Die Arbeit an dem vom Podium Bildung erstellten Papier „Gute Schule“, das wir dem Konvent übergeben haben, hat gezeigt, dass in vielen wichtigen Punkten bildungspolitischer Konsens durchaus möglich ist. Ich frage mich, warum wir dort nicht anknüpfen.
Natürlich gebe ich mich keiner Illusion hin. Eine breite gesellschaftliche Mehrheit für bildungspolitische Kernaussagen lässt sich im Bildungskonvent nicht herstellen. Man kann sie allenfalls anbahnen. Darüber hinaus haben wir bei der Struktur und bei der Zusammensetzung dieses Konvents keine Möglichkeit. Die Mehrheit muss auf eine andere Weise hergestellt werden. Dafür haben und brauchen wir das Parlament.
Deshalb sollte auch über die Umsetzung der Beschlüsse des Bildungskonvents nicht vorzeitig räsoniert werden. Er unterbreitet Empfehlungen, die er als solche beschließt. Er beschließt aber nicht in der Sache; anderenfalls müsste man unsere Landesverfassung außer Kraft setzen.
Was kann und soll der Bildungskonvent nun sein? - Meiner Meinung nach sollte er nicht mehr und nicht weniger als ein Ort des ergebnisoffenen Diskurses über Bildung sein. Der Konvent ist jedenfalls kein Arkadien, in dem man sich fern von der Wirklichkeit irgendwelchen Träumen hingibt und diese dann normativ formuliert, ohne danach zu fragen, was realistisch und sinnvoll ist und was nicht. Es gibt auch einen Konsolidierungsauftrag für den öffentlichen Haushalt. Das ist ein wichtiges Stück Zukunftssicherung, übrigens auch und gerade für die Bildung.
Es gibt weitere konkurrierende Gestaltungsziele einer Landesregierung und es gibt konkrete Rahmenbedingungen.
Für mich ist daher ein Zwei-Welten-Modell nicht plausibel. Ich würde im Konvent nie Forderungen stellen, die ich im Rahmen meiner politischen Verantwortung nicht erfüllen kann.
Als politische Verantwortungsträger sind wir dazu verpflichtet, dies zu bedenken, ehe wir Forderungen stellen - womöglich auch noch innerhalb der Koalition gegeneinander -, die wir nicht durchsetzen können. Dem Publikum gegenüber jedenfalls - das sind die Betroffenen; sie verfügen oft nicht über das notwendige Hintergrundwissen - finde ich das nicht aufrichtig.
Kurzum: Ich wünsche mir eine sachkundige, engagierte und vor allem faire Diskussion, die nicht auf finale Schlüsse, sondern auf ein kluges Abwägen abzielt. Ich wünsche mir ein Bekenntnis zur Vielfalt denkbarer Wege und institutioneller Formen von Bildung, jedenfalls keine Schwarzweißmalerei. Ich wünsche mir Rationalität und
Offenheit, statt partei- und machtpolitischen Kalküls. Ich wünsche mir Augenmaß bei allen Schlussfolgerungen, die den grundsätzlichen Rahmen betreffen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Jetzt wünschen zwei Abgeordnete das Wort. Die Abgeordneten Herr Gallert und Herr Kley möchten Nachfragen stellen. Wollen Sie diese beantworten? - Jawohl, das machen Sie. Erst ist Herr Gallert an der Reihe, dann Herr Kley.
Es ist eher eine Intervention. Es ist keine Zwischen-, sondern eine Abschlussintervention. Herr Olbertz wird das aber wahrscheinlich wieder als Frage auffassen. Dagegen kann ich mich nicht wehren.
(Herr Tullner, CDU: Das wollen wir doch auch gar nicht! - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ich ver- suche, es zu vermeiden!)
Ich will nur eines sagen: Herr Olbertz, Sie sind in diesem Land seit sechs Jahren Bildungsminister. In den ersten zwei Jahren haben Sie nichts anderes gemacht, als eine Schulstruktur nach der anderen zu ändern.
In den darauf folgenden vier Jahren haben Sie nichts anderes gemacht, als zu betonen, wie wichtig es ist, Schulstrukturen beizubehalten, die Kontinuität dessen zu gewährleisten, was vorhanden ist, um dann eine inhaltliche Struktur zu realisieren.
Herr Olbertz, eines ist klar: Nachdem Sie die Schulstruktur geschaffen haben, die Sie haben wollten, setzen Sie jetzt auf Kontinuität. Das kann ich verstehen. Ich sage Ihnen aber ausdrücklich: Damit können Sie uns nicht überzeugen. - Danke.
Das war eine Intervention. Dann lasse ich zunächst die Frage des Abgeordneten Herrn Kley zu. - Herr Minister, Sie können danach auf diese Intervention elegant mit antworten.
Sehr geehrter Herr Minister Olbertz, ich habe folgende Frage an Sie: Ist Ihre Rede, die soeben gehalten wurde, die Rede der Landesregierung? Gilt die Bindung der einzelnen Ministerinnen und Minister an ihre Gesamtverantwortung nur für Sie persönlich oder für alle, die am Bildungskonvent teilnehmen?
Lieber Herr Kley, sie gilt auf jeden Fall für mich persönlich; denn ich habe mich darauf eingelassen. Ich sehe eine Verpflichtung, aus der ich aus vielen Gründen, nicht nur aus moralischen, sondern auch aus rechtlichen Gründen gar nicht herauskomme.
Ich weiß sehr wohl, was Disziplin in der Landesregierung und was die Einigung auf gemeinsame Programmatiken, auch wenn sie mir manchmal Bauchschmerzen machen, bedeutet. Aber die Spielregel lautet, dass ich selbstverständlich zu Entscheidungen, Perspektiven und Programmatiken der Regierung stehe. Anderenfalls müsste ich längst meine Sachen gepackt haben. Ich gehe davon aus, dass dieser Grundsatz für alle Mitglieder der Landesregierung gilt.
Zu der Nichtfrage, die Herr Gallert gestellt hat: Herr Gallert, es ist nicht ganz so einfach und ich will es mir selbst auch nicht ganz so einfach machen. Denn sonst könnte ich zumindest fragen: Was haben Sie denn nun vor? - Auch Sie wollen die Kontinuität erst nach der großen Reform walten lassen.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja! Aber warum argu- mentieren Sie so? Für mich hat Struktur immer etwas mit Qualität zu tun! - Zustimmung bei der LINKEN)
- Ich will Ihnen nur sagen: Ich wäre damit vorsichtig, weil Sie am Ende wahrscheinlich in die gleiche Falle geraten würden. Es ist auch von Frau Budde schon gesagt worden, dass man letzten Endes endlich Ruhe in den Strukturen haben will. Aber dabei klang natürlich auch mit: nach Einführung der AOS.
- Das hat sie natürlich nicht gesagt, aber es klingt mit; denn sonst kann man ja gar nicht für Ruhe in dem System plädieren, wenn man so grundlegende, tiefgreifende Veränderungen anstrebt.
Herr Gallert macht in Bezug auf meine Person darauf aufmerksam. Ich glaube, er meinte es aber etwas globaler. Ich bin gern bereit, mich hier einmal als Exempel hinzustellen.
Das Zweite ist: Die Strukturveränderungen, die in unserer Regierungsverantwortung seit dem Jahr 2002 vorgenommen wurden, sind bei Weitem nicht so tiefgreifend wie das, was Ihnen vorschwebt. Das waren vergleichsweise marginale Korrekturen von Strukturentscheidungen, die sich im Übrigen nicht bewährt haben.
- Das wollte ich gerade sagen. - Eine Strukturentscheidung war die Abschaffung des 13. Schuljahres. Eine andere war die Abschaffung der Förderstufe, die zumindest gemessen an ihren Erwartungen den Erfolg nicht gebracht hat.
Dann haben wir noch als dritte Strukturentscheidung die Grundschule mit verlässlichen Öffnungszeiten
statt der Grundschule mit festen Öffnungszeiten und die verbindliche Einführung der offenen Eingangsphase beschlossen. Das sind keine Strukturänderungen, die sozusagen in die Substanz unseres bildungspolitischen Grundverständnisses vorgedrungen sind.