Es bleibt daher zu hoffen - schade, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU gerade den Saal verlässt -, dass Frau Merkel in den Koalitionsverhandlungen nicht umfällt.
Denn vor der Wahl hat sie genau diese Pläne der FDP kritisiert. Lesen Sie es in der „Rheinischen Post“ nach; dort hat sie gesagt: Das wollen wir nicht.
Diese Aussage macht Hoffnung. Ich hoffe auch, dass unser Wirtschaftsminister Herr Haseloff seinen Einfluss am Koalitionstisch in Berlin geltend machen wird, um die bestehenden Arbeitnehmerrechte zu verteidigen. Es gibt aber auch Stimmen aus der CDU/CSU, dass man an einer deutlichen Lockerung des Kündigungsschutzes festhalten wolle, wie dies auf dem Parteitag 2004 in Düsseldorf beschlossen wurde. Hoffen wir also, dass Frau Merkel zu ihrem Wort steht.
Jetzt etwas Grundsätzliches zur Debatte. Auch wenn es gebetsmühlenartig wiederholt wird: Steuersenkungen führen ebenso wenig automatisch zu Wirtschaftswachstum wie Angriffe auf Arbeitnehmerrechte automatisch zu mehr Arbeitsplätzen führen. Der Kündigungsschutz ist kein Hemmnis für neue Jobs, sondern der notwendige Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Willkür.
Nach einer Studie der OECD - die haben wir übrigens auch dabei - existiert kein Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquoten und der Rigidität des Kündigungsschutzes. Sowohl das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit als auch das Forschungszentrum zur Zukunft der Arbeit kommen auf der Grundlage empirischer Untersuchungen zu dem Schluss, dass der Kündigungsschutz für die Unternehmen weder teuer ist, noch sie davon abhält, Mitarbeiter
Eine Lockerung des Kündigungsschutzes bringt im Übrigen auch keine messbaren Ergebnisse auf dem Arbeitsmarkt. Dafür führt die Diskussion darüber zu erheblicher Verunsicherung unter den Beschäftigten. Sie trägt dazu bei, dass die Reformmüdigkeit zunimmt. Man verlangt von den Menschen immer mehr Flexibilität, nimmt ihnen aber gleichzeitig die Sicherheit des Sozialstaates. Das ist der falsche Weg.
Sehr geehrte Abgeordnete! Freiheit - Gegenstand des ersten Themas der heutigen Aktuellen Debatte in diesem Hause - ist eben nicht nur unternehmerische Freiheit; Freiheit ist auch Freiheit vor Ausbeutung, vor Hungerlöhnen, vor Ausgrenzung und vor prekären Beschäftigungsverhältnissen.
(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Schrader, FDP: Mit diesen Sprüchen haben Sie Ihren Wahlkampf verloren!)
Das hat die soziale Marktwirtschaft in der Vergangenheit stark gemacht und das der Gesellschaft den Zusammenhalt gegeben. Gewerkschaften und Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind weder ein Wettbewerbsnachteil noch ein negativer Kostenfaktor. Sie sind - im Gegenteil - die Basis für wirtschaftlichen Erfolg, aber auch für sozialen Frieden in den Unternehmen und in der Gesellschaft.
Nur der, der Freiheit verwirklichen kann und sich ordentlich abgesichert fühlt, wird auch in der Lage sein, Höchstleistungen im Job zu erbringen. Wer gute Leistungen erbringt, soll auch gutes Geld bekommen. Arbeit muss sich lohnen. Das kann aber nicht nur für Bankvorstände und deren Boni gelten, sondern das muss auch für diejenigen gelten, die für Niedriglöhne schuften, Friseurinnen, Konditoren, kleine Handwerker.
In Sachsen-Anhalt existieren mehr als 30 Tarifverträge, die einen Stundenlohn von unter 7,50 € festschreiben. Für die FDP ist das in Ordnung; denn der Staat stockt auf. Das, meine sehr verehrte Damen und Herren, ist ein Unterbietungswettbewerb der Unternehmen zulasten der Beschäftigten und zulasten des Staates.
(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Herr Borgwardt, CDU: Den Tarifvertrag schließen doch beide Parteien!)
Die Formeln „Vorfahrt für Arbeit“ und „Sozial ist, was Arbeit schafft“ verschleiern nur unzureichend die tatsächlichen Pläne. Sie dienen vielmehr dazu, Einschnitte in Arbeitnehmerrechte vorzunehmen sowie Niedriglöhne und prekäre Arbeitsverhältnisse zu rechtfertigen.
Das, was wir brauchen, Frau Hüskens - das habe ich immer wieder erzählt; das können Sie in jedem Beitrag von mir nachlesen -, ist Vorfahrt für gute Arbeit. Wir brauchen Veränderungen bei der Leiharbeit. Darüber ist im Rahmen von Anhörungen im Ausschuss diskutiert worden; darüber haben wir auch mehrfach im Landtag
debattiert. Wir brauchen Mindestlöhne; auch das ist eine Forderung, an der wir weiterhin festhalten - jetzt erst recht.
Wer heute - wie Sie, sehr geehrte Frau Hüskens und meine Herren von der FDP - meint, dass sich Arbeit dann schon wieder lohnt, wenn vom Minijob weniger angerechnet wird als heute, der irrt; denn die Menschen wollen nicht auf staatliche Hilfe angewiesen sein, sondern sie wollen von ihrem - -
- Genau so ist es. - Diese Konsequenzen würden auf einen Großteil der Menschen, auch in Sachsen-Anhalt, zukommen. Die Zahlen hierzu sind genannt worden: 75 000 Menschen in Sachsen-Anhalt wären von veränderten Kündigungsschutzregeln betroffen, falls sich die FDP mit ihren Vorstellungen durchsetzt. Daher ist es richtig, dass diese Debatte hier im Landtag zu einem so frühen Zeitpunkt geführt wird. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Abgeordnete Hampel, es gibt eine Nachfrage von dem Abgeordneten Herrn Kosmehl. Möchten Sie die beantworten?
Frau Präsidentin, dann mache ich von meinem Recht auf Zwischenintervention Gebrauch. - Ich meine, man muss sich darauf einstellen, dass man jemanden, der bei Wahlen quasi auf Augenhöhe mit der Sozialdemokratie abschließt,
Frau Hampel, ich hätte Ihnen gern eine Frage gestellt. Ich stelle das jetzt einfach einmal in den Raum.
An der letzten Änderung des Kündigungsschutzgesetzes haben die Sozialdemokraten mitgewirkt. Ich habe nicht gehört, dass die SPD in Sachsen-Anhalt damals dagegen opponiert hätte
oder etwas dagegen gesagt hätte. Aber wahrscheinlich ist das auch ein Beispiel für Ihre Glaubwürdigkeit, das zeigt, dass Sie zu Ihren Entscheidungen stehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich höre eigentlich gern den Debatten hier zu. Es ist auch das Hohe Haus der Diskussionskultur, das wir hier haben und haben sollten. In diesem Zusammenhang war ich schon ein bisschen erschrocken darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie wirklich ständig versucht haben, dazwischenzurufen.