Protokoll der Sitzung vom 04.09.2009

Ich rede nicht über Betriebsvermögen, sondern über Privatvermögen, Herr Kley.

Sie wissen aber, dass der Bauer privater Eigentümer seines Treckers ist, ja?

Herr Kley, Sie wollen doch jetzt nicht ernsthaft mit mir eine Debatte darüber beginnen, ob die Besteuerung von einer Million plus mit 5 % eine dramatische Belastung für die Leute in diesem Land ist. Das ist doch eine Debatte, die niemand draußen mehr nachvollziehen kann, Herr Kley.

Herr Höhn, ich wollte nur wissen, ob sich die Bauernschaft einrichten kann auf Ihr Steuersystem. Das haben Sie bejaht. Danke.

Herr Kollege Kley, ich sage es noch mal; Sie können das auch nachlesen im Bundestagswahlprogramm: Es sind für Unternehmen, auch für landwirtschaftliche Unternehmen bei der Frage der Vermögensbesteuerung natürlich Freibeträge vorgesehen. Davon können Sie doch ausgehen, Herr Kley, und das wissen Sie auch. Das ist doch ein ideologischer Popanz, den Sie aufbauen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte. Ich sehe keine weiteren Fragen. Wir kommen dann zur direkten Abstimmung.

Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag in Drs. 5/2167. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen. - Zustimmung bei der Koalition. Wer lehnt ab? - Die FDP. Wer enthält sich der Stimme? - Wie angekündigt die Linkspartei. Der Änderungsantrag ist angenommen worden.

Ich lasse jetzt abstimmen über die Drs. 5/2156 in der so geänderten Fassung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Alle im Hause stimmen zu. Meine Damen und Herren! Dann ist dem Antrag so zugestimmt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 14 verlassen.

Meine Kollegin Frau Dr. Paschke wird den Vorsitz übernehmen. Herzlichen Dank!

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EGDienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/2158

Einbringer ist der Herr Minister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Haseloff. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Anlass für den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf ist die EG-Dienstleistungsrichtlinie. Mit ihr sollen die Marktstrukturen, das heißt Anbieter, Verwaltung, Konsumenten, innerhalb der Gemeinschaft durch umfangreiche Reformen besser auf den globalen Wettbewerb ausgerichtet werden. Angestrebt wird damit ein EU-weit harmonisierter Dienstleistungsmarkt.

Mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ist die Richtlinie am 28. Dezember 2006 in Kraft getreten. Bis Ende dieses Jahres, nunmehr nach drei Jahren, ist sie in allen europäischen Mitgliedstaaten umzu

setzen. Aufgrund unserer föderalen Ordnung ist das Land Sachsen-Anhalt daher unmittelbar in der Pflicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Begreifen wir das jedoch nicht allein als Verpflichtung, sondern vor allem als Chance für unser Land. Mit der Intention, die Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungen zu erleichtern und bürokratische Hürden abzubauen, können wir nur hoch einverstanden sein. Ansiedlung und Bestandspflege von Unternehmen stärken den kommunalen Wirtschaftsstandort insbesondere mit Blick auf die lokale Beschäftigungssituation und die Steuereinnahmen.

Damit die hier initiierten Potenziale allerdings voll ausgeschöpft werden können, ist bereits die Herangehensweise entscheidend. Wir haben uns bei der Entstehung des Gesetzentwurfes folgende Fragen gestellt: Welche Chancen für unser Land sind mit der Richtlinie verbunden? Wie nutzen wir diese, damit trotz knapper Ressourcen etwas Gewinnbringendes dabei herauskommt?

Dieser Ansatz führt unmittelbar zu der Einsicht, dass der Nutzen streng aus der Perspektive des Unternehmers gedacht werden sollte. Das heißt, wir müssen uns überlegen: Wie sehen seine Interessen aus? Was kommt ihm entgegen? Erst auf einer so gewachsenen Grundlage können wir entscheiden, wie wir unsere marktrelevanten Strukturen und die öffentliche Verwaltung durch überzeugende und von den Unternehmen schließlich gutgeheißene Reformen auf mehr Wettbewerb und Bürgernähe ausrichten. Denn sicher ist: Die Sache ist absolut kein Selbstläufer, auch wenn wir formal die Bedingungen des Umsetzungsauftrages sämtlich erfüllen sollten.

Die ersten Schritte bestehen in der Überprüfung des Rechts auf Konformität mit der Dienstleistungsfreiheit. Beim Bund und in allen Bundesländern, so auch in Sachsen-Anhalt, musste ein ausführliches Normenprüfverfahren durchgeführt werden. Alle dienstleistungsrelevanten Normen waren auf diskriminierende Tatbestände zu überprüfen und an die Vorgaben der Richtlinie anzupassen. Von meinem Haus wurden, teilweise zusammen mit dem Ministerium des Innern, hierzu umfangreiche Schulungen durchgeführt und parallel diverse Netzdienste geschaltet, um diese komplizierte Aufgabe für ihre ganz verschiedenen Adressaten in den Ministerien der Landesregierung, bei den Kammern und Kommunen beherrschbar zu gestalten.

Die Anstrengungen haben sich, denke ich, im Ergebnis insgesamt gelohnt. Auf der Ebene der Landesregierung hatten wir die Normenprüfung im März dieses Jahres abgeschlossen. Ebenfalls haben wir die Wirtschafts- und Berufskammern hinsichtlich ihres Satzungsrechts bezüglich dieser Aufgaben eingeschaltet, und sie haben diese Aufgaben auch bereits erfüllt. Erfreulich ist, dass bei den Kommunen schon von vielen Stellen Vollzugsmeldungen vorliegen und weitere in Kürze zu erwarten sind. Immerhin rechnen wir mit notwendigen Modifizierungen in etwa 5 % der Satzungsbestimmungen.

Die Aufgabe selbst ist allerdings eine Daueraufgabe. Das heißt, sie wird für alle künftigen Normensetzungsverfahren fortgeführt werden müssen und wird uns insofern auch erhalten bleiben.

Inhaltlich wurden alle Normen, das heißt Gesetze, Verordnungen und Satzungen, zunächst daraufhin überprüft, ob sie dienstleistungsrelevant sind. Alle Normen, auf die dieses Merkmal zutrifft, mussten dann auf Dis

kriminierungen und bürokratische Hürden hin untersucht werden. Daraus resultiert ein Anpassungsbedarf.

Die Ergebnisse der Normenprüfung müssen laut Richtlinie mit Blick auf die beabsichtigten Modifikationen zudem am Ende dieses Jahres über das Land und die Bundesregierung an die Europäische Kommission gemeldet werden. Anschließend werden sie dort mit anderen ähnlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten verglichen und auf diese Weise nochmals auf den Prüfstand gestellt.

Darüber hinaus sieht die Richtlinie zwei besondere Verfahrensvereinfachungen vor, die auch bei der Modifikation unserer einschlägigen Landesnormen eine Rolle spielen: Erstens die so genannte Genehmigungsfiktion - in dieser Breite ein Paradigmenwechsel für die Verwaltung, wonach mit Ablauf einer gesetzlich zu bestimmenden Frist eine Genehmigung als erteilt gilt, sofern sämtliche dafür erforderlichen Unterlagen vorgelegen haben. Zweitens die bundesweite Geltung von Genehmigungen, von der nur ausnahmsweise in gerechtfertigten Fällen abgewichen werden kann. Eine in einem Bundesland erteilte Genehmigung gilt also regelmäßig im gesamten Bundesgebiet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was unsere Landesgesetze betrifft, führte die Normenprüfung zu einigen Modifikationen, die aufgrund der Richtlinie zwingend vorzunehmen sind. Es wurden im Ergebnis elf Gesetze und neun Rechtsverordnungen mit Änderungsbedarfen ermittelt.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält die notwendigen gesetzlichen Anpassungen mit Ausnahme der ebenfalls erforderlichen Änderung der Landesbauordnung und des Landesverfassungsgerichtsgesetzes. Hierzu werden gesonderte Gesetzgebungsverfahren durchgeführt. Die notwendigen Anpassungen der Rechtsverordnungen erfolgen in parallelen Verfahren.

Angepasst werden mit diesem Entwurf somit das Dolmetschergesetz, das Bodenschutzausführungsgesetz, das Hochschulgesetz, das Landespressegesetz, das Ingenieurgesetz, das Architektengesetz, das Wassergesetz, das Gesetz über die Tierseuchenkasse und zur Ausführung des Tierseuchengesetzes sowie das Feld- und Forstordnungsgesetz.

Ein weiterer Kernpunkt, der bundesweit schon für viele Diskussionen sorgte und auch in den Medien eine Rolle spielte - erfreulicherweise in einer für Sachsen-Anhalt positiven Weise -, ist die mit der Richtlinie verbundene Einführung der einheitlichen Ansprechpartner. Artikel 1 des Gesetzentwurfes widmet ihm seine ganze Aufmerksamkeit.

Dieses Institut des einheitlichen Ansprechpartners ist eine verfahrensrechtliche Revolution mit gut nachvollziehbarem Ansatz. Bislang sehen sich Unternehmen mit einer Vielzahl an Vorschriften, erforderlichen Verfahren und Formalitäten sowie mit einer Vielzahl verschiedener zuständiger Behörden konfrontiert, von denen Erlaubnisse, Bewilligungen und Genehmigungen bei der Verwirklichung von Wirtschaftsvorhaben abhängen. Es gibt in verschiedenen Bereichen zwar unterstützende Serviceangebote, zum Beispiel von den Berufs- und Wirtschaftskammern, diese laufen aber in aller Regel auf freiwillige Angebote hinaus.

Etwas wie das, was die Richtlinie vorsieht, gibt es bislang nicht, nämlich ein gesetzlich geregeltes Verfahren,

das einen Wahlanspruch auf die Abwicklung sämtlicher für die Aufnahme einer Dienstleistungstätigkeit notwendigen Verfahren und Formalitäten über eine einheitliche Stelle bietet, und die Möglichkeit, über diese Stelle umfassende Informationen zu den Vorschriften, zum Verfahren, zu den dafür zuständigen Behörden und zu den unterstützenden Serviceangeboten zu erhalten.

Nach dem geltenden Verfahrensrecht ist es die Angelegenheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen, sich selbst an die zuständigen Behörden zu wenden. Beratungs- und Auskunftspflichten sind auf den jeweiligen Zuständigkeitsbereich beschränkt.

Die Vorgaben der Richtlinie führen mit der Einführung des Verfahrensinstituts des einheitlichen Ansprechpartners daher zu einer ganzen Reihe von Verbesserungen. Diese sollen in Sachsen-Anhalt nicht nur EU-Ausländern, sondern auch Inländern zur Verfügung stehen unabhängig davon, ob ein grenzüberschreitender Tatbestand vorliegt oder nicht. Mit der Gesetzesvorlage wird dies rechtlich umgesetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was die so genannte Verortung des einheitlichen Ansprechpartners betrifft, hat sich das Kabinett mit Beschluss vom 23. September 2008 entschieden, die Aufgabe dem Landesverwaltungsamt in Halle zu übertragen. Über diese Stelle können Dienstleister auf Wunsch sämtliche für die Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit relevanten Informationen ab dem Jahr 2010 abfragen und die dafür notwendigen Verfahren sowie Formalitäten abwickeln.

Damit das funktioniert, ist nicht nur die individuelle, vorzugsweise auch persönliche Beratung durch den einheitlichen Ansprechpartner sicherzustellen. Nach der Richtlinie müssen sämtliche verfahrensrelevanten Informationen und die Verfahren selbst auch aus der Ferne leicht zugänglich sein. Daher soll die Abwicklung der dienstleistungsbezogenen Verfahren und Formalitäten grundsätzlich auf elektronischem Wege erfolgen.

Die Richtlinie wird für die öffentliche Verwaltung also mit einem Modernisierungsschub verbunden sein. Alle betroffenen Behörden und der einheitliche Ansprechpartner müssen im Außenverhältnis die Möglichkeit der elektronischen Verfahrensabwicklung eröffnen und die nötigen Informationen vorhalten. Daher bedarf es in dem Verfahren über den einheitlichen Ansprechpartner der übergreifenden Zusammenarbeit zahlreicher Behörden, auch unterschiedlicher Verwaltungsträger, Landes- und Kommunalbehörden, Kammern und sonstiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften, die keiner gemeinsamen obersten Aufsicht unterstehen.

Es sind abgestimmte einheitliche Vorgehensweisen einschließlich kompatibler elektronischer Verfahren notwendig, die für alle Beteiligten gleichermaßen verbindlich gelten. Die entsprechende IT-Lösung befindet sich hinsichtlich ihrer technischen Anforderungen in der fachlichen Zuständigkeit des Ministeriums des Innern gegenwärtig im Aufbau. Mit dem Gesetzentwurf werden die für die elektronische Verwaltungszusammenarbeit bestehenden Zusammenarbeitspflichten rechtsverbindlich festgeschrieben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man über das soeben Gesagte einen Augenblick reflektiert, gelangt man schnell zu der Einsicht, dass die Richtlinie die Konkurrenz zwischen den Wirtschaftsstandorten möglicherweise verschärfen könnte.

Der sachsen-anhaltische einheitliche Ansprechpartner steht öffentlich und europaweit wie alle anderen Ansprechpartner im Netz und damit automatisch auch auf dem Prüfstand. Er sollte daher überzeugende, unternehmerfreundliche und lebensnahe Lösungen präsentieren; denn wenn beispielsweise Brandenburgs einheitlicher Ansprechpartner effizienter funktioniert als der von Sachsen-Anhalt, dann wird das nicht verborgen bleiben. Auch ist mit Vergleichsanalysen zu rechnen, die den jeweiligen einheitlichen Ansprechpartner, seine Angebotspalette und sein Zusammenspiel mit der öffentlichen Verwaltung gewichten und bewerten werden.

Richtig ist freilich auch, dass mit zunehmender Nutzung dieses neuen Instituts auch Entlastungen für die zuständigen Behörden einhergehen werden. Diese fallen umso kräftiger aus, je ausgiebiger und qualifizierter er arbeitet; denn er ist - so früher häufiger im Sprachgebrauch - Frontoffice. Idealerweise sollte die Behörde die Antragsvoraussetzungen elektronisch, also mundgerecht, angedient bekommen. Dann entsteht tatsächlich eine echte Win-win-Situation zugunsten des Unternehmers und der Verwaltung, die wir mit Einschränkungen nicht so hinbekämen, würden wir die Richtlinie allein aus der Perspektive der Verwaltung denken.

Die Erfahrungen mit unserem einheitlichen Ansprechpartner wollen wir Ende 2012 ergebnisoffen evaluieren. Sollten sich die gefundenen Lösungen, die aus heutiger Sicht entstanden und darum naturgemäß mit einer ganzen Reihe von Spekulationen verbunden sind, auch im Ländervergleich nicht bewährt haben, ist auch eine organisatorische Neuausrichtung nicht ausgeschlossen.

Umgesetzt werden mit dem Gesetzentwurf auch die Forderungen aus der Richtlinie zur europäischen Verwaltungszusammenarbeit. Dafür wird von der EU ein elektronisches System zur Verfügung gestellt werden, das den grenzüberschreitenden Informationsaustausch mit den Mitgliedstaaten ermöglichen soll. Dieses System sieht außerdem einen Vorwarnmechanismus vor, der die Mitgliedstaaten zu einer aktiven grenzüberschreitenden Unterrichtung von Amts wegen und ohne Anfrage bei ernsten Gefahren für die Gesundheit oder die Sicherheit von Personen oder für die Umwelt verpflichtet.

Das Kabinett hat in seiner Sitzung am 12. Mai 2009 ein mit der Richtlinie konformes Konzept zur Einführung des elektronischen Binnenmarktinformationssystems nach der europäischen Dienstleistungsrichtlinie beschlossen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Sehr schön!)

Mit dem Gesetzentwurf wird dieses Konzept aufgegriffen und rechtlich umgesetzt.

Obendrein hat die Richtlinie Auswirkungen auf das sachsen-anhaltische Gebührenrecht. Die den Antragstellern von den jeweils für die Erteilung einer Genehmigung zuständigen Behörden in Rechnung zu stellenden Verfahrenskosten dürfen den Verwaltungsaufwand nicht mehr übersteigen. Eine gebührenrechtliche Berücksichtigung der Bedeutung des wirtschaftlichen Wertes oder des sonstigen Nutzens einer Genehmigung nach dem Äquivalenzprinzip ist für den Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Mit dem Gesetzentwurf wird auch dies umgesetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie wird wohl dazu beitragen, die wirtschaftliche Integration Europas weiter voranzu