Ich sage es ganz deutlich: Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung zu den Standorten in Halberstadt und
in Stendal unumgänglich. Ich denke, dass das Justizministerium die entsprechenden Voraussetzungen für die Schließung dieser Anstalten zum 1. März 2010 geschaffen hat. Ich meine, dass allein schon aus diesem Grund der Entschließungsantrag, der uns heute von der FDP vorgelegt wurde, entbehrlich ist.
Ich hatte es bereits im Ausschuss für Recht und Verfassung gesagt: Sollte es nicht zum 1. März 2010 geschehen, dann halte ich das für ein politisches Harakiri. Ich denke, Ihnen, Frau Ministerin, ist klar, dass es dann um Sie geht.
Nichtsdestotrotz sind in der Debatte Fragen offen geblieben. Eine offene Frage bezieht sich auf den offenen Vollzug und auf die Zukunft des offenen Vollzugs in Sachsen-Anhalt. Diese Frage bezieht sich sowohl auf die Standorte Halberstadt und Stendal - hier ist die Frage noch offen - als auch auf die anderen Anstalten in Sachsen-Anhalt.
Einerseits stellt sich die Frage der Effizienz. Macht es Sinn, an Standorten, an denen sich keine Justizvollzugsanstalt oder auch keine Abteilung mehr befindet, einen offenen Vollzug vorzuhalten?
Andererseits müssen wir uns auch sehr kritisch die Belegungszahlen vor Augen halten. Im Bundesdurchschnitt wird davon ausgegangen, dass 15 % bis 20 % der Haftplätze für den offenen Vollzug vorgehalten werden. Für Sachsen-Anhalt müssen wir feststellen, dass lediglich 4,2 % der Plätze mit Häftlingen im offenen Vollzug belegt sind. Einzige Ausnahme dabei - das hat auch der Expertenbericht gezeigt, der uns allen vorliegt - ist die JVA in Volkstedt.
Es stellt sich durchaus die Frage, woran es liegt, dass in Sachsen-Anhalt eine unterdurchschnittliche Belegung des offenen Vollzugs besteht. Sind zu wenige Gefangene für den offenen Vollzug geeignet? Fehlt es seitens der Belegschaft der Anstalt an der Bereitschaft für die Belegung der Plätze? - So die Vermutung im Expertenbericht. Oder aber fehlt es an Personal? Oder ist es gar eine politische Entscheidung auch vor dem Hintergrund der Ängste in der Gesellschaft, den offenen Vollzug nicht so zu belegen, wie es möglich wäre?
Im Ausschuss haben wir die Information von der Ministerin erhalten, dass zur Klärung dieser Fragen eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, frei nach dem Motto: Wenn einer nicht mehr weiter weiß, dann bildet er einen Arbeitskreis. Ich denke aber, da dieser Arbeitskreis nun schon einmal besteht, sollten diese Fragen unbedingt beantwortet werden.
Natürlich hat die Debatte um die Schließung der Anstalten in Halberstadt und in Stendal eine gesamtpolitische Diskussion in eine ganz andere Richtung ausgelöst. Konkret geht es um die Schließung der Standorte in Halberstadt und in Stendal. Es ist festzustellen, dass es um ein weiteres Puzzleteil beim systematischen Abzug bzw. Rückzug von Behörden aus dem Harz bzw. der Altmark geht. Angesichts dessen ist der Ruf nach einer Altmark-Konferenz oder einem Harz-Kongress nicht ganz unverständlich. Dennoch ist festzuhalten, dass ein alleiniges Schaulaufen auf Konferenzen eher kontraproduktiv wirkt.
Wir alle müssen auch so ehrlich sein zu sagen, dass die Schließung von Abteilungen der Justizvollzugsanstalten nicht zugleich den Wegfall eines wichtigen Standortfaktors bedeutet. Ich glaube, das muss man ehrlich feststellen. Nichtsdestotrotz zeigt es deutlich, dass wir als Landtag an dieser Stelle eine Gesamtverantwortung für das Land haben und dass wir uns als Land Sachsen-Anhalt langfristig entscheiden müssen, wo es hingehen soll.
Dabei ist es ganz wichtig - ich möchte nicht abschweifen -, das Landesentwicklungskonzept diesbezüglich im Auge zu behalten; das kann ich allen Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern im Haus nur anraten. Die Städte Halberstadt und Stendal verfügen über Teilfunktionen eines Oberzentrums. Allerdings zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, dass dies widersprüchlich ist. Das öffentliche Leben wird ausgehöhlt und auch das neue FAG Sachsen-Anhalt war ein weiterer Genickschlag für die Regionen.
Ich denke, gerade für Halberstadt ist es umso wichtiger, dass seitens der Ministerin das Signal gesetzt wurde, dass zumindest die Staatsanwaltschaft bis zum Jahr 2014 erhalten bleiben soll. Ich hoffe, dass an dieser Entscheidung nicht gerüttelt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bei allen Reformnotwendigkeiten, die aufgrund von Abwanderungen und aufgrund des demografischen Wandels in SachsenAnhalt bestehen, dürfen wir nicht vergessen, dass sehr viele Menschen und viele Familien hier leben. Das ist gut so. All diese müssen wir bei all den Ideen und Vorhaben mitnehmen.
Wir brauchen ein langfristiges Konzept, das durch verschiedene Gesetze entsteht, und keinen Flickenteppich. Ich denke, auch wir in diesem Hohen Haus müssen auch einmal Entscheidungen treffen, die wehtun; aber dann müssen wir auch zu diesen Entscheidungen stehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau von Angern. - Es geht weiter mit dem Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Es spricht Herr Dr. Brachmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Disput bei der Berichterstattung muss ich für die SPDFraktion erst einmal die erhobene und von Ihnen auch so gewertete Beschwerde über das Verfahren im Rechtsausschuss zurückweisen, weil sie unbegründet ist. Zudem verstehe ich die ganze Aufregung nicht.
(Frau Dr. Hüskens: Na ja! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Aber nicht als Opposition! - Herr Gallert, DIE LINKE: Man kann, aber man muss nicht!)
Wir haben - das ist noch nicht lange her - einen Regierungsentwurf eingebracht, mit dem die Frage der Außenstellen geregelt werden sollte. Darin stand, dass es
Außenstellen in Stendal und in Halberstadt geben soll. Es ging nur darum, für Magdeburg eine Veränderung herbeizuführen.
Im weiteren Gang der Geschehnisse hieß es - ich greife ein Wort von Herrn Stahlknecht auf -, dass in Halberstadt nur noch ein Geisterknast stehe, weil keiner mehr drin sei, und es war zu vernehmen, dass in Stendal das Dach zusammenzubrechen drohe. Das waren Erkenntnisse, die bei der Einbringung des Gesetzentwurfes jedenfalls im Parlament so noch nicht vorhanden waren.
Daraufhin haben wir als Regierungskoalition, um den im Rechtsausschuss einstimmig erkennbaren Willen auch dem Finanzausschuss zur Kenntnis zu geben, einen Änderungsantrag eingebracht, dem zufolge wir die Außenstellen in Halberstadt und in Stendal schließen wollen. Das hat der Finanzausschuss dankenswerterweise auch so beschlossen.
Dann kommt der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und sagt den Mitgliedern des Rechtsausschusses: Was ihr da mit den Außenstellen vorhabt, das ist alles verfassungsrechtlicher Quatsch.
„Eine verfassungsrechtliche oder einfachgesetzliche Regelung, die eine Einrichtung oder Auflösung von unselbständigen Außenstellen durch Gesetz vorsieht, ist nicht erforderlich.“
Dem haben wir uns dann angeschlossen. Wir haben allerdings an dem politischen Willen, dass Halberstadt und Stendal geschlossen werden sollen, an keiner Stelle irgendeinen Zweifel gelassen.
Insoweit - Frau Ministerin hat das ausgeführt - ist der Entschließungsantrag aus unserer Sicht unnötig, aber - Herr Wolpert, die FDP muss momentan so viel Prügel einstecken; wir wollen Ihnen auch einmal etwas Gutes tun - wir können ihm zustimmen.
Überrascht war ich über etwas, was Frau von Angern gesagt hat. Ich greife es gern auf. Von der Altmark-Konferenz habe ich schon gehört, von dem Harz-Kongress bislang noch nicht. Aber wenn wir es machen: Gleiches Recht für alle!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur noch einmal, um etwas klarzustellen: Als ich vorhin sagte, ich erwarte, dass der Berichterstatter die Begründung liefert, warum man da abweicht, wurde von der SPD gerufen, das ist nicht notwendig.
§ 29 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtages sagt: Der federführende Ausschuss hat in seiner Berichterstattung auch darzulegen, ob und aus welchem Grund von der Stellungnahme eines mitberatenden Ausschusses abgewichen worden ist. - Das fehlte. Warum das so wichtig ist, will ich Ihnen auch erklären.
Sie haben es schön dargestellt. Wir waren uns im Rechtsausschuss, obwohl wir noch nicht tagen konnten, alle darin einig, dass die Standorte Stendal und Halberstadt der Schließung anheim gestellt werden. Der Finanzausschuss hat diese Idee aufgenommen, wohl wissend, dass wir das letztendlich mit beschließen werden, und hat einen Beschluss gefasst.