Ich denke schon, dass wir auch zum Datenschutz am Ende Lösungen finden werden, und ich hoffe, dass das dann in Einklang gebracht werden kann, sodass ein Jugendamt - darüber haben wir auch schon diskutiert - auch reagieren kann. Wie ist es dann oftmals? Oftmals ist es doch so: Das Jugendamt weiß es nicht ganz genau oder ist sich nicht ganz sicher, ob es reagieren soll oder nicht. Dann wartet es erst einmal ab, was der Familienrichter sagt. Was passiert denn dann? Dann ist manchmal das Kind in den Brunnen gefallen. Das halte ich für einen Fehler.
Deshalb stärken wir das Jugendamt an sich mit einer klaren Formulierung, damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen können, dass der Staat an ihrer Seite steht, wenn sie handeln. Ich denke, das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung.
Gegen einen kleinen blauen Fleck, wie das hier dramatisiert wird, wird das Jugendamt, denke ich, nicht die ganze Maschinerie in Bewegung setzen. Aber ich denke, es gibt genügend Fälle, in denen Anzeichen nicht gemeldet wurden, weil es keine rechtliche Grundlage dafür gibt. Es ist nun einmal heute so in unserem Land - das ist auch richtig so -, dass sicherlich solche Regelungen dafür geschaffen wurden, sage ich einmal. Aber wenn wir uns die armen kleinen Kinder anschauen, über die wir immer wieder einmal in den Medien lesen können, und wenn es dann zu dem schlimmsten Fall, zur Kindestötung gekommen ist, ist jedes einzelne tote Kind eines zu viel.
Deswegen denke ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich möchte daher die Oppositionsfraktionen auf beiden Seiten recht herzlich einladen, in eine wirklich sachliche Diskussion einzutreten, damit am Ende etwas herauskommt, was wir uns alle wünschen.
Nun hat unsere Ministerin noch nichts zu der Frage Kinderrechte eingeführt. Das bleibt an mir hängen. Sie wissen natürlich, dass die Koalitionsfraktionen in dieser Frage noch nicht einheitlicher Meinung sind.
Es ist doch ganz normal, wenn zwei große Volksparteien nebeneinander sitzen, dass man unterschiedlicher Auffassung ist. Ich will für die CDU-Fraktion erklären - ich muss das für unsere Fraktion tun -, warum wir zurzeit mehrheitlich der Auffassung sind, in dieser Legislaturperiode keine Änderung der Landesverfassung durchzuführen und somit auch keine explizite Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung vorzunehmen.
Unsere Fraktion ist nicht gegen die Stärkung von Kinderrechten. Das will ich damit auch betonen. Aber aus rein rechtsdogmatischen Gründen hält sie die Verankerung dieser Rechte in der Verfassung für zurzeit noch nicht notwendig.
Zum anderen möchte ich erwähnen, dass sich die Artikel 11, 24 und 25 unserer Landesverfassung auch mit Rechten unserer Kinder beschäftigen. Daher kann, denke ich, nicht die Rede davon sein, dass Kinderrechte an sich noch gar nicht drinstehen.
Es gibt Verfassungen in Deutschland, in denen gar nichts dazu steht. Es gibt andere Bundesländer, die nicht so eine moderne Verfassung wie wir haben. Sie müssen da sicherlich noch etwas tun.
Sicherlich kann man unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob die Formulierung in der einen oder anderen Landesverfassung möglicherweise noch weiter gehend ist und ob wir da nachziehen müssen. Meine persönliche Meinung dazu kennen Sie sicherlich auch. Aber aus der Sicht unserer Fraktion ist es zurzeit noch nicht gerechtfertigt, über so eine Verfassungsänderung nachzudenken.
Wie bereits in einem anderen Zusammenhang dargestellt, stellt sich die Frage der Wächterfunktion des Staates heute anders, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Unsere Fraktion teilt daher die Auffassung, dass dem Staat mehr Gewicht gegeben werden muss. Das tun wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Herr Präsident, ich bin gleich fertig. - Vor diesem Hintergrund bedarf es nach unserer Auffassung also noch keiner Änderung. Erst wenn die Maßnahmen, die in unserem Gesetz stehen, nicht ausreichen sollten, wenn die Wächterfunktion des Staates mit den Möglichkeiten im Gesetzentwurf nicht so wirksam und nicht ausreichend ist, stellt sich für die CDU die Frage, über diesen Punkt erneut nachzudenken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantrage namens unserer Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Soziales sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht und Verfassung und in den Ausschuss
für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Dem Antrag der FDP-Fraktion stimmen natürlich zu. Denn wir wollen unsere unterschiedlichen Argumente gemeinsam im Sozialausschuss diskutieren. Schauen wir einmal, wo wir dabei hinkommen.
Vielen Dank, Herr Kurze. - Bevor ich Herrn Kosmehl das Wort erteile, begrüße ich die zweite Gruppe der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Am Thie in Blankenburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Lieber Kollege Kurze, manchmal hat es auch etwas für sich, wenn man Zwischenfragen nicht zulässt. Wenn man die Fragen am Ende stellen kann, braucht man sich nicht doppelt zu melden. Ich habe zwei konkrete Fragen und eine Bemerkung.
Die erste Frage: Sie sind leider wieder der Versuchung erlegen, Ihre Begründung des Gesetzentwurfes auf Kindesmisshandlungen und Kindestötungen und deren Vermeidung zu stützen. Sie haben gesagt, dass Sie die Verwahrlosung und Misshandlungen frühzeitig aufdecken und etwas dagegen tun wollen.
Ich frage Sie ganz konkret aus Ihrer Erinnerung. Sie sind ja ein versierter Sozialpolitiker. In den meisten Fällen, die in den letzten Monaten und Jahren öffentlich geworden sind, hat das Jugendamt bereits Bescheid gewusst und nichts dagegen getan, obwohl die gesetzlichen Grundlagen vorhanden waren. Wo konkret steht in Ihrem Gesetz etwas - das ist meine erste Frage -, wie Sie, wenn Sie das zukünftig noch frühzeitiger aufdecken und das Jugendamt noch frühzeitiger Bescheid weiß, dafür sorgen wollen, dass das Jugendamt auch tätig wird? - Das war die erste Frage.
Die zweite Frage: Sie haben gesagt, dass der Weg, den andere Länder mit Kinderschutzgesetzen beschritten haben, nicht verkehrt sein kann. Ich möchte auf eine parallele Diskussion zum Nichtraucherschutzgesetz verweisen. Dort haben Sie genau dasselbe gesagt. Heute wissen wir aber, dass Verfassungsgerichte in verschiedenen Ländern Regelungen, von denen Sie damals auch gesagt haben, dass das andere auch machen, sodass das nicht verkehrt sein könne, mittlerweile ausgesetzt haben. Ich frage Sie, ob Sie wirklich der Meinung sind, dass das, was andere machen, immer richtig ist.
Eine Bemerkung zum Schluss. Herr Kurze, zur Sensibilisierung für ein Problem: Das Problem ist wirklich da. Es geht um die Kinder, und dafür müssen wir alle gemeinsam etwas tun. Aber die Sensibilisierung in der Gesellschaft können Sie nicht per Gesetz in die Köpfe verpflanzen.
Vielen Dank. - Herr Kosmehl, es ist auch uns klar, dass man eine Sensibilisierung nicht per Gesetz verpflanzen kann. Sie wissen doch aber: Seitdem wir, die CDU, im Land Sachsen-Anhalt regieren, ist allein der Begriff „Familie“ wieder ein Begriff geworden.
Zum Teil waren Sie mit dabei; jetzt haben wir einen neuen Partner. Alle haben sich das Ziel „Familie“ gesetzt. Über das Thema Familie hat man in Sachsen Anhalt vor sechs, sieben Jahren nicht so viel gesprochen und es gab damals auch nicht so viele Maßnahmen wie heute.
Die Familienförderung, die die Familie als den Kern unser Gesellschaft, als die ureigenste Keimzelle der Gesellschaft begreift,
(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Also nein! - Frau Bull, DIE LINKE: So ein Unsinn! - Herr Borgwardt, CDU, lacht)
ist wieder mehr in den Blickpunkt, in den Fokus gerückt. Deshalb denken wir schon, dass wir mit diesem Gesetzentwurf einen kleinen Baustein dafür schaffen, dieses sensible Thema am Ende entsprechend anzugehen.
Nun zu Ihrer ersten Frage, lieber Kollege Kosmehl. Das Jugendamt hatte in der Vergangenheit oftmals das Problem, dass ein Fall zwar bekannt war, es aber auch bei Gefahr im Verzug keine Grundlage dafür hatte einzugreifen.
Man hat mit der Änderung des Bundesgesetzbuches darauf reagiert. Wir haben genau denselben Wortlaut in unseren Gesetzentwurf geschrieben, damit es am Ende in den Köpfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter auch ankommt, dass sie, wenn Gefahr im Verzug ist, eingreifen können und nicht erst warten müssen, bis der Familienrichter Wochen später entschieden hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn er Wochen später entschieden hat, dann finden wir das Kind womöglich tot im Kühlschrank und dann haben wir toll etwas gekonnt. - Das zu der ersten Frage, ganz konkret zu der Regelung bezüglich des Jugendamtes.
Zur zweiten Frage. Das Saarland hat bisher gute Erfahrungen mit einem solchen Gesetz gemacht. In unseren Gesetzentwurf wurden Teile des Gesetzes des Saarlandes übernommen. Ich denke, dass wir dabei auf dem richtigen Weg sind.
Dem Vorhaben, das mit dem Nichtraucherschutzgesetz zu verknüpfen, und Ihrer Unterstellung, ich hätte damals genau dasselbe gesagt, muss ich aber deutlich widersprechen.
Wenn Sie sich an meine erste Rede zu diesem Thema erinnern können, dann wissen Sie, dass ich hier für unsere Fraktion erklärt habe, dass wir als Union dann, wenn wir schon darüber nachdenken, den Nichtraucher
schutz von öffentlichen Gebäuden auf Gaststätten auszudehnen, für eine Wahlfreiheit sind, nämlich die Wahlfreiheit für den Wirt zu entscheiden, wie er sich an den Markt anpassen will, ob sein Restaurant ein Nichtraucherrestaurant oder ein Raucherrestaurant sein soll. Diese Wahlfreiheit ist am Ende - Politik lebt ja auch von Kompromissen -
Ich denke, die Diskussion darüber werden wir hier noch einmal führen. Dann müssen wir entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen. Das möchte ich zur Klarstellung hier am Ende noch einmal betonen. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Borg- wardt, CDU - Herr Wolpert, FDP: Ich möchte eine Kurzintervention machen!)