Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Murks herausgekommen, wie er momentan auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Der Mann hieß Marx!)

Was ist der Murks? Um es noch einmal zu begründen: Wir waren als LINKE in die Situation geraten, ein eigenes Anliegen im Ausschuss ablehnen zu müssen, das wir hier selbst beantragt haben, nämlich zu sagen, wir fordern in Sachsen-Anhalt eine vierjährige Regelausbildung für alle Architekten, um zu zeigen, dass wir in Sachsen-Anhalt ein möglichst hohes Niveau der Ausbildung für alle Architekten anstreben. Denn wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass über dieses Anliegen eben nicht im Bildungsausschuss diskutiert worden ist; denn da gehört es hin, damit die entsprechende Hochschulgesetzgebung geändert wird, aber nicht in das Zugangsverfahren für Berufe, in Umsetzung der EU-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Es gibt in Europa eben durchaus auch Einrichtungen, für die eine dreijährige Ausbildungszeit festgelegt worden ist. Es gibt auch in Deutschland neun Länder, in denen eine dreijährige Ausbildungszeit festgelegt wurde. Warum sollte man denen, nur weil wir der Auffassung sind, dass ihre Ausbildung vielleicht nicht gut genug für uns ist, den Zugriff verwehren? Das hat der Bologna-Prozess nicht gemeint. Der Bologna-Prozess regelt nur die Anerkennung der Bachelor- und Masterabschlüsse. Der Bologna-Prozess ist aber keine Vorgabe für nationale Berufszugangsoptionen. Das regeln wir selbst.

Deswegen ist ein Kontext entstanden, wo wir als Fraktion DIE LINKE sagen müssen: So können wir das Gesetz nicht mittragen. Das bedeutet eine Diskriminierung von Abschlüssen aus anderen Ländern Europas bzw. aus anderen Bundesländern. - Das zum einen.

Zum Zweiten. Strittig war auch die Frage der Regelungen zur Berufshaftpflicht. Wir werden darüber im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Ingenieurgesetz noch einmal diskutieren. Hier wird sichtbar, wie zwei eigentlich ähnliche Themen ganz unterschiedlich behandelt werden. Die Architektenkammer hat die Anregung mitgegeben, wir sollten die Fragen der Berufshaftpflichtversicherung im Gesetz etwas eindeutiger regeln. Genau so haben wir es im Ingenieurgesetz gemacht, was unsere ausdrückliche Zustimmung finden wird.

Aber ich kann nicht für die eine Berufsgruppe das machen und für die andere Berufsgruppe das, nur weil ich nicht die Zeit habe, um über beide Dinge ordentlich zu diskutieren; denn das, was dringend notwendig wäre, das Architektengesetz ähnlich wie das Ingenieurgesetz auf ein entsprechendes Niveau zu bringen, war aus Zeitgründen nicht möglich. Das heißt, das, was mit dem Ingenieurgesetz festgezurrt wurde - ich sage im nachfolgenden Beitrag noch etwas dazu -, wäre auch für das Architektengesetz richtig gewesen.

Wir müssen uns als Nächstes die Frage stellen, was wird denn passieren, wenn die EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt wird. Wir sind uns momentan noch nicht sicher, inwieweit sowohl das Architektengesetz als auch das Ingenieurgesetz noch einmal angefasst werden muss.

Aus diesen Gründen lehnen wir die Beschlussempfehlung des Ausschusses und auch den Änderungsantrag der FDP ab, weil er das Verfahren nicht heilt. Das Anliegen ist berechtigt, Herr Franke. Darin stimmen wir Ihnen

zu. Aber das ist nicht Gegenstand der heutigen Beratung. Hierbei hätte das Kultusministerium entsprechend aktiv sein müssen.

Wir haben in der Anhörung von Vertretern der Landesregierung gehört, dass das, was verabredet worden ist, ein Kompromiss mit dem Kultusministerium ist. Diese Auffassung teilen wir ausdrücklich nicht.

Wir fordern eine entsprechende Nachbesserung, weil das, was wir jetzt in dem entsprechenden Gesetz geregelt haben, der Freibrief für das Kultusministerium sein könnte. Es könnte sagen, diese Regelung findet in Sachsen-Anhalt nicht statt, weil sie im Hochschulgesetz nicht erfasst ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Dr. Thiel. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vom großen deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe stammt das Zitat:

„Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt wurden, kann man Schönes bauen.“

Nun will ich dies weniger auf das politische Alltagsgeschäft bezogen wissen als vielmehr auf eine Berufsgruppe, die mit diesen sprichwörtlichen Steinen besser umzugehen weiß als wir Politiker. Das sind die Architekten, für die angesichts der bürokratisch klingenden EURichtlinie 2005/36/EG ein neues Gesetz erstellt werden musste. Der Grundgedanke der EU-Richtlinie basiert auf einem freien Personen- und Dienstleistungsverkehr sowie auf einem weiteren Abbau von Hemmnissen zwischen den EU-Mitgliedstaaten.

Nach Ansicht der CDU-Fraktion - ich hatte dies bereits in der ersten Lesung zum Architekten- und Ingenieurgesetz deutlich gemacht - stand im Mittelpunkt immer der Erhalt der hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards in Deutschland und natürlich auch in Sachsen-Anhalt.

Herr Kollege Thiel, ich hoffe, dass der Murks, vom dem Sie gesprochen haben, insbesondere auch bei den Architekten mit diesem Gesetz vermieden wird, indem wir in diesem Bereich die Standards halten und einfordern.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Minister Herrn Dr. Haseloff)

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was das Beste an diesem Plenarsaal ist? Es ist nicht die tolle Ausstattung und dass wir im Warmen sitzen. Das Tolle ist, dass wir hier mit einem guten Gefühl sitzen können, weil dieser Raum von Architekten konstruiert wurde, die über umfangreiche Kenntnisse verfügen, sodass wir keine Angst haben müssen, dass uns die Decke sprichwörtlich auf den Kopf fällt.

(Heiterkeit im ganzen Hause - Herr Dr. Brach- mann, SPD: Vorsichtig! - Herr Gallert, DIE LIN- KE: Ich will es nicht beschreien!)

Das ist weltweit keine Selbstverständlichkeit. Ich denke, deshalb tun wir gut daran, diese Standards beizubehalten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Genau wie die Ingenieure, deren Gesetz wir anschließend behandeln werden, steht das deutsche Architektenwesen weltweit für Qualität, Solidität, Sicherheit und Langlebigkeit. Überall auf der Welt sind deutsche Architekten und auch Ingenieure seit Jahrzehnten gefragt. Überall wird ihre Arbeit geschätzt.

Meine Damen und Herren! Zwar halten wir es für richtig, mehr und freizügigeren Wettbewerb innerhalb der EU zu organisieren. Dennoch hätten wir ein großes Problem damit gehabt, wenn das Niveau dieser bewährten und anerkannten Maßstäbe abgesenkt worden wäre. Daher haben wir auch bewusst die Tendenz zu einer Verkürzung der Ausbildungs- bzw. Studienzeit im Gesetz nicht mitgetragen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns die Entwicklung an den Hochschulen und Universitäten anschauen, dann müssen wir mit Sorge sehen, dass der Trend zu einer Art Schnellbesohlung der Absolventen anhält. Meine Damen und Herren! So kann es nach meiner Auffassung nicht sein, dass Absolventen mit einem Bachelorabschluss nach einer sechssemestrigen Ausbildung einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erhalten. Dies entspricht weder der Verantwortung des Berufsstandes, noch wird es unserer Auffassung nach dem Leistungsbild des Architekten gerecht,

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU)

zumal die Anforderungen an die Architekten immer komplexer werden. Ein guter Architekt muss heute auch Stadtplaner sein. Er muss mit neuen und zum Teil vor wenigen Jahren noch unbekannten Materialien umgehen können. Die Kenntnis von Nachhaltigkeit und neue energetische Grundlagen stellen völlig neue Herausforderungen und Aufgabenfelder dar. Diese Kenntnisse erwirbt man aber nicht nebenbei im Selbststudium.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich den aktuellen Gesetzentwurf anschaut, der - das halte ich für sehr wichtig - eng mit den zuständigen Kammern abgestimmt wurde, dann kann man beruhigt feststellen, dass diese Sorgen im Vorfeld unbegründet waren. Grundsätzlich kann ich feststellen, dass die Novellierung des Architektengesetzes in der jetzigen Form eine sinnvolle Lösung ist. Ich bitte Sie daher, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Danke.

Danke, Herr Thomas. Es gibt eine Nachfrage von Frau Dr. Hüskens. Würden Sie die beantworten?

Bitte sehr.

Herr Thomas, ich habe grundsätzlich Respekt vor jeder Berufsgruppe, die ihr Metier beherrscht. Sie haben vorhin sehr schön formuliert, dass wir beruhigt hier sitzen könnten, weil das Landtagsgebäude, also der Plenarsaal, von Architekten gebaut worden ist. Sie kommen

aus Quedlinburg. Haben Sie ein ungutes Gefühl, wenn Sie in den Dom gehen?

(Herr Gallert, DIE LINKE: Da hat es nur Erfah- rung gebraucht!)

Ich danke für den Hinweis. Ich komme nicht nur aus der Stadt Quedlinburg, sondern aus der Weltkulturerbestadt Quedlinburg, Frau Hüskens. Wir haben eine Bauerfahrung, die älter als 1 000 Jahre ist. Dort sind Architekten am Werk gewesen - das sehen Sie auch an den Gebäuden -, die so gut waren, dass die Gebäude nicht nur 100 Jahre, sondern 200 oder 300 Jahre lang stehen bleiben. Darauf sind wir stolz.

(Zurufe von der FDP)

Da gehen wir auch mit großer Sicherheit hinein.

(Beifall bei der CDU)

Noch eine Nachfrage?

Frau Dr. Hüskens, bitte.

Eine Intervention, Frau Präsidentin. - Da gab es noch keine Architekten, wie Sie sie jetzt gerade vorstellen. Das hat dann die Erfahrung gemacht, Herr Thomas.

Danke sehr, Herr Thomas. - Ich denke, für Erschütterungen in diesem Haus und deren Folgen sind wir selbst zuständig.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 5/1638 und 5/1651 ein. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über die selbständigen Bestimmungen. Es liegt uns der Änderungsantrag der FDP in der Drs. 5/1651 vor. Ich erinnere daran, dass dieser § 1 Nr. 4a betrifft. Ich würde zunächst über den Änderungsantrag abstimmen lassen. Wer stimmt dem zu? - Das ist die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das ist der Rest des Hauses. Damit ist der Änderungsantrag - -

(Heiterkeit)

- Ja, der große Rest des Hauses. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.