Protokoll der Sitzung vom 06.07.2006

Ich erinnere daran: Es gibt in dieser Bundesrepublik auch Verkehrsökologen. Einer von ihnen, Herr Becker von der TU Dresden, der ja dafür auch Geld erhält, erklärte einmal:

„Weil sich Raumstruktur, Güterstruktur und Logistikkonzepte sowie auch Marktnachfrage von dem Verkehrsträger Wasserstraße weg entwickelt haben, ist es selbst unter optimalen Standortbedingungen sehr schwierig, die Transporte von der Straße auf das Schiff zu verlagern.“

Das gebe ich nur zu bedenken.

Wir haben gerade in Magdeburg die Situation - deswegen ist die Verbreiterung der Stadtstrecke sehr schwierig -, dass wir die Kreuzhorst als eine der schönsten Auen haben, die man sich an der Elbe überhaupt vorstellen kann. Ich kenne eigentlich keine europäische Stadt, die damit gesegnet ist. Wir würden sie wahrscheinlich trocken baggern.

(Herr Gürth, CDU: Das ist Unsinn!)

Der Verkehrsminister des Landes sieht das ein wenig anders. Deswegen sind wir natürlich für eine Gesamtkonzeption, damit er - der Bund hat das sowieso - Planungssicherheit für alle Maßnahmen hat, die da kommen - das ist ganz normal -, damit aber auch alle diejenigen, die das andere, sprich: das Ökologische, im Auge haben, wissen, was tatsächlich nicht geht.

Seit zehn Jahren, seit dem Jahr 1996, gibt es die ElbeErklärung, damals von Bundesverkehrsminister Wissmann, CDU, unterschrieben; aber wir sind kein Stückchen weitergekommen, obwohl die Kohl-Regierung noch bis zum Jahr 1998 an der Regierung gewesen ist. Jetzt fordert es eine andere Koalition. Seit zehn Jahren wird unterhalten und wird gebaut, aber wir kriegen die Gesamtkonzeption nicht hin, wahrscheinlich bis wir damit fertig sind, mit allen Baumaßnahmen. Wir streiten uns immer trefflich, ob es nun Reparatur-, Instandhaltungs- oder Unterhaltungsmaßnahmen sind. Maßnahmen zur Beseitigung der Schwachstellen unterstützen wir natürlich.

Wie gesagt, am 5. September 1996 wurde die Erklärung von Herrn Wissmann und den Verbänden unterschrieben. Ich halte es für sehr schwierig, davon jetzt auszugehen.

Ich habe auch an dem damaligen Elbe-Symposium - ich glaube, es war am 10. September 2001; dass ich das weiß, liegt an dem Datum - in Berlin teilgenommen. Das ist auch schon wieder fünf Jahre her. Wir bauen aber weiter an der Elbe und nun kommt auch noch der Saaleseitenkanal dazu.

In der vergangenen Woche habe ich mit dem Wasserstraßenneubauamt eine sehr interessante Veranstaltung in Genthin gehabt: „Stadtstrecke Elbe-Havel-Kanal in Genthin, Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17“. Das ist der letzte Abschnitt, der bis zum Jahr 2014 fertig gestellt werden soll. Dabei sagte uns der neue Leiter des Wasserstraßenneubauamts: Wir würden sehr gern mit dreilagigen Containern fahren, auch bis Berlin. Das geben einige Brücken aber nicht her. Es wird nur zweilagig möglich sein. - Dazu sage ich Ihnen: Das ist dann nicht rentabel, sage ich einmal, damit es funktioniert. Dazu werden Ihnen die Binnenschiffer sagen: Da müsst ihr

uns aber ein bisschen Geld in die Tasche stecken. - Das ist das Problem. Wir werden uns im Ausschuss sicherlich darüber unterhalten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Czeke. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Elbe hat uns hier im Hohen Hause schon mehrfach beschäftigt und der heutige Antrag ist aus meiner persönlichen Sicht mehr als überfällig.

Seit mehr als 150 Jahren hat der Mensch gestaltend in den Lauf der Elbe eingegriffen. Das, was Herr Czeke heute mehr oder weniger als erhaltenswert darstellt, ist letztlich durch den Eingriff des Menschen so entstanden. Würde man dem Fluss heute wieder seinen freien Lauf lassen, wie es Herr Dörfler & Co. hierzu immer wieder propagieren, dann müsste man letztlich die Menschen im Urstromtal entlang des Flusses umsiedeln. Ich glaube, das kann wohl niemand ernsthaft in Erwägung ziehen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Minister Herrn Dr. Daehre - Herr Scharf, CDU: Bei den Grünen steht so etwas immer wieder im Programm!)

- Ja, gut, da steht vieles drin.

Elbe und Saale sichern vielen Tausend Menschen ihre berufliche Existenz. Wir wollen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Die derzeit ausstehenden Unterhaltungsarbeiten wurden bereits im Bundesverkehrswegeplan - meine Vorredner haben darauf hingewiesen - festgelegt. Zur Verbesserung der Fahrwasserverhältnisse auf der Mittelelbe und damit zur Verbesserung der Gewährleistung eines wirtschaftlichen Schiffsbetriebes sollten die schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg errichteten, jedoch während der deutschen Teilung stark vernachlässigten Buhnen, Deck- und Leitwerke wiederhergestellt werden.

Des Weiteren sind die Gefällestrecke - die Felsenvorsprünge betreffend - in der Stadtstrecke Magdeburg sowie die kriegsbedingt nicht vollendete Niedrigwasserregulierung Dömitz/Hitzacker umzusetzen. Das waren Dinge, die bereits im Jahr 1992 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden sind.

Bei all diesen Maßnahmen handelt es sich um Regelungen im Niedrig- bzw. im Mittelwasserbereich. Das Erscheinungsbild der frei fließenden Elbe würde hierbei - was vielfach beklagt wird - keinesfalls verändert.

Die Festlegung zur Vollendung der Reststrecke an der Saale war für viele Unternehmen in unserem Land letztlich die Grundlage ihrer Ansiedlungsentscheidung. Sie warten allerdings seit dem Jahr 1992 vergeblich darauf, dass diese Maßnahmen realisiert werden. Verlässliche Politik sieht, glaube ich, anders aus.

Die EU-Kommission hat in ihrem Bericht zur Entwicklung des Güterverkehrs festgestellt, dass wir bis zum Jahr 2025 fast mit einer Verdoppelung des Güterverkehrs in Europa rechnen müssen.

Infolge der EU-Osterweiterung ist das Land SachsenAnhalt in der glücklichen Lage, sich nunmehr fast im

Zentrum dieser neuen, vergrößerten EU zu befinden. Es wird damit allerdings aber auch einen Hauptteil des steigenden Güterverkehrsaufkommens über seine Infrastruktur zu tragen haben. Nur mit einem integrativen Ansatz, der sowohl die Straße und die Schiene als auch die Wasserstraße berücksichtigt, wird es letztlich gelingen, die Güterverkehrsströme zu bewältigen.

Der Verkehrsausschuss der vergangenen Wahlperiode, dem ich angehörte, hat sich in Hamburg ein Bild von der Entwicklung des dortigen Hafens machen können. Uns ist sehr klar aufgezeigt worden, dass alle Prognosen, die man in Hamburg hatte, mehr als eingetroffen sind. Das wird ja von vielen Kritikern der Unterhaltungsmaßnahmen an der Elbe immer wieder infrage gestellt.

Wir sehen somit, dass die maritime Wirtschaft ein erheblicher Garant für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist. Wir wollen, dass das Land Sachsen-Anhalt Teil dieser Entwicklung wird. Wir wollen, dass sich das Land Sachsen-Anhalt mit seinen landesbedeutsamen Häfen zu einer Logistikdrehscheibe im Herzen Europas entwickelt.

(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der CDU)

Dazu müssen wir aber durch die Vollendung der ausstehenden Sanierungsarbeiten endlich die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Wir sehen, dass im Rahmen eines integrativen Gesamtkonzeptes für das Elbstromgebiet die Chance besteht, die nachhaltige Sicherung von Leben, von Arbeiten und von Ökologie in diesem Wirtschaftsraum in Übereinstimmung zu bringen. Elbe und Saale müssen zu wichtigen Verkehrsadern für Verkehr, für Logistik und für Tourismus in Mitteldeutschland werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen auch die Chance, in Abstimmung mit andern Elbanrainerstaaten die Entwicklung der Elbe als Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes weiter voranzutreiben und die Herausforderungen der künftigen Verkehrsentwicklung gemeinsam zu meistern.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Doege. - Nun spricht Herr Wolpert für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird diesen Antrag unterstützen. - Ich bitte den Präsidenten, meine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Genehmigung erteile ich gern.

(Zu Protokoll:)

Wenn es darum geht, einen vor relativ kurzer Zeit im Landtag gefassten Beschluss zu bekräftigen, vorausgesetzt man hat ihn seinerzeit mitgetragen, dann läuft man

Gefahr, die bereits geführte Debatte zu wiederholen. Dennoch, um es vorab zu sagen, unterstützen wir den Antrag der Regierungskoalition; denn an unserer grundsätzlichen Auffassung zur Thematik hat sich seit der damaligen Beschlussfassung insoweit nichts geändert.

Dass wir in Sachsen-Anhalt wirtschaftlich nutzbare Wasserwege benötigen, steht außer Frage. Über die Wasserstraßen sind wir mit Verkehrs- und Wirtschaftszentren in Europa verbunden. Die über 560 km an Bundeswasserstraßen können von der Binnenschifffahrt genutzt werden, allerdings in Abhängigkeit von den jeweiligen Fahrrinnentiefen.

Wenn es also um die Verbesserung der Schiffbarkeit der Elbe geht, dann geht es letztlich um die Anpassung der sachsen-anhaltinischen Infrastruktur an die Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft. Nur ein gut ausgebautes Netz an Straßen, Schienen und eben auch an Wasserstraßen gewährleistet den Zugang zu Märkten und stellt insofern die Grundlage einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik mit Neuansiedlungen oder Erweiterungsinvestitionen dar.

Die Kapazitäten auf den Straßen und Schienen sind begrenzt. Trotz des vorzunehmenden Erhalts und des Ausbaus des Straßennetzes wird angesichts der prognostizierten Zunahme des Güterverkehrsaufkommens dem Verkehrsträger Wasserstraße in Zukunft eine größere Bedeutung zukommen. Zwar ist der Anteil der Binnenschifffahrt mit 2,2 % in Sachsen-Anhalt gegenüber 6,3 % bundesweit geringer, doch ist dieser Anteil ausbaufähig, vorausgesetzt die Flussläufe sind intakt und es gibt verlässliche Transportbedingungen. Die bisherigen Investitionen in den Binnenhäfen an der Elbe und Saale haben zu Erhöhungen der Umschlagkapazitäten geführt.

Die Güterverkehrsprognosen des Bundes gehen von einem gesteigerten Verkehrsaufkommen auf der Elbe aus. Auch dieser Aspekt war ja bereits in der Februar-Landtagsdebatte erörtert worden. Mit Blick auf das prognostizierte Aufkommen für den Hamburger Hafen ist davon auszugehen, dass sich allein daraus für die Binnenschifffahrt erhebliche Chancen ergeben.

Wenn Hamburg nur 5 % seiner Container künftig mit dem Binnenschiff abfahren würde, so wären das nach meiner Kenntnis bis zu 500 000 Container jährlich. Damit könnten nach Einschätzungen etwa 200 000 LkwFahrten vermieden werden. Davon würden die Elbehäfen und natürlich auch die Saaleregion sowie der Leipziger Raum profitieren.

Umgekehrt liegen an der Saale Unternehmen wie Schwenk Zement, Solvay und das Steinsalzwerk esco, die auf den Bau des Saalekanals drängen, der eine Schiffbarkeit der Saale für größere Lastkähne ermöglichen würde. Die transportierten Mengen, die von der Straße auf das Wasser verlagert werden könnten, sind enorm. Beide Werke würden allein jeweils 250 000 t jährlich auf die Saale bringen, wenn dies möglich wäre. Hinzu kämen noch einmal 700 000 t vom Steinsalzwerk. Das würde zigtausend Lkw-Transporte auf der Straße ersparen.

Derzeit werden 150 000 t jährlich zum Mittellandkanal nach Haldensleben gebracht und dort verschifft. Der Lkw-Transfer macht dabei allein 40 % der Gesamttransportkosten aus, die wiederum gut 25 % der Gesamtproduktkosten einnehmen. Ein unhaltbarer Zustand, bedenkt man, dass sich direkt vor der Haustür ein Fluss befindet.

Die wirtschaftlichen Effekte und damit auch die Schaffung von Arbeitsplätzen durch wirtschaftlich nutzbare Wasserwege liegen auf der Hand. Der vorliegende Antrag stellt quasi auch eine Art Bekenntnis zugunsten der Elbe bzw. zugunsten der Saale dar. Hierzu gehört dann natürlich auch die Diskussion um die Gewährleistung der Fahrrinnentiefe bzw. die uneingeschränkte Befahrbarkeit der Wasserwege als Grundvoraussetzung für die Binnenschifffahrt. Die Fahrwasserverhältnisse sind unter Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verbessern.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen auch die wirtschaftlichen Impulse für Sachsen-Anhalt als Logistikstandort in Erfahrung gebracht werden. Welche Chancen ergeben sich durch die Verlagerung der Güterverkehrsströme auf die Wasserstraßen des Landes?

Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Logistik scheint sich auch für die Binnenschifffahrt und die Häfen unter diesem Gesichtspunkt weiteres Potenzial zu ergeben. Logistik ist eine wichtige Wachstumsbranche und gewinnt in den Unternehmen zunehmend an Bedeutung im Hinblick auf Wachstum und Wertschöpfung.

Die Binnenschifffahrt garantiert im Vergleich zu Straße und Schiene den ökologisch verträglichsten Gütertransport. Alles andere als die Weiterentwicklung der Elbe und der Saale würde den Interessen der Wirtschaft und damit letztlich auch unseren Interessen widersprechen. Wir stimmen dem Antrag zu.

Damit haben alle Fraktionen gesprochen. Jetzt kommt aber noch die Landesregierung. Es spricht Herr Minister Daehre.