunehmen. Es ist nicht so, dass wir das selber für falsch halten. Das wäre eine ganz andere Frage.

Aber jetzt würde ich Sie auch fragen: Haben wir noch eine Chance - wen meinen Sie mit „wir“?

(Herr Gallert, DIE LINKE: Den Finanzminister!)

Die Regierung? Sie als PDS, als Parlament? Denn die Frage ist ja, welche Haltung Sie dazu haben. Sie haben das jetzt sehr schön so hinbekommen, dass Sie sich nur als Überbringer der Botschaft hingestellt haben.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

Ich habe es übrigens auch gelesen. Es ist richtig, dass wir darüber geredet haben. Aber das Thema selbst ist schon angekommen.

Derjenige, der fordert, das jetzt umzusetzen, muss wissen, dass das nicht mit 1,50 € geht. Er muss wissen, dass wir nicht allein in Deutschland sind. Er muss wis

sen, dass das Auswirkungen auf alle Länder hat. Denn eines ist klar: Woanders würden sofort die Gerichte loslegen und sagen: Die machen das ja auch. Also sagen die ja selber, dass das nicht richtig ist.

Ich sage aus diesen zwei Gründen, dass wir es erstens selber für vertretbar halten und zweitens den Rechtsweg genauso nutzen wie der Betroffene - das steht uns ja genauso zu - und wir jetzt keine Veränderungen vornehmen außer dem, was wir ohnehin mit dem Haushalt vorhaben: Durch allmähliche Stellenhebungen, durch Beförderungen und, und, und das Problem auch generell zu verkleinern.

Das ist hoffentlich ein Weg, für den wir auch die Mehrheit im Parlament hinter uns wissen. Alles andere wäre - das möchten ich den LINKEN noch sagen - sehr, sehr fahrlässig. Denn das jetzt selber als richtig anzuerkennen, heißt - -

(Frau Bull, DIE LINKE: Ist es recht oder nicht?)

- Was heißt denn, ist es recht oder nicht?

(Frau Bull, DIE LINKE: Das war ja die Frage!)

- Wir sagen, dass unsere Meinung, unsere bisherige Praxis richtig ist. Ein Gericht hat anders entschieden. Das ist das gute Recht des Gerichts.

(Zurufe von der LINKEN)

- Entschuldigung, ich verstehe Ihre Probleme jetzt nicht.

(Frau Bull, DE LINKE: Ob wir noch eine Chance haben, Einspruch zu erheben, oder nicht!)

- Wir wollen vor der nächsten Instanz unsere Auffassung durchsetzen und werden dafür bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Das habe ich auch öffentlich gesagt.

(Unruhe bei und Zurufe von der LINKEN)

- Sie haben doch den Artikel gelesen, da stand das alles schon drin.

Ich sage Ihnen eines: Ich unterstelle Ihnen jetzt einmal ein bisschen, dass Sie natürlich auch weiter bohren werden, weil ich schon glaube, dass Sie sich die Meinung zu eigen machen, das müsste jetzt eigentlich im Interesse der Beschäftigten sofort heute hier gemacht werden. Deswegen sage ich Ihnen ganz offen: Mit uns wird es das jetzt nicht geben. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. Herr Gallert wollte noch eine Frage stellen. Herr Minister Bullerjahn, noch eine Frage von Herrn Gallert? - Bitte, Herr Gallert, fragen Sie.

Wenn wir das gewollt hätten, hätten wir es hineingeschrieben, dass es jetzt sofort gezahlt werden sollte.

Ich kann noch einmal sagen, dass ich gegenüber der Presse auch gemeint habe, dass diese avisierte Zahl von Betroffenen und Zahlungen uns so gigantisch erscheint, dass wir sie nicht nachvollziehen können. Wenn es sich jetzt noch um 100 Millionen € handelt, bedeutet das ja nicht, dass jeder Vierte auf einer zu hohen Stelle gesessen hat, sondern letztlich in etwa jeder Dritte.

Ich sage noch einmal ausdrücklich, wenn das bisher so der Fall gewesen ist, dann wundere ich mich, dass es jahrelang gedauert hat, bis es ein Gerichtsurteil dafür gegeben hat, in dem das festgestellt worden ist. Das bedeutet ja wirklich, dass wir jeden dritten Beamten auf eine zu hohe Stelle gesetzt haben. Dann frage ich mich, wie viele hohe Stellen wir in diesem Sachsen-Anhalt haben.

Die Frage ist nur eine einzige gewesen - das war jetzt der Konflikt -: Der Rechtsanwalt des Betroffenen sagt: Wir können überhaupt nicht mehr in die nächste Instanz gehen, weil die Fristen verstrichen sind. Dazu haben Sie jetzt gesagt, das sähen Sie anders. Sie hätten die Möglichkeit mit den anderen abgesprochen, das in der nächsten Instanz zu klären. Dann würden Sie auf dieses Gerichtsurteil warten und sehen, was dabei herauskomme. - Das war die Frage und das war Ihre Antwort. Ich habe Sie jetzt richtig verstanden?

Lieber Wulf Gallert, wir haben ja so manche Haushaltsschlacht gemeinsam geschlagen, je nachdem, wohin wir gerade vom Wähler gesetzt wurden. Es ist ja nicht so, dass das Problem jetzt ganz über Nacht - weil gerade Weihnachten und der Jahreswechsel waren - irgendjemandem eingefallen ist.

Wir alle wissen doch, worum es sich dabei handelt, dass zum Beispiel im Polizeibereich unsere Polizisten gerade in den untersten Gruppen anders eingruppiert sind als in anderen Ländern. Dadurch, dass es so viele sind - die stecken jetzt nicht alle unbedingt in den Ministerien -, ist das so eklatant. Denn die Polizei hat in den westlichen Bundesländern eine ganz andere Eingruppierung. Wenn man dann noch die Ost-West-Unterschiede nimmt, werden natürlich diese Unterschiede noch einmal anders.

Ich habe diese 75 Millionen € auch bei uns im Haus zu hinterfragen versucht. Jetzt haben wir erste Abfragen gemacht. Ich sage hier ganz offen: Wir können die endgültige Zahl noch nicht nennen, weil wir die einzelnen Bereiche natürlich durchschauen müssen und wir diese Diskussion natürlich auch mit führen wollen. Wir wollen ja am Ende, dass diese Unterschiedlichkeit aufhört.

Wir haben die erste Angleichung gehabt durch die OstWest-Angleichung in den Tarifen zum 1. Januar. Deswegen haben wir als Landesregierung - was andere nicht gemacht haben - für die Beamten jetzt 2,9 % ab dem 1. Mai draufgelegt. Deswegen werden wir sofort, wie andere Länder, am 1. Januar 2010 die 100 % einführen.

Wir haben die Stellenhebungen gemacht, wir haben 10 Millionen € für Beförderungen vorgesehen. Wir wissen, das wird nicht ausreichen, weil es zu viele sind. Trotzdem haben wir für eine restriktive - das galt für alle Landesregierungen - Verbeamtungspraxis geworben; denn wir haben weniger Beamte als andere Länder. Deswegen haben wir das auch restriktiv in das Personalentwicklungskonzept mit eingebaut. Denn ich möchte gerne, dass wir bei diesem Abbau von jetzt rund 60 000 auf nachher 46 000 oder 47 000 Bedienstete dann auch den Anteil der Beamten adäquat zurückführen.

Ich habe mit dem Kollegen Professor Olbertz abgesprochen, dass wir bei den Lehrern jetzt folgende Regelung machen: Ist die Arbeitszeit gleich, ist die Bezahlung gleich, dann werden wir keine Lehrer mehr verbeamten,

nur noch Schulleiter, Stellvertreter und Koordinatoren oder wie die alle heißen. Das heißt, es ist überschaubar.

Wir wollen also schauen, dass wir dann mit einem Produkthaushalt Polizei klären, dass in Zukunft weniger, dann aber in der Struktur selbst jeder eine vernünftige Stelle, vernünftiges Geld und auch Aufstiegsmöglichkeiten bekommt. Denn die gibt es heute auch nicht - nicht weil jetzt die CDU böse war oder die SPD böse war, sondern weil es am Ende am Geld hing. Wir haben durch diese Tarife und, wie zum Beispiel bei den Lehrern, durch die Teilung des Arbeitsvolumens nicht solche Möglichkeiten gehabt wie andere, durch Entlassungen oder durch anderen Abbau beim Personalkörper eher einzugreifen. Das alles bitte ich zu berücksichtigen.

Ich gebe hier offen zu: Dass das Gericht so entschieden hat, hätte keiner geglaubt, keiner gedacht. Sie können sich vorstellen, dass sich andere Länder natürlich auf Arbeitsebene erkundigt haben: Was macht ihr jetzt damit?

Wir müssen doch - ich hoffe, Sie sind an unserer Seite - jetzt mal schauen, dass man sich über die Wirkung einer solchen Entscheidung erst einmal rechtlich schlau macht und schaut, wie das ausgehen kann, und dass man erst dann dem Ganzen folgt - nicht mehr und nicht weniger.

Deswegen bin ich auch - das sage ich ganz ehrlich - dankbar gewesen, dass wir dieses Thema aufgreifen und versachlichen können. Ich kann aber hier nicht zusagen, was endgültig als Schritt in den nächsten Jahren zu vollziehen ist. Deswegen warten wir ab. Ich habe es vorhin erwähnt - ich wiederhole mich gern -: Stellen Sie sich vor, das würde höchstrichterlich anders gesehen; das würde nachhaltiger auf die Beamtenstruktur greifen als die Tarifdiskussion, die wir im Moment haben.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Kurze, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Tullner. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es hier mit einem Thema zu tun, das auf den ersten Blick recht büro- oder technokratisch anmutet, aber doch auch eine gewisse politische Brisanz entfaltet, wie gerade an dem Dialog des Ministers mit der Linkspartei.PDS als Einbringer erkennbar war. Es geht ja auch um die vielen Beamtinnen und Beamten im Lande.