Protokoll der Sitzung vom 06.07.2006

Das deswegen an dieser Stelle, weil ich sagen muss: Wir können durchaus stolz sein auf das nach der Wende Erreichte. Deswegen ist das Jahr 1994 für mich ein sehr relevantes Jahr. Dieses Jahr 1994 war das Jahr, in dem die industrielle und gewerbliche Produktion auf einem absoluten Tiefpunkt stand und in dem wir damals wegen der entsprechenden Umstrukturierungen und Transformationsprozesse praktisch auf niedrigstem Niveau begannen, eine neue Volkswirtschaft aufzubauen.

Wir werden also, nachdem der Trabi und der Wartburg weg waren und die Industrie den niedrigsten Produktionsstand hatte, in den nächsten Jahren nie wieder solche Emissionsbedingungen erreichen können, wenn wir davon ausgehen, dass unsere Volkswirtschaft eine Bevölkerung ernähren soll, die zurzeit 2,5 Millionen Menschen umfasst. Dafür brauchen wir Produktionskapazitäten, die schlicht und einfach mit Emissionen verbunden sind.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Wir müssen natürlich darüber reden, wie wir uns als Land Sachsen-Anhalt letztlich in das entsprechende Einsparungsziel der Bundesrepublik Deutschland - auch vor dem Hintergrund von Kyoto - einbringen. Da haben wir

schon zum heutigen Zeitpunkt mit unserem Anteil der erneuerbaren Energien den Anteil, der für den gesamten bundesdeutschen Durchschnitt gelten soll, erreicht.

Trotzdem haben wir diesbezüglich noch Potenziale und trotzdem können wir noch versuchen, entsprechende Effizienzen herbeizuführen im Sinne dessen, dass es darum geht, die vorhandenen Ver- und Entsorgungsstrukturen, aber vor allem die Netzstrukturen so belastbar zu gestalten, dass sie die ständig wachsenden Anteile der Erzeugung erneuerbarer Energien aufnehmen können und dass sich demzufolge trotz aller dieser technisch nicht ganz einfachen Dinge die entsprechenden Prozesse bei der Netzstabilisierung erzeugen lassen.

Sie haben den Vorschlag gemacht, dass wir bis zum ersten Quartal 2007 ein neues Energiekonzept vorlegen sollen. Ich kann Ihnen klar sagen: Wir arbeiten an einer Fortschreibung des Energiekonzeptes. Wir arbeiten auch deswegen daran, weil wir in dem bundespolitischen Kontext versuchen, uns an die aktuellen Bedingungen anzupassen, und vor allen Dingen, weil auch bestimmte Erfahrungen aus der aktuellen Gesetzgebung Eingang finden sollen.

Sie wissen, dass mit dem Energiewirtschaftsgesetz eine ganze Reihe von erheblichen Änderungen eingetreten sind, dass wir eine eigene Landesregulierungsbehörde geschaffen haben, die voll funktionsfähig ist, die zurzeit die Netzentgeltgenehmigung für die Stromnetze erteilt und in den nächsten Monaten auch für die Gasnetze erteilen wird und die in diesem Zusammenhang erste Erfahrungen sammelt, wenn es darum geht, die Gesamtpreissituation im Land Sachsen-Anhalt akzeptabel zu gestalten, zumindest im Quervergleich der internationalen Entwicklung.

Wir wissen, dass zum 1. Juli 2007 in der Fortfolge der Ablösung der Bundestarifordnung anstelle der Genehmigung der Strompreise die entsprechende Anreizregulierung über das Energiewirtschaftsgesetz sichergestellt werden soll und dass dies ein Prozess ist, bei dem wir bundesweit völliges Neuland betreten und noch nicht 100-prozentig wissen, was alles noch nachjustiert werden muss, damit die zu erzielenden Effekte wirklich eintreten.

Deswegen bitte ich darum, diese Fortschreibung des Landesenergiekonzepts als Prozess zu verstehen. Wir sind als Landesregierung jederzeit bereit, zum aktuellen Stand zu berichten. Wir wissen, dass wir durchaus andere Qualitäten erreichen müssen und dass die Datenbasis logischerweise fortgeschrieben werden muss.

Ich bitte aber, davon Abstand zu nehmen, uns ein derart enges Zeitkorsett anzulegen, dass wir nur unvollständige und unbefriedigende Arbeiten realisieren könnten. Wir wollen dies vielmehr gemeinsam mit Ihnen als Landtag so zu gestalten versuchen, dass wir auf der Basis des modifizierten neuen Landesenergiewirtschaftskonzepts für die nächsten zehn Jahre eine Planungssicherheit erhalten, die der Wirtschaft die Möglichkeit einräumt, selbst die entsprechenden Vorkehrungen für die Investitionen zu treffen.

Ganz zum Schluss noch ein Hinweis. Wir sind daran interessiert, dass die vorhandenen Förderrichtlinien auch die Problemfelder der entsprechenden Technologieentwicklung im Bereich der Energiewirtschaft mit befördern helfen. Wir unterstützen ganz konkrete Forschungsvorhaben in diesem Zusammenhang und sind gerade dabei, auch für die erneuerbaren Energien entsprechende

Technologieförderungen so an den Markt zu stellen, dass sie von den existenten Unternehmen im Land SachsenAnhalt aufgegriffen werden können. Ich denke da zum Beispiel an Speichertechnologien für die Windenergieerzeugung. Hierzu findet in den nächsten Tagen ein Gespräch auf der Ebene der Unternehmen, die auf diesem Gebiet tätig sind, statt. Wir werden gemeinsam eine Strategie festlegen. Auch darüber kann ich in dem entsprechenden Ausschuss berichten, wenn das gewünscht wird.

In diesem Sinne noch einmal zusammengefasst: Ja, wir wollen an diesem gesamten Prozedere mitarbeiten, aber ich bitte Sie, die Zeitachse zu überdenken. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Für die Fraktionen spricht als erster der Abgeordnete Herr Miesterfeldt für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn man sich das in diesen Tagen kaum vorstellen kann, selbst das Energiepotenzial der Sonne soll endlich sein. Von uns wird es vermutlich niemand erleben, aber die Endlichkeit dieser Ressourcen und der Umgang mit den Rückständen der Stoffe, aus denen wir Energie gewinnen, zwingt uns permanent und global zu einer Diskussion über die Fragen, die unter diesem Tagesordnungspunkt aufgerufen sind - und das auch und gerade im Hinblick auf die Generationen, die nach uns kommen.

Eingedenk dessen steht in der Koalitionsvereinbarung ein klarer Auftrag, das Landesenergiekonzept von 2003 fortzuschreiben. Insofern trägt der Antrag der Linkspartei.PDS Feuer zur Sonne. Aber da diese auch endlich sein soll, ergibt das durchaus wieder einen Sinn.

Es hat auch in der Vergangenheit Berichte über die Umsetzung des Landesenergiekonzepts gegeben und es wird sie weiterhin geben müssen. Angesprochen worden ist schon der Punkt, wie beispielsweise die Klimaschutzziele umgesetzt worden sind, wie Energiesparmaßnahmen gegriffen haben oder zukünftig greifen sollen. In Klammern: Wer hat gestern Abend oder heute früh seine Standby-Geräte ganz abgeschaltet?

Der Änderungsantrag greift eine Reihe solcher Fragen auf. Drei will ich herausgreifen.

Zweiter Anstrich: Wie hat sich die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes auf private und industrielle Verbraucher in Sachsen-Anhalt ausgewirkt?

Dann weiter unten: Wie soll dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft durch die hohen Energiepreise gegengesteuert werden?

Der nächste: Welchen Stellenwert soll künftig die heimische Braunkohle als Primärenergieträger im Energiemix des Landes haben?

Es gibt eine Menge von Gründen dafür, dass das Landesenergiekonzept fortgeschrieben werden muss, unter anderem auch den, dass der Energiesektor sich überhaupt und auch in unserem Land dynamisch entwickelt, und natürlich den, dass das eine oder andere noch einer

Klärung bedarf. Ich führe nur die Aussage auf, es wird keinen Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie geben.

(Herr Tullner, CDU: Das werden wir sehen! - Zu- ruf von der Linkspartei.PDS)

- Das sehen wir ganz sicher, Herr Tullner, auch wenn die Kernenergie unsichtbar ist.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Ja, ja!)

Wir müssen auch berücksichtigen - das hat der Minister ausgeführt -, dass unser Landesenergiekonzept natürlich in ein energiepolitisches Gesamtkonzept der Bundesrepublik Deutschland eingebunden sein muss. Dort gibt es auch klare terminliche Vorgaben, die in das Jahr 2007 hineinlaufen. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir uns diesen Zeitläufen anschließen und uns da nicht quer legen, was ich auch inhaltlich und organisatorisch gar nicht für möglich halte.

Wir müssen aber als Land Sachsen-Anhalt - auch deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen - klare Vorstellungen erarbeiten, um sie in diese Diskussion einzubringen. Ein Letztes: Zum Erarbeiten dieser klaren Positionen gehört für mich auch, dass wir die in diesem Bereich tätigen Fachleute anhören und dass es bei der Fortschreibung dieses Energiekonzeptes zu Anhörungen von wichtigen Experten dieses Gebietes und von in verschiedener Weise Betroffenen kommt.

Wegen der Vielfalt der Anträge plädiere ich dafür, dass wir sie alle in den Ausschuss oder die Ausschüsse überweisen, eingedenk dessen, dass der zeitliche Auftrag, den der Antrag der Linkspartei.PDS enthält, nicht einzuhalten ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Miesterfeldt. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Franke. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Beginn der Debatte macht deutlich, dass das Thema Energie ein Dauerbrenner in unserer heutigen Zeit ist - ein Dauerbrenner aufgrund der sich ständig verändernden globalen Energiemärkte, aber auch aufgrund des zum Teil ideologisch motivierten Handelns der Bundesregierung in der Energiepolitik. Ein Dauerbrenner ist es auch, wenn man sich die Meldungen allein in der letzten Woche anschaut: Die Landesregierung senkt die Durchleitungsentgelte für Stromnetze einzelner Stadtwerke und die Bundesregierung verzichtet auf die Versteigerung der Emissionsrechte. Sie verschenkt die Zertifikate für die Handelsrechte mit dem CO2-Ausstoß an die Konzerne.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Versorgung mit preisgünstiger und umweltverträglicher Energie gehört zu den elementaren Lebensquellen unserer Wirtschaft. Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit sind die drei politischen Ziele, die wir in der Energiepolitik beachten müssen. Entscheidend ist, dass alle drei Ziele gleichrangig betrachtet und ausgewogen verfolgt werden. Ein Übermaß an Umweltverträg

lichkeit zu Ungunsten der Wirtschaftlichkeit ist hierbei absolut schädlich.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Aha!)

Wir haben im Land Sachsen-Anhalt eine installierte Gesamtleistung quer durch die Primärenergien von 4 500 MW. Nahezu 2 000 MW - das entspricht 45 % - werden allein durch die Windkraft erzeugt - 45 % im Land durch die Windkraft. Das Erdgas und die heimische Braunkohle sind die anderen wesentlichen Energiequellen mit jeweils 1 250 MW.

Sie sehen anhand dieser Zahlen: Wir haben es in Sachsen-Anhalt mit der Windkraft gewaltig übertrieben; denn jetzt ist es gerade die Windkraft, die angesichts der Dimensionen, die sie bei uns im Land Sachsen-Anhalt angenommen hat, den anderen alternativen Energieträgern die Entwicklungsmöglichkeiten nimmt.

Sicherlich könnten wir theoretisch das gesamte Land Sachsen-Anhalt mit Energie aus den Windkraftanlagen versorgen, aber eben nur theoretisch; denn man braucht erstens eine Ersatzenergie. Wind weht mal und mal weht er nicht. Energie brauchen wir ständig. Deshalb müssen wir 75 % der Leistung durch konventionelle Kraftwerke absichern.

Man braucht zweitens ein Entsorgungsnetz. Das, was wir in Sachsen-Anhalt haben, ist ein Versorgungsnetz. Ein Entsorgungsnetz heißt, wir brauchen ein Netz, das die Kapazitäten auch in Spitzenzeiten aufnimmt und transportiert. Das heißt im Umkehrschluss, wir müssten das gesamte Netz umstellen. Das kostet Milliardenbeträge, die sich im Endeffekt auch auf die Energiepreise der Endkunden aufschlagen würden.

Drittens - das finde ich am furchtbarsten dabei - blockiert die Windenergie die Einspeisekapazitäten anderer regenerativer Stromerzeuger, wie zum Beispiel auch der Biomasse.

(Zustimmung bei der FDP)

- Danke. - Das Angebot an Strom aus Biomasseanlagen hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Unsere Landwirte nutzen die Biomasse gern zur Stromerzeugung. Diese Stromerzeugung hat den Vorteil, dass sie kontinuierlich verfügbar ist und besonders auch die Grundlast absichern kann. Die Landesregierung müsste jetzt Regelungen finden, um insbesondere Biomasseerzeugern die Einspeisung ins Netz zu ermöglichen.

Die generelle Bevorzugung von Regenerativstrom zuungunsten des preiswerten Braunkohlestroms lehnen wir Liberale ab. Nach dem EEG ist es so, dass bei einer Überlastung, also bei starken Einspeisespitzen, zuerst die Braunkohle abgeschaltet wird, dann alle anderen und ganz zum Schluss die Windenergie. Das kann auch aufgrund der preislichen Entwicklung beim Windstrom nicht das sein, was wir anstreben.

(Beifall bei der FDP)

Eine vorausschauende Energiepolitik sollte deshalb auf mehr wettbewerbliche Strukturen in der Energiewirtschaft setzen. Wenn Biomassestrom durch kontinuierliche Verfügbarkeit preiswerter ist als Windkraftstrom - - Ich sehe das Blinken.

Ich sehe das auch. Aber reden Sie mal noch weiter.

Danke, Frau Präsidentin. - Wenn der Biomassestrom wegen seiner kontinuierlichen Verfügbarkeit preiswerter geliefert werden kann als der Windkraftstrom, dann müssen die Betreiber von Windkraftanlagen zugunsten der Biomassestromerzeuger auf Einspeisungskapazitäten verzichten.

Die Landesregierung sollte an dieser Stelle auch prüfen, ob sie Selbstversorger unterstützt, die eine dezentrale, vom Netz unabhängige Stromversorgung durch Biomasseanlagen realisieren wollen. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich - da fasse ich mich jetzt doch ein bisschen kürzer, als ich das vorhatte - an das Holzwerkstoffzentrum in Nettgau, das einen Jahresverbrauch von 156 000 GW an Gas hat und jetzt eine Investition in ein Biomassekraftwerk mit einer Gesamthöhe von 20 Millionen € vorhat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auf die Globalentwicklung auf dem Energiemarkt kann Sachsen-Anhalt kaum Einfluss nehmen. Aber gerade in konjunkturell angespannten Zeiten müssen wir günstige Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land schaffen. Dazu zählt eine sichere, leistungsfähige und zudem kostengünstige Energieversorgungslandschaft.