Protokoll der Sitzung vom 20.02.2009

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ihnen den Drink noch im Rahmen seiner 400-Euro-JobArbeitszeit mixt oder in der Zeit nur schwarz bezahlt wird?

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Wo habt ihr euch denn getroffen? - Herr Miesterfeldt: War ich mit Ihnen schon an der Bar?)

Wie viele Menschen gibt es, die bei der Reparatur ihres Kleinwagens in der freien Werkstatt auf eine offizielle Rechnung verzichten, um sich die Mehrwertsteuer von 19 % zu sparen?

(Herr Tullner, CDU: Das ist eine Unterstellung!)

Wie viele Handwerker frischen ihr Taschengeld am Fiskus und an der Ehefrau vorbei schwarz auf?

(Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Natürlich haben wir genügend gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung. Auch ist die Finanzkontrolle „Schwarzarbeit“, die dem Hauptzollamt Magdeburg zugeordnet ist, mit knapp 150 Mitarbeitern in Sachsen-Anhalt gut aufgestellt.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, seit dem Jahr 1957 versucht man in Deutschland, die Schwarzarbeit durch Verfolgung und Bestrafung einzudämmen; allein der Erfolg blieb aus. Auch drastische Bußgelder helfen in diesem Bereich nicht. Wer die Schwarzarbeit bekämpfen will, muss die Ursachen dieser Entwicklung bekämpfen.

(Zustimmung von Herrn Wolpert, FDP)

Wie man die Ursachen für Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft in Deutschland beseitigen kann, wird von der Landesregierung auf den letzten beiden Seiten der Antwort auf die Große Anfrage sehr gut aufgezeigt, nämlich auf den Seiten 38 und 39. Die Landesregierung schreibt dort unter anderem, der Umfang von Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit könne durch staatliches Handeln abgebaut werden

erstens durch Verringerung der Steuer- und Abgabenlast,

(Beifall bei der FDP)

zweitens durch Senkung staatlicher Transfers

(Beifall bei der FDP)

und drittens durch den Abbau von Regulierung und Bürokratie.

(Beifall bei der FDP)

Darin haben Sie Recht. Genau so kann man die Schwarzarbeit bekämpfen. Ich füge diesen drei Punkten einen vierten Punkt hinzu: durch die Vermeidung von staatlich festgelegten Mindestlöhnen.

(Beifall bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Ha, ha, ha!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ursache für Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft ist ein ungerechtes und kompliziertes Steuersystem mit hohen Tarifen. Die Steuer- und Abgabenlast auf den Faktor Arbeit ist nach wie vor brutal hoch. Die Arbeitskosten - das wissen Sie alle - setzen sich aus dem Brutto, dem so genannten Direktentgelt und den Lohnzusatzkosten zusammen. Während das Direktentgelt einen Anteil von 76,2 % des Brutto beträgt, beziffern sich die Gesamtkosten inzwischen auf 130,4 %.

Nach jüngsten Berechnungen der OECD zur Steuer- und Abgabenlast ist die Abgabenbelastung vor allem bei Ledigen und bei Beziehern geringer und mittlerer Einkommen besonders hoch. Der Abgabenanteil an den Arbeitskosten eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners belief sich laut den Aussagen der OECD im Jahr 2007 auf 52,2 %.

Wenn auf der Rechnung des Automechanikers 80 € pro Arbeitsstunde zuzüglich Mehrwertsteuer steht, derselbe Automechaniker allerdings weniger als die Hälfte ausgezahlt bekommt, dann ist das unfair und drückt auf die Steuermoral und auf den Leistungswillen der Menschen.

(Beifall bei der FDP)

Ein einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen, in dem demjenigen, der mehr Leistung erbringt, mehr Netto vom Brutto bleibt, brauchen wir in Deutschland. Wenn es uns gelingen würde, einen Teil der Schwarzarbeit wieder normal zu versteuern, würden dem Staat enorme Beträge zufließen. Ein besseres Steuersystem schafft die Basis dafür, dass sich Leistung lohnt, dass mit Freude gearbeitet wird und dass investiert wird.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine solche Steuerreform wird nicht nur von 80 % unserer Bürger verlangt, sondern sie ist auch die richtige Antwort auf die wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen wir gerade leben.

Der Staat hat für alles Geld, sogar für Abwrackprämien. Aber für eine Entlastung der mittleren und kleinen Einkommen will er kein Geld haben? - Wenn eine Reform dazu führt, dass Arbeit wieder ehrlich versteuert wird, dann erhöht allein das bereits die Staatseinnahmen. Nur wenn sich Leistung wieder lohnt und jene, die arbeiten, nicht die Dummen sind, dann gibt es einen Aufschwung und Arbeitsplätze. Ein faires Steuersystem ist die beste Maßnahme zur Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Leistung muss sich lohnen. Das gilt in der Steuerpolitik, aber es gilt nicht weniger in der Sozialpolitik. Wenn man in Deutschland mit staatlichen Lohnersatzleistungen und etwas Schwarzarbeit mehr verdienen kann als mit ehrlicher harter Arbeit, dann haben wir einen Fehler im System. Derjenige, der arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.

Auch mit einem Mindestlohn, der vom Staat festgesetzt wird, wird man die Schwarzarbeit nicht bekämpfen. Was nützt eigentlich ein staatlich festgesetzter Mindestlohn, wenn der Staat dafür sorgt, dass durch immer höhere Steuern und Abgaben immer weniger Netto übrig bleibt? - Die Einführung des Mindestlohns wird wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu noch mehr Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit führen.

Am Beispiel der Postdienstleistungen ließ sich sehr schnell und deutlich beobachten, dass die Ballung von Arbeitsplatzverlusten infolge der Einführung von Mindestlöhnen einen sehr realen Hintergrund hat.

(Beifall bei der FDP)

Innerhalb weniger Wochen sind 6 000 der 11 500 Arbeitsplätze bei der PIN AG verschwunden. Das IWH in Halle befürchtet, dass die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes in Höhe von 7,50 € einen Verlust von rund 620 000 Arbeitsplätzen vor allem im Niedriglohnbereich zur Folge hat. Nie waren Mindestlöhne so falsch wie heute in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklung.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke der Landesregierung und der rot-schwarzen Koalition, dass sie die Ursachen, die zu Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit führen, in ihrer Antwort auf die Große Anfrage so deutlich benannt haben. Dann bliebe uns als liberaler Opposition nur noch zu wünschen, dass sie auch alles auf Landes- und Bundesebene unternehmen werden, um die wichtigsten Ursachen, die zur Schwarzarbeit führen, zu beseitigen.

Ein Konjunkturpaket, das die Bürger steuerlich entlastet, das die Leistungsbereitschaft anregt, das die Freibeträge für Familien erhöht, brauchen wir jetzt in Deutschland. Setzen Sie sich als Landesregierung dafür in Berlin ein! - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt zwei Nachfragen, eine von Herrn Dr. Thiel und eine von Frau Schmidt. Wollen Sie diese beantworten, Herr Franke?

Dann hat Herr Dr. Thiel das Wort.

Lieber Kollege Franke, Sie haben eine Menge zu den Schwarzarbeitnehmern gesagt. Welche Position hat die FDP-Fraktion zu den Schwarzarbeitgebern?

Herr Thiel, sicherlich die gleiche wie zu den Schwarzarbeitnehmern. Überall dort, wo ein Nehmer ist, wird auch ein Geber sein.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Dazu habe ich wenig von Ihnen gehört!)

- Okay, dann unterstreiche ich die Position an dieser Stelle noch einmal. Ich habe auch von den Handwerkern gesprochen, die über eine unterlassene Rechnungslegung die Mehrwertsteuer sowohl für sich als auch für die Kunden umgehen.

Frau Schmidt, Sie haben das Wort, bitte schön.

Herr Franke, Sie sprachen zu Recht davon, dass jemand, der arbeitet, mehr bekommen muss als jemand, der nicht arbeitet. Es ist völlig klar, dass es sich auch lohnen muss, legal zu arbeiten.

Wie erklären Sie sich aber, dass Menschen ohne Mindestlohn, obwohl sie arbeiten, zum Staat gehen, um sich das zu holen, damit sie leben können? - Ich rede hier von den Aufstockern, die immer mehr werden und deren Anzahl durch einen staatlichen Mindestlohn verringert werden könnte; denn dann verdienen sie wirklich mehr als Leute, die nicht arbeiten.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Franke verzichtet auf die Antwort. - Dann erteile ich für die Landesregierung Herrn Wirtschaftsminister Haseloff das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat in ihrer Großen Anfrage zur Schwarzarbeit in Sachsen-Anhalt vom 7. Oktober 2008 um die Beantwortung von insgesamt 35 Fragen zu den Themenschwerpunkten Umfang der Schattenwirtschaft und der Schwarzarbeit in Sachsen-Anhalt, Bekämpfung der Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Ordnungswidrigkeitsverfahren, Personalausstattung und Kontrollen sowie zu Ursachen und vorbeugenden Maßnahmen die entsprechenden Fragen gestellt.

Da das Wirtschaftsministerium lediglich für den Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung zuständig ist, der Verstöße gegen handwerks- und gewerberechtliche Vorschriften sanktioniert, wurde die Große Anfrage den anderen fachlich betroffenen Ressorts Ministerium des Innern, der Ministerium der Justiz, Ministerium der Finanzen, Ministerium für Gesundheit und Soziales sowie dem

Landesverwaltungsamt mit der Bitte um Stellungnahme und detaillierte Beantwortung einzelner dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich unterstehender Fragen zugeleitet.