Protokoll der Sitzung vom 19.02.2010

(Beifall bei der CDU)

Die CDU verfolgt das Ziel zu verhindern, dass Sie ab dem Jahr 2011 hier an der Tete sind. Ich bin ganz optimistisch, dass uns das gelingt. Ich glaube, dass uns diese Staatsgläubigkeit, diese Gläubigkeit an den öffentlichen Dienst klar unterscheidet.

Die zweite Erkenntnis, die ich heute hier gewonnen habe, ist die, dass unser Finanzminister wieder Finanzminister ist. Das beruhigt mich, das muss ich ganz ehrlich sagen. Denn in den letzten Wochen hatte ich doch ein bisschen die Sorge, dass er von seiner bisherigen Strategie abweicht. Zumindest wurde es in den Zeitungen so kolportiert. Wahrscheinlich haben sie es nicht richtig, verkürzt oder verzerrt dargestellt.

Wir hatten den Eindruck, dass die Finanzpolitik in diesem Lande, eines der zentralen Politikfelder - nicht weil wir uns selbst erhöhen wollen, sondern weil wir entsprechend dem Problemdruck handeln müssen -, ins Wanken gekommen ist. Ich bin beruhigt, dass Sie heute noch einmal ganz klar festgestellt haben, dass die Personalentwicklungskonzeption und die Stellenabbauziele gelten, weil die finanzpolitischen Rahmenbedingungen bestehen bleiben, auch wenn Herr Gallert das tunlichst ausblendet.

Länderfinanzausgleich, Solidarpakt, EU-Finanzierung - das alles wissen wir. Auch Sie wissen das, Herr Gallert. Ich halte es daher für fragwürdig, sich hier hinzustellen und das völlig auszublenden.

Ein letzter Punkt, weil das vorhin ein bisschen untergegangen ist. Wir hatten in der Koalitionsvereinbarung eine Reduzierung auf 55 000 Stellen als Zielstellung festgeschrieben. In dem jetzt vorliegenden haushalterischen Papier ist dieses Ziel auf das Jahr 2012 verschoben worden, was auch schon wieder ein gewisser Rückschritt ist. Wir wissen auch, dass in der Legislaturperiode von 2002 bis 2006 mehr als 10 000 Planstellen abgebaut worden sind. Bisher ist insgesamt etwas mehr als die Hälfte erreicht worden.

Unter Berücksichtigung all dieser Zahlen - ich möchte Sie jetzt nicht mit Zahlen langweilen - ist zu sagen: Das Delta zwischen dem bisher Erreichten und dem bis zum Jahr 2020 zu erreichenden Stellenabbauziel von 43 000 Stellen - für Herrn Bullerjahn gilt das noch - beträgt schon jetzt 10 000 Stellen, Herr Gallert. Deswegen sind die finanzpolitischen Rahmenbedingungen für uns handlungsleitend.

Jetzt zu der anderen Frage, mit der Sie versucht haben, in die qualitative Debatte einzuführen. Nun muss man sich ansehen, wo der Stellenabbau stattfinden soll. Die Landesregierung hat ein Konzept vorgestellt, das ein sich fortschreibendes Konzept ist. Das haben wir auch alle gewusst. Ich glaube, das tragen wir auch alle mit, zumindest tun die die Regierung tragenden Fraktionen dies.

Die CDU-Fraktion hat zum Beispiel hinsichtlich der Schullandschaft folgende Betrachtungen durchgeführt: Wenn man die Schullandschaft ausfinanziert - dies ist durch Prämissen unterfüttert und dargestellt -, dann muss man auch ein bestimmtes Personaltableau vorhalten. Darauf haben Sie hingewiesen.

Diese Diskussion führen wir genauso für den Polizeibereich. Sie waren gelegentlich in der Enquetekommission dabei. Sie wissen genau, dass das auch Diskussionen sind, die gerade die CDU-Fraktion geführt hat. Wir haben gesagt, dass wir die qualitative Debatte führen müssen; wir müssen Aufgabenkritik machen. Man kann nicht sagen, dass der öffentliche Dienst per se das Beste aller Zeiten ist.

Wir müssen uns von Aufgaben trennen, anstatt alle Aufgaben erfüllen zu wollen. Darauf haben Sie vorhin richtigerweise hingewiesen. Dieses Bekenntnis werden Sie auch bekommen, jedenfalls von uns.

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Sie scheinen das nicht vorzuhaben, weil nach Ihren Vorstellungen für den öffentlichen Dienst der derzeitige Status quo beibehalten werden soll. Also werden wir Prioritäten setzen müssen. Die sind bekannt und benannt. Für den Bildungsbereich, den Polizeibereich und für andere Bereiche werden wir weiterhin in der Enquetekommission daran arbeiten. Wenn Sie anwesend sind, können Sie gern daran mitwirken.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ich komme wenigstens immer pünktlich!)

- Sie sind pünktlich? Na ja, wenn Sie da sind. Aber Sie sind selten da.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das können Sie nicht beurteilen!)

- Das werden wir sehen. - Ich denke, an dieser Stelle sind wir stringent und nach der Aussage des Finanzministers auch wieder ganz eng beieinander. Deswegen

glaube ich, dass wir die Debatte in der Enquetekommission in Ruhe und mit Sachlichkeit fortsetzen können. Dann können Sie in Ruhe Ihre reine Lehre vertreten. Aber da Sie nicht regieren müssen, ist das vielleicht Ihr Problem und nicht unseres. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Tullner. Möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Klein beantworten? - Bitte schön, fragen Sie.

Danke, Herr Vorsitzender. - Herr Tullner, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, sind Sie dabei, hinsichtlich der Schule und der Polizei über gewisse Änderungen nachzudenken. Nun hatten wir in der Enquetekommission eine heftige Diskussion über den Stellenabbau in der so genannten übrigen Verwaltung. Es gab heftige Proteste vonseiten derjenigen - auch von Kabinettsmitgliedern -, die zur übrigen Verwaltung gezählt werden. Sie kritisieren unter anderem, dass sie 30 % ihres Personals abbauen sollen.

Wenn Sie also bei dem Rahmenkonzept bleiben und weniger Stellen für Lehrer und Polizisten abbauen wollen, dann müssten in der übrigen Verwaltung mehr als 30 % abgebaut werden. Oder sehe ich das falsch?

Sehr verehrte Frau Dr. Klein, liebe Finanzausschussvorsitzende, diese Frage ist in ihrer mathematischen Logik sehr stringent gestellt. Sie ist mir aber ein wenig zu stark verkürzt. Ich möchte nur auf zwei Aspekte - -

(Zuruf von der LINKEN)

- Nein, ich möchte Ihnen das einmal ganz klar sagen. - Herr Kollege Olbertz sitzt hier und tippt in sein Handy.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ich twittere die Rede!)

- Ach so, er twittert, gut. - Herr Kollege Olbertz hat gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen ein Schulnetz auf den Weg gebracht, das er künftig betreiben möchte unter Prämissen, die die Bildungspolitiker viel besser erklären können, als ich dies kann. Der Kollege Olbertz hat aber auch eine riesige Schulverwaltung. Jetzt stellt sich uns die Frage: Was ist denn der Sinn der Bildungspolitik? Eine Schulverwaltung zu betreiben oder eine ordentliche Schule darzustellen?

(Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube, wir sind uns sehr schnell darin einig, dass wir eine ordentliche Schule mit vielen Lehrerinnen und Lehrern sowie autonome Schulen - das ist das große Ziel, das wir uns als Koalitionsfraktionen gesetzt haben - haben wollen. Dann hat man in der Schulverwaltung, die ja opulente Zahlen hat - das können Sie im PEK nachlesen -, genügend Möglichkeiten, dies auszutarieren.

Genauso ist das im Polizeibereich. Ich will jetzt nicht die IT-Diskussion der vergangenen Woche wiederholen. Mir leuchtet es jedoch bis heute nicht ein, dass wir auf der einen Seite über Informationstechnologie reden - leider haben wir sie noch nicht, weil es bekanntlich schwierig ist, wenn viele Köche den Brei kochen -, dies auf der anderen Seite aber nicht zu Effizienzgewinnen führen sollte.

All diese Punkte müssen sorgfältig abgewogen und in das Personalentwicklungskonzept eingearbeitet werden. Das ist Arbeit, die wir zu tun haben. Die Landesregierung wird einen Novellierungsvorschlag vorlegen. Die Enquetekommission und die Ausschüsse werden dies ordentlich begleiten. Außerdem ist klar: Die Prämissen für die Zahlen stehen und alles andere hat sich danach einzuordnen. Die Priorisierung ist genannt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Nun erteile ich Frau Dr. Hüskens das Wort. Zugleich begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der Förderschule Wienrode.

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte, Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter der Überschrift „Mein Kompass für ein attraktives SachsenAnhalt“ hat uns vor ein paar Tagen das jüngste Papier erreicht, das unter dem Namen unseres Finanzministers erschienen ist. Das an sich ist noch keine Nachricht. Papiere hat er schon so einige herausgegeben. Herr Gallert hat sie vorhin alle einzeln aufgezählt.

Das Papier des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten in Lauerstellung aber weist in der öffentlichen Wahrnehmung Differenzen zum letzten Personalentwicklungskonzept auf, das auch unter seinem Namen firmiert. So ist in der „Volksstimme“ vom 5. Februar 2010 zu lesen:

„Bullerjahn rückt jetzt doch von rigorosem Stellenabbau ab - Bullerjahn hat angekündigt, das Personalentwicklungskonzept auf den Prüfstand zu stellen. ‚Wir werden das Konzept in allen Bereichen, so auch bei den Lehrern und Polizisten, noch einmal überdenken.’“

In der „MZ“ war zu lesen:

„‚Der Bullerjahn von heute ist ein anderer als 2006’, sagt der Spitzenkandidat über sich selbst.“

(Minister Herr Bullerjahn: Frau Hüskens, ist das bei Ihnen nicht so?)

- Nein. - Ich muss sagen, ich mache mir etwas Sorgen. Denn wenn der Spitzenkandidat versucht, dem Finanzminister davonzulaufen, dann könnte dies zu Schwierigkeiten führen. Das wissen wir alle aus der Medizin: Das führt zu Orientierungslosigkeit.

Deshalb kann ich gut verstehen, dass die LINKE - hilfreich - versucht, dem Minister heute die Möglichkeit zu geben, dass der Finanzminister mit dem Spitzenkandidaten den Schulterschluss übt. Daher war der Antrag sicherlich zu erwarten.

Nun zum Antrag selbst. Wir stimmen heute über den Antrag ab, und nicht über das, was Herr Gallert heute vorgetragen hat. Ich muss sagen, dass der Antrag doch ein bisschen allgemein gehalten ist. Man merkt, dass es Ihnen darum geht, einen Unterschied aufzuzeigen. Über den Sachverhalt selbst wollen Sie jedoch nicht abstimmen lassen.

In Ihrem Antrag stellen Sie zum Beispiel unter dem ersten Anstrich fest, dass ein Stellenabbau nur möglich ist, indem man die Aufgaben anpasst. Das ist aber nicht in allen Fällen so. Natürlich gibt es einen demografischen Faktor. Darüber müssen wir uns in diesem Hause nicht mehr unterhalten. Diesen gibt es nicht nur bei Lehrern und Polizisten. Es gibt auch einen Faktor zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur und in verschiedenen anderen Bereichen.

Wir werden einen Stellenabbau sicherlich auch ohne einen Qualitätsverlust im Bereich der Fördermittel hinbekommen. Wir wissen genau, dass wir in diesem Bereich künftig deutlich weniger Gelder umzusetzen haben. Das bedeutet natürlich auch, dass wir deutlich weniger Personal in diesem Bereich brauchen.

Im Grunde genommen haben Sie aber natürlich Recht. Wenn man Personal abbaut, bedeutet das, dass man Aufgaben reduziert oder die Qualität der Aufgabenwahrnehmung verändert. Das ist so. Und darüber müssen wir schlicht und ergreifend auch diskutieren. Gott sei Dank ist das so; denn im Umkehrschluss würde das ansonsten bedeuten, dass die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes heute herumsitzen würden und nicht ausreichend Arbeit hätten. Ich glaube, das möchte niemand von uns unterstellen.

Zum zweiten Punkt Ihres Antrags möchte ich sagen, dass wir natürlich auch einen Schwerpunkt im Bildungsbereich sehen. Das ist inzwischen fast im ganzen Hause Konsens. Im Polizeibereich haben wir einen Dissens mit der Landesregierung. Unsere Zielzahl ist nach wie vor 6 800 Bedienstete. Wir haben also eine andere Vorstellung als die Landesregierung, sehen aber durchaus das Problem, dass wir selbst die Zielzahl des Finanzministers wahrscheinlich deutlich vor dem Jahr 2020 erreichen werden.

Herr Bullerjahn hat heute zu allen Punkten ausgeführt und dabei versucht, Finanzminister und Spitzenkandidat wieder in einer Person zu sein. Deshalb kann ich es kurz machen: Wir hoffen, dass der Finanzminister Kurs hält, auch wenn wir uns nicht bei allen Punkten des Personalentwicklungskonzepts einig sind. Wir hoffen außerdem, dass er sein Ziel im Auge behält; denn dafür ist ein Kompass schließlich da. Er gibt nicht das Ziel vor, sondern er weist den Weg zum Ziel.

Der Presse von heute und der Rede von heute Morgen entnehme ich, dass es inzwischen wieder das gleiche Ziel ist wie das, das er vor einigen Wochen die Landesregierung hat beschließen lassen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es sich bei der Abweichung, die wir in den letzten Wochen festgestellt haben, nur um einen so genannten Beschleunigungsfehler handelt.

Wer sich schon einmal mit einem Kompass beschäftigt hat, der weiß: In der Luftfahrt kommt bei einer geradlinien Beschleunigung ein Beschleunigungsfehler vor. Ich hoffe, dass es sich nicht um einen Drehfehler handelt; denn dieser kommt in der Luftfahrt vor, wenn man in der Kurve zur Wende ansetzt. - Ich danke Ihnen.