- Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Rede irgendjemanden in Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen beeindruckt, der mit ähnlichen Finanzschwierigkeiten zu kämpfen hat. Der wird mit gutem Recht von uns verlangen, dass wir unsere Aufgabe erst dann als erfüllt ansehen, wenn wir unser Land genauso effektiv organisiert haben. Da helfen auch keine Brandreden.
Wenn Sie vermuten, dass niemand das Personalentwicklungskonzept in seinen Wahlkampfaufruf hineinschreiben wird, so kann das zwar sein. Aber was haben denn Ihre Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg gemacht? - Heute lese ich zufällig im „Tagesspiegel“, dass eine „Rotstiftliste“ von LINKE-Finanzminister Helmuth Markov vorliegt, aus der hervorgeht, dass 5 000 Stellen gestrichen werden sollen.
Meinen Sie nicht, dass es ehrlich wäre, jetzt und heute der Bevölkerung zu sagen: Leute, die Maßstäbe, die andere bei sich anlegen, die über eine bessere Finanzausstattung verfügen, müssen wir auch bei uns anzulegen bereit sein? - Es ist falsch, jetzt markige Reden zu halten und zu sagen: Wenn die Wahl kommt, dann gucken wir mal, ob wir gegebenenfalls den Leuten sagen, dass die Sachlage leider ganz anders als von uns gedacht ist.
Ich befürchte, wenn Ihre Rede Haushaltswirklichkeit wird, werden wir viele Jahre lang von einem Haushaltsausgleich weit entfernt sein. Dann bekommen wir einen Staatskommissar nach Sachsen-Anhalt. Ich denke, dass wir das nicht verdient haben. - Vielen Dank.
Dazu lässt sich einiges sagen, Herr Scharf. Wenn Sie diese Diskussion wirklich so ernst meinen, wie Sie es soeben ausführten, dann hätte Ihre Fraktion nie und nimmer den Beschluss fassen dürfen, dass 13 000 Vollzeitlehrereinheiten in absehbarer Zeit für den Schulbereich in Sachsen-Anhalt zu wenig sind.
Erstens. Die gesamte Argumentation, die Sie mir jetzt entgegengehalten haben, hätte dazu führen müssen, dass Sie solche Diskussionen in der eigenen Fraktion überhaupt nicht führen. Das gehört zur Ehrlichkeit.
Zweitens. Natürlich befinden wir uns vor dem Hintergrund der Ressourcen in einem komplizierten Abhängigkeitsverhältnis innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Deswegen sage ich ausdrücklich: Gucken Sie sich doch ein wenig um, wie die Dinge inzwischen in den verschiedenen Ländern aussehen! Es ist sehr wohl so, dass inzwischen kritisch hinterfragt wird, ob die Losung „privat geht vor Staat“ im öffentlichen Dienst richtig ist, und zwar sehr wohl auch in den Bundesländern, auf die wir uns hier beziehen.
Da gibt es inzwischen sowohl im Westen als auch im Osten eine politische Debatte, ob die Diskussion über immer weniger Landesbedienstete und immer geringere
Staatsquoten wirklich zielführend ist. Das ist eine Diskussion, die sich auf der Bundesebene genauso vollziehen wird. Das ist eine Diskussion, die in absehbarer Zeit möglicherweise auch Spielräume innerhalb der Steuergeldausstattung der Bundesrepublik Deutschland realisiert.
Ich will nur eines nicht: dass wir uns mittel- und langfristig schulterzuckend genau auf diesen falschen Pfad einstellen und sagen: Wir müssen immer mehr sparen, es muss im öffentlichen Dienst immer weniger Leute geben und wir brauchen immer größere Steuerentlastungen. - Erst wenn Länder insgesamt anfangen - das geht jetzt los -, diese „heilige Kuh“ infrage zu stellen, dann werden wir auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland in der Lage sein, andere Finanzierungsquellen und andere politische Konzepte zu entwickeln, die uns in die Lage versetzen, diese Dinge zu realisieren.
Lassen Sie mich noch etwas zu Brandenburg sagen. Brandenburg hat einen großen Nachteil. Das klingt ein wenig überheblich, aber das ist mir jetzt egal, ich hoffe, die Brandenburger hören es nicht:
Die wissen nicht, was sie in ihren Koalitionsvertrag hineingeschrieben haben bzw. wenn sie es wissen, dann wissen sie, dass es nicht stimmt. Die Brandenburger haben beschlossen, im Bereich von Polizei und Lehrern in der nächsten Legislaturperiode keinen bzw. nur einen extrem marginalen Personalabbau zuzulassen.
Jeder, der sich mit der Materie schon einmal beschäftigt hat, weiß, dass diese beiden Bereiche nicht nur etwa 50 % des gesamten Landesdienstes ausmachen, sondern auch die beiden Bereiche sind, in denen man - wenn man das überhaupt will - wirklich radikal Personal einsparen könnte, weil es in vielen anderen Bereichen Regelungen gibt, die Personaleinsparungen sehr stark behindern. Ich nenne nur die Finanzbeamten, die inzwischen bundesweite Regelungen realisieren. Das bekommen Sie nicht.
Jetzt haben die Brandenburger Folgendes gesagt: Wir machen nichts bei den Lehrern und wir machen fast nichts bei den Polizisten, aber beim Rest machen wir so viel, dass wir 10 % des öffentlichen Dienstes streichen. - Das ist etwa die gleiche Logik wie im Personalentwicklungskonzept der Landesregierung, wo gesagt wird: Bei den Lehrern machen wir nicht so viel und bei den anderen auch nicht, deswegen soll der Rest ein Drittel abbauen. - Alle Leute wissen, dass das nicht funktioniert. Übrigens wissen auch die Brandenburger, dass das nicht funktioniert.
- Sie schreiben es hinein, weil sie natürlich einen alten Personalentwicklungsplan der SPD-CDU-Landesregierung hatten,
in dem 10 % Personalabbau pro Legislaturperiode beschlossen worden ist, und dann schreibt man das hinein, weil man das als politischen Sieg des ehemaligen Finanzministers braucht. Man weiß zwar, dass das nicht funktioniert, aber man schreibt es einfach einmal hinein.
Meine politischen Freunde in Brandenburg verfolgen folgende Strategie: Die sagen: Wenn die SPD diese Zahlen unbedingt braucht, obwohl sie weiß, dass das nicht realisierbar ist, dann schreiben wir es ihnen hinein. Uns kommt es auf das wirkliche Arbeitszeitpotenzial der Lehrer und Polizisten an, und das bleibt annähernd konstant. - So sind die Dinge manchmal.
Ich glaube, solche Dinge kommen auch in SachsenAnhalt in der Koalition massenhaft vor. Es ist ein Stück weit Selbstironie, jetzt über die Brandenburger zu lachen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die nächste Nachfrage stellt Frau Dr. Hüskens. - Es wäre schön, wenn die Fragen so gestellt würden, dass eine kurze Antwort möglich ist.
Ich weiß nicht, ob Herr Gallert die Frage kurz beantworten kann, aber ich stelle die Frage ganz kurz und sehr konkret. Herr Gallert, damit Ihnen nicht passiert, was den Kollegen in Brandenburg passiert ist, dass sie in der nächsten Legislaturperiode auf einmal Zahlen umsetzen müssen, die sie vorher nicht gekannt haben, folgende Frage: Wenn die Linken regieren, dann gibt es zukünftig wie viele Lehrer und wie viele Polizisten in SachsenAnhalt?
Es besteht das Problem, dass das nicht verstanden wird. Wir würden natürlich davon ausgehen, dass wir die 14 500 Vollzeitlehrer, die wir jetzt haben, bei einer Zahl von 170 000 bis 175 000 Schülern - einige Schätzungen gehen von 180 000 Schülern aus - beibehalten müssen, und zwar bis zum Jahr 2020. Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Land einen Korridor von etwa 6 500 bis 7 000 Polizisten im Polizeivollzug haben müssten; das sind weniger als derzeit.
Aber unser Problem ist, dass niemand von uns, egal wer in der nächsten Legislaturperiode regiert, in der Lage sein wird, diese Zahlen zu halten,
und zwar nicht deswegen, weil wir die Stellen und die Mittel nicht haben, sondern deswegen, weil wir die Leute nicht mehr bekommen werden. Das ist das entscheidende Problem.
Das entscheidende Problem der nächsten Legislaturperiode werden nicht die Personalkosten, sondern die Menschen sein, die wir brauchen. Niemand wird in der Lage sein, in der nächsten Legislaturperiode 3 000 Leh
Das hätte ich noch zu Beginn dieser Legislaturperiode oder zum Ende der letzten Legislaturperiode beeinflussen können. Jetzt werde ich nach unseren Berechnungen, sofern wir nicht irgendwelche substanziellen und radikalen Änderungen auch auf der Bundesebene haben werden, vielleicht froh sein, dass wir bei uns im Land in der nächsten Legislaturperiode im Bereich der Lehrer 1 750 Kräfte bekommen werden. Dafür müssten wir aber schon viel tun.
Wir müssten unsere Ausbildungszahlen an der Fachhochschule Polizei in Aschersleben im Vergleich zum aktuellen Stand in etwa verdreifachen, damit wir in der Lage sind, bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode eine Anzahl von 7 100 Polizisten - so viele sind es derzeit - beizubehalten.
- Nein, das ist kein Unsinn; das ist sehr wohl errechnet worden von unseren Leuten, und zwar nicht nur von unseren Leuten. Diese Angaben nehmen auch Bezug auf das Personalentwicklungskonzept des Kollegen Bullerjahn.
Dass wir wissen, dass es so ist, ist übrigens auch sein Verdienst. Durch die detaillierten Auflistungen der Altersabgänge sind wir nämlich in der Lage, diese Dinge genau zu prognostizieren. Wir wissen auch, dass es uns in der nächsten Legislaturperiode nicht gelingen wird, die Ausbildungskapazitäten der Fachhochschule Polizei in Aschersleben innerhalb eines Jahres zu verdreifachen.
Aber das ist das Problem, vor dem wir stehen. Deswegen geht es in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich nur noch darum, das Problem zu begrenzen; wir haben es ohnehin. Aber je schneller wir damit anfangen, es zu begrenzen, umso stärker können wir es begrenzen. - Danke.