Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Das Gleiche beim FAG. Da schreibt er hinein, dass das FAG 1,66 Milliarden € kostet. Wir haben diese Diskussion heute noch. Das FAG ist mit einer Beispielrechnung geliefert worden. Da sind es 1,5 Milliarden €. Ganz offensichtlich hat der Innenminister anders gerechnet als der Finanzminister. Oder ich weiß nicht, wer von den beiden Spitzenkandidaten es nun besser rechnen will. Aber eine Strategie kann ich dort nicht erkennen. Es ist unseriös.

(Beifall bei der FDP)

Herr Scharf hat die Frage aufgeworfen: Warum wählt er als Bezugsjahr das Jahr 2008, das fetteste Jahr, das wir seit der Wiedervereinigung erlebt haben?

Die Glaubwürdigkeit dieses Strategiepapiers stellt die Glaubwürdigkeit der ganzen Regierung infrage. Wenn ich ein Strategiepapier aufstelle, darin Maßnahmen fest

schreibe und mich dann nicht daran halte, dann kann ich es auch lassen, und alle diejenigen, die es lesen müssten, vergeuden nicht ihre Lebenszeit.

Herr Bullerjahn hat bereits in dem Papier „Einsicht und Perspektiven“ in der Fassung des Jahres 2005 gesehen, dass wir im Jahr 2020 ein Einnahmenvolumen von 6,3 Milliarden € haben werden. Er hat versucht, linear darauf hinzusteuern. Wenn er sich an diese Einsicht gehalten hätte, hätten wir inzwischen 1 Milliarde € weniger Schulden und im Jahr 2010 einen Überschuss von 800 Millionen € zu verwalten.

(Beifall bei der FDP)

Noch im Jahr 2006 gibt es eine mittelfristige Planung, die für das Jahr 2010 nach heutigen Verhältnissen einen Überschuss von 300 Millionen € erbringt.

(Unruhe - Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

- Nein, Herr Minister, wenn Sie solche Strategiepapiere aufschreiben, dann müssen Sie sich auch daran festhalten lassen. Sie haben sich in den letzten Jahren einen Dreck darum gekümmert, was Sie als Ihre Strategie aufgeschrieben haben. Das ist unglaubwürdig.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Sie haben eine tatsächliche Ausgabensteigerung seit dem Jahr 2006. Der Grund dafür sind mit Sicherheit die sprudelnden Steuereinnahmen aus dem Aufschwung. Dann ist es aber völlig unverständlich, wieso Sie im Nachtragshaushalt 2009 noch einmal einen Ausgabenaufstieg haben. Der Grund dafür ist dann die Krise.

(Minister Herr Bullerjahn: Wahrscheinlich!)

Damit sind wir beim Stichwort. Wir haben eine globale Krise. Sachsen-Anhalt ist davon betroffen. Die Haushaltspolitik - das haben Sie richtig gesagt, Herr Scharf - ist ein Teil des Ganzen.

Aber ich muss die Frage beantworten: Wo setze ich meine politischen Schwerpunkte? Wer ist von der Krise in Sachsen-Anhalt betroffen? Wer braucht Hilfe? Wer wird es gut überstehen? Ist unsere Ernährungswirtschaft und Ernährungsindustrie in der Lage, einen gewissen Schwung durchzutragen und das Bruttoinlandsprodukt zu sichern? Hat unsere einheimische Tourismusindustrie Möglichkeiten, die aufgrund der Krise wegfallenden Fernreisen in den Harz oder in die Dübener Heide umzulenken? Braucht sie dabei Hilfe?

(Frau Budde, SPD: Das erzählt uns doch der Wirtschaftsminister morgen!)

- Das ist ja toll. Morgen werden Sie uns erzählen, warum wir Arcandor retten.

Es stellt sich weiter die Frage: Wie binde ich denn FuEKapazitäten? Welche Branche ist in der Lage, nach der Krise am schnellsten durchzustarten? - Wir haben doch in Sachsen-Anhalt die Chance, dass wir nicht ganz so stark betroffen sind wie andere Länder. Wir haben eine kleine Atempause. Wir könnten sie zum Neustart nutzen.

Das sind die Fragen: Reichen meine bildungspolitischen Weichen, die ich gestellt habe? Habe ich das Fachpersonal, das ich brauche? Brauche ich neue Strukturen oder muss ich mich in den bestehenden einfach nur freier bewegen können?

Das sind doch die Fragen, die ich jetzt beantworten muss. Ich muss jetzt die Ziele definieren. Ich muss jetzt

die Schwerpunkte setzen. Erst dann kann ich sagen, welche Mittel habe ich, um diese Schwerpunkte umzusetzen. Danach richte ich dann mein haushaltspolitisches und mein politisches Handeln aus. Die Haushaltspolitik in dem engen Rahmen, den wir haben, ist der Maßstab. Aber erst muss das politische Ziel klar sein. Dann werden die Mittel festgesetzt, mit denen ich die Ziele umsetze.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die FDP hat klare Ziele. Wir brauchen kluge Köpfe in Sachsen-Anhalt, um im globalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden. Wir brauchen eine starke Wirtschaft und einen schlanken Staat, um den Menschen die Teilhabe am Wohlstand zu sichern. Und wir brauchen für die Menschen ein SachsenAnhalt, das lebenswert und liebenswert ist. Dazu habe ich heute in der Debatte überhaupt nichts gehört. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Wolpert, für den Beitrag der FDP. - Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Die Fraktionsvorsitzende Frau Budde hat das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Wolpert, Sie haben übrigens gerade an der falschen Stelle gebissen. Ich habe Ihnen nämlich Recht gegeben, dass es sinnvoll wäre, eine wirtschaftspolitische Strategie zu haben, mit der man dieser Krise entgegenwirkt. Nur weil ich das gesagt habe, müssen Sie nicht gleich beißen. Ich war sogar Ihrer Meinung. So ist das nicht!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will anders einsteigen, als ich es ursprünglich geplant hatte. Wenn man über die Verschuldung des Landes SachsenAnhalt redet, Herr Scharf, sollte man mathematische Grundsätze nicht außer Acht lassen. So sind die Haushalte aufgestellt worden, haben Sie gesagt.

Wenn man sich die Legislaturperioden und die Verschuldungssituation anguckt, dann stellt man fest, dass es 5,9 Milliarden € am Ende der ersten Legislaturperiode und 16 Milliarden € am Ende der dritten Legislaturperiode waren. Das sind ungefähr 6 Milliarden €, die auf Kosten der ersten CDU-FDP-Regierung gehen. Ungefähr 10 Milliarden € fielen in den zwei Legislaturperioden an, in denen es Rot-Rot gab. Wenn wir dann weiter gehen, sehen wir, dass eine zweite FDP-CDU-Koalition weitere gut 4 Milliarden € Schulden machte. Wir landen also bei der gleichen Situation. Zweimal häuften schwarz-gelbe Regierungen insgesamt rund 10 Milliarden € und zweimal Rot-Rot insgesamt rund 10 Milliarden € Schulden an.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen hat in der gleichen Zeit, vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2006, Mecklenburg-Vorpommern mit einer rotroten Regierung sogar einmal eine Neuverschuldung in Höhe von null hingekriegt. Also daran kann es nun wirklich nicht liegen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Für diese Legislaturperiode - wenn alles so klappt, wie wir es uns gemeinsam vorgenommen haben - sind es im

besten Fall 1,7 oder 1,8 Milliarden € und im schlechtesten Fall vielleicht 2 Milliarden €. Es wäre also das erste Mal, dass wir in einer Legislaturperiode mit weniger als 5 Milliarden € Schulden auskommen.

Vielleicht hat der Kollege Haseloff einmal darüber nachgedacht und deshalb heute so vehement gefordert, dass es eine Fortsetzung von Schwarz-Rot geben solle, weil das offensichtlich die günstigste Variante - zumindest auch finanzpolitisch - für das Land ist. Also, in dieser Hinsicht wäre ich einmal ganz vorsichtig.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD, und von Herrn Miesterfeldt, SPD - Zuruf von Frau Dr. Hüs- kens, FDP)

Herr Ministerpräsident, von einer Regierungserklärung erwarte ich - natürlich staatstragend - einen Vorausblick, aber auch ein Stückchen Leidenschaft für das, was man vertritt. Wenn Sie schon die Landesparlamente im Hinblick auf die Frage entmachten wollen, ob sie eine Schuldenbremse einführen, dann hätte ich wenigstens ein bisschen mehr Leidenschaft für das erwartet, was Sie da durchgesetzt haben und was komplett gegen die jetzige Verfassung von Bund und Ländern geht.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das hat er aufgehoben für Sie!)

Ich will am Anfang noch mit ein paar Sätzen auf Herrn Scharf reagieren. Wissenschaftliche Analysen als Grundlage für die Haushaltspolitik. - Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung gar nichts zu dem Thema Haushalt gesagt, sondern ist wirklich nur auf ganz große Dinge eingegangen.

Wissenschaftliche Analysen. Ich meine, es steht Ihnen in der CDU frei, wissenschaftliche Analysen zu machen, so wie das die SPD in der Opposition mit der Perspektive 2020 gemacht hat. Ja, Herr Bullerjahn konnte auch im Jahr 2005 noch nicht wirklich wissen, dass eine Finanz- und Wirtschaftskrise kommen wird, sonst wäre er heute nicht Finanzminister, sondern vielleicht auch noch Nobelpreisträger, Herr Wolpert. Das ist dort nicht aufgeschrieben.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Aber, Herr Scharf, wenn Sie einmal das, was an Benchmark auch danach in der gemeinsamen Regierung gemacht worden ist, ernsthaft als Grundlage für die Haushaltsaufstellung nehmen wollten, dann wären wir ganz schnell bei solchen Themen wie dem kommunalen Entlastungsgesetz - wir wissen noch genau, wie die CDU dazu gestimmt hat - oder zum Beispiel beim Thema der freiwilligen Aufgabe der Sportförderung; das steht auch in dem Benchmarking. Darüber brauchen wir beide gar nicht erst zu reden. Sie haben so viele Vorsitzende von Kreissportbünden in der CDU, dass sich damit schon eine wissenschaftliche Herangehensweise erledigt.

Ob es sinnvoll wäre, ist eine ganz andere Sache, aber die technischen Dinge brauchen Sie uns nun wirklich nicht vorzuhalten. Denn die Einzigen, die an diese Dinge herangegangen sind - auch mal auf das Risiko hin, in der Öffentlichkeit zerfetzt zu werden -, waren bisher die Sozialdemokraten, sowohl in der letzten als auch in dieser Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema CDU und Schuldenbremse. Sie sagen hier: Schuldenbremse ja. Über neue Schuldenregelungen - das werde ich nachher auch noch sagen - können wir

gerne reden. Sie bringen dabei zwei Dinge zusammen, die nicht zusammen gehören.

Aber wenn ich mich an unsere Diskussion der letzten Tage, die noch nicht abgeschlossen ist, erinnere, wie wir denn zum Thema Mehrwertsteuersenkung und damit Mindereinnahmen stehen - zum Beispiel was den Antrag der FDP angeht -, muss ich sagen, dass Sie von der CDU dabei auf ganz dünnem Eis sind. Dabei würde ich erst einmal in die eigenen Reihen schauen. Denn eine Schuldenbremse und zusätzlich Mehrwertsteuersenkungen, also Mindereinnahmen beschließen zu wollen, das passt nun gar nicht zusammen.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Herrn Tull- ner, CDU)

Tut mir leid. Ich hätte das sonst nicht so deutlich gesagt. Aber wenn Sie hier meinen, dass die SPD ohne jedes Konzept in der Finanzpolitik und auch in anderen Politikbereichen agiert, dann müssen Sie sich das eben andersherum anhören.

Frau Budde, Herr Kley hat eine Frage.

Nein, gerne am Schluss. Jetzt mache ich erst einmal das, was ich machen wollte.

Damit komme ich zum Thema der heutigen Regierungserklärung,