(Frau Budde, SPD: So ist das, wenn man über den Zustand von anderen Parteien und Fraktio- nen des Landtags redet!)
Ich muss mir nicht Ihre Sorgen machen, aber, meine Damen und Herren, Sie sollten einmal darüber nachdenken, dass Sie sich auch selbst nichts Gutes tun, wenn die SPD in den Geruch kommt, dass sie finanzpolitisch die Unsicherheitskomponente in diesem Landtag ist.
Also: Eine verfassungsgebende Mehrheit für entsprechende Gesetzes- und Verfassungsänderungen in diesem Haus wäre vorhanden, wenn die SPD mitmachte. Sie müssen jetzt den Klärungsprozess in Ihren eigenen Reihen herbeiführen, meine Damen und Herren!
Die Föderalismusreform II erfordert es, über das Ende dieser Legislaturperiode hinauszublicken, weil wir eine Verpflichtung für unsere Kinder und Enkel haben, Lebenschancen auch in Zukunft zu sichern, meine Damen und Herren.
Nun ist der Ministerpräsident schon darauf eingegangen, dass wir in diesem Prozess eine verfassungsgerichtliche Klärung zu erwarten haben. Das kann aber nicht ersetzen, dass wir bei uns selbst eine politische Willensbildung erreichen müssen.
Eines muss doch ganz klar sein: Von diesem Landtag muss das Signal ausgehen, dass Haushaltsfinanzierung auf Pump in Zukunft verboten sein muss.
Wenn wir von dieser Diskussion heute nicht diese Botschaft ausgehen lassen können, dann hätte die Debatte zur Regierungserklärung meiner Ansicht nach ihr Ziel verfehlt, meine Damen und Herren.
Der Ministerpräsident hat zu Recht darauf hingewiesen, dass uns noch schwierige Diskussionen darüber bevorstehen, wie der kooperative Föderalismus in Deutschland ausgestaltet werden soll. Ich kenne das selbst und habe ähnliche Diskussionen bei Veranstaltungen und Zusammenkünften der CDU- und CSU-Fraktionsvorsitzenden erlebt.
Die Südländer schwärmen sehr von einem Wettbewerbsföderalismus und malen uns die Chancen dieses Wettbewerbsföderalismus aus. Solange die Startbedingungen aber noch so ungleich sind, wie sie im Moment sind, kann ich mich den Warnungen des Ministerpräsidenten an dieser Stelle nur anschließen.
Wir werden sehr genau hinschauen, was uns langfristig etwas nützt und welche Bestimmungen uns vielleicht eher in eine Situation bringen, in der wir wirklich einmal handlungsunfähig sein könnten.
Wir werden uns im Jahr 2017, spätestens im Jahr 2018 über die Nachfolgebestimmungen zu unterhalten haben. Vielleicht gibt es dann sogar eine Föderalismuskommission III; das bleibt abzuwarten.
Dass wir in den nächsten Jahren schwierige Verhandlungen über die Neugestaltung des Föderalismus und des Finanzausgleiches in Deutschland erleben werden,
ist, denke ich, jedem klar, meine Damen und Herren. Eine Schuldenregel ist aber notwendig und richtig, und ohne eine solche Schuldenregel wird in Zukunft kein verantwortlicher Finanzpolitiker in Deutschland auskommen.
Meine Damen und Herren! Haushaltspolitik ist nicht Selbstzweck. Sie muss eines der politischen Instrumente sein, mit denen eine solidarische und wettbewerblich effektive Gesellschaft gefördert wird. Unsere Gesellschaft wird nur überlebensfähig sein, wenn es uns tatsächlich auf Dauer gelingt, die Grundwerte Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander zu fixieren und zu beschreiben.
Ich bin der festen Auffassung, meine Damen und Herren, dass eine nachhaltige Finanzpolitik künftig einfach notwendig ist und dass eine größere Bescheidenheit in unserem Ausgabeverhalten jetzt unbedingt notwendig ist, damit wir die Zukunft für unsere Kinder erhalten können. - Vielen Dank, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP, von Ministerpräsident Herrn Prof. Dr. Böhmer und von Ministerin Frau Wernicke)
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Scharf. - Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Der Fraktionsvorsitzende Herr Wolpert hat das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! In dieser Regierungserklärung haben wir vom Ministerpräsidenten zunächst sehr ausführlich gehört, welche neuesten Entwicklungen es im Grundgesetz gibt, die den finanzpolitischen Rahmen für die nächsten Jahre festsetzen. Er hat auch den Versuch der geschichtlichen Erklärung unternommen, wie es zu diesen Zwängen gekommen ist.
Auch für uns Liberale ist deutlich sichtbar, welchen Zwängen wir bis zum Jahr 2020 ausgesetzt sein werden: Wir haben den Rückgang der SoBEZ. Wir haben das Auslaufen des Solidarpaktes. Bis zum Jahr 2013 werden die EU-Mittel im Wege des Kongruenzverfahrens zu Ende gehen. Die Frage ist, ob es dabei ein langsames Phasing-out gibt oder ob es abrupt zu Ende sein wird.
Wir haben eine demografische Entwicklung, wie sie Herr Scharf angesprochen hat. Wir haben den Länderfinanzausgleich, der davon betroffen ist. Und schließlich haben wir die Schuldenbremse.
Die Erklärung von Herrn Gallert, warum das Land Sachsen-Anhalt ein strukturelles Minus aufweist, halte ich für falsch.
- Das ist gut so, dass Sie das überraschend finden. - Wenn Sie dazu den OECD-Bereich heranziehen, dann vergessen Sie eines: Dieser Vergleich hinkt. Anders als in vielen Industriestaaten werden unsere sozialen Sicherungssysteme eben nicht über die Steuern finanziert, und deswegen tauchen sie in diesen Steuervergleichen auch nicht auf.
- Bei der Abgabenquote, bei der Staatsquote liegen wir bei mehr als 50 %. Das ist wirklich nicht am unteren Rand der OECD-Vergleiche.
Es ist auch nicht so, dass die Schuldensituation, die Sachsen-Anhalt zu verzeichnen hat, vom Himmel gefallen ist oder aufgrund einer Steuerentlastung der rotgrünen Bundesregierung entstanden ist.
Das mag teilweise mitgewirkt haben. Aber die Aussage, dass die Arbeitslosigkeit seitdem gestiegen sei, werden Sie wohl nicht aufrechterhalten können. Außerdem - das hat Herr Scharf schön herausgearbeitet - ist der Schuldenanstieg in der rot-roten Regierung entstanden, und zwar in einem so exorbitanten Maße, dass es nicht mehr mit einer bundespolitischen Entscheidung erklärt werden könnte.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Gal- lert, DIE LINKE: Die größten Schulden hat Herr Paqué gemacht!)
Aber, meine Damen und Herren, auch wir erkennen letztlich diese politischen Parameter an, die aufgezählt worden sind. Auch wir sind für eine Schuldenbremse; wir teilen mit der LINKEN aber diesbezüglich die verfassungsrechtlichen Bedenken.
Wir sind auch der Meinung, dass über unsere Schuldenbegrenzung unser Parlament entscheiden soll und nicht eine Landesregierung im Bundesrat oder gar eine Bundesregierung.
Wir haben versucht, das hier zu verankern. Ich erinnere daran, dass wir vor zwei Jahren einen entsprechenden Antrag eingebracht haben, übrigens ganz im Sinne des Strategiepapiers des Finanzministers. Wir wollten die Landeshaushaltsordnung ändern. Damals war allerdings der Finanzminister offensichtlich noch nicht in der Lage, die Tragweite zu erkennen.
Aber, meine Damen und Herren, eine andere Sache bewegt mich doch. Es ist die Frage, ob diese Regierungserklärung und diese Diskussion nicht am Thema vorbeigehen. Der Ministerpräsident hat weit in die Ferne geblickt. All die Parameter, die er uns aufgezeigt hat, enden letztlich im Jahr 2020. Dies ist das entscheidende Jahr, in dem wir, sagen wir einmal, ohne fremde Hilfe laufen lernen müssen.
Er sagte kein Wort dazu, wie man das erreicht. Er sagte allgemein, dass wir ein wenig auf die Ausgaben achten müssen. Er sagte dort auch ein wenig zum Personal. Im Wesentlichen setzt man auf eine Einnahmenerhöhung. Kein Wort fiel dazu, wie man im Haushalt 2010/2011 mit der Krise umgeht. Kein Wort fiel zu dem Strategiepapier. Das ist verständlich. Wenn man so weit blickt, kann man nicht sehen, welcher Scherbenhaufen einem da vom Finanzminister vor die Füße gekehrt wird.
Meine Damen und Herren! Über das Strategiepapier ist aus mehreren Gründen auch in dieser Debatte zu diskutieren.
Erstens. Ich bin der Auffassung, dass es kein Strategiepapier ist. Es ist lediglich ein taktisches Geplänkel des
Finanzministers, weil er selbst dafür keine Verantwortung tragen will, ob er sparen muss oder ob er Schulden aufnimmt. Darüber will er lieber andere entscheiden lassen. Deswegen wirft er den Ressorts die Brocken hin und sagt, streitet euch um diesen Knochen, meiner ist es nicht.
Es ist letztlich der Offenbarungseid des Finanzministers. Er erklärt die tägliche Arbeit, die er hat, nämlich die Wünsche der Ressorts einzudampfen, als Strategiepapier öffentlich. Das ist nichts anderes als eine Tätigkeitsbeschreibung Ihrer Aufgabe. Wenn Sie die Verantwortung nicht übernehmen wollen, dann lassen Sie auch den Posten bleiben.
Es ist weiterhin ein unseriöser Ansatz. Der Finanzminister nimmt als Ausgaben die Anmeldungen der Ressorts und stellt dem die zu erwartenden Einnahmen gegenüber. Das heißt, ich setze Mondpreise an und suggeriere ein ganz besonders großes Einsparungsvolumen durch Rabatte. Im kaufmännischen Bereich nennt man das unlauteren Wettbewerb. Bei uns heißt das Strategiepapier.
Man ist auch geneigt, diesen Anmeldungen der Ressorts zu misstrauen. Man erinnere an das Bezugsjahr 2008. Es waren 350 Millionen €, die die Minister angemeldet und tatsächlich nicht unter die Leute gebracht haben.
Aber es gibt auch andere Dinge. Ist denn das, was da berechnet worden ist, richtig? - Beispiel Hochschulen: Da ist mir einiges völlig unklar. Da wird nach außen gegeben, dass den Hochschulen 30 Millionen € durch Einsparungen im Jahr 2011 weggenommen werden. Tatsächlich findet sich auf Seite 37 auch ein Ansatz, der dieses rechtfertigt. Die angemeldeten Millionen werden auf 293 Millionen € eingedampft. Das ergibt ein Defizit von 30 Millionen €.
Völlig verschwiegen wird dabei, dass das 10 Millionen € mehr sind als der Ansatz im Jahr 2009. Was mich völlig verwirrt, ist, dass hinten in der Anlage anstelle 293 Millionen € 308 Millionen € stehen. Diese Rechnung ist zwar nicht nachvollziehbar, es sind aber letztendlich 20 Millionen € mehr als in diesem Jahr. Warum aber dann die Hochschulen aufeinander gehetzt werden, um über Einsparungen von mehr als 30 Millionen € zu diskutieren, ist mir völlig rätselhaft. Eine Strategie, die dahinter steht, ist mir nicht begreiflich.
Das Gleiche beim FAG. Da schreibt er hinein, dass das FAG 1,66 Milliarden € kostet. Wir haben diese Diskussion heute noch. Das FAG ist mit einer Beispielrechnung geliefert worden. Da sind es 1,5 Milliarden €. Ganz offensichtlich hat der Innenminister anders gerechnet als der Finanzminister. Oder ich weiß nicht, wer von den beiden Spitzenkandidaten es nun besser rechnen will. Aber eine Strategie kann ich dort nicht erkennen. Es ist unseriös.