Protokoll der Sitzung vom 18.04.2008

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, denke ich, dass wir in die richtige Richtung laufen. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu der Überweisung. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kurze. - Frau Bull zieht ihre Frage zurück. Schönen Dank.

Wir kennen Ihre Fragen aus dem Sozialausschuss. Die entwickeln sich meist zu Statements.

(Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

Ich denke, das können wir dann im Sozialausschuss klären.

Herr Kurze, vielen Dank für Ihren Beitrag. Jetzt übernehme ich wieder das Kommando. - Als nächste Debattenrednerin hat Frau Dr. Hüskens von der FDP das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kurze, es ist schon blöd, wenn man so einen Koalitionspartner hat und nicht so reden kann, wie man es gern will. Das hat man sehr gemerkt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Verstöße im Landessport gegen geltendes Haushaltsrecht und in einigen Punkten wohl auch gegen strafrechtliche Regelungen sind in dieser Dimension hoffentlich einmalig in unserem Land. Gemeinsam mit den Vorgängen um den Magdeburger Handballsport hat Sachsen-Anhalt damit auch bundesweit für negative Schlagzeilen gesorgt, Schlagzeilen, die gerade im Olympiajahr niemand braucht, am wenigsten die Sportlerinnen und Sportler.

Trotzdem ist es erforderlich, dass die einzelnen Sachverhalte aufgeklärt werden und dass wir uns als Landtag darüber klar werden, wie wir möglichst schnell sicherstellen können, dass ein derartiges Verhalten zukünftig unterbleibt. Wir müssen klären, wie es dazu kommen konnte, dass Einzelne in einem Verband nach Gutdünken agieren konnten und jegliche Kontrolle versagte. Frau Bull, es waren auch Frauen dabei, so viel Zeit muss sein.

(Frau Bull, DIE LINKE: Wer denn?)

Ich möchte es nicht versäumen, dem Landesrechnungshof ausdrücklich dafür zu danken, dass er bereit war, auf Bitten des Ministeriums für Soziales und des Landesspotbundes hin zeitnah eine Kontrolle aller Bereiche des Landessportbundes durchzuführen. Das ist nicht einfach

gewesen. Wir als sportpolitische Sprecher haben damals beide Beteiligten gebeten, an den Landesrechnungshof heranzutreten. Ich glaube, das ist eine richtige Entscheidung gewesen.

Ich bin ihm auch dafür dankbar, dass seine Ergebnisse in dem Bericht außerordentlich ausgewogen dargestellt worden sind. Dieser Bericht und die darin enthaltenen Schlussfolgerungen sind aus meiner Sicht der Handlungsrahmen für den Landessportbund, aber auch für das Sozialministerium, wenn es um die Aufarbeitung geht.

Ich möchte trotz aller Kritik, die ich am Handeln des Sozialministeriums habe und auf die ich gleich eingehe, der Sozialministerin dafür Respekt zollen, dass sie den Mut hatte, nach dem Bekanntwerden der diversen Vorwürfe die entsprechenden Sachverhalte durch den Landesrechnungshof überprüfen zu lassen, wenn auch ein wenig gedrängt von den Medien und vom Sozialausschuss. Dieser Überprüfung zuzustimmen, ist sicherlich nicht leicht gewesen, wenn man insgesamt zehn Jahre politische Verantwortung dafür getragen hat.

Meine Damen und Herren! Ich glaube aber, dass die personelle Kontinuität nicht nur der Ministerin sondern auch im Verwaltungsbereich eines der Probleme der Aufarbeitung und des Neuanfanges ist. Denn während der Landesrechnungshof die Verantwortung von Sport und Ministerium sehr ausgewogen darstellt, finden sich in den Erklärungen des Ministeriums nur sehr spärliche und zögerliche Hinweise darauf, dass auch das Ministerium und damit die Ministerin Verantwortung für die derzeitige Situation tragen. Auch heute haben Sie gesagt, Sie haben jetzt eine Sondergruppe eingerichtet und die schaut dann mal.

Wenn ich den Bericht des Landesrechnungshofes lese, dann stelle ich fest, dass die Aussage dort sehr klar ist: Nicht nur die interne Kontrolle des Sports hat versagt, sondern auch die externe Kontrolle der Verwaltung. Nicht geprüfte Verwendungsnachweise, fehlende Kontrollen des wirtschaftlichen Handelns des LSB sowie das Dulden zahlreicher Doppel- und Mehrfachfunktionen von Sportfunktionären sind nur einige Beispiele dafür. Es ist niemandem verborgen geblieben, dass einzelne Herren und Damen an mehreren Stellen im Landessportbund aufgetaucht sind.

Meine Damen und Herren! Anders als Sie, Herr Gallert und Frau Bull, vermag ich auch keinen wirklichen Aufklärungswillen zu erkennen. Ich sehe vor allem das Bestreben, die Fehler beim Sport zu sehen, und ich sehe vor allen Dingen das Bestreben, jemanden zu finden, der die Schuld hat.

(Frau Bull, DIE LINKE: Ihre Selbstkritik ist nicht zu übertreffen!)

Ein eindrucksvoller Beleg dafür ist die Präambel der Prozessvereinbarung zwischen dem MS und dem LSB. Darin steht: Der Sport ist schuld. Das halte ich nicht für eine tragfähige Grundlage. Meine Damen und Herren! Für einen wirklichen Neuanfang ist Glaubwürdigkeit erforderlich.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese erreichen Sie nur, wenn Sie die Fehler auf beiden Seiten aufklären,

(Herr Tögel, SPD: Da sollten Sie anfangen!)

und nicht dadurch, dass Sie Schuldige suchen. Sie haben nun eine Soko eingerichtet. Sie werden aber keine Glaubwürdigkeit bekommen, wenn Sie diese nur bis 2005 ermitteln lassen. Welchen Grund gibt es dafür?

Sie werden Glaubwürdigkeit auch nicht bekommen, wenn Sie Damen und Herren damit beauftragen, die selbst Verantwortung getragen haben. Wenn Sie das machen, dann sorgen Sie nur dafür, dass Sie kaum das ermitteln können, was zeitlich vor 2005 stattgefunden hat, weil das in Ihrer Zeit auch so ist.

Sie erreichen keine Glaubwürdigkeit, wenn Sie hingehen und sagen: Der Sport soll mehr Verantwortung tragen und die Mitglieder in den Hauptausschüssen und Präsidien müssen kritischer sein. Dann gehen Sie gleichzeitig hin und sagen: Aber ich sage euch, wen ihr wählen dürft.

Sie erreichen keine Glaubwürdigkeit, wenn Sie das aus meiner Sicht größte Problem - Frau Bull, darin stimme ich Ihnen völlig zu -, nämlich die Personalverflechtungen zum Beispiel zwischen dem Trägerverein, dem Olympiastützpunkt und dem Ministerium dadurch optimieren, dass Sie den Abteilungsleiter, der inzwischen nicht mehr für den Sport zuständig war, durch die Staatssekretärin austauschen. Wie soll denn zukünftig das Ministerium oder das Landesverwaltungsamt irgendetwas prüfen, was in diesem Trägerverein beschlossen worden ist?

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Davon halte ich gar nichts. Ich hoffe, dass Sie nach dieser Diskussion auch mitgehen und sagen, in Aufsichtsräten haben Minister - das haben wir im Landtag schon oft diskutiert - möglichst nichts zu suchen, und meiner Meinung nach auch keine Staatssekretäre; vielmehr haben dort nur Mitarbeiter etwas zu suchen, mit denen das Ministerium, das Ressort sicherstellen kann, dass die Interessen des Landes berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren! Auch das übrige Krisenmanagement ist nicht wirklich glücklich. Da wird an einem Tag verkündet, die Mensen und Internate würden jetzt von der Salus gGmbH bewirtschaftet. Am nächsten Tag galt das schon nicht mehr. Man hatte vergessen, bevor man es verkündet, die Salus einmal zu fragen.

Dann ist ausgerechnet der Bereich der Fördermittelbewirtschaftung an das Ministerium gezogen worden, der laut Landesrechnungshof eigentlich funktioniert. Es sind jetzt sieben Mitarbeiter dabei, die Arbeit zu prüfen, die vorher fünf Mitarbeiter im Landessportbund gemacht haben.

Der Übergang konnte dem Ministerium auch gar nicht schnell genug gehen; denn man ist seit dem 15. April 2008 zuständig, obwohl man gar keine Richtlinien dafür hat. Wie lange es dauert, bis man Richtlinien im Sozialministerium anpasst, wissen wir aus der Arbeit im Sozialausschuss nur zu gut. Es gibt einige, auf die wir schon lange warten.

Überrascht hat mich zum Beispiel auch die Pressemitteilung des Sozialministeriums, in der alle Vereine, die mit der bisherigen Förderung durch den LSB nicht zufrieden sind, aufgefordert werden, sich an das Ministerium zu wenden. Dann werden die sieben Leute gut Arbeit bekommen. Ich bin mir aber nicht ganz sicher - ich habe einmal nachgesehen und festgestellt, dass ein Teil von ihnen noch gar nicht im Sportbereich gearbeitet hat -, wie sie denn beurteilen wollen, ob der LSB die Vereine zu Recht oder zu Unrecht nicht gefördert hat.

Das alles mutet aus meiner Sicht doch eher chaotisch an. Ich hätte erwartet, dass Sie den Bereich der Verwendungsnachweisprüfung stärken. In diesem gibt es nämlich erhebliche Probleme. Ich hätte auch erwartet, dass Sie sich juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand einkaufen, um die ernsthaften Probleme des LSB zu lösen. Diese überlassen Sie jetzt aber ganz offensichtlich dem LSB. Sie müssten aber jetzt eigentlich hingehen und klären, welche Regresse gegenüber welchen Personen und welchen Gesellschaften geltend gemacht werden müssen. Wozu führt es, wenn wir zum Beispiel - -

(Zurufe - Unruhe)

Hören Sie doch bitte einmal der Rednerin zu, meine Damen und Herren. Wenn Sie so unruhig sind, verstehen wir sie ja gar nicht.

(Frau Budde, SPD: Auch wenn es schwer fällt!)

- Auch wenn es schwer fällt. Das ist nun einmal so in einer Demokratie.

Es ist immer ärgerlich, wenn einer eine andere Meinung hat als man selbst, Frau Budde.

Nun ist nach dem Haus der Athleten in Magdeburg auch das Schanzenhaus in Wernigerode und jetzt die MAG in Insolvenz gegangen. Dabei hat man offensichtlich darauf vertraut, dass die Patronatserklärung des LSB gegenüber der Sparkasse Wernigerode nicht zieht, weil sie nur vom Präsidenten des LSB unterschrieben worden ist. Ob das wohl vor Gericht hält? Ich habe daran Zweifel und halte das Vorgehen zumindest für riskant.

Diese Einsicht scheint ja jetzt auch im Ministerium zu greifen; denn nachdem man Anfang des Monats in öffentlichen Gesprächen mit Sportfunktionären noch gesagt hat, man wolle diese Gesellschaft geordnet in Insolvenz führen, ist heute in der „Mitteldeutschen Zeitung“ und in der „Volksstimme“ zu lesen, dass allein der Sport dafür verantwortlich ist.

Meine Damen und Herren! Das alles ist nicht organisiert. Das alles macht keinen Eindruck professioneller Arbeit.

(Beifall bei der FDP)

Hier wird offensichtlich jeden Tag etwas Neues entschieden, jeden Morgen in der Lage wahrscheinlich eine neue Richtung vorgegeben. Das führt dazu - deshalb ist mir das auch wichtig, Frau Bull -, dass inzwischen überall im Land zum Teil völlig irre Gerüchte brodeln. Es ist davon die Rede, das Ministerium wolle die Sportstrukturen zerschlagen. Es ist davon die Rede, man versuche, das Geld, das der Sport bisher bekommen habe, in andere Förderbereiche umzulenken.

Ich glaube, das alles sind Dinge, die wir nicht gebraucht hätten und die wir in diesem Bundesland im Sport auch nicht brauchen. Für einen Neuanfang sind das fatale Gerüchte; denn das bringt den Sport tatsächlich in eine Verteidigungshaltung, die ich für falsch und schädlich halte.

Ich fordere Sie deshalb auf, alles dafür zu tun, dass wir mit Glaubwürdigkeit beide Seiten an den Tisch bekommen. Hierbei ist im Augenblick das Ministerium gefordert, weil das der Handelnde tun muss. Der LSB ist im

Augenblick meiner Meinung nach nur noch vollziehende Stelle.

Frau Bull, es ist wichtig, dass dem Sport klar gemacht wird, dass solche Handlungsweisen nicht mehr vorkommen dürfen. Ich muss mich aber selbst auch an Recht und Gesetz halten und muss das vorleben. Ich muss dem anderen beibringen, dass Reue nicht bedeutet, dass ich mich beim nächsten Mal nicht erwischen lasse, sondern dass Reue bedeutet, es nicht mehr zu tun. Dafür braucht es meiner Meinung nach die Arbeit beider Seiten.

Meine Damen und Herren! Der Landessportbund hat Konsequenzen gezogen, auch personeller Art. Er steht inzwischen zu seiner Verantwortung. Ich erwarte das Gleiche vom Sozialministerium. Klären Sie schnell, welchen Anteil auch Ihr Verhalten hatte, und stellen Sie sicher, dass die Strukturen in der Verwaltung zukünftig solche Fehlentwicklungen vermeiden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)