Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/1609. Ich frage Sie, ob wir über die selbständigen Bestimmungen gesondert abstimmen sollen oder ob wir auch hier in Anwendung des § 32 unserer Geschäftsordnung über den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abstimmen können. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würde ich das so machen.
Wer den selbständigen Bestimmungen, der Gesetzesüberschrift - sie lautet: „Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes“ - und dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der Koalition. Wer lehnt es ab? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Enthaltungen bei der LINKEN, bei der FDP und bei der fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses gefolgt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 3 verlassen.
Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Madl. Nach der Berichterstattung gehen wir in die Debatte. Herr Madl, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften in der 13. Sitzung am 15. Dezember 2006 zur federführenden Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Mit der Mitberatung wurden die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Finanzen, für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Soziales beauftragt.
Mit diesem Gesetzentwurf verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Kommunen von Aufgaben und Ausgaben zu entlasten.
In Artikel 1 - Änderung der Gemeindeordnung - und in Artikel 2 - Änderung der Landkreisordnung - wird die Landesregierung ermächtigt, durch Verordnung die Nutzung gemeindeeigener bzw. kreiseigener Sportstätten zu regeln.
Artikel 3 - Änderung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Veraltungsgemeinschaften und zur Stärkung der kommunalen Verwaltungstätigkeit - dient der Rechtsbereinigung.
Mit Artikel 4 - Änderung des Kommunalabgabengesetzes - wird das Ziel verfolgt, den Aufgabenträgern im Rahmen der Erhebung von Mindestgebühren zu ermöglichen, auch die Bezieher sehr niedriger Leistungsmengen in einem angemessenen Umfang an den Gesamtkosten der öffentlichen Einrichtungen zu beteiligen.
Mit Artikel 5 - Änderung des Kinderförderungsgesetzes - kommt die Landesregierung den Forderungen der Kommunen nach und beabsichtigt die Kommunen zu entlasten. Diese Änderung ist als ein weiterer Schritt hin zum Bürokratieabbau zu sehen.
Aus Artikel 6 - Änderung des Ausführungsgesetzes zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz - ergibt sich für die Landkreise und kreisfreien Städte eine Kostenentlastung. Neben der Kostenentlastung wird durch die Gesetzesänderung das strikte Verursacherprinzip schrittweise eingeführt, um die Tierhalter langsam an die Übernahme der vollen Kosten heranzuführen.
Der Ausschuss für Inneres befasste sich am 12. Februar 2007 erstmals mit dem Gesetzentwurf und beschloss, gemeinsam mit den vier mitberatenden Ausschüssen eine Anhörung durchzuführen. Als Termin für diese Anhörung wurde der 8. März 2007 festgelegt.
An dieser Anhörung nahmen neben den mitberatenden Ausschüssen die kommunalen Spitzenverbände, der Landessportbund sowie verschiedene andere Verbände und Institutionen teil.
Nach der Vorlage der Niederschrift über die Anhörung zu dem Gesetzentwurf, die in öffentlicher Sitzung stattfand, bestand die Absicht, in der 18. Sitzung des Innenausschusses am 5. April 2008 erneut über den Gesetzentwurf zu beraten. Zu dieser Beratung legte die Fraktion der Linkspartei.PDS einen Änderungsantrag vor. Damit verfolgte sie die Absicht, Artikel 4 - Änderung des Kommunalabgabengesetzes - zu streichen.
Die Mitglieder des Ausschusses für Inneres beschlossen jedoch zu Beginn dieser Sitzung einstimmig, die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes zu verschieben, weil in Auswertung der Anhörung festgestellt wurde, dass im Hinblick auf den Gesetzentwurf der Landesregierung noch Änderungsbedarf bestehe.
Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst legte dem Innenausschuss mit Schreiben vom 11. Mai 2007 eine ausführliche Stellungnahme und eine Synopse mit Änderungsvorschlägen vor. Daraufhin kam es in der 20. Sitzung des Innenausschusses am 30. Mai 2007 zu einer Verständigung darauf, sich mit diesem Thema in der 21. Sitzung am 28. Juni 2007 erneut zu befassen.
Zu dieser Beratung kam es nicht, weil der Innenausschuss vor dem Eintritt in die Tagesordnung einem Antrag der Koalitionsfraktionen folgte und den Gesetzentwurf von der Tagesordnung absetzte. Zur Begründung wurde angeführt, dass eine Vielzahl von Themen, die im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf hätten behandelt werden sollen, herausgelöst worden seien. Außerdem haben zu jenem Zeitpunkt die Koalitionsfraktionen und die zuständigen Fachpolitiker intensiv über die Themen Tierkörperbeseitigung und Sportstätten diskutiert.
Auch die in der 26. Sitzung am 25. Oktober 2007 beabsichtigte Beratung des Gesetzentwurfs wurde verschoben, weil eine abschließende fachliche Beratung in der Fraktion der SPD noch nicht erfolgt war.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 verlangte die Fraktion der FDP gemäß § 14 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt die Abgabe eines Berichts über den Stand der Beratung zu diesem Gesetzentwurf. Diesem Verlangen habe ich als Vorsitzender des Innenausschusses in der 40. Sitzung des Landtages am 30. Mai 2008 entsprochen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften war erneut Gegenstand der Beratungen im Innenausschuss in der 42. Sitzung am 25. September 2008. Das Ziel der Beratung sollte die Erarbeitung einer vorläufigen Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse sein.
Zu dieser Beratung legten die Fraktionen der CDU und der SPD einen Änderungsantrag vor. Die Koalitionsfraktionen schlagen hierin vor, die Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfs zu streichen und die frühere DDR-Sportstättenverordnung weitergelten zu lassen.
Darüber hinaus sollte die in Artikel 4 des Gesetzentwurfs vorgesehene Änderung des § 5 Abs. 3 Satz 5 des Kommunalabgabengesetzes gestrichen werden. In Bezug auf die in § 6c Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vorgesehene Änderung hinsichtlich einer Privilegierung der übergroßen Grundstücke regen die Regierungsfraktionen an, diese zwar grundsätzlich beizubehalten, die Privilegierung aber auf Grundstücke mit nicht mehr als fünf Wohneinheiten zu begrenzen.
Als wirkliche Entlastung der Kommunen sollte die in Artikel 6 des Gesetzentwurfs der Landesregierung vorgesehene Heranziehung der Verursacher zu den Kosten der Tierkörperbeseitigung beibehalten werden. Hinzukommen sollte, dass Beihilfen durch die Tierseuchenkasse gewährt werden.
Die Koalitionsfraktionen schlugen außerdem vor, das Gesetz am 1. Januar 2009 in Kraft treten zu lassen. Dieser Änderungsantrag wurde mehrheitlich beschlossen.
Der Innenausschuss verabschiedete in der 42. Sitzung am 25. September 2008 eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse mit 8 : 2 : 1 Stimmen.
Der Ausschuss für Finanzen befasste sich in der 58. Sitzung am 15. Oktober 2008 mit dem Gesetzentwurf und der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Innenausschusses. Er stimmte der geänderten Fassung des Gesetzentwurfs zu und empfahl eine Änderung in Artikel 6 Nr. 2 Buchstabe a. Hierbei geht es um die Gewährung der Beihilfen. Den Vorschlag des Finanzausschusses nahm der Innenausschuss in der 45. Sitzung am 27. November 2008 mit 6 : 0 : 3 Stimmen an.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften und die vorläufige Beschlussempfehlung des Innenausschusses waren Gegenstand der Beratungen in der 33. Sitzung des Sozialausschusses am 29. Oktober 2008. Dieser Ausschuss schloss sich der vorläufigen Beschlussempfehlung des Innenausschusses mit 7 : 0 : 3 Stimmen an.
Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr befasste sich in der 30. Sitzung am 29. Oktober 2008 mit
diesem Thema. Er schloss sich der vorläufigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres mit der Maßgabe an, dass über die Betroffenheit von Großwohnanlagen eine einvernehmliche Lösung mit der Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt hergestellt werden soll.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten befasste sich in der 33. Sitzung am 26. November 2008 mit dem ihn betreffenden Artikel des in Rede stehenden Gesetzentwurfs und der vorläufigen Beschlussempfehlung des Innenausschusses. Der Ausschuss empfahl die Streichung von Artikel 6 Nrn. 1 und 3 sowie - analog zur Empfehlung des Finanzausschusses - die Streichung des letzten Satzes in Nr. 2 Buchstabe a zur Gewährung von Beihilfen. Diese Empfehlung nahm der Innenausschuss in der 45. Sitzung am 27. November 2008 auf und beschloss sie mehrheitlich.
Mit Schreiben vom 25. und 26. November 2008 legte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dem Innenausschuss erneut eine Stellungnahme und eine Synopse mit Änderungsvorschlägen zu dem Gesetzentwurf vor.
Die abschließende Beratung zu diesem Gesetzentwurf fand in der 45. Sitzung des Innenausschusses am 27. November 2008 statt. Ich stellte im Verlaufe dieser Sitzung auch den Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zur Abstimmung, der bereits in der 18. Sitzung des Innenausschusses am 5. April 2007 vorgelegen hatte. Der Änderungsantrag, in dem die Streichung des Artikels 4 beantragt wird, fand bei 2 : 6 : 1 Stimmen nicht die erforderliche Mehrheit.
Des Weiteren lag zu dieser Sitzung ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD zu Artikel 6 des Gesetzentwurfs vor. Diesem Antrag stimmten die Ausschussmitglieder mehrheitlich zu.
Im Verlauf der Gesetzesberatung erhielt der Innenausschuss zahlreiche schriftliche Stellungnahmen, die bei der Beschlussfassung berücksichtigt wurden. Unter Berücksichtigung der rechtsförmlichen Änderungsvorschläge des GBD verabschiedete der Innenausschuss in der 45. Sitzung am 27. November 2008 mit 8 : 4 : 0 Stimmen die Beschlussempfehlung in der Drs. 5/1624.
Im Namen des federführenden Ausschusses bitte ich Sie, dieser Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Danke schön.
Vielen Dank für die umfangreiche Berichterstattung. - Wir hören jetzt den Beitrag der Landesregierung. - Sie verzichtet. Dann steigen wir in die Debatte der Fraktionen ein. Zuerst spricht der Abgeordnete Herr Grünert von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit die Landesregierung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften, eingebracht am 15. Dezember 2006 - das vorgeschlagene Datum des Inkrafttretens war damals der 1. Januar 2007 -, gestartet ist, sind dazu bis heute, nach nunmehr etwas mehr als zwei Jahren, zahlreiche Beratungen durchgeführt worden; der Vorsitzende des Innenausschusses ist bereits darauf eingegangen.
Wer jedoch davon ausgeht, dass das Ding, weil es Weile haben wollte, weil es Zeit brauchte, gut ist, der wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf enttäuscht. Der unter dem Deckmantel des Abbaus überflüssiger bürokratischer Anforderungen eingebrachte Entwurf eines Artikelgesetzes wird heute mittels einer Beschlussempfehlung als Torso zur Verabschiedung unterbreitet. Was ist mit den vorgeschlagenen Regelungen geschehen?
Positiv ist, dass die vorgeschlagenen Regelungen zur Verordnungsermächtigung für die Nutzung kommunaler Sportstätten zugunsten der Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung gestrichen wurden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Die Verordnung zur Sicherung und Nutzung von Sporteinrichtungen im öffentlichen Eigentum zur Gewährleistung des allgemeinen und kostenfreien Zugangs der Bürgerinnen und Bürger zur sportlichen Betätigung bleibt also in Zukunft erhalten.
Werte Damen und Herren! Nun zu Artikel 4. Aus unserer Sicht wird hieran sehr deutlich, dass aus der Sicht der Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen Bürgerbeteiligungsrechte das Verwaltungshandeln offensichtlich nur behindern und folglich abzuschaffen sind. Ich begründe das auch.
Zu den übrig gebliebenen zwei Punkten. Erstens. Die bisherige Beitragserhebungspraxis für übergroße Grundstücke war auf die Grundstückgröße und nicht auf die tatsächliche Nutzung ausgerichtet und ermöglichte eine differenzierte und der Besiedlungsstruktur angepasste Heranziehung der Grundstückseigentümer.
Mit der jetzt vorgeschlagenen Regelung werden insbesondere kommunale und genossenschaftliche Wohneigentümer mit mehr als fünf Wohneinheiten erheblich belastet. Sowohl die willkürliche Festlegung von fünf Wohneinheiten als auch die Nichtabwälzbarkeit der Kosten auf die Mieter führen für die Wohnungsunternehmen neben der aus dem Stadtumbau resultierenden Belastung zu weiteren finanziellen Aufwendungen und verzerren damit den Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt zuungunsten dieser.
An dieser Stelle verweise ich ausdrücklich auf die Stellungnahmen dieser beiden Verbände, die darauf hingewiesen haben, dass die Grundstücksgröße nicht immer gleich genutzt wird. Es gibt viele große Grünflächen, die dann zur Beitragserhebung herangezogen werden. Das ist meines Erachtens nicht im Sinne einer Beitragsgerechtigkeit.
Zweitens. Die im Kommunalabgabengesetz vorgeschriebene Bürgerbeteiligung für beitragsauslösende Maßnahmen wurde und wird in vielen Gemeinden, auch dank des Runderlasses vom 6. Juni 2001 des Ministeriums des Innern, in der Praxis immer wieder unterlaufen. Durch Auslegungsmodalitäten wird entgegen dem Gesetzestext nicht die Beschlussfassung des Gemeinderates über die Ausbaumaßnahme zugrunde gelegt, sondern die Beschlussfassung über die Vergabe. Durch diese Vorgehensweise wird es faktisch keine Verfristung der Bürgerinformation geben, sodass Sanktionen des § 6d Abs. 1 Sätze 3 bis 6 ins Leere laufen.