Frau Präsidentin! Herr Kollege Gürth, ich werde natürlich von meinem Recht zu erwidern Gebrauch machen.
Sehr geehrter Herr Kollege Kolze, ich freue mich außerordentlich auf die Ausschussberatung. Dann können wir einmal detailliert in die Studie schauen. Vieles von dem, was Sie aus der Studie abgeleitet haben, lässt sich vom Wortlaut der Studie her, denke ich, nicht so 1 : 1 umsetzen; denn die Studie hat sehr wohl gezeigt, dass es einen Großteil von Problemen hinsichtlich der Anordnung von solchen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gibt. Gerade die Anordnung ist ja der Beginn einer Maßnahme. Die gesamte Maßnahme sollte rechtsstaatlich und verfassungsrechtlich in Ordnung sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einige wenige Punkte aufgreifen, zum einen noch einmal die Frage der Dauer der Maßnahme. Ich habe das von Ihnen, Frau Ministerin, gehört. Kollege Rothe hat in nacheilendem oder vorauseilendem Gehorsam auch gleich gesagt, dass das viel zu viel ist.
Ich weiß nicht, ob wir uns auf Dauer auf die Studie des Max-Planck-Institutes stützen können und ob es nicht vielleicht doch sinnvoll wäre, stichprobenartig einfach einmal zu schauen, wie lange in Sachsen-Anhalt eine solche Maßnahmen dauert und wie oft es eine Verlängerung von solchen Maßnahmen gibt. Ich kann das alles auch in Kleinen und Großen Anfragen erfragen. Die Arbeit bleibt dieselbe. Vielleicht können wir uns im Laufe der Ausschussberatung doch dazu durchringen, dies zu überprüfen und uns das etwas genauer anzusehen. Vielleicht ist der Bericht der Landesregierung etwas detaillierter, dass man das überschlägig sagen kann. Ich denke, das würde uns reichen.
Mir persönlich ist es jedoch zu wenig, wenn nur gesagt wird, die Dauer einer Maßnahme beträgt drei Monate, sie kann verlängert werden und die Zeit wird vielleicht nicht in jedem Fall ausgeschöpft. Ich denke, wir sollten uns die Zeit dafür durchaus nehmen.
Frau Ministerin, auf die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaften nehmen wir natürlich sehr viel Rücksicht. Aber wenn es um eine solche Befugnis geht, die in Grundrechte der Bürger eingreift, dann sollte man vielleicht eine etwas genauere Abwägung vornehmen. Aber ich glaube, wir können sie im Ausschuss gemeinsam durchführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Direktabstimmung. Herr Rothe, ich bleibe bei dem Antrag auf Direktabstimmung, auch wenn Sie den Antrag vielleicht in den Ausschuss überweisen wollen. Ich glaube, wir haben in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses schon einmal versucht, das Verfahren etwas aufzudröseln. Ein Antrag, der eigentlich auf eine Berichtspflicht abzielt, wenn er direkt angenommen wird, wird in den Ausschuss überwiesen, dort unterhalten wir uns über den Antrag, schicken ihn ins Plenum zurück, stimmen ihm zu und dann wird der Bericht im Ausschuss gegeben.
Eigentlich ist damit gemeint, dass es, wenn Sie den Antrag annehmen, einen Bericht gibt. Wenn Sie der Meinung sind, dass der Antrag der FDP, bis auf die Frage der Dauer der Maßnahmen, in Ordnung ist, dann hätten Sie einen Änderungsantrag stellen können, aus dem hervorgeht, dass Sie das nicht besprechen wollen. Dann hätten wir den Antrag hier annehmen können. Ich finde, wir machen uns die Arbeit im Ausschuss etwas schwerer, als es eigentlich geboten ist.
Mir geht es darum, dass wir uns über diese Maßnahmen unterhalten; denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Freien Demokraten geht es darum, Sicherheitspolitik verfassungsrechtlich sauber mit Befugnissen und Maßnahmen auszugestalten, die tatsächlich zu einer objektiv verbesserten Sicherheitslage für unsere Bürger führen. Dazu ist es notwendig, dass wir jede Maßnahme auf ihre Effektivität und auch auf ihre Handhabbarkeit hin überprüfen.
Eine letzte Bemerkung zu modernen Strafverfolgungsmitteln. Sie, Herr Kollege Kolze, haben gesagt, der Täter, der Kriminelle muss wissen, dass der Strafverfolgungsbehörde auch moderne Strafverfolgungsmittel zur Verfügung stehen.
Das ist genau ein Punkt, der in der Studie des MaxPlanck-Instituts aufgegriffen worden ist. Sie hat nämlich ausdrücklich Folgendes gesagt - ich darf das vielleicht einmal zitieren -:
„Eine Betrachtung der TKÜ bedarf weiterhin auch der Berücksichtigung der Veränderung der Ermittlungsformen und des Kommunikationsverhaltens. Während sich die StPO“
„in ihrer Ausrichtung auf die traditionellen Kriminalitätsformen und abgeschlossenen Sachverhalte bezieht und in diesem Sinne retrospektiv ist, wird die TKÜ zum größten Teil in Verfahren eingesetzt, mit denen im Rahmen der Ermittlungstätigkeit ein kriminelles Geschehen begleitet wird, ehe es zu Tat und Zugriff kommt. Zudem hat sich im Rahmen der Zunahme der Telekommunikation mit Zügen ins Massenhafte eine erhebliche Veränderung im technischen Bereich wie auch im Feld der Nutzer der Telekommunikation ergeben.“
Die Studie besagt damit, dass der Gesetzgeber die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung an die heutigen technischen Standards und an das heutige Verhalten angleichen muss, und deshalb besteht dort Handlungsbedarf.
Wenn Sie wollen, dass wir moderne Strafverfolgungsmittel haben, dann brauchen wir gerade die Evaluierung dieser Maßnahme, um sie modern zu gestalten. Das liegt in unserem Interesse. Das bedeutet nicht zwangsläufig eine Ausweitung, sondern das bedeutet einfach eine Präzisierung der Maßnahme. Dann können wir die Sicherheitslage auch objektiv verbessern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich auf die Ausschussberatung und hoffe, dass wir bei einer direkten Annahme des Antrages in eine solche Ausschussberatung beim nächsten Mal eintreten können. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Kosmehl. - Damit ist die Aussprache beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/97 ein. Zunächst ist die Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung beantragt worden.
Ich schicke vorweg, dass Herr Kosmehl im Grunde genommen darin Recht hat, dass Anträge auf solche Berichterstattungen eigentlich mehr für Direktabstimmungen geeignet sind. Es hat jedoch Zweifel am Umfang der Berichterstattung gegeben und deshalb muss zunächst dem Überweisungsersuchen Rechnung getragen werden.
Wer also die Drs. 5/97 in den Ausschuss für Recht und Verfassung überweisen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Linkspartei.PDS. Wer ist dagegen? - Das ist der Antragsteller. Damit ist der Antrag in den Ausschuss für Recht und Verfassung überwiesen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 9 verlassen.
Frau Präsidentin, wir bitten Sie um Entschuldigung dafür, dass nicht gemeldet wurde, dass wir hierbei eine Änderung vorgenommen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Opferschutz ist ein wichtiges Thema. Hierin sind wir uns sicherlich alle einig. Die Opfer einer Straftat sind immer die Benachteiligten und bedürfen häufig staatlicher Unterstützung, wenn sie als Geschädigte zum Beispiel Traumata, Belästigungen, Krankheiten oder finanzielle Einbußen erlitten haben. Jedes Opfer geht mit seiner individuellen Situation unterschiedlich um. Dies hängt selbstverständlich auch mit der Intensität der Straftat zusammen.
Im Hinblick auf die gesetzlichen Grundlagen ist in den vergangenen Jahren bereits einiges getan worden, um
die Stellung von Opfern im Strafverfahren und bei der eigenen Lebensführung zu verbessern. Im Opferschutzgesetz wurde die Beteiligung des Opfers im Strafverfahren festgeschrieben. Der Zeugenschutz wurde durch die Ermöglichung von Vernehmungen per Video und die Vertretung der Opfer durch so genannte Opferanwälte in Strafverfahren verbessert.
Im Jahr 1999 wurde der Täter-Opfer-Ausgleich gesetzlich verankert. Durch das Opferrechtsreformgesetz wurden die Informationsrechte der Opfer von Straftaten verbessert. Durch die Einführung des so genannten Adhäsionsverfahrens wurde es dem Opfer einer Straftat ermöglicht, seine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche im Strafverfahren mit geltend zu machen.
Auch bei der Entschädigung von Opfern wurden durch das Opferentschädigungsgesetz Verbesserungen erzielt. Es regelt die Leistung von Heilbehandlungen und beruflicher Rehabilitation und die Zahlung von Witwen- und Waisenrenten sowie Erwerbsminderungsrenten.
In diesem hohen Hause wurde in jeder der letzten Haushaltsberatungen dem Ansinnen des Opferschutzes in finanzieller Hinsicht in erster Linie durch die Sicherung der Mittel für den Täter-Opfer-Ausgleich Rechnung getragen. Im Haushaltsplan 2006 wurden 318 000 € als Zuwendungen zu Maßnahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Straffälligenentschuldung eingestellt.
Es kann somit festgestellt werden: In dem Ziel, gerade die finanziellen Mittel für den Täter-Opfer-Ausgleich sicherzustellen, war sich dieses Hohe Haus in den letzten Jahren immer einig. Warum bedarf es neben einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und der finanziellen Absicherung des Themas Opferschutz noch einer eigenen Opferschutzstiftung? Das Ziel der Opferschutzstiftung ist es, den Opfern in dringendsten Notfällen ergänzende finanzielle Hilfe zu leisten und Lücken bei bestehenden Opferschutzregelungen zu schließen. Diese können dadurch entstehen, dass dem Opfer durch eine Gewalttat ein exorbitanter Sach- und Vermögensschaden entsteht und keine Versicherung diesen Schaden übernimmt, oder dadurch, dass der Täter zahlungsunfähig ist.
Seit dem Jahr 2001 wurden in den Ländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen von den jeweiligen Justizministern Landesstiftungen zur Stärkung des Opferschutzes eingerichtet. Die Ausgestaltung, sowohl hinsichtlich der Finanzierung und des Verfahrens als auch hinsichtlich des Umfangs der Hilfeleistungen, weicht deutlich voneinander ab.
Auch in unserem Land sind in den vergangenen Jahren bereits Landesstiftungen - nicht zum Opferschutz, sondern mit einem anderen Stiftungszweck - errichtet worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zum wichtigen Punkt der Finanzierung einer Stiftung verlieren, weil dieser Punkt nicht schon vorab als Ablehnungsgrund verwendet werden sollte.
Über welche Summen sprechen wir bei der Errichtung einer Landesstiftung als weiteres Element des Opferschutzes? - Die Opferschutzstiftung in Rheinland-Pfalz hatte bei ihrer Einrichtung im Jahr 2001 ein Stiftungskapital von 500 000 €. Die laufenden Betriebskosten werden aus den Erträgen der Stiftung bestritten. In Niedersachsen betrug das Stiftungsvermögen 1 Million €.
Baden-Württemberg fällt aus diesem klassischen Modell einer eigenständigen Landesstiftung heraus, da die baden-württembergische Landesstiftung Opferschutz nur eine Unterstiftung der Landesstiftung Baden-Württemberg ist, die, glaube ich, ein Grundkapital von 3 Milliarden € hat und in vielen Bereichen tätig ist, so auch im Opferschutz. Das ist ein Sonderfall. Das werden wir niemals erreichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
- Wie gesagt, die Stiftung Baden-Württemberg hat eine ganze Bandbreite, in der sie tätig wird, unter anderem eben auch im Opferschutz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Arbeit einer Landesstiftung Opferschutz zu sichern, sollte langfristig die Rendite aus dem Stiftungsvermögen ausreichen, um die Ziele der Stiftung zu erreichen. Uns ist die angespannte Finanzlage des Landes Sachsen-Anhalt durchaus bewusst. Es könnte aber als Lösung beispielsweise überlegt werden, mit einem geringeren Anfangskapital zu starten und innerhalb eines festgelegten Zeitraumes durch Zuweisungen aus dem Landeshaushalt den Grundstock der Stiftung weiter zu erhöhen.
Der eigentliche Vorteil, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Errichtung einer Landesstiftung Opferschutz ist aber die Tatsache, dass Zustiftungen, und zwar insbesondere private Zustiftungen, ermöglicht werden und jederzeit möglich sind. Gerade dieses gesellschaftliche Engagement, das vielleicht in den nächsten Jahren weiter zunimmt, sollten wir uns auch für diesen Bereich zunutze machen, weil es auch eine Entlastung des Haushalts bedeutet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Organisation der bestehenden Opferschutzstiftungen der anderen Länder unterscheidet sich sehr stark. Beispielsweise verfügt die Stiftung in Rheinland-Pfalz über eine Geschäftsstelle im Justizministerium, wobei keine Mehrkosten für die Stiftung selbst entstehen. In Niedersachsen hingegen gibt es regionale Geschäftsstellen und es findet eine persönliche Opferbetreuung statt, was selbstverständlich wesentlich kostenintensiver ist.
Wie läuft nun das Verfahren bei der Entschädigung von Opfern in den anderen Ländern ab? Wer kann eine finanzielle Entschädigung beantragen? - Grundsätzlich muss ein enger Bezug zum jeweiligen Bundesland bestehen. Entweder muss der Bedürftige in dem jeweiligen Bundesland seinen Wohnsitz haben oder die Straftat muss sich dort ereignet haben. Somit ist auch der Anwendungsbereich klar definiert und eingeschränkt.