Sie sehen, um das Oberzentrum herum, was einmal Innenminister a. D. Püchel angestrebt hat, sektoral etwas zu legen, wird dann passieren. Aber die Aufgaben werden natürlich auch immens größer. Diese neuen Einheitsgemeinden werden Aufgaben haben beim Trinkwasser in mehreren Zweckverbänden, beim Abwasser in mehreren Zweckverbänden, und sie werden Leistungen zu erbringen haben, was die Gewässer erster und zweiter Ordnung betrifft, was Bundesautobahnen und Landstraßen betrifft.
Das ist, wie gesagt, eine Sache, die tief in die Planung eingreift. Vielleicht muss der Gesetzgeber nach einer gewissen Zeit fragen, ob das, was er damals mit der FDP als Erprobungsphase festgelegt und mit der SPD weitergeführt hat, im Hinblick auf die Gesetzesänderung jetzt und die Gemeindegebietsreform eine Überprüfung der gesamten Sachlage mit sich bringt. Ob das Instrument des Pflichtverbandes noch greift, müsste dann geprüft werden.
Das möchte ich einmal so im Raum stehen lassen. Wir bitten ebenfalls um eine Überweisung in den Innenausschuss und werden dieses Gesetz dort beraten. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Madl, es ist wirklich ein Glücksumstand, dass Sie mit Ihrer Gemeinde nicht Mitglied des Stadt-Umland-Verbandes sind, weil Ihnen das wirklich den Blick bewahrt hat für das Problematische, das bisher hier nicht zu hören war. Wir kommen darauf noch zu sprechen. - Jetzt will ich zu meinen Ausführungen kommen.
Wie ich hörte, hat der Finanzausschuss auf seiner Studienreise in Tirol zahlreiche interessante Eindrücke gesammelt.
Mit Blick auf das Stadt-Umland-Verbandsgesetz wäre es für den federführenden Innenausschuss interessant gewesen, stattdessen nach Madagaskar zu fahren. Dort hätte der Ausschuss einen interessanten Totenkult kennenlernen können,
bei dem die Gebeine der Verstorbenen in größeren Zeitabständen unter volksfestartiger Anteilnahme der Bevölkerung aus der Familiengruft geborgen, gereinigt und eingehüllt in neue Tücher und Bastmatten wieder beigesetzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ebenso wenig wie die Madagassen ihre Toten durch das Einhüllen in neue
Tücher zum Wiedererwachen bringen können, vermag die Landesregierung mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung den Stadt-Umland-Zweckverbänden doch noch Leben einzuhauchen.
Seit Monaten verharren die zur Zweckverbandsbildung verdonnerten Gemeinden in völliger Apathie. Diese wird offenbar noch dadurch gefördert, dass der von der Wohnsuburbanisierung ausgehende Handlungsdruck spürbar nachgelassen hat, allerdings nicht als Ergebnis einer zukunftsfähigen Landesgesetzgebung, sondern aufgrund der demografischen Entwicklung.
Der Gesetzentwurf stellt die beanstandete Verfassungskonformität zwar her, kommt aber dadurch der Abschwächung der Interessengegensätze nicht näher. Herr Madl hat das ausführlich dargelegt. Ganz im Gegenteil: Die beiden Großstädte müssen zugunsten der einwohnerschwächeren Umlandgemeinden eine ungleiche Gewichtung ihrer Einwohnerzahl erdulden.
Ein Übriges tut die den Zielen der angestrebten Zweckverbandsbildung zuwiderlaufende Gewerbeflächenansiedlungspolitik der Landesregierung selbst, die zunehmend Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen zur Lösung der Stadt-Umland-Probleme aufkommen lässt.
Die sich aus dem Gesetzentwurf ergebende Situation - auch darauf hat Herr Madl schon hingewiesen -, dass die im Zuge der Gemeindegebietsreform entstehenden Einheitsgemeinden nicht ihr gesamtes Territorium der gemeinsamen Flächennutzungsplanung unterwerfen müssen, reißt zusätzliche Gräben auf. Würde dies tatsächlich zur Praxis, wäre dieser Gesetzentwurf der - sprichwörtlich - letzte Sargnagel für funktionierende Stadt-Umland-Verbände.
Ich kann es mir ersparen, ein Beispiel anzuführen; Herr Madl hat es ausführlich dargelegt. Das Hauptproblem wird sein, dass unmittelbar neben der früheren Gemeindegrenze konkurrierende Flächennutzungen realisiert werden könnten oder wesentlich leichter wären, als wenn sie innerhalb eines Zweckverbandes austariert werden müssten.
Meine Damen und Herren! Unserer Meinung nach verbleibt nur noch ein einziger Weg, der Aussicht auf praktische Ergebnisse in absehbarer Zeit verspricht. Dieser ist, dass die jeweilige regionale Planungsgemeinschaft einen Teilgebietsentwicklungsplan mit dem Charakter eines gemeinsamen Flächennutzungsplans gemäß §§ 203 ff. des Baugesetzbuches aufstellt. Dabei wäre es völlig ausreichend, wenn sich dieser auf die Themen Gewerbeflächen, Wohnbauflächen und Verkehrsinfrastruktur sowie das Biotopverbundsystem beschränken würde. Seine Inhalte müssten dann von den Gemeinden nachrichtlich in ihre Flächennutzungspläne übernommen werden. Der räumliche Geltungsbereich müsste sich aber an den Gemeindegrenzen vom 1. Januar 2010 ausrichten. Das heißt also: Die gesamten Einheitsgemeinden müssten eingeschlossen werden, auch wenn sich dadurch das Zweckverbandsgebiet vergrößert.
Diese Überlegungen sind nicht neu. Sie waren bereits Teil der konstruktiven Vorschläge, die die LINKE in den letzten zehn Jahren zur Gestaltung der Beziehungen zwischen Kernstadt und Umlandgemeinden auf den Tisch dieses Hohen Hauses gelegt hat. Leider wurden sie in der Vergangenheit nie einer ernsthaften Prüfung
unterzogen; ebenso wie - das merken wir auch an diesem Beispiel - die Problematik der Einwohnerfortschreibung auf Ortsteilebene schon hier eine Rolle spielt. Ich habe die Hoffnung trotzdem nicht aufgegeben, dass sich die Vernunft am Ende doch noch durchsetzen wird. - Danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Verabschiedung des Gesetzes sagte ich zum Schluss: Ich kann nur alle Beteiligten aufrufen, dies als Chance für die Region und für die jeweilige Stadt oder Gemeinde zu sehen und sich konstruktiv in die Arbeit des Zweckverbandes einzubringen.
Wir haben jetzt gemerkt, dass dies vor Ort sehr schwierig ist und dass die Probleme, die wir vor dem Beschluss des Zweckverbandsgesetzes gesehen haben, weiterhin existieren.
Nun ist es das gute Recht einer Gemeinde, vor das Verfassungsgericht zu gehen und das Gesetz überprüfen zu lassen, was ja durch die Gemeinde Zielitz erfolgt ist.
Zu den positiven Wertungen des Verfassungsgerichtes hat der Herr Innenminister Ausführungen dahin gehend gemacht, dass das Stadt-Umland-Verbandsgesetz im Grundsatz rechtens ist.
Auch damals sagte ich schon, dass man natürlich unterschiedlicher Auffassung darüber sein kann, wie man die Zusammenarbeit der Gemeinden vor Ort, der Umlandgemeinden mit den Oberzentren verbessern kann. Der eine möchte es in lockerer Zusammenarbeit, der andere möchte es bis hin zur Eingemeindung. Das Zweckverbandsgesetz war eine Kompromisslösung. So haben wir es auch immer gesehen.
Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf soll das StadtUmland-Verbandsgesetz an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst werden, hier vor allen Dingen die Regelungen zu den Stimmenverhältnissen in der Verbandsversammlung.
Zukünftig werden Beschlüsse in der Verbandsversammlung des Stadt-Umland-Verbandes nach dem neuen § 6 Abs. 4 des Stadt-Umland-Verbandsgesetzes anstelle einer einfachen Stimmenmehrheit regelmäßig eine qualifizierte Mehrheit in Form einer Kombination aus mindestens 60 % der Stimmen der anwesenden Vertreter in der Verbandsversammlung und einer Mindestanzahl von drei Mitgliedsgemeinden erfordern.
Wir begrüßen ausdrücklich die neu aufgenommene Regelung des § 13, eine Bestätigungsvorschrift, nach der Beschlüsse, für die gesetzlich bislang keine besondere Stimmenmehrheit bestimmt war und die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Stadt-UmlandVerbandsgesetzes gefasst worden sind, rückwirkend als wirksam gefasst gelten sollen. Damit werden vor Ort Rechtssicherheit und möglicherweise auch Arbeitsfähigkeit geschaffen. Ich stelle das unter den Vorbehalt, dass die Beteiligten dazu gewillt sein müssen.
Ich beantrage im Namen der SPD-Fraktion ebenfalls die Überweisung zur federführenden Beratung in den Innen
Danke sehr. - Damit ist die Aussprache beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/1941 ein.
Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr zu überweisen. Gibt es hierzu andere Auffassungen? - Das ist nicht der Fall. Dann würde ich darüber zusammen abstimmen lassen.
Wer damit einverstanden ist, dass der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf in die genannten Ausschüsse überwiesen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 4.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion bringt heute ein Bibliotheksgesetz in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein. Seit vielen Jahren wird über ein solches Gesetz, über den Sinn und Zweck eines Bibliotheksgesetzes nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit diskutiert. Es wird von verschiedensten Organisationen empfohlen, ein solches Gesetz durchzusetzen. Ein solches Gesetz wird von den unterschiedlichsten Stellen befürwortet.
Die Linksfraktion befindet sich mit der heutigen Einbringung und mit der Befürwortung eines solchen Gesetzentwurfes durchaus in guter Gesellschaft. So sprach sich im Jahr 2007 in ihrem Abschlussbericht auch die Bibliothekskonferenz Sachsen-Anhalts, die hier im Landtag - ich glaube, auf Antrag der SPD-Fraktion im Jahr 2004 - einstimmig beschlossen wurde, einmütig und vehement für ein Bibliotheksgesetz in Sachsen-Anhalt aus.
Aber auch die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ beim Deutschen Bundestag hat in ihrem Abschlussbericht ein solches Gesetz gefordert. Horst Köhler, unser Bundespräsident, sprach sich während seiner Rede anlässlich der Wiedereröffnung der Anna-AmaliaBibliothek in Weimar am 24. Oktober 2007 für Bibliotheksgesetze in den einzelnen Bundesländern in Deutschland aus.
In unserem Nachbarland, dem Freistaat Thüringen, existiert bereits seit dem letzten Jahr ein Bibliotheksgesetz. In weiteren Bundesländern wird intensiv darüber disku
tiert. Auch dort sollen Bibliotheksgesetze angeschoben werden. Der Bibliotheksverband in Sachsen-Anhalt ist mit seiner Forderung demzufolge nicht allein.