Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Vielen Dank, Herr Krause. - Bevor wir jetzt die Beiträge der Fraktionen hören, haben wir die Freude, Seniorinnen und Senioren der Volkssolidarität Elbenau auf der Südtribüne begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun erteile ich Herrn Barth das Wort, um für die SPDFraktion zu sprechen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krause hat in seinem Beitrag bestimmte Argumente für eine Bundesratsinitiative bereits ausführlich dargelegt. Diese können wir zum Teil unterstützen. Deshalb möchte ich mich auf ein paar grundsätzliche Überlegungen zur Situation der Landwirtschaft und insbesondere der Milchwirtschaft konzentrieren.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist in der Landwirtschaft angekommen. Ich denke, das hat jeder, der aufmerksam durch die Welt geht, jetzt mitbekommen. Dies betrifft nicht nur die Milchviehhalter, sondern ziemlich alle Produktionszweige der Landwirtschaft. So wie die Preise für die landwirtschaftlichen Primärprodukte in den Jahren 2007 und 2008 gestiegen sind, so sind sie in vergangenen Wochen und Monaten dramatisch eingebrochen.

Die zurückliegenden Jahre zeigen uns, dass die Agrarpreise nicht unwesentlich vom Ölpreis beeinflusst werden. Verwunderlich ist das nicht; denn Biomasse ist letztendlich ein Substitut zum Öl.

Ich halte diese Entwicklung für besorgniserregend; denn die Versorgung der Weltbevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln zu angemessen Preisen ist in höchstem Maße eine globale Aufgabe der Daseinsvorsorge.

Die EU hat über Jahrzehnte hinweg für eine Preisstabilität innerhalb des europäischen Binnenmarktes gesorgt.

Herr Krause, das ist eine Leistung, die man auch heutzutage noch anerkennen sollte, weswegen man hier nicht immer EU-Schelte betreiben sollte.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Damit hat sie beruhigend auf den Weltmarkt gewirkt. Die Instrumente, nämlich die Interventionspreise, die Lagerhaltung und die Quoten, haben die Preise relativ stabil gehalten und die Mengen reguliert.

Mit dem Wegfall dieser Marktmechanismen werden die Agrarprodukte nun nicht zuletzt an der Börse für Spekulationen attraktiver. Marktwirtschaft geht davon aus, dass sich der Preis nach dem Angebot und der Nachfrage richtet. Ob diese Konstellation für Agrarprodukte so glücklich ist, wage ich zu bezweifeln; denn die Nachfrage sollte sich nicht in erster Linie nach dem Preis, sondern nach dem Bedarf an Energie, Proteinen und Vitaminen richten. Mit der absehbaren weiteren Zunahme der Weltbevölkerung wird dieser Aspekt sicherlich noch an Bedeutung gewinnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die aktuelle Wirtschaftskrise birgt für uns die Gefahr in sich, dass uns in Größenordnungen auch Milchviehbetriebe und damit Wertschöpfungsketten im ländlichen Raum wegbrechen.

Warum trifft es nun ausgerechnet die Milchviehhalter besonders hart? - Die Milchviehhaltung ist relativ kapital- und arbeitsintensiv und neben den hohen Stallplatzkosten schlagen Betriebs- und Futtermittelkosten zu Buche. So verbraucht beispielsweise ein Häcksler für die Futtermittelproduktion pro Tag bis zu 1 000 l Diesel. Das ist schön für den Finanzminister, aber schlecht für den Landwirt.

Gegenüber anderen Produktionszweigen ist die Energiebilanz bei der Milchproduktion mit Abstand am ungünstigsten. Milchviehhalter sind also gewissermaßen in die Zange genommen, da neben den geringen Milchpreisen hohe Kosten für Betriebs- und Futtermittel die Betriebe überproportional hoch belasten.

Wir kennen in der Landwirtschaft den so genannten Schweinezyklus, also ein Auf und Ab der Schweinepreise mit der Empfehlung, sich mit der Produktionsmenge möglichst antizyklisch zu verhalten. Eine solche Empfehlung für Milchviehbetriebe halte ich für weniger sinnvoll, da die Milchproduktion mit hohen Anlagekosten verbunden ist und die Erbringung von hohen Leistungen in besonderem Maße erfahrenen und motivierten Personals sowie eines kontinuierlichen Zuchtprozesses bedarf. Zudem kann man Milchkühe nicht einfach abstellen, sondern sie müssen gemolken werden.

Selbst wenn die Preise nach der Krise wieder deutlich steigen sollten, wäre mehr als fraglich, ob die Milchproduktion wieder aufgenommen werden würde. Die Erfahrungen zeigen, dass Betriebe, welche die Milchproduktion einmal aufgegeben haben, es dann dabei belassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was unsere Landwirte und insbesondere die Milchviehhalter jetzt brauchen, ist das klare Signal, dass ihnen geholfen wird. Wie in den Anträgen aufgeführt, müssen die Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen EU-Staaten wie beim Agrardiesel beseitigt werden, um über die Krise hinwegzuhelfen. Die Auflage des Milchfonds muss Gestalt annehmen, um die mittelfristige Perspektive zu sichern.

Der Bundesrat allein wird diese Forderung gegenüber dem Bund nicht durchsetzen können. Auch deshalb ist ein abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer erforderlich. Es geht hierbei hauptsächlich um die Reduzierung bzw. die Senkung des Steuersatzes für Agrardiesel. Ich denke, es ist sinnvoll, dass sich die Landesregierungen, wie bereits gesagt, untereinander abstimmen. Ich denke, wir sind uns in dieser Sache ohnehin einig.

Wünschenswert ist, dass die Landwirtschaft auch in unserem Bundesland über diese schwierige Zeit hinwegkommt und wir geeignete Mittel suchen und finden, um an dieser Stelle weiterzuhelfen.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Barth. - Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Hauser. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun haben wir einen Antrag und zwei Änderungsanträge bzw. einen Ergänzungsantrag der FDP-Fraktion zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD. Ich möchte vorausschicken, dass die Agrarpolitik hochkompliziert ist und dass wir es manchmal selbst nicht mehr kapieren. Ich muss das offen zugeben.

Eines möchte ich hier, lieber Kollege Krause, sagen: Wir brauchen offene Märkte. Wir brauchen auch den Agrarexport und wir benötigen Wettbewerbsfähigkeit im Land und auch in der Agrarwirtschaft.

(Beifall bei der FDP)

Die Sparten der Agrarwirtschaft stellen sich sehr unterschiedlich dar. Momentan hat es die Milchproduktion erwischt. Das muss man ganz offen sagen. Ich möchte die Punkte, die von der CDU und der SPD aufgeführt worden sind, ausdrücklich unterstützen. Aber, lieber Kollege Barth, die Senkung der Agrardieselbesteuerung hat einen Haken; denn diese bekommen Sie durch Ihre Fraktion in Berlin garantiert nicht durch. Ich erspare Ihnen jetzt die Pressemitteilung von Waltraud Wolff, die möchte ich gar nicht bringen.

(Herr Barth, SPD: Schauen wir mal, Herr Hauser!)

- Schauen wir mal. Die warten alle auf eine andere Bundesregierung im Herbst.

(Beifall bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Dann gibt es überhaupt keine Kühe mehr, son- dern nur noch Ochsen!)

Herr Kollege Krause, es stimmt, dass es beim Agrardiesel 40 € pro Hektar ausmacht, also praktisch für einen Betrieb in einer Größe von 100 ha 4 000 € und für einen Betrieb in einer Größe von 10 000 ha 400 000 €. Das sind horrende Summen. Diese Benachteiligung muss einfach weg. Darüber können wir diskutieren, wie wir wollen.

Noch ein wichtiger Punkt: Aufhebung der Begrenzung der Steuerrückerstattung und des Selbstbehalts. Wir wissen alle, dass die Bayerische Staatsregierung derzeit einen Alleinversuch startet, vor allem bezüglich des

Selbstbehalts. Es ist dort von der Betriebsstruktur nicht ganz ohne. Es hilft uns aber herzlich wenig, über einen Selbstbehalt von 350 € zu sprechen. Wo wollen wir da anfangen? - Das zieht ja nicht. Wir brauchen eine generelle Senkung.

Der nächste Punkt: Unterstützung und Liquiditätssicherung der Landwirte. In welcher Form soll das geschehen? - Darüber müssen wir im Ausschuss diskutieren. Bei einem Betrieb, der am Absaufen ist, muss hinterfragt werden, wer wo wann und wie viel Geld für welche Zwecke ausgibt. Darüber muss man offen diskutieren.

Der nächste Punkt: steuerliche Risikorücklage in der Land- und Forstwirtschaft. Das ist äußerst wichtig. Wenn man ein gutes Jahr hat und Gewinne macht, dann ist es wichtig, dass man diese auch verteilen kann. Wenn man erst einen höheren Steuersatz erreicht hat, dann kommt man davon nicht mehr so schnell herunter. Das ist eben die Listigkeit dieser deutschen Finanzpolitik.

Übrigens lautet das Motto des Finanzamts - wer weiß es? -: Früher oder später kriegen wir euch alle! Das ist nur eine Frage der Zeit.

(Minister Herr Bullerjahn: Das ist clever! - Weitere Zurufe von Minister Herrn Bullerjahn und von der LINKEN)

- Ja, sonst wären wir schon längst weg vom Fenster.

Zu den benachteiligten Gebieten. Wie Sie wissen, ist derzeit in Brüssel - Herr Schnellhardt ist jetzt leider weg - eine Richtlinie vorgelegt worden: bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen, das heißt für Grünlandbetriebe.

Dieser Bereich muss exakter und besser unterstützt werden. Darum ist der FDP die Ergänzung sehr wichtig, dass es um eine bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen bei Beibehaltung des Berechnungsmaßstabes der landwirtschaftlichen Vergleichszahlen je Betrieb gehen muss. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dem zustimmen würden. Das wäre sehr wichtig.

Ansonsten bedanke ich mich und hoffe, dass wir Einigkeit erzielen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hauser. - Nun erteile ich Herrn Daldrup das Wort, um für die CDU-Fraktion zu sprechen. Bitte schön, Herr Daldrup.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wettbewerbsfähigkeit in Sachsen-Anhalt ist wichtig. Sie ist auch strukturell in der Landwirtschaft sicherlich gegeben. Aber was heißt Wettbewerbsfähigkeit und in welchem Verhältnis steht diese wozu?

Soeben ist darüber diskutiert worden. Es nützt überhaupt nichts, wenn man wettbewerbsfähig ist, aber trotzdem kein Geld verdient, weil die Märkte so sind, dass man kein Geld verdienen kann. In dieser Situation befinden sich die Landwirtschaft und insbesondere die Milchwirtschaft derzeit in Sachsen-Anhalt. Trotz guter Strukturen, trotz bester Betriebe und trotz bester Leistungen wird in der Milchwirtschaft derzeit kein Geld verdient. Deshalb ist es wichtig, auch weiterhin zu ver

suchen, flächendeckend Landwirtschaft und Milchviehproduktion zu erhalten.

Die Marktentwicklung wird in den nächsten Jahren - das ist völlig klar und auch vorhersehbar - viel volatiler werden, das heißt, die Schwankungen werden deutlich größer werden, als sie es bislang sind. Darauf muss man sich einstellen. Einige Dinge wurden bereits genannt und sind auch wichtig wie zum Beispiel die steuerlichen Fragen, die Vorauszahlung und die Rücklagenbildung.

Wir müssen schauen, in welcher Form, in welchem Zeitraum und in welchem Rhythmus wir das organisieren können. Deswegen glaube ich, dass wir im Ausschuss über diese Fragen und über die Einzelheiten diskutieren müssen.

Es macht überhaupt keinen Sinn, eine Bundesratsinitiative zu starten, nur damit man etwas gestartet hat, nur damit wir nach außen beweisen oder darlegen können, wir hätten etwas getan, obwohl es keine Aussicht auf Erfolg hat. Man muss sich schon sehr intensiv und detailliert mit diesen Fragen auseinandersetzen.

Steuerliche Fragen wie beim Agrardiesel sind wichtig und denen müssen wir nachgehen. Darin besteht kein Unterschied zwischen uns. Wir haben aber derzeit keine Mehrheit dafür.

In den Bundestag ist gestern oder heute - ich weiß es nicht genau - ein Gesetzentwurf eingebracht worden, nach dem die einzelnen Bundesländer die Möglichkeit erhalten sollen, den Selbstbehalt beim Agrardiesel zu erstatten. Der Selbstbehalt beträgt 350 €.