Darüber hinaus ist festzustellen, dass wir sogar der Forderung der LINKEN auf Einrichtung eines Unterausschusses des Umweltausschusses stattgeben wollten. Das haben wir angekündigt. Es bestand die Bereitschaft aller, zusätzlich und vertieft in einem Unterausschuss des Fachausschusses die Dinge detailliert weiter zu erörtern.
Außerdem möchte ich feststellen, dass in dieser Angelegenheit eine Transparenz herrscht, die man so vielleicht nicht überall feststellen kann. Alle Daten, die ver
fügbar sind, sind veröffentlicht worden, die Bürger sind informiert, es ist eine Website mit Informationen geschaltet und Bürgerforen wurden betreut.
Neben der Beratung von zwei Fachausschüssen - das muss man einmal feststellen -, dem Angebot, einen Unterausschuss einzurichten, der Arbeit mit den Bürgern vor Ort und der Veröffentlichung von Daten, die zugänglich sind, bedarf es formell nicht der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als drittem oder viertem Instrument. Das macht noch einmal deutlich, worum es wirklich geht.
Weitere Interventionen sehe ich nicht. Dann können wir in der Debatte fortfahren. - Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Kley von der FDP das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten aufgrund verschiedener Zwischeninterventionen schon Interpretationen, wozu ein Untersuchungsausschuss fähig wäre und wozu nicht. Mich interessiert an dieser Stelle viel mehr, ob sich auch die SPD-Fraktion heute noch zu diesem Thema äußern möchte, nachdem Herr Stadelmann für die Koalition reden durfte.
- Sie reden noch. Das ist beruhigend. Es ist nämlich auch interessant zu erfahren, wie Ihre Fraktion zu diesem Thema steht. Bisher haben wir nur von einer Fraktion ein Abwiegeln gehört, bei dem es um Stichworte wie „Kriminalisierung einer ganzen Branche“ ging,
obwohl gerade diese Branche selbst eine Aufklärung fordert, und zwar - deswegen brauchen wir einen Untersuchungsausschuss - nicht erst seit den ersten Berichten in einem Fernsehmagazin. Hinweise aus der Bevölkerung gingen schon lange bei den zuständigen Behörden ein. Jedes Mal wurde geantwortet, dass alles, was dort passiere, im Rahmen des Zulässigen sei.
Im Untersuchungsausschuss wird es darum gehen, ob das, was als zulässig bezeichnet wurde, überhaupt zulässig war. Das beginnt schon bei der Umdeklarierung bzw. bei der Überführung in den einheitlichen Abfallartenkatalog, als offensichtlich Nummern verwendet wurden, die falsch waren, wobei ein Mitarbeiter der Illusion anhing, wenn er eine Abfallschlüsselnummer unterschiedlich definiere, sei das nicht mehr das Original.
Meine Damen und Herren! Das Ding heißt „einheitlicher Abfallartenkatalog“, nicht aber „interpretationsfähige Abfallschlüsselnummer“.
In diesem Zusammenhang wird man fragen müssen, wo die Fachaufsicht geblieben ist und warum die jeweiligen Behörden, nachdem offenkundig war, dass Probleme vorliegen, nicht gehandelt haben. Aus Angst vor angeblichen Schadenersatzansprüchen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann hätte man sie kommen lassen müssen. Dann hätte man gesehen, dass es bei der Einlagerung in die Tongrube, bei
der Verfüllung nicht darum ging, einen Abschlussbetriebsplan durchzuführen, sondern dass die Gewinnmargen so hoch waren, dass offensichtlich keine normalen Abfallströme dort einfließen konnten. Das hat die Untersuchung, die in den letzten Wochen durchgeführt wurde, nachgewiesen.
An dieser Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist zu klären, worum es ging und was unterstützt wurde. Dazu brauchen wir einen Untersuchungsausschuss, um intensiv in die Akten einsehen zu können, um Mitarbeiter befragen zu können und vor allem um - das ist das Wichtige - für die Zukunft Derartiges zu verhindern.
Wenn es nicht so komisch wäre, könnte man ja den Antrag bzw. den Vorschlag der CDU-Fraktion unterstützen. Lassen Sie uns doch bis zur Bundestagswahl untersuchen, warum die Große Koalition im Bund nicht für eine einheitliche Rechtslage gesorgt hat und warum die Große Koalition im Bund offensichtlich nicht in der Lage war, dafür zu sorgen, dass in den Ländern ein einheitliches Handeln vollzogen werden kann, und damit derartigen Machenschaften Vortrieb geleistet hat.
Mich erstaunt schon, dass Sie derartige Anträge stellen. Vielleicht wäre hier längeres Nachdenken tunlich gewesen, um das Ganze in einen positiven Bereich zu bringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist darauf verwiesen worden, dass es auch in den Ausschüssen möglich ist zu befragen. Nun, wir kennen die Praxis des einen oder anderen Hauses, dass Mitarbeiter aus nachgeordneten Behörden nicht allein auf Fragen antworten dürfen. Vielmehr wird ein Begleiter zur Seite gestellt - sowohl bei Gesprächen in den Fraktionen als auch im Falle von Ausschusssitzungen. Ich weiß nicht, ob Derartiges immer der Wahrheitsfindung dient. Vielleicht kann ein Untersuchungsausschuss die betreffenden Mitarbeiter einmal von ihren Schatten befreien und das eine oder andere Thema direkt aufarbeiten.
Nachdem hier im Lande verschiedenste Vorfälle aufgetreten sind - ich erinnere an Brände in Zwischenlagern und daran, dass das zuständige Umweltministerium angeordnet hat, dass bei Anlagen, die brandgefährdet sind, zumindest zweimal im Jahr vorweggeschaut werden sollte -, ist natürlich auch zu hinterfragen, warum man das nicht auf die gesamte Branche ausgedehnt hat und warum man nicht noch einmal darauf aufmerksam gemacht hat, dass hier offenkundig das Problem von Unregelmäßigkeiten besteht und verstärkt Kontrolltätigkeiten durchzuführen sind.
Dabei war auch die Anlage in Rietzel, die sich in der Nachbarschaft einer Grube befindet, die nun untersucht wird, bei der die Rede davon ist, dass Abfälle eingelagert worden sind, die sich - ob nun zufällig oder nicht - weit abseits von genehmigten Abfallartenkatalogen befinden.
Wenn sich die Menge des Mülls, der in Tongruben eingelagert wird, von 1,7 Millionen Jahrestonnen im Jahr 1996 auf 4,4 Millionen Jahrestonnen im Jahr 2006 entwickelt, hätten die Behörden doch eigentlich hellhörig werden und nachgucken müssen, ob dass alles rechtmäßig ist. Zumal die Branche ansonsten bundesweit klagt, dass zu wenig Müll vorhanden ist und gerade hier
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss hat viel zu tun. Es wird Zeit, dass wir ihn einsetzen. Ich hoffe, dass die Ergebnisse aus diesem Ausschuss dazu dienen, zukünftig derartige Probleme zu verhindern und Sachsen-Anhalt bundesweit zu einem Land zu machen, in dem Recht und Gesetz zur Geltung verholfen wird und in dem wir stolz darauf sein können, dass unsere Verwaltung ordentlich arbeitet, und nicht von Fraktionen Skandalisierung unterstellt wird, nur weil jemand versucht, etwas aufzuklären. Wenn das Ihre Haltung wäre, dann wäre auch die Polizei abzuschaffen, weil die auch immer wieder dafür sorgt, dass Verbrechen aufgedeckt werden. - Ich danke Ihnen.
Herr Kley, vielen Dank für Ihren Beitrag. - Wir kommen zu dem Debattenbeitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Graner hat jetzt das Wort. Bitte schön, Herr Graner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kley, wir müssen Sachsen-Anhalt nicht zu einem Land machen, in dem Recht und Gesetz durchgesetzt werden. Es ist bereits ein solches Land.
Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie zu Beginn Ihrer Rede ausdrücklich nach der Position der SPD gefragt haben; denn während der bisherigen Debatte saß ich dort oben, hörte zu und dachte: Es wird schon vieles von dem gesagt, was du dir zu sagen vorgenommen hattest; musst du das alles wiederholen? Sie fragten nach der Position der SPD. Ich freue mich, sie hier vortragen zu können.
Meine Damen und Herren! Vor einigen Wochen war ich noch kein Experte in Sachen Abfallentsorgung oder Müll oder Ähnliches. Aber die Vorgänge in meinem Wahlkreis im Jerichower Land haben mich dazu gebracht, dass ich mich in den letzten Wochen sehr intensiv mit der Materie beschäftigt habe.
Die Fragen, die in dem Antrag gestellt worden sind, möchte ich auch gern beantwortet haben. Diese Fragen möchten auch die Bürgerinnen und Bürger in der Region beantwortet haben, nicht nur im Jerichower Land, sondern auch in anderen Regionen, in denen Tongruben betroffen sind.
Die Betroffenen fragen immer wieder: Wie geht es denn weiter? Schließlich - Frau Hunger hat darauf hingewiesen - möchte das gesamte Parlament diese Frage beantwortet wissen. Zu klären ist dabei auch, inwieweit dieses Geflecht von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten letztlich den Missbrauch erst ermöglicht.
Herr Stadelmann hat darauf hingewiesen, dass es keine einheitliche Rechtslage auf Bundesebene gibt. Ich glaube, hiermit haben wir ein Problem, an dem wir arbeiten sollten.
Ein zweiter Aspekt kommt hinzu - das ist auch schon gesagt worden -: Das Thema Müllentsorgung ist gern einmal für einen öffentlichen „Aufreger“ gut. Aber es gibt in
der Branche eine Reihe von Unternehmen, die ordnungsgemäß mit der Materie umgehen, die in SachsenAnhalt viele Millionen investiert haben und hier viele Arbeitsplätze geschaffen haben.
Wir müssen diese Unternehmen immer auch in Schutz nehmen, so hitzig die Diskussionen auch sein mögen. Das kommt in der öffentlichen Berichterstattung etwas zu kurz. Dort wird gern einmal der Einzelfall aufgegriffen, der Skandal, und der oberflächliche Medienkonsument gewinnt dann schnell den Eindruck, dass in der ganzen Branche etwas nicht stimmt. - Das stimmt nicht.
Wir in Deutschland sind, denke ich, auch in der Abfallentsorgung durchaus Vorreiter. Wenn wir uns andere Regionen Europas anschauen, dann wissen wir, dass wir hier schon relativ weit sind. Das ist keine Pauschalentschuldigung, aber das ist ein Fakt, der hier auch einmal festgehalten werden sollte; denn das wird in den Medien leider nur selten berichtet.
Umfassende Aufklärung ist also geboten. Aber ein Untersuchungsausschuss? - Ich habe mir die bisher neun abgeschlossenen Untersuchungsausschüsse in der Geschichte dieses Parlaments einmal angeschaut. Der Untersuchungsausschuss zur Treuhand wird im Nachhinein - ich habe mich umgehört - auch von denen, die schon länger im Parlament sind und das damals miterlebt haben, als sehr wichtig und positiv eingeschätzt. Aber wenn es um die Verwendung eines Briefkopfes oder um die Atmosphäre in einem Vorzimmer geht, dann kann man das Publikum damit nicht mehr wirklich unterhalten. Mancher draußen im Land fragt sich dann zu Recht: Was für Spielchen treiben die da eigentlich im Parlament?
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss ist zentrales verfassungsmäßiges Recht einer Minderheit im Parlament. Das ist heute oft gesagt worden. Das ist in der Landesverfassung niedergelegt und das steht so im Untersuchungsausschussgesetz. Das ist ein zentrales Recht in einer Demokratie; daran gibt es überhaupt nichts zu rütteln. Doch die Vergangenheit zeigt auch, dass dieses Recht von allen Parteien - machen wir uns nichts vor -, von allen Parteien gern auch einmal für machtpolitische Spielchen ausgenutzt wird.
Meine Damen und Herren! Meiner Fraktion geht es in erster Linie um Aufklärung in der Sache. Wo die Aufklärung stattfindet, ob in einem Untersuchungsausschuss, ob in einem Unterausschuss oder in den sonstigen Ausschüssen, ist meines Erachtens zweitrangig. Entscheidend ist, dass wir die Vorgänge aufklären.
Ich habe nochmals eine Erklärung der Bürgerinitiative erhalten. Auch sie fordern eine konsequente Aufklärung der Vorgänge und vor allen Dingen auch über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die möglicherweise bereits vorliegen.
Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt wirklich die Chance, Licht in das Dunkel zu bringen. Lassen Sie uns
im Untersuchungsausschuss gemeinsam dazu beitragen, dass dieser Untersuchungsausschuss später nicht in einem Atemzug mit Briefköpfen oder Vorzimmern genannt wird, sondern dass wir in diesem Untersuchungsausschuss unserem Auftrag als Volksvertreter wirklich gerecht werden. - Vielen Dank.