Ich bitte deshalb, diesen Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft - das betone ich besonders - und Kultur zu überweisen. Dort werden wir gemeinsam klären, was soll und muss Bestandteil eines Innovationsberichtes sein. Wir werden uns auf einen Fragenkatalog einigen.
Erlauben Sie mir, mit einem Wort von Albert Einstein zu schließen, der zu diesem Thema Folgendes gesagt hat:
„Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erschien.“
Herzlichen Dank, Herr Miesterfeldt. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Herr Franke, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Miesterfeldt, bei 1,6 Sekunden gehe ich davon aus, dass Sie einen DSL-Zugang haben.
Innovationspolitik - Herr Dr. Thiel hat es heute früh sehr deutlich und ausführlich erläutert - ist ein weites Feld. Sie lässt sich nicht losgelöst von Wachstums- und Standortpolitik betreiben. Dementsprechend sind auch der Antrag und dessen Formulierung durchaus umfangreich gewesen. Ich kann es nur begrüßen, dass hier so ausführlich und detailliert noch einmal aufgeschlüsselt wurde, in welchem Bereich wir uns bei der Innovationspolitik befinden.
Die Notwendigkeit einer Berichterstattung und vielleicht auch eines Innovationsberichtes seitens der Landesregierung sehen auch wir als Liberale, insbesondere angesichts der derzeitigen Unübersichtlichkeit in der Förder- und Innovationspolitik hier im Lande, als notwendig an. Deshalb werden wir dem Antrag trotz seiner etwas ausufernden und detailverliebten Beschreibung der Schwerpunkte zustimmen.
Natürlich besitzen die ausgeführten Schwerpunkte insgesamt eine große Bedeutung. Letztlich lassen sich unserer Meinung nach drei grundsätzliche Themenkomplexe identifizieren, die den Gegenstand der Diskussion in den Ausschüssen bilden sollten. Dabei handelt es sich um die folgenden Bereiche, zu denen wir eine eindeutige Positionierung der Landesregierung erwarten:
Erstens der Venture-Kapital-Markt. Ein Charakteristikum gerade dieses Kapitalmarktes ist es, in speziellen Be
reichen, aber insbesondere in Ballungsgebieten und Ballungszentren aufzutreten. Wir haben in Sachsen-Anhalt das Problem, dass wir keine oder nur sehr wenige private Kapitalgeber haben, die aufgrund des großen Risikos bei Start-up-Unternehmen und bei innovativen Ideen eine Anschubfinanzierung leisten können. Deshalb befürworten wir als Liberale an dieser Stelle eine zielgerichtete Unterstützung der Landesregierung.
Gerade Start-up-Unternehmen, die brillante Ideen haben, innovativ sind, bei denen teilweise zwei oder drei Leute zusammensitzen und versuchen, auf der Grundlage ihrer Ideen eine Marktreife zu erreichen, fehlt es an Kapital sowie an den Möglichkeiten, sehr schnell mit neuen Ideen auf den Markt zu kommen. Deshalb ist hier eine Unterstützung nötig, die sicherlich nicht langfristig, aber in der Startphase gegeben sein muss. Diese Förderung müssen wir in den Rahmen vernünftiger Wachstums- und Standortpolitik einbetten. Das verlangt neben verlässlichen Rahmenbedingungen auch ein generelles Bekenntnis zum technischen Fortschritt und die Identifikation der politischen Entscheidungsträger mit der Spitzenforschung.
Im Zusammenspiel mit der finanziellen Förderung entsteht letztlich durchaus ein innovatives und innovationsfreundliches Klima, das fortschrittsorientierte Unternehmen nach Sachsen-Anhalt locken kann. Auf diese Weise wird die Innovationskraft des Landes gestärkt und eine wirtschaftliche Belebung hervorgerufen.
Doch gerade an dieser Stelle hat die Landesregierung in jüngster Zeit mehr als unglücklich agiert. Es sei an dieser Stelle noch einmal auf die von der Landesregierung angedachte Rückführung der Biotechnologie-Offensive hingewiesen, obwohl es dazu auch sehr widersprüchliche Aussagen innerhalb des Kabinetts gibt.
Dieser erste Bereich betrifft die strukturellen Vorstellungen der Landesregierung bezüglich der angedachten Branchen, auch wenn wir wissen möchten, welche Themenkomplexe in der Landesregierung für die innovationspolitischen Schwerpunkte gesetzt werden und welches Konzept insgesamt verfolgt wird.
Der zweite Bereich, den ich kurz ansprechen möchte, ist die Clusteranalyse. Hierbei geht es um die räumlichen Schwerpunkte. Dazu wurde schon einiges ausgeführt, insbesondere was die Clusterpotenzialstudie betrifft. Auf deren Ergebnis bin ich auch gespannt.
Der dritte Bereich, den wir noch sehen, ist die Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft. Diesen Bereich führen der Antrag und auch die Begründung von Herrn Dr. Thiel sehr ausführlich auf, sodass ich es mir erspare, noch einmal ins Detail zu gehen.
Wir als Liberale begrüßen eine Berichterstattung und einen Innovationsbericht in den Ausschüssen für Wirtschaft und Arbeit sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Ebenso freuen wir uns auf die Diskussion in den jeweiligen Ausschüssen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlich Dank, Herr Franke, für Ihren Beitrag. - Bevor ich den Debattenbeitrag der CDU aufrufe, begrüße ich Damen und Herren des Bundessprachenamtes Naumburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Landtagssitzung hat schon etwas Besonderes, weil wir heute den 29. Februar haben und den gibt es bekanntlich nur alle vier Jahre. Insofern, Herr Thiel, hoffe ich, dass Sie nicht erst wieder in vier Jahren bei der Landesregierung etwas unterstützenswert finden, sondern dass Sie und Ihre Fraktion das auch zwischendurch immer wieder einmal erkennen und auch entsprechend benennen.
Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt hat eine beispielhafte wirtschaftliche Entwicklung zu verzeichnen. Wer sich die „Volksstimme“ ansieht - ich rede von einer Ausgabe im Dezember -, findet folgende Schlagzeilen: Holländer bauen Glaswerk mit 260 Arbeitsplätzen, Thyssen-Krupp errichtet neue Produktionsstätte in Coswig und Biodieselwerk Tangermünde investiert 4 Millionen €.
Die Liste lässt sich fast täglich so fortsetzen. In unserem Land gibt es eine dynamische Entwicklung mit Wachstum und Beschäftigung. Sachsen-Anhalt ist wieder attraktiv als Wirtschaftsstandort und für neue Investoren. Dies ist ein Erfolg, der nicht zuletzt auch auf einem Umstand beruht, der mit dem Thema dieser Debatte zu tun hat, nämlich der Innovationskraft unseres Landes und seiner Unternehmen.
Auch in Sachsen-Anhalt kommt der Wohlstand aus den Köpfen. Wir haben schöne Landschaften und viele Kulturdenkmale, die bereits Heinrich Heine, Händel oder Bach in ihrem Schaffen inspirierten. Als gute Vorlage für wirtschaftlichen Reichtum ist dies allerdings zu wenig. Wer keine Bodenschätze hat, muss seinen Geist belasten. Insofern stehen Innovation und Know-how unserer Unternehmen auch für Wohlstand und soziale Gerechtigkeit.
Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen, den Initiatoren des Antrages, einen gewissen Respekt nicht streitig machen, vorausgesetzt Sie verfolgen das Ziel, Forschung und Entwicklung sowie Clustermanagement weiter zu optimieren. Sollten Sie den Antrag jedoch nur stellen, um dem Land entsprechende Versäumnisse zu bescheinigen, sind Sie auf dem Holzweg oder, um bei dem Wortspiel vom „Überholen ohne einzuholen“ zu bleiben, befinden sich auf der Standspur.
Sachsen-Anhalt verfügt inzwischen über ausgezeichnete Voraussetzungen. Wir haben ein Geflecht aus Technologie- und Gründerzentren. Wir haben hervorragende Fachhochschulen und Universitäten und wir haben inzwischen eine deutliche Zunahme bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Ich meine damit weniger die etablierten Institute wie Fraunhofer oder Leibniz, die für uns ganz selbstverständlich von hoher Bedeutung sind, sondern ich rede von den vielen Netzwerken - inzwischen sind es 28 -, die unser Land beispielsweise in dem Bereich der Ernährungswirtschaft, der Autozulieferindustrie, der Logistik oder der Chemie so erfolgreich machen.
Hier haben sich oft kleine und mittlere Unternehmen zusammengetan, um mangels Eigenkapital und Markt
zugang Kräfte zu bündeln und neue Ressourcen für Innovationen zu erschließen. Das, was oft aus der Not geboren wurde, hat sich heute in Sachsen-Anhalt zu einer respektablen Erfolgsgeschichte entwickelt. In unserem Lande findet wieder, auch Dank der positiven Begleitung durch die Landespolitik, ein hohes Maß an ernst zu nehmender Forschung in Hightech-Bereichen statt, die international konkurrenzfähig ist und die auf einer engen Kooperation zwischen Unternehmen, Institutionen sowie Universitäten und Fachhochschulen beruht. Der Minister hat in seiner Rede zahlreiche Zahlen und Fakten erwähnt, sodass ich es mir erspare, näher darauf einzugehen.
Insofern - jetzt spreche ich Sie, Herr Kollege Thiel, persönlich an - denke ich nicht, dass Sie mit diesem Antrag auf dem Holzweg sind.
Bei aller positiven Entwicklung bleiben dennoch genügend Fragen offen. Ich erinnere an die Lissabon-Strategie, ich erinnere an das immer noch zu geringe Patentvolumen. Wie gehen wir mit der demografischen Entwicklung und mit dem Umstand um, dass immer weniger junge Menschen in Ingenieurberufe wollen? Was setzen wir einer weit verbreiteten Angst vor neuen Technologien entgegen? Was fangen wir mit unseren Innovationen an, damit es uns nicht so geht wie mit dem MP3Player, der zwar in Deutschland erfunden wurde, den man aber im Ausland vermarktet hat? - Das alles sind spannende Fragestellungen, auf die einzugehen den Rahmen einer solchen Debatte hier und heute sprengen würde.
Wie wichtig den Koalitionsfraktionen von CDU und SPD dieses Thema ist, können Sie aber daran ablesen, dass wir in unserer gemeinsamen Koalitionsvereinbarung eine Clusterpotenzialstudie festgeschrieben haben. Der Minister hat sie am letzten Freitag vorgestellt, und es ist lohnenswert, sich mit dieser Studie eingehend zu befassen.
Ich denke, dass wir auch im Ausschuss im Zusammenhang mit der Erläuterung der Studie ohnehin ein umfangreiches Bild durch die Landesregierung zum Thema Innovation bekommen werden, sodass wir keinen separaten Innovationsbericht benötigen. Der Minister hat vorhin bereits deren Erscheinen angekündigt, sodass ich Ihnen empfehlen möchte, diese Studie abzuwarten und uns genügend Zeit zu geben, damit wir uns eingehend mit ihr befassen können. Daher möchte Ihnen mit dieser Einschränkung empfehlen, dem Überweisungsantrag des Kollegen Miesterfeldt zu folgen.
Vielen Dank, Herr Thomas. - Jetzt erteile ich noch einmal der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Thiel.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich nehme freudig zur Kenntnis, dass Sie dem Anliegen unseres Antrages weitestgehend folgen. Um Ihnen, Herr Thomas, die Sorge zu nehmen, dass wir sozusagen mit Ihnen als Fahrschullehrer auf der Standspur stehen bleiben, sage ich Ihnen: Das wird nicht passieren, weil es wirklich darum geht zu fragen: Wie kann man Innovationspolitik optimieren?
Dabei kann man durchaus den Verdacht hegen, dass man die Landesregierung wegen ihrer Versäumnisse kritisiert. Aber ich lade ausdrücklich zu einem gemeinsamen Dialog ein; denn nicht jeder kann alles wissen. Es gibt ganz unterschiedliche Denkansätze auf diesem Gebiet, und es geht darum - das ist für mich sehr wichtig -, jetzt zu beginnen, die Weichen zu stellen, damit wir tatsächlich zu der selbsttragenden wirtschaftlichen Entwicklung kommen, die uns bis zum Jahr 2019 noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird. Dazu müssen wir jetzt Instrumente festlegen und die Weichen stellen. Ich denke, das können wir gemeinsam im Gedankenaustausch tun.
Lieber Herr Kollege Franke, dass Sie gemeint haben, unser Antrag sei leicht ausufernd, nehmen wir mit Schmunzeln zur Kenntnis. Wir haben uns viel Mühe gegeben, die Fassetten dieses Themas umfassend zu beschreiben. Herr Miesterfeldt hat es ja gesagt: Es gibt so viele Stimmungen, Meinungen, Meldungen zu diesem Thema, sodass es sehr schwer ist, zu wichten und zu werten, was tatsächlich die hauptsächlichen Dinge sind, um die es uns an dieser Stelle geht.
Ich möchte noch ein Geheimnis lüften, weil ich gefragt wurde, was das Neue an diesem Antrag ist. Alle haben danach gesucht, weil wir den Antrag im Dezember 2007 eingereicht und am 6. Februar 2008 noch einmal neu ausgereicht haben. Das Neue besteht darin, dass wir hineingeschrieben haben, dass wir den Bericht nicht im ersten, sondern im zweiten Halbjahr haben wollen. Wir haben nämlich im Konsultationsprozess auch mit der Landesregierung gemerkt, dass wir noch die Clusterpotenzialstudie abwarten sollten, um zu sehen, was für Weichen dort gestellt werden und was dort auf den Weg gebracht wird, um uns dann entsprechend andocken zu können.
Ich will auf zwei, drei Dinge verweisen, die Herr Minister Haseloff erwähnt hat. Ich habe auch begonnen, diese Potenzialstudie zu lesen und auch zu verstehen. Es gibt durchaus richtige und wichtige Ansätze, die wir auch im Land als Handlungsempfehlungen umzusetzen versuchen sollten.
Aber Sie kennen doch die Reizworte aus dem letzten Wahlkampf: Wirtschaftsförderung heißt Stärken stärken. Das kennen wir doch noch. Das ist offenbar nach wie vor ein Thema, wobei für uns die Frage interessant ist: Heißt Stärken stärken wirklich nur den Starken stärken oder auch Stärken bei Schwachen stärken? Das mag etwas philosophisch klingen, aber das ist für mich ein wichtiges Merkmal, das Wirtschaftsförderung ausmacht.
Eine weitere Frage lautet: Brauchen erfolgreiche Potenziale nach wie vor staatliche Förderung, wenn sie sich auf einem guten Weg befinden? - Sie, Herr Minister, haben gesagt, dass das irgendwann nicht mehr notwendig sei. Wir sollten genau hinschauen, wo gewissermaßen die Weichenstellung erreicht ist, bei der Dinge auch allein laufen können. Diesbezüglich bin ich mehr wirtschaftsliberaler als staatlich verordnender Politiker und sage: Das müssen die Unternehmen dann selbst in die Hand nehmen und selbst entscheiden.
Ich weiß, Herr Paqué, dass mir hierbei Ihr Beifall gewiss ist, aber ich habe mich in Vorbereitung auf diesen Antrag natürlich auch mit Papieren befasst, die aus Ihrer Feder
stammen, und zwar mit Papieren aus dem Jahr 2001. Dort haben Sie sehr nachdrücklich beschrieben, dass ein regional tätiges Unternehmen nur dann erfolgreich auch am regionalen Markt agieren kann, wenn es sozusagen so arbeitet, als würde es sich dem internationalen Wettbewerb stellen. Das haben Sie im Jahr 2001 geschrieben. - Das wollte ich der Ehrlichkeit halber gesagt haben.