Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Kollege Gürth, Sie wissen, dass die Kfz-Steuer eine Landessteuer ist, über die ganz kühl entschieden worden ist.

Frau Rogée hatte dann noch eine Frage. Die wollten Sie auch noch beantworten.

Herr Gürth, ich halte Sie wirklich für einen erfahrenen Politiker. Ich weiß auch, dass Sie wirtschaftlich auch neben Ihrem Landtagsmandat sehr gut unterwegs sind. In diesem Antrag ging es nicht darum, die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt schlecht zu reden. Eine Wirtschaftskrise wollen wir schon gar nicht herbeireden. Das ist nicht unser Ziel. Aber das wissen Sie auch.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich habe zwei Fragen. Die eine ist: Sie wissen sicherlich auch, dass zum Beispiel Dow Chemical an mehreren Standorten in Sachsen-Anhalt Personal entlässt. Das machen die nicht, weil es ihnen wirtschaftlich gut geht. Das ist die eine Frage.

Das andere ist: Ich glaube nicht, dass es ausreicht, dass wir abwarten, was passiert. Ich kann mir vorstellen, dass Sie zum Beispiel mit den in Ihrem Verband organisierten Unternehmern schon ermitteln könnten, wie sich die Vertragsentwicklung für ihre Produkte im ersten Quartal 2009 vollzieht. Dass die jetzt noch nicht greift, ist schon klar. Ich hoffe immer, dass Verträge, die zum Beispiel bis zum 30. Dezember 2008 abgeschlossen worden sind, auch eingehalten werden. Aber die Frage ist doch schon - die Unternehmen wissen das auch, weil sie langfristig Verträge machen -, wie das erste Quartal oder das Jahr 2009 aussieht.

Sehr geehrte Frau Rogée, Sie wissen, dass auch ich Sie sehr schätze. Es freut mich umso mehr,

(Zurufe von der CDU - Herr Schwenke, CDU: Oh!)

dass ich Ihnen eigentlich zu 100 % zustimmen kann. Das Schöne an dieser Zustimmung ist, dass wir alle in diesem Saal, nicht erst weil der Wirtschaftsminister es heute vorgetragen hat, sondern weil er uns regelmäßig informiert, wissen, dass das, was derzeit vernünftig und möglich ist, zügig und sehr verantwortungsbewusst angepackt wurde.

Es ist mit den Privatbanken gesprochen worden. Es ist mit den anderen Kreditinstituten des Finanzsektors darüber gesprochen worden, wo deren Handlungsrahmen ist. Es ist mit der Landesbank gesprochen und abgesteckt worden, wie und in welchem Umfang man Investitionen zu Wege bringen kann, die ansonsten gefährdet sind.

Es sind alle anderen Instrumente, die wir für den Mittelstand haben, noch einmal aufgestockt worden. Die Beratungsinstrumente sind entsprechend ausgebaut worden. Das heißt, das, was in unserem Handlungsrahmen konkret möglich ist, um Arbeitsplätze, Investitionen und Ausbildung zu sichern, ist angepackt worden. Ich denke, das ist auch vernünftig so.

Zu Ihrem Antrag abschließend. Wir lehnen Ihren Antrag nicht ab. Wir haben einen Änderungsantrag dazu. Ich bitte darum, dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Wir werden dann, wie gewünscht, auch in den Ausschüssen die entsprechende Information regelmäßig bekommen.

Vielen Dank, Herr Gürth. - Bevor ich der Partei DIE LINKE das Wort erteile, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der berufsbildenden Schule Quedlinburg zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt erteile ich für die Fraktion DIE LINKE dem Abgeordneten Herrn Dr. Thiel das Wort. Als letzte Rednerin spricht die Abgeordnete Frau Knöfler.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Vor der Rede des Kollegen Gürth lag der Aktienindex Dax bei minus 3,9 %. Nach seiner Rede lag er bei minus 4,2 %.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß nicht, welche Auswirkungen die Reden in Sachsen-Anhalt auf einen Aktienindex haben. Aber das ist zumindest einmal ein Merkmal dessen - - Als wir beide gesprochen haben, Herr Minister, lag er bei minus 3,9 %.

(Herr Gallert, DIE LINKE, lacht)

Das Problem, das wir vor uns stehen haben, ist Folgendes: Wir haben eine ganze Reihe von Argumenten gehört. Herr Gürth, ich kann Ihre Aussagen ganz zum Schluss nicht verstehen, weil Sie das, was Minister Haseloff eingangs zu diesem Thema gesagt hat, einfach so als Kaffeesatzleserei bezeichnet haben.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Das habe ich nicht!)

- Doch. Sie haben gesagt, da wird mit Zahlen operiert. Da wird mit Statistiken gearbeitet.

(Herr Scharf, CDU: Das hat er nicht gesagt!)

- Er hat es so formuliert. Das haben alle im Saal gehört. - Gut. Man nimmt einfach einmal zur Kenntnis, wie die CDU hier steht. Ich meine, ich habe mit sehr großer Aufmerksamkeit

(Herr Gürth, CDU: Sie wollen von der Weihnachts- feier noch ein bisschen haben!)

Ihre zehn Thesen zum Thema soziale Marktwirtschaft gelesen, die Sie mit Herrn Bruchmüller gemeinsam erarbeitet haben. Ich hatte nach dem Durchlesen das Gefühl, Herr Gürth versucht, den Tabakduft von Ludwig Erhard zu erschnuppern, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, wie die Zigarre aufgebaut war, die damals erfolgreich brannte. Aber er hat einfach vergessen, dass die Asche von Herrn Erhard längst verglüht und die Zigarre abgebrannt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stehen - darin stimme ich Herrn Minister Haseloff ausdrücklich zu - tatsächlich vor neuen Herausforderungen. Nun haben Sie gesagt, die Krise ist noch nicht da, sie kommt bei uns etwas später.

(Herr Gallert, DIE LINKE, lacht)

Das ist in Sachsen-Anhalt immer so. Es kommt immer alles etwas später bei uns.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Aber wir stehen früher auf!)

Aber es ist zumindest die Gelegenheit, tatsächlich ernsthaft darüber nachzudenken, wie wir denn auf die Rezession, die sich offenbar abzeichnet, reagieren wollen.

(Minister Herr Dr. Haseloff: Aber das machen wir doch! Also lieber Herr Thiel!)

- Herr Minister, lassen Sie mich doch einmal zum Ende kommen. Da haben wir nichts anderes gemacht, Herr Gürth, Herr Miesterfeldt oder Herr Franke, als das aufzuschreiben, was die Landesregierung gern als Maßnahmenpaket verabschieden möchte. Das ist das Ziel. Über diese Dinge wollten wir sprechen. Nichts anderes hatten wir hier vor.

Es ist natürlich die Frage, über welche Themen reden wir dann. Sie wollten es nicht an den großen politischen Statements festmachen. Aber Sie haben das Thema aufgeworfen, auch Herr Miesterfeldt. Ich muss an dieser Stelle noch einmal etwas dazu sagen. Uns als LINKE berührt die Tatsache, dass offenbar versucht wird, mit den Mitteln und Methoden, die zu dieser Krise geführt haben, die Krise zu bewältigen,

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

und dass das Nachdenken, welchen neuen gesamtgesellschaftlichen Wachstumspfad muss ich beschreiten, um das, was war, zu verhindern, noch nicht richtig durchgedrungen ist. Wir haben zum zweiten die Sorge, dass das - -

(Herr Scharf, CDU: Sie haben noch nicht einmal ein eigenes Programm und wollen uns die Welt- politik erklären! - Herr Gallert, DIE LINKE: Das war ein richtig neuer Einfall! - Zurufe von der CDU und von der LINKEN)

Zu meinem Programm kann ich - - Nein, das, was wir immer schon festgestellt haben - -

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das hat der Minister- präsident gesagt! Als Opposition braucht man das sowieso nicht!)

Herr Dr. Thiel, Sie haben das Wort.

Wir befürchten immer, dass uns in der jetzigen Situation gesagt wird, Gürtel enger schnallen, Arbeitnehmerrechte einschränken usw., dass sozusagen versucht wird, die Krise zulasten der sozial Schwachen zu überwinden. Das ist für uns ein maßgeblicher Punkt.

Deswegen haben wir uns geöffnet und sagen, wir wollten tatsächlich über einen neuen Wachstumspfad reden. Der heißt bei uns „Sozial-ökologischer Umbau in der Gesellschaft“ - in unserer programmatischen Vorstellung, lieber Herr Scharf.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht sollten Sie es gelegentlich lesen, wie ich auch Ihre Dokumente lese. Man möge mir verzeihen, ich gebe es reumütig zu, dass ich gelegentlich die Anwandlung habe, die Broschüren der Parteien immer noch auszuwerten.

(Herr Scharf, CDU: Ich habe mehrere Ordner über DIE LINKE! - Herr Gallert, DIE LINKE: Schwere Drohung, Herr Scharf!)

Also: Das Thema sozial-ökologischer Umbau. Wesentliche Punkte stehen in Punkt 2 unseres Antrags. Ich habe vorhin schon gesagt, Klimaschutz als Wachstumsmotor begreifen. Ich habe gesagt, eine Abkoppelung des Wachstums vom Ressourcenverbrauch zu beschreiben und zu sagen, notwendig ist eine industrielle Erneuerung der wirtschaftlichen Basis in Sachsen-Anhalt. Das hat das IWH schon lange festgestellt.

Da ist die Frage: Wohin wird gesteuert. Welche Auswirkungen auf die Kommunen sind zu beachten? - Das Thema kommunales Gemeindewirtschaftsrecht spielt dabei eine große Rolle usw. In den Ausschüssen werden wir Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.