Wäre dies nicht ein lohnendes Vorhaben im Rahmen unserer „Initiative Mitteldeutschland“? Gerade das Datenschutzrecht eignet sich hierfür besonders. Da die zuständige Behörde nach dem EuGH-Urteil unabhängig, das heißt losgelöst von der sonstigen Verwaltungsstruktur sein soll, steht die Unterschiedlichkeit der Verwaltungsstrukturen der drei mitteldeutschen Länder, die bei anderen Aufgaben einer Vereinheitlichung entgegenstehen könnte - wir können uns die Debatte auch vorstellen -, gerade nicht im Weg.
Ich plädiere deshalb dafür, jetzt nichts zu überstürzen. Gemeinsam mit den Fachleuten der übrigen Länder sollten wir das Urteil sorgfältig auswerten und feststellen, welche Handlungsmöglichkeiten uns aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt bleiben. Außerdem sollten wir - wie von unserem Koalitionspartner vorgeschlagen - mit unseren Nachbarländern sprechen, ob sie sich eine solche länderübergreifende Zusammenarbeit vorstellen könnten.
Ich rege deshalb an, den Antrag dem Innenausschuss zuzuweisen, ihn jedoch erst dann zu beraten, wenn die notwendigen Abstimmungen mit dem Bund und den übrigen Ländern wie auch die erforderlichen rechtlichen Prüfungen abgeschlossen werden können und wenn wir Klarheit über die Willensbildung in Thüringen und Sachsen haben. - Schönen Dank.
Schönen Dank, Herr Minister. - Wir kommen nun zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Ich erteile dem Abgeordneten Stahlknecht das Wort, der für die CDU-Fraktion spricht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kosmehl, Sie haben das Wesentliche, was wir auch teilen, vorgetragen. Insofern will ich meinen Teil - weil ich nicht alles wiederholen will, was Sie völlig zutreffend gesagt haben - kurz fassen.
Der Europäische Gerichtshof hat am 9. März 2010 entschieden, dass auch der nicht-öffentliche Teil im Datenschutz unabhängig sein muss. Diese Entscheidung ist nach unserer Auffassung und nach der rechtspolitischen Auffassung eine richtige Entscheidung, weil Datenschutz ein immer wichtiger werdendes Thema eben auch im nicht-öffentlichen Bereich werden wird.
Bereiche wie Lidl, Bahn und Banken - Sie können das erweitern - haben Sie genannt. Insofern ist es wichtig, dass wir den nicht-öffentlichen Teilen die gleiche Bedeutung zubilligen, die wir dem öffentlichen Teil geben, wo Herr von Bose als Datenschutzbeauftragter bereits unabhängig agiert. Insofern müssen wir dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs sicherlich zunächst auf Bundesebene, aber dann auf Länderebene in unserer föderalen Struktur diskutieren und die jetzige Struktur, die wir in Sachsen-Anhalt haben, verändern, weil der Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich eben nicht unabhängig ist.
Wir sind der Auffassung, dass es Unsinn wäre, einen zweiten unabhängigen Datenschutzbeauftragten in diesem Land zu installieren, weil das erhebliche Mehrkosten bedeuten würde. Deshalb lautet unser erster Wunsch: Wir legen den nicht-öffentlichen Bereich mit dem öffentlichen Datenschutzbereich zusammen.
Unser zweiter Wunsch ist - das hat auch Herr Minister Bullerjahn angesprochen - zu prüfen, ob wir nicht einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten in Mitteldeutschland aufbauen können. Das würde auch der Initiative Mitteldeutschland guttun. Es wäre ein gutes Zeichen.
Insofern wollen wir über den von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf, den wir als Beratungsgrundlage nehmen wollen, gemeinsam reden. Ich habe aber die herzliche Bitte, dass wir das nicht nur in den Innenausschuss, sondern auch mitberatend in den Finanzausschuss überweisen, weil wir uns auch Gedanken über den Haushalt machen müssen. Schließlich muss das bezahlt werden. Des Weiteren bin ich dafür, es auch in den Ausschuss für Recht und Verfassung zu überweisen. Ich bin aus verständlichen Gründen gebeten worden, dass auch der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit darüber berät, weil es genau dessen Bereich betrifft, in dem der Datenschutz neu und unabhängig implementiert werden soll. Insofern werden wir gute Beratungen haben.
Ich bin auch der Meinung, dass wir noch in dieser Legislaturperiode zu einem Grundsatzergebnis kommen werden, weil wir aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gezwungen sein werden zu entscheiden. Damit ist das Wesentliche - weil ich nicht alles wiederholen will, was Sie gesagt haben, Herr Kosmehl - gesagt. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Stahlknecht, für Ihren Debattenbeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich jetzt Frau Tiedge das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes ist das Landesverwaltungsamt Aufsichtsbehörde für den nichtöffentlichen Bereich bei der Bearbeitung von Anfragen, Eingaben und Beschwerden sowie bei Beanstandungen von Datenschutzverstößen. Es zeichnet verantwortlich für die Anordnung zur Beseitigung von Sicherheitsmängeln, für die Führung der öffentlichen Register der meldepflichtigen Unternehmen, vor allem im Hinblick auf Auskunftsdateien, Adressenhandelsunternehmen sowie Markt- und Meinungsforschungsinstitute, und für die Durchführung von Bußgeldverfahren.
Nun unterstellt niemand von uns den verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesverwaltungsamts, dass sie ihren Aufgaben nicht ordnungsgemäß nachgekommen oder fachlich nicht kompetent genug seien. Die Tätigkeitsberichte, die alle zwei Jahre erstellt werden müssen, zeugen von ihren Bemühungen, den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich, das heißt in den Gesellschaften und anderen Personenvereinigungen des privaten Rechts, bei natürlichen und juristischen Personen zu gewährleisten. Aber sie stoßen dabei auch an die Grenzen des Bundesdatenschutzgesetzes.
Im letzten uns vorliegenden Tätigkeitsbericht wurde festgestellt, dass für die Jahre 2005 bis 2007 ein leichter Anstieg der Zahl der Beschwerden zu verzeichnen war und dass wesentlich komplexere Aspekte in den Beschwerden aufgegriffen wurden. Die Technik macht es halt möglich, dass Datenerhebung und Datenspeicherung erfolgen kann, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger es je erfahren. Wer von uns kann noch sagen, wo und welche Daten von ihm oder ihr gespeichert wurden? Ich glaube, auch in diesem Raum niemand.
Die zahlreichen Datenschutzskandale der vergangenen Jahre geben ein beredtes Zeugnis davon. Die Überwachung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei Lidl und Schlecker, Krankenakten in Müllcontainern, der Handel mit Personaldaten, Sicherheitslücken auf der Internetplattform der Bundesagentur für Arbeit etc. - die Aufzählung der Beispiele ließe sich fortsetzen.
Die Datenschützer gehen mittlerweile davon aus, dass Adressen aller Bürgerinnen und Bürger für Marketingzwecke und Verkaufsakquisen im Umlauf sind. Diese wurden beileibe nicht alle illegal beschafft, sondern zu einem großen Teil freiwillig von uns herausgegeben. All das erfordert eine größere Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit ihren eigenen Daten, aber auch einen noch größeren Schutz vor Missbrauchsmöglichkeiten. Denn nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch juristisch erlaubt. Aber wer soll sich da noch zurechtfinden?
Auch aus dieser Sicht ist es unabdingbar, den Datenschutz in eine Hand zu geben, und zwar in die Hand einer unabhängigen Stelle, das heißt konkret: in die Hände der Datenschutzbeauftragten der jeweiligen Länder. Da können wir uns nur dem Dank anschließen, den Herr Kosmehl bereits gegenüber dem Landesdatenschutzbeauftragten geäußert hat.
Die EU-Kommission klagte gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen fehlender Unabhängigkeit der für den nicht-öffentlichen Bereich zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden, da sie der Auffassung war, dass die Rechtslage in allen Bundesländern gegen die EU-Datenschutzrichtlinie verstößt. Darüber hat der Europäische Gerichtshof am 9. März 2010 entschieden, mit der Maßgabe, auch diesen Datenschutzbereich einer unabhängigen Stelle zu unterstellen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP trägt dem Rechnung und wird von uns ausdrücklich begrüßt. Ob allerdings die Initiative Mitteldeutschland geeignet ist, beim Datenschutzbeauftragten wieder zum Leben erweckt zu werden, steht auf einem anderen Blatt Papier. Darüber wird man sich noch sehr ausführlich unterhalten müssen.
Weitaus begrüßenswerter wäre es aber, wenn sich die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP auf Bundesebene dazu durchringen könnten, ein eigenständiges Arbeitnehmerdatenschutzgesetz zu beschließen.
Zwar ist im Koalitionsvertrag verankert, dass im Bundesdatenschutzgesetz ein eigenes Kapitel dem Arbeitnehmerdatenschutz gewidmet werden soll - das ist zumindest ein Anfang -, jedoch bleibt man damit leider auf halber Strecke stehen.
Unsere Bundestagsfraktion hat am 26. Februar 2010 einen Antrag zu einem eigenständigen Gesetz eingebracht. Die Zustimmung aller Fraktionen zu diesem Antrag wäre ein echter Meilenstein für die Gewährung eines besseren Datenschutzes gewesen, insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So weit wollte man dann doch nicht gehen. Schade, eine vergebene Möglichkeit.
Der heutigen Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Inneres werden wir zustimmen. Auch wir denken, dass sich der Finanzausschuss und auch der Ausschuss für Recht und Verfassung insbesondere wegen der verfassungsrechtlichen Probleme, die sich damit sicherlich ergeben werden, mit diesem Gesetzentwurf befassen sollten.
Vielen Dank der Frau Abgeordneten Tiedge. - Wir kommen nunmehr zum Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Rothe hat das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Frau Kollegin Tiedge und meinen Vorrednern kann ich mich kurz fassen.
Der Vorschlag der SPD-Fraktion, dass man die Zuständigkeiten für den Datenschutz im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Bereich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz zusammenfasst, stand unter dem Vorbehalt, dass der Europäische Gerichtshof so entscheidet, wie er es am 9. März 2010 getan hat.
Nachdem das Urteil nunmehr vorliegt, ist es in der Tat sachgerecht, Herr Kosmehl, dass wir uns unverzüglich im Innenausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen mit der Materie befassen. Ihr Gesetzentwurf, denke ich, ist schon rein geschäftsordnungsmäßig ein guter Ansatz, um mit dieser Beratung im Fachausschuss zu beginnen.
Es gilt jetzt, zügig die verschiedenen Möglichkeiten der Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zu prüfen und sich dann für die bestmögliche Variante zu entscheiden. Die verschiedenen Modelle sollten unter der Prämisse geprüft werden, dass die Zuständigkeit tatsächlich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz gebündelt wird. Das ist auf jeden Fall sinnvoller als eine mit dem Landesverwaltungsamt geteilte Zuständigkeit, wie wir sie bisher hatten.
Schon allein die unterschiedliche personelle Ausstattung der beiden Dienststellen zeigt, welche Synergien hierbei zu heben sind. Während der Landesbeauftragte für den Datenschutz den öffentlichen Bereich mit 18 Mitarbeitern kontrolliert, sind beim Landesverwaltungsamt - Herr Kosmehl hat es erwähnt - nur drei Mitarbeiter auf noch weniger Vollbeschäftigtenstellen für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich zuständig.
Eine Zusammenfassung der personellen und sächlichen Ressourcen wird gerade dem Datenschutz für den nichtöffentlichen Bereich zugute kommen. Dass das wichtig ist, wissen wir seit den Datenschutzskandalen bei der Bahn, bei der Telekom, bei Lidl und bei anderen Unternehmen.
Auch ich halte den Vorschlag des Kollegen Stahlknecht für interessant, dass wir hiermit einen Beitrag zur Wiederbelebung der Initiative Mitteldeutschland leisten.
- Na, die Altmark gehört dazu, Herr Bergmann. - Ich denke, es wäre nicht sachgerecht, dass wir uns jetzt still verhalten und abwarten, bis die Landesregierung die Positionen in Sachsen und in Thüringen eruiert hat. Vielmehr sollten wir als Parlamentarier mit unseren Kollegen in Sachsen und in Thüringen Kontakt aufnehmen, um die Möglichkeit einer Zusammenarbeit vielleicht mit dem Ergebnis eines gemeinsamen Datenschutzbeauftragten und einer gemeinsamen Dienststelle auszuloten. Man kann sich in diesem Rahmen natürlich auch eine Zweigstellenlösung vorstellen.
Während es in Thüringen wie in Sachsen-Anhalt noch eine Aufgabenteilung mit dem Landesverwaltungsamt gibt, sind in Sachsen die Zuständigkeiten für den Datenschutz im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Bereich bereits beim Landesbeauftragten für den Datenschutz gebündelt. Der sächsische Datenschutzbeauftragte hat übrigens für beide Bereiche zusammen ca. 20 Mitarbeiter, so viele, wie in Sachsen-Anhalt zuständig sind, und das bei einer Einwohnerzahl, die um 75 % höher ist als in Sachsen-Anhalt.
Ich rege einen umfassenden Ländervergleich an. Es geht einerseits um ein Maximum an fachlicher Leistung, andererseits auch um den Stellenplan und um den Haushalt. Dabei schaue ich einmal den Finanzminister an. Ich denke, die Begrenzung des Aufwands im Rahmen einer solchen länderübergreifenden Zusammenarbeit ist auch ein berechtigtes Anliegen.
Namens der SPD-Fraktion bitte ich um Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht und Verfassung, in den Ausschuss für Finanzen sowie, nachdem Herr Stahlknecht das vorgeschlagen hat, auch in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Rothe. - Für die FDP-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Kosmehl das Wort. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es relativ kurz. Ich will aber an dieser Stelle aus meinem Herzen keine Mördergrube machen.
an dem Tag, als das Urteil des Europäischen Gerichtshofs veröffentlicht wurde. Denn genau an diesem Tag hat die Fraktion abschließend über den Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwurf beraten.