Unsere Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten werden zunächst gemeinsam mit den LeaderGruppen abstimmen, welche Einzelvorhaben aus diesen doch recht umfangreichen Projektlisten über die zur Verfügung stehenden klassischen Fördermaßnahmen - Dorferneuerung, Dorfentwicklung, ländlicher Wegebau -, aber auch über die Boden- und Flurneuordnung finanziert werden können.
Ich habe die Ämter gebeten, mit den Gesprächen umgehend anzufangen, damit der Beginn des Fördergeschehens nicht verzögert wird. Aber ich muss dazu sagen: Gegenwärtig läuft noch das Mitzeichnungsverfahren für die Richtlinie zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung, kurz RELE genannt. Der Landesrechnungshof hat mir versichert, die Mitzeichnung in den nächsten Tagen abzuschließen. Unmittelbar danach werden wir das Startsignal für das Förderverfahren geben.
Zu 2: Eine hervorgehobene Stellung der Naturparke im Rahmen von Leader gibt es nicht, auch nicht innerhalb der jeweiligen lokalen Aktionsgruppen. Das würde der Grundidee von Leader widersprechen. Es gilt der von der Europäischen Kommission vorgegebene Bottom-upGrundsatz.
Aus der Wettbewerbsgleichheit aller Gruppen ergibt sich für die Umsetzung von Leader-Vorhaben zwar für die Naturparke kein Vorteil, aber meines Erachtens auch kein Nachteil. Jeder zugelassenen Gruppe wurde auf der Grundlage eines Verteilerschlüssels ein Mindestbetrag aus dem ELER reserviert. Grundlage dafür ist die Vorgabe der Europäischen Kommission, mindestens 5 % der ELER-Mittel für Vorhaben von Leader-Gruppen einzusetzen.
In Sachsen-Anhalt sind dies rund 44,4 Millionen €, was einem Anteil von 5,4 % am Finanzplan des EPLR entspricht. Darauf haben die Gruppen zwar keinen Rechtsanspruch, aber auf der Grundlage dieses finanziellen Orientierungsrahmens können sie ihre Vorhaben in den nächsten Jahren zeitnah planen. Das sehe ich als einen großen Vorteil an, aus dem letztlich auch die Naturparke ihren Nutzen ziehen werden.
Vier Naturparkträger waren bereits in der letzten Förderphase bei Leader-Plus erfolgreich. Sie haben mit ihren Vorhaben bewiesen, dass sie nicht nur für die Naturparke, sondern auch für die ganze Region denken und sich im Interesse der Region einbringen. Ich bin zuversichtlich, dass das auch so weitergeht.
Ich habe allen Akteuren, auch denen aus den Naturparks, empfohlen, das Angebot der Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten anzunehmen, jetzt die vorbereitenden Gespräche zu führen und schon mit dem Start in die Förderphase aus der Fülle der beschriebenen Ideen realistische und nachhaltige Vorhaben für die Förderung auszuwählen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Die erste Beratung fand in der 30. Sitzung des Landtages am 16. November 2007 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Jens Kolze. Daran wird sich die vereinbarte Debatte anschließen. Herr Kolze, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den in der Drs. 5/945 neu vorliegenden Gesetzentwurf in der 30. Sitzung am 16. November 2007 zur Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Mit der Änderung des Gedenkstättenstiftungsgesetzes wird das Ziel verfolgt, § 7 Abs. 2 zu streichen.
Der Innenausschuss befasste sich in der 34. Sitzung am 14. Februar 2008 mit diesem Gesetzentwurf. Die Fraktion DIE LINKE beantragte hierzu, eine Anhörung aller Institutionen durchzuführen, die als Mitglieder der Stiftungsbeiräte im Stiftungsgesetz genannt sind.
Die Regierungsfraktionen kamen nach einer kurzen Auszeit zu dem Ergebnis, dem Anhörungsbegehren nicht zu folgen, weil gerade die Äußerungen der in dem Gesetzentwurf benannten Institutionen zum Anlass genommen wurden, das Gedenkstättenstiftungsgesetz zu ändern und § 7 Abs. 2 zu streichen. Außerdem konnte davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Anhörung nur das wiederholt werden würde, was bereits in den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen vorgebracht worden war.
Nach einer kurzen Aussprache verabschiedete der Innenausschuss mit 7 : 5 : 0 Stimmen die Ihnen in Drs. 5/1126 vorliegende Beschlussempfehlung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kolze. - Die Landesregierung hat auf einen Beitrag verzichtet. Wir kommen also gleich zu der Debatte der Fraktionen. Für die FDP-Fraktion rufe ich den Abgeordneten Herrn Professor Dr. Paqué auf. Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf wurde Ende November 2007 in dieses Hohe Haus eingebracht. In meiner Rede dazu habe ich seinerzeit im Namen der FDP-Frak
tion die anderen Fraktionen herzlich gebeten, im Interesse der Sache Konsequenzen zu ziehen. Konkret haben wir die LINKE politisch und Frau Tiedge persönlich aufgefordert, den Weg für ein unbelastetes Beiratsmitglied frei zu machen. Die Fraktion DIE LINKE und Frau Tiedge haben das abgelehnt.
Konkret haben wir damals die Regierungsfraktionen der CDU und der SPD aufgefordert, wie die FDP ihre Mitarbeit in dem Stiftungsrat ruhen zu lassen und damit eine politische Lösung zu erzwingen, übrigens zusammen mit anderen Mitgliedern des Beirats, die bereit waren, das Gleiche zu tun.
Die Fraktionen der CDU und der SPD haben dies abgelehnt. Das Ergebnis liegt uns vor. Der Gesetzentwurf wird inhaltlich unverändert als Beschlussempfehlung eingebracht, obwohl ich bei einer Reihe von Gesprächen mit Kollegen der Regierungsfraktionen durchaus den Eindruck gewonnen habe, dass das Interesse an einer politischen statt an einer juristischen Lösung groß ist. Es erfolgten aber danach keine weiteren Reaktionen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf ist in den vergangenen drei Monaten nicht besser geworden. Er hat noch immer einen schlechten Geruch, nämlich den Geruch eines Einzelfallgesetzes, das allein deshalb verabschiedet werden soll, um im Nachhinein ein einzelnes politisches Problem zu lösen, das mit einer einzelnen bekannten Person zusammenhängt.
Der schlechte Geruch hat sich aufgrund der Debatte im Innenausschuss sogar noch verstärkt. Mein Kollege Guido Kosmehl hat dort überzeugend begründet, dass das Zweilesungsprinzip bei der Verabschiedung des Gedenkstättenstiftungsgesetzes im Jahr 2006 nicht verletzt war. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat diese Position mehrheitlich geteilt. Dies zeigt, auf welch dünnem Eis die Begründung dieses Gesetzentwurfes steht.
Sie, sehr geehrter Herr Kollege Scharf, haben im November bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes gesagt, dass wir alle einen Schuss frei hätten, um einen Fehler zu korrigieren, den wir gemeinsam begangen hätten, nämlich die Wahl von Frau Tiedge in den Stiftungsrat. Es sieht stark danach aus, dass dieser Schuss daneben geht. Wir jedenfalls, die FDP-Fraktion, können diesem Verfahren nicht zustimmen.
Im Übrigen kann der Weg, den Sie wählen, auch zeitlich zu einem recht langen Ausschluss des Landtages von der Mitwirkung im Stiftungsrat führen. Überprüfungen zur Stasitätigkeit - das wissen wir alle - können sich über Monate und vielleicht sogar über Jahre hinziehen. Wir brauchen aber möglichst schnell einen auch seitens des Landtages politisch voll funktionsfähigen Stiftungsrat, um endlich vernünftig mit der so wichtigen Arbeit beginnen zu können.
Dies gilt umso mehr, meine Damen und Herren, nachdem die Stiftung überaus holprig gestartet ist. Dieser holprige Start - das sage ich ganz klar - ist vor allem auch auf das Innenministerium zurückzuführen, das nicht wirklich um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bemüht war. Insbesondere die nassforsche Art - das sage ich hier ganz deutlich -, in der Staatssekretär Erben die Sitzungen geleitet hat, war und ist dem Ernst des Stiftungsinhalts nicht im Geringsten angemessen.
Man kann nur hoffen, dass sich das in der Zukunft ändert. Jedenfalls war es nicht dazu angetan, in den kniffligen Fragen, die sich ja in dem Stiftungsrat stellten, Konsens zu erzielen.
Meine Damen und Herren! Vor fast genau einem Monat, am Sonntag, dem 27. Januar 2008, an dem Tag des Erinnerns an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, stand an dieser Stelle im Landtag aus Anlass dieses Tages der gebürtige Halberstädter Gabriel Bach, ein deutscher Jude, der mit seiner Familie im Jahr 1938 nach Palästina auswanderte und später als Generalstaatsanwalt im Eichmann-Prozess in Jerusalem diente.
Meine Damen und Herren! Gabriel Bach hielt an diesem 27. Januar eine große Rede. Ich erinnere mich ganz genau daran, dass er gegen Ende seiner Rede auf das heutige Deutschland zu sprechen kam. Er drückte Respekt aus vor einem Land und seinen Menschen, die gelernt hätten, ihrer Geschichte ehrlich ins Auge zu sehen.
Meine Damen und Herren! Diese Worte von Gabriel Bach sind nicht nur ein Kompliment. Sie sind eine Verpflichtung auch für diesen Landtag. Im Gedenken an die Opfer der Diktaturen auf deutschem Boden müssen wir ehrlich sein, und zwar gleichermaßen, was die Opfer des Nationalsozialismus und die Opfer des DDR-Sozialismus angeht.
Ich möchte deshalb an dieser Stelle nochmals an alle Beteiligten appellieren, aus ihren Schützengräben herauszukommen und das Problem zu lösen: mit einer personellen Neubesetzung und ohne fragwürdige Gesetzesänderungen.
Es geht nicht mehr darum, dass hierbei irgendeine Partei, irgendeine Fraktion oder irgendein Abgeordneter sein Gesicht wahrt. Wenn es schon um die Wahrung eines Gesichtes geht, dann allein um das Gesicht der Opfer, und zwar der Opfer beider Diktaturen auf deutschem Boden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank für Ihren Redebeitrag, Herr Professor Paqué. - Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt der Abgeordneten Frau Schindler das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt jetzt in zweiter Lesung ein Gesetzentwurf vor, der, wie wir soeben gehört haben, nicht unumstritten ist, sich aber an der Realität orientiert.
Realität ist, dass die vom Landtag, also von uns, eingerichtete Gedenkstättenstiftung derzeit nicht richtig arbeitet. Auf die Gründe dafür möchte ich nicht noch einmal eingehen; denn sie sind jedem bewusst und sie sind bei der Einbringung des Gesetzentwurfes in den Landtag mehrfach dargestellt und erörtert worden. Zu oft waren sie Gegenstand öffentlicher Diskussionen, obgleich sie von jedem unterschiedlich bewertet werden.
Betonen möchte ich zwei Aspekte, auf die es uns bei der Vorlage des Gesetzentwurfes ankommt und die deutlich machen, warum dieser notwendig ist: zum einen - wie Sie es gerade festgestellt haben - die Opferperspektive, zum anderen die Handlungsfähigkeit der Stiftung.
Meinen Ausführungen dazu möchte ich den Stiftungszweck voranstellen. Der § 2 Abs. 1 des Gedenkstättenstiftungsgesetzes lautet - ich zitiere -:
„Zweck der Stiftung ist es, durch ihre Arbeit dazu beizutragen, dass das Wissen um die einzigartigen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur im Bewusstsein der Menschen bewahrt und weitergetragen wird. Es ist ebenfalls Aufgabe der Stiftung, die schweren Menschenrechtsverletzungen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SED-Diktatur darzustellen und hierüber Kenntnisse zu verbreiten.“
Die Stiftung soll demnach dazu beitragen, das Wissen um die Verbrechen der Menschenrechtsverletzungen während der Zeit des Nationalsozialismus, während der sowjetischen Besatzungszeit und während der SED-Diktatur aufzuarbeiten und weiterzugeben.
Dann frage ich: Woher kommt dieses Wissen? - Diese Frage bringt mich - ebenso wie Sie - zu den Opfern; denn die Opfer sind es, die uns dieses Wissen vermitteln. Sind es nicht die Opfer, die Erfahrungen und Erinnerungen weitergeben, weil sie die Menschenrechtsverletzungen selbst gespürt haben? Sie können uns berichten. Sie waren dabei. Sie waren Opfer. Sie sind die Zeitzeugen und sie sind ein wichtiger Bestandteil der Geschichtsaufarbeitung. Wir müssen, wenn wir die Opfer respektieren, auch ihre Perspektive respektieren und diese Perspektive ernst nehmen.
Wenn sie uns dann etwas Wichtiges mitteilen in Form von Gesprächen, E-Mails oder Anrufen, uns zum Beispiel darüber informieren, dass die Arbeit in der Stiftung mit dem derzeitigen Personenkreis nicht möglich sei, dann müssen wir handeln. Mittlerweile ist die Situation so festgefahren, dass beide Seiten nicht mehr aufeinander zugehen können oder es nicht mehr wollen. Wir, die wir diese Stiftung errichtet haben, haben deshalb den Auftrag, darauf hinzuwirken, dass ein Zusammenarbeiten wieder möglich wird.
Die Opfer und ihre Verbände haben uns aufgefordert, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, wenn nichts anderes geht. Aus ihrer Sicht ist der vorliegende Gesetzentwurf ein richtiger Schritt; denn anders geht es leider nicht - auch wenn wir uns das wünschen und hier nochmals zu einem Appell auffordern. Mit der Abberufung der Mitglieder des Stiftungsrates wollen wir einen Neuanfang ermöglichen.
Ich habe soeben den Stiftungszweck zitiert. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir derzeit eine Stiftung haben, die im Stillstand verharrt. Wir haben den gesetzlichen Auftrag, dieses nicht so zu belassen.
Wir sollten der Stiftung die Möglichkeit geben, ihrem Zweck entsprechend inhaltlich zu arbeiten und insbesondere die Geschichte aufzuarbeiten. Daran haben wir alle ein Interesse.