Protokoll der Sitzung vom 15.09.2006

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätte man von der FDP-Fraktion, wenn sie sich schon mit Landesliegenschaften und mit Landesgesellschaften beschäftigt, eine Debatte über Limsa als falsche Entscheidung für einen richtigen Weg erwarten können

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

und dazu selbstkritische Reflexionen des abgewählten Finanzministers. Aber nein, hier gerät ein urliberaler Ansatz für mehr Effizienz, Synergie, Kostenersparnis und Ergebnissteigerung bei den Liberalen in die Kritik. Also: Die Welt steht auf dem Kopf.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

Das ist für mich schon eine besondere Form des Populismus, auch wenn in diesem Raum schon über Populismus gesprochen worden ist.

(Herr Tullner, CDU: Kommu- oder Populismus?)

- Populismus. - Sie, Herr Minister Paqué,

(Herr Henke, Linkspartei.PDS: Exminister!)

Herr Exminister Paqué, kommen in Ihrer Begründung ad hoc zu der Schlussfolgerung, dass sich die vorgesehenen Änderungen negativ auswirken werden. Das ist für uns überhaupt nicht erkennbar. An dieser Stelle möchte ich deutlich sagen: Die Forderung, die Förderungs- und Branchenkompetenz mit der Marketingkompetenz im Land zusammenzuführen und dort zu kooperieren, hat unsere Fraktion schon seit längerer Zeit gestellt; denn die Konkurrenz der europäischen Metropolen, Regionen um Wirtschaftsansiedlungen und Investoren wächst stetig. Sachsen-Anhalt muss sich diesen Herausforderungen stellen.

Die Verknüpfung von Marketing und Förderung ist dabei ein richtiger Weg, um sich im wachsenden Wettbewerb der europäischen Regionen als Land im mitteldeutschen Raum und als attraktiver Standort noch besser zu positionieren. Aus dem Grund werden die so genannten weichen Standortfaktoren wie Qualifikation und Motivation von Menschen und Mitarbeitern oder das kulturelle und soziale Umfeld eine wachsende Bedeutung erfahren. Das gilt auch unter dem Aspekt, dass die Zeiten der klassischen Ansiedlungspolitik eigentlich schon vorbei sind und Arbeitsplätze eben nicht mehr so ohne Weiteres eingekauft werden können.

Deshalb ist für uns der Zusammenschluss von LMG und Wisa ein logischer Schritt. Landesmarketing und Wirtschaftsförderung bedingen und ergänzen einander; denn um Unternehmen in Sachsen-Anhalt anzusiedeln, müssen sie zuerst für das Land oder für den Standort begeistert werden. Damit wirbt jedes Unternehmen, das sich für Sachsen-Anhalt entscheidet, mit seiner Ansiedlung wiederum für das Land. Wir sehen in erster Linie

die Vorteile, die die Zusammenführung dieser beiden Gesellschaften bringen könnte.

Durch die Zusammenlegung werden Unternehmensansiedlungen und -betreuungen sowie öffentlichkeitswirksame Marketingaktivitäten der LMG und die Kompetenzen der Wisa gebündelt und optimiert. Dadurch wird das Land nach unserer Auffassung im Wettbewerb um Standortmarketing und Investorenansprache noch weiter nach vorn gebracht werden.

Eine wirksame Präsenz des Landes auf den internationalen Märkten durch ein gezieltes Außenmarketing wird die Arbeit der Wirtschaftsförderung Sachsen-Anhalts verbessern können. Solange das erfolgreiche Tourismusmarketing bei der Zielsetzung der neuen Gesellschaft keine untergeordnete Rolle einnehmen wird, werden wir keine Einwände erheben.

Aus unserer Sicht kann diese Zusammenführung nur der Beginn eines noch tiefer gehenden Prozesses sein. Die von Minister Haseloff in seiner Presseerklärung vom 23. August 2006 vorgestellten Schritte betrachte ich deshalb als noch nicht konsequent genug.

Was meine ich damit? - Bereits vor drei Jahren haben wir eine gründliche Analyse der Situation erarbeitet und mit vielen Betroffenen im Land und in den Kommunen gesprochen. Dabei haben wir festgestellt, dass es bisher nicht ausreichend gelungen ist, die Angelegenheiten der Wirtschaftsförderung im Land zu bündeln. Betrachtet man die vorhandene Struktur der Wirtschaftsförderung im Land mit nahezu zehn Wirtschaftsfördergesellschaften, mit mehr als 40 Einrichtungen der Technologiegründung und des Wissenstransfers sowie mit anderen Institutionen wie RKW, Euroinfocentre oder IIC, so stellt man fest, dass die Wirtschaftsförderung im Land SachsenAnhalt ziemlich stark zersplittert ist.

Diese Fragmentierung erschwert schließlich ein noch breiteres und effizienteres Engagement im Land und international. Hierbei sind nach unserer Auffassung auch im Ministerium neue Überlegungen erforderlich. Nach meiner Auffassung muss die begonnene Evaluierung gemeinsam mit den kommunalen Verantwortungsträgern auf die gesamte Wirtschaftsförderung im Land ausgedehnt werden.

Es ist schwer nachzuvollziehen, dass jede größere Kommune und jeder Landkreis seine eigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft bzw. mehrere hat und auch ein eigenes Amt besitzt. Deshalb wäre es wünschenswert, in jeder Region eine Art Beratungsplattform zu schaffen, in der die lokalen Angebote zusammengefasst werden. Dies sollte bis zur neuen Wirtschaftsförderungs- und Marketinggesellschaft des Landes hingeführt und verbunden werden.

Natürlich sind auch die Erfahrungen, die die Landesmarketinggesellschaft, die regionalen Tourismusverbände von der Altmark bis zur Saale-Unstrut, vom Harz bis nach Anhalt-Wittenberg sowie die kommunalen Marketingeinrichtungen vor Ort gesammelt haben, zu berücksichtigen.

Sachsen-Anhalt sollte es nicht versäumen, auf den Zug aufzuspringen, der bundesweit schon am Rollen ist. Brandenburg, Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein und andere Länder haben diesen Schritt bereits vollzogen.

Auch wenn die europäische Rechtsprechung festlegt, dass die neue Gesellschaft nur dann als Dienstleister für Marketingaktivitäten des Landes auftreten kann, wenn

das Land alleiniger Gesellschafter ist, sollten wir mit dafür Sorge tragen, dass in diesem Prozess der strategischen Symbiose von Marketing und Förderung kommunale und private Dienstleister eine aktive Rolle spielen. Auch wenn solche Auffassungen von Linken manchen suspekt erscheinen, halten wir die Debatte darüber im Ausschuss für sehr hilfreich. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Herr Dr. Thiel. - Als letztem Debattenredner erteile ich Herrn Zimmer von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Zimmer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP, Sie unterstellen in dem Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Debatte, dass bei dem vorliegenden Vorhaben in eine falsche Richtung gegangen werden soll. Sie stützen sich dabei vor allem auf eine Pressemitteilung - ich nenne es einmal einen medialen Sommerlochfüller -, ohne konkretere Unterlagen oder Aussagen abzuwarten. Diese Aussagen haben Sie heute im Übrigen von unserem Minister Dr. Haseloff gehört und Sie werden sie noch einmal im Assschuss für Wirtschaft und Arbeit hören.

Meine Damen und Herren! Wenn sich etwas überschneidet, zu viel kostet, in der Effektivität zu verbessern ist, dann sollte man rasch dafür sorgen, dass diese Strukturen unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Optimierung angepasst werden. Dieser Grundsatz, der im Übrigen für jedes Unternehmen gilt, muss auch die Landesregierung zum Handeln veranlassen. Daher haben die CDU und die SPD in ihrer gemeinsamen Koalitionsvereinbarung - nachzulesen ab Zeile 157 - festgeschrieben, die Landesgesellschaften auf den Prüfstand zu stellen.

Dass sich die FDP für den Erhalt von Landesgesellschaften einsetzt, deren Effektivität sie vor noch nicht allzu langer Zeit selbst anzweifelte, ist allerdings völlig neu, und dass Sie an dieser Stelle rückwärtsgewandt allein dastehen, schon verblüffend. Ich frage mich an dieser Stelle ernsthaft, wie ordnungspolitischer Liberalismus mit Strukturen zusammenpasst, die aus unternehmerischen Gesichtpunkten heraus genug Anlass für eine von mir beschriebene Optimierung bieten.

Das ist alles keine Kritik an der inhaltlichen Arbeit der Landesgesellschaften. Ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren, als Tourismuspolitiker kenne ich sehr wohl unsere Zahlen und weiß, dass wir in den Jahren 2004 und 2005 das deutsche Flächenland mit dem größten Zuwachs an Übernachtungen waren. Wir haben die 6-Millionen-Grenze erreicht. Vor wenigen Tagen haben im Bereich des Campingtourismus das Inselcamping Havelberg die Bronzemedaille und das Heidecamp Schlaitz bei Bitterfeld die Goldmedaille beim bundesweiten Wettbewerb „Vorbildlicher Campingplatz“ erreicht - übrigens von 3 600 Plätzen bundesweit. Der Harz ist die Destination im Land schlechthin. Der Harz ist unter den Top 5 der beliebtesten Reiseziele in Deutschland und die Imagekampagne „Wir stehen früher auf“ erhielt eine herausragende Auszeichnung.

Dies alles zeigt, dass von den Beteiligten offensichtlich richtige Wege eingeschlagen worden sind, die aber nun den neuen Entwicklungen angepasst werden müssen.

Das heißt, mit dem Vorhandenen oder sogar mit noch weniger mehr zu erreichen. Wir müssen effektiver werden, Strukturen straffen und Doppelungen vermeiden. An dieser Stelle erwähne ich - das ist von dem Minister bereits gesagt worden - nur so viel: zwei Gesellschaften, drei Geschäftsführer, zwei Prokuristen.

Aufgrund der Evaluierung muss es zunehmend besser gelingen, die Landesgesellschaften den neuen Herausforderungen anzupassen, somit zu stärken sowie den finanziellen Aufwand mit den engen Spielräumen des Landeshaushaltes in Einklang zu bringen.

Meine Damen und Herren! Auf das Verfahren möchte ich nicht tiefgründiger eingehen. Herr Minister Dr. Haseloff hat aus meiner Sicht das Hohe Haus heute ausführlich informiert. Nur so viel abschließend, Herr Kollege Paqué: Ordnungspolitik hört nicht an der Schwelle der FDP-Geschäftsstelle auf. Das Ziel der Koalition, nämlich die Landesgesellschaften zu evaluieren und noch effektivere Strukturen anzustreben, müsste doch insbesondere die FDP unterstützen.

Es muss - das sage ich ganz deutlich - dem Land gelingen, die bisherige Tätigkeit vor dem Hintergrund verbesserter Effizienz, geringerer Kosten und mit klaren Zuständigkeiten und Aufgabenbereich weiterzuführen. Denn, meine Damen und Herren, um es mit Cicero zu sagen: „ Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut sind, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.“ - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Zimmer für Ihren Beitrag. - Gibt es noch Wünsche, einen Beitrag zu leisten? Ich sehe in die Runde. - Das sehe ich nicht. Ich hätte fast nicht zu hoffen gewagt, dass wir fast eine Punktlandung machen und sogar noch früher fertig sind. Herzlichen Dank für Ihr diszipliniertes Mitarbeiten. Entsprechend § 46 unserer Geschäftsordnung werden keine Beschlüsse gefasst. Wir sind damit am Ende der beiden Debatten. Mein Kollege Dr. Fikentscher ruft sodann den nächsten Tagesordnungspunkt auf. - Vielen Dank.

Meine Damen und Herren! Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der Linkspartei.PDS, der SPD und der FDP - Drs. 5/247

Ich bitte Herrn Madl, den Gesetzentwurf einzubringen.

Herr Präsident! Mein sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die angenehme Aufgabe, den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt als gemeinsame Initiative der Fraktion der CDU, der SPD, der Linkspartei.PDS und der FDP einzubringen.

Wie Ihnen unschwer entgangen sein wird, besteht die Änderung des Gesetzentwurfes lediglich im § 25. Dort soll die Zahl 3 durch die Zahl 4 ersetzt werden.

Die Parlamentarische Kontrollkommission kontrolliert den Verfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt. Eine effektive und transparente parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes ist unverzichtbar. Ich denke, darin sind sich alle Fraktionen im Hause einig.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die Parlamentarische Kontrollkommission zu stärken. Eine Anhebung der Mitgliederzahl trägt diesen Anforderungen an die Parlamentarische Kontrollkommission Rechnung. Die Erhöhung der Mitgliederzahl der Parlamentarischen Kontrollkommission auf vier Mitglieder des Landtages trägt zur Verbesserung der Kontrolle des Verfassungsschutzes durch den Landtag bei.

Auch nach der Vergrößerung hat die Parlamentarische Kontrollkommission noch eine überschaubare Größe, die gerade im Hinblick auf die Sicherstellung der Vertraulichkeit bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes notwendig ist. Die Vergrößerung der Parlamentarischen Kontrollkommission ermöglicht eine noch ausgewogenere Beurteilung der Tätigkeit des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt.

Ich bitte um die Überweisung in den Innenausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Madl. - Möchte dazu jemand das Wort nehmen? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Dann können wir über den Antrag auf eine Überweisung in den Innenausschuss abstimmen. Wer stimmt zu? - Offensichtlich alle. Dann ist das so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 16 beendet.

Ich rufen den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung