Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Stumm, so der menschlichen Sprache nicht mächtig, sind Tiere, so unter anderem auch der Hund.

Laut Gesetzentwurf will die Koalition genau wissen, von welchem Hund Gefahren ausgehen, und legt dies in einer Rassenliste fest. Hier drängt sich die Frage auf: Aufgrund welcher Statistik und welcher Festlegung wurde diese Festlegung getroffen? - Selbst bei gründlicher Recherche ließen sich für das Land Sachsen-Anhalt keine veröffentlichten Zahlen von Beißattacken, unterteilt nach Schwere der Vorfälle und nach Hunderassen, in Form einer Statistik finden. Wohl aber tragische Einzelfälle, welche durch die Medien aufgegriffen und dadurch in die Öffentlichkeit transportiert wurden. Die Tragik dieser Vorfälle macht Angst.

Meines Erachtens ist Folgendes zu prüfen und zu hinterfragen: a) Geht die Gefahr vom Hund für den Menschen von speziellen Rassen aus ist oder von unverantwortlichen Haltern? b) Es sollte eine detaillierte und wissenschaftlich fundierte statistische Erfassung von Beißvorfällen, unter anderem nach Schwere der Vorfälle und nach Hunderasse, generell stattfinden und jährlich veröffentlicht werden.

Die erforderliche wissenschaftliche Vorarbeit für diesen Gesetzentwurf wurde in Sachsen-Anhalt nicht geleistet. Ich erinnere daran, dass sich dieser Gesetzentwurf in einem sehr langen Diskussionsprozess befand. So erfolgte die Aufnahme von Hunderassen in eine Rassenliste in diesem Gesetz einfach auf Verdacht, und zwar auf Gefahrenverdacht. Jener, der die Beißstatistik anführt, meine Damen und Herren, nämlich der Deutsche Schäferhund, fehlt in dieser Liste völlig.

Wissenschaftlich unumstritten ist, dass die Gefahr eines Hundes zahlreiche Ursachen hat, so unter anderem die Erziehung und Ausbildung des Hundes, so die Sachkunde und Eignung des Halters sowie die situationsbedingten Einflüsse und Auslöser von aggressivem Verhalten.

Derzeit ist eines festzustellen, sehr geehrte Damen und Herren, nämlich dass die Hundehaltung kontinuierlich

zunimmt; denn der Hund wird weniger als Nutz- oder Wachtier, sondern immer stärker als Familienmitglied angesehen, als der Freund in der Familie für die Menschen, die zum Beispiel allein leben, keiner Tätigkeit nachgehen oder den Partner verloren haben. Auch diesbezüglich belegt die wissenschaftliche Statistik, dass das Wegnehmen eines Familienmitgliedes, eines Hundes, zu einem starken Trauma führen kann; denn es wird ein Freund weggenommen.

Gemäß § 2 des Gesetzentwurfes - Allgemeine Pflichten - wird es nun zur Pflicht jedes Halters, den Hund durch einen Tierarzt oder eine Tierärztin mit einem so genannten Transponder kennzeichnen zu lassen. Warum? Dadurch entstehen unnötige Kosten und zusätzliche Arbeit. Eine Bestandsaufnahme von Hunden ist derzeit durchaus auch über die Hundesteuer möglich. Es wäre an dieser Stelle sinnvoll gewesen, Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Haben wir alle nicht wahrgenommen, welche soziale Aufgabe der Hund heute erfüllt, welche Leitmaßnahmen für die Familien und welche Kosten für die Halterinnen und Halter entstehen können?

Einige Sozialleistungen des Hundes will ich anführen. Die Gesundheitsförderung bei älteren Mitbürgern, die Sozialisierung Heranwachsender, die psychische Stabilisierung von Kindern, die Hilfe für isolierte und sozial ausgegrenzte Mitbürger, die Förderung des Tierschutzes, die Stärkung menschlicher Werte, wie Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein sowie Vertrauen und Kommunikation.

Der Gesetzentwurf ist unausgereift und oberflächlich. Ich werde diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Dieses Gesetz wird Beißattacken und Unfälle nicht vermeiden. Der Transponder könnte zur Überprüfung, zur weiteren Kontrolle, zu weiteren Erfassungen und zur Registrierung genutzt werden. Er könnte also so eine Art Überwachung darstellen. Nicht der Hund ist gefährlich, sondern die Gefahr geht meistens vom Halter aus.

Enden möchte ich wiederum mit einem Zitat, und zwar von Mahatma Gandhi: Die Größe und den modernen Fortschritt einer Gesellschaft kann man daran messen, wie sie mit ihren Tieren umgeht, wie sie Tiere behandelt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und werde dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. - Danke schön.

Meine Damen und Herren! Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind damit am Ende der Debatte. Ich komme zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/1623.

In Anwendung des § 32 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt schlage ich vor, über die vorliegende Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit abzustimmen. Ich sehe, dass es hierzu keinen Widerspruch gibt. Ich schlage Ihnen vor, die selbständigen Bestimmungen, die Überschrift des Gesetzes - „Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“ - und das Gesetz in seiner Gesamtheit zusammen zur Abstimmung zu stellen.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei den Koalitionsfraktionen. Wer lehnt den Gesetzentwurf ab? - Ablehnung bei der Fraktion DIE LINKE, bei der Fraktion der FDP und bei der fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist das Ge

setz beschlossen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 1 verlassen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde - Drs. 5/1637

Entsprechend § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Diese führen wir nun durch. Meine Damen und Herren! Es liegen in der Drs. 5/1637 insgesamt drei Kleine Anfragen vor.

(Unruhe)

- Ich mache eine kleine Pause, damit Sie sich wieder ordnen können.

Die Frage 1 stellt die Abgeordnete Frau Eva von Angern von der Fraktion DIE LINKE auf. Es geht um die Inanspruchnahme des Sondervermögens zum Ausbau der Kinderbetreuung des Bundes. Die Antwort wird durch die Ministerin für Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe gegeben. Sie haben das Wort, Frau von Angern.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Bevor Frau von Angern beginnt, möchte ich herzlich darum bitten, den Schallpegel zu senken, da wir als Sitzungsleitung es ansonsten schlecht verstehen. - Bitte schön, Sie haben das Wort.

Im Landeshaushalt 2008/2009 sind im Einzelplan 05 Kapitel 05 17 Titelgruppe 64 insgesamt 9 174 000 € für das Jahr 2008 und 8 991 000 € für das Jahr 2009 für Investitionen in Kindertageseinrichtungen im Rahmen des Bundesprogramms zum Ausbau von Krippenplätzen veranschlagt.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Höhe hat die Landesregierung beim Bund für die Jahre 2008 und 2009 Mittel beantragt?

2. In welcher Höhe wurden bisher und werden zukünftig Mittel an Sachsen-Anhalt ausgezahlt?

Vielen Dank. - Frau Ministerin, ich bitte um die Beantwortung der Frage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Die Fragen der Abgeordneten Frau von Angern beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt.

Zur Frage 1: Die Landesregierung hat für 2008 keine Mittel beim Bund beantragt. Die für 2008 vorgesehen reichlich 9 Millionen € können auch in den Folgenjahren abgerufen werden. Gemäß Artikel 4 Abs. 4 der Verwaltungsvereinbarung „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 bis 2013“ sind die Bundesländer erst berechtigt, die zuständigen Bundeskassen zur Auszahlung der Mittel an die zuständigen Landeskassen zu veranlassen, wenn die Bundesmittel zur Begleichung fälliger Zahlungen durch den Träger des Investitionsvorhabens benötigt werden.

Zu Frage 2: Bisher wurden keine Mittel ausgezahlt. Für das Land Sachsen-Anhalt stehen Bundesmittel in folgender Höhe zur Verfügung: In den Jahren in 2008 und 2009: 18 165 000 €, im Jahr 2010: 8 811 000 €, für 2011: 8 635 000 €, im Jahr 2012: 8 462 000 € und im Jahr 2013: 8 290 876 €. Insgesamt stehen dem Land also 52 363 876 € zur Verfügung.

In Höhe von 16 630 000 € wurden bereits Förderzusagen hinsichtlich des Einsatzes der Bundesmittel erteilt. Es handelt sich hierbei um die Projekte, die im Kindertagesstättenbereich ansonsten aus EU-Mitteln finanziert werden. Gegenwärtig reichen die betreffenden Träger die förmlichen bzw. überarbeiteten Förderanträge beim Landverwaltungsamt ein. Nach abschließender Prüfung aller Förder- und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen einschließlich der baufachlichen Prüfung durch den Landesbetrieb Bau werden die Bewilligungen zügig erfolgen.

Für den Einsatz der weiteren Bundesmittel dieses Programms in Höhe von knapp 32 Millionen € wird derzeit mit den Landkreisen und kreisfreien Städten über ein einfaches Umsetzungsverfahren diskutiert.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Frau von Angern. Wollen Sie diese beantworten?

Ja.

Frau von Angern, haben Sie das Wort.

Frau Ministerin, habe ich Sie richtig verstanden, dass für 2008 noch keine Mittel beantragt worden sind,

Ja.

weil keine entsprechenden Anträge vorlagen, sodass der formelle Bedarf noch nicht anerkannt worden ist und damit nicht nachgewiesen werden kann? Können Sie einmal sagen, warum das so ist?

Wir befinden uns bereits eine ganze Weile in der Förderperiode und es war sehr früh klar, dass diese Mittel bereitstehen würden. Wir hatten in den Haushaltsverhandlungen vor einem Jahr sehr viel darüber debattiert und

wussten zu dem Zeitpunkt bereits, wie viel Mittel für 2008 zur Verfügung stehen. Ich meine mich zu erinnern, dass Ende 2008 auch schon feststand, unter welchen Bedingungen und wofür das Geld ausgegeben wird; denn der Bedarf ist ja meines Erachtens sehr wohl vorhanden.

Der Bedarf ist sehr wohl vorhanden. Wir haben beim Landesjugendamt Anträge mit einem Antragsvolumen von 195 Millionen € vorliegen. Es wurde eine Vorsortierung der Anträge vorgenommen und aufgrund der Voranträge sind Zusicherungen an die Träger in einer Größenordnung von reichlich 16 Millionen € aus dem Bundesprogramm, wie ich schon erwähnte, erfolgt.

Die Voranträge der antragstellenden Träger mussten seit Sommer konkretisiert werden, also wirklich auch in eine bescheidungsreife Form gegossen werden. Die Träger mussten in erheblichem Umfang beraten werden, damit auch die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen in Gänze gegeben sind und die Weiterleitung der Anträge an den Landesbetrieb Bau erfolgen kann.

Diese Beratungsphase und die Phase der Konkretisierung und Überarbeitung der Anträge durch die Träger - das müssen die Träger selbst machen; das Landesjugendamt unterstützt sie dabei aber maßgeblich - läuft noch. Sobald diese Beratungen im Landesjugendamt und die Weiterleitung der Anträge an den Landesbetrieb Bau sowie die dortige Prüfung erfolgt sind, können die Bewilligungen einsetzen. Die werden dann auch zügig vonstatten gehen. Daran haben wir größtes Interesse.

Erst wenn bei der Verwirklichung der Anträge, also beim tatsächlichen Baugeschehen Zahlungen fällig werden, können wir vom Land aus die Anweisung der Bundesmittel an die Landeskasse veranlassen. Vorher sind wir nach der Verwaltungsvereinbarung überhaupt nicht dazu berechtigt. Es muss also schon gebaut werden. Erst dann können wir die Bundesmittel abfordern.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Beantwortung der Frage.

Wir kommen dann zu der Frage 2. Der Abgeordnete Herr Dr. Eckert von der Fraktion DIE LINKE hat eine Frage zu dem Thema Ratifizierungsverfahren zur Uno-Konvention für die Rechte behinderter Menschen. Die Beantwortung wird ebenfalls Frau Dr. Kuppe vornehmen. Sie haben das Wort, Herr Dr. Eckert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im April 2007 begrüßte der Landtag von Sachsen-Anhalt einhellig die Unterzeichnung der Uno-Konvention für die Rechte behinderter Menschen. Alle Fraktionen sprachen sich für die Ratifizierung der Uno-Konvention für die Rechte behinderter Menschen aus. Seit dem 3. Mai 2008 ist die Konvention in Kraft, nachdem 20 Länder ihre Ratifikationsurkunden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt haben.

Nunmehr hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung in Deutschland in den Deutschen Bundestag eingebracht, der neben der Übersetzung der Konvention eine Denkschrift der Bundesregierung be